Neue Coronaregeln in Berlin: Das gilt jetzt!
In die Oper mit Maske, ins Kino aber ohne: Die neuen Coronaregeln, die ab Freitag gelten, sind ein großes Durcheinander. Wir bringen Licht ins Dunkel!
Die Maskenpflicht in fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens läuft am Freitag aus. Ist das ein Aprilscherz?
Nein. Der Senat hat am Dienstag beschlossen, dass in Berlin ein Großteil der geltenden Abstandsregeln, Kontaktbeschränkungen, Masken- und Testpflichten sowie Zugangsbeschränkungen zum 1. April wegfallen. Damit reagiert man auf das geänderte Bundesinfektionsschutzgesetz: Schärfere Maßnahmen sind nur noch in Regionen möglich, in denen die Gesundheitsversorgung durch zu viele Corona-Erkrankte bedroht ist. Das nennt sich dann „Hotspot“.
Warum ist Berlin kein Hotspot – die Inzidenz ist doch immer noch bei fast 1.000?
Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) hätte die Stadt gern zum Corona-Hotspot erklärt. Doch die Regierende Franziska Giffey (SPD) bremst: Zum einen sei die Inzidenz bundesweit in Berlin am niedrigsten. „Und wir haben keine Überlastung unserer Krankenhäuser“, sagte Giffey. „Wir haben schlicht einen rechtlichen Rahmen, der uns nicht zulässt, über das hinauszugehen, was wir jetzt haben.“
Die elf vom Senat beauftragten Corona-Teststellen in Berlin sind seit Donnerstag geschlossen. Das Auslaufen der Testverordnung des Bundes mache die Kündigung des Vertrags mit einem Münchner Unternehmen notwendig, so die Gesundheitsverwaltung. Der Reinickendorfer Amtsarzt Patrick Larscheid kritisierte die Schließung angesichts weiter bestehender Testpflichten in Schulen. Für kostenlose PCR-Tests nach positivem Schnelltest oder bei Symptomen bleiben jetzt noch Apotheken oder Hausärzt:innen. Die Wartezeiten dort sind allerdings schon teils lang. Immerhin: Kostenlose Bürgertests bei gewerblichen Teststellen soll es bis Ende Juni geben – bei positivem Ergebnis sind auch dort kostenlose PCR-Tests möglich. (taz)
In Hamburg hat das Parlament die Region zum Hotspot erklärt. Ginge das nicht auch in Berlin?
Das wäre möglich – und dürfte vor Gericht landen. Der Senat werde sich die Situation in Hamburg genau anschauen, hieß es am Donnerstag von Giffey. Die Berliner Grünen wollen auf ihrem Parteitag am Samstag einen Dringlichkeitsantrag beschließen, der Senat und Abgeordnetenhaus auffordert, alle Möglichkeiten für eine Hotspot-Regelung auszuschöpfen.
Welche Coronaregeln gibt es dann überhaupt noch aktuell in Berlin?
Es gibt einen Basisschutz für bestimmte Bereiche: In Pflegeheimen, Krankenhäusern, Arztpraxen sowie im ÖPNV bleibt die Maskenpflicht. In Schulen gibt es weiterhin eine Testpflicht.
Was sagen eigentlich die Amtsärzt*innen dazu?
In einer gemeinsamen Erklärung haben am Dienstag 15 Amtsärzt*innen und Gesundheitsstadträt*innen gefordert, die Infektionsschutzmaßnahmen in Innenräumen bis auf Weiteres beizubehalten. Es bestehe weiterhin die „konkrete Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage“.
Was ist mit Tests und Impfnachweisen – zum Beispiel im Theater und in Restaurants?
In der Kulturbranche zeichnet sich ein großes Durcheinander ab – und viel Konfliktpotenzial. Laut der Senatsverwaltung für Gesundheit können Kultureinrichtungen und der Einzelhandel über das Hausrecht weiterhin eine Maskenpflicht verlangen. Bereits angekündigt haben das die Staatsoper Unter den Linden, die Deutsche Oper, die Komische Oper, das Deutsche Theater, die Schaubühne, das Berliner Ensemble und die Volksbühne. Die Yorck-Kinos hingegen setzen auf Eigenverantwortung. Dort bleibt es bei der Bitte, bis zum Sitzplatz weiterhin eine Maske zu tragen.
Laut Dehoga-Hauptgeschäftsführer Thomas Lengfelder behalten sich viele Gastronomen vor, weiterhin nur Gäste mit Maske zu bewirten. Impfnachweise will kaum noch jemand sehen. Lediglich das Humboldt Forum will weiter die Nachweise sehen. In Clubs ist das ab Freitag kein Einlasskriterium mehr: „Wir haben das mit dem Hausrecht prüfen lassen. Aus Datenschutzgründen ist es uns aber ohne entsprechende Verordnung nicht möglich, Impf- oder Testnachweise zu verlangen“, so der Sprecher der Clubkommission.
Und die Geburtstagsparty zu Hause ist auch wieder möglich?
Alle Kontaktbeschränkungen entfallen. Happy Birthday!
Muss ich jetzt auch wieder zu den Kolleg*innen ins Büro?
3G-Kontrolle und Homeoffice-Pflicht entfallen. Aber die Betriebe müssen übergangsweise noch bis zum 25. Mai Basisschutzmaßnahmen treffen. Dazu gehören Abstandsregeln, Begrenzung von Zusammenkünften, Lüften, teilweise Maskenpflicht und Testangebote.
Was passiert an den Schulen?
Auch wenn Bildungsgewerkschaft und Bildungssenatorin dagegen sind: Die Maskenpflicht in Schulen fällt weg, das Bundesgesetz bietet dafür keine Grundlage. „Eine Maskenpflicht darf auch nicht durch Beschluss der Schulkonferenz, beispielsweise im Rahmen der Hausordnung, festgelegt werden“, heißt es in einem Rundschreiben der Bildungsverwaltung an die Schulleitungen. Allerdings appellieren Senatorin Busse und die GEW zum freiwilligen Masketragen an den Schulen.
Die Testpflicht an den Schulen bleibt aber bestehen, da nutzt die Bildungsverwaltung einen Spielraum im Bundesgesetz: Auch geimpfte und genesene Schüler*innen wie Lehrkräfte müssen sich dreimal die Woche schnelltesten.
Zudem können die Gesundheitsämter bei lokalen Corona-Ausbrüchen an einer Schule weiterhin Maskenpflicht oder Wechselunterricht anordnen – „als milderes Mittel zu einer vollständigen Schließung“, wie die Gesundheitsverwaltung mitteilt.
Darf ich wieder ohne Masken shoppen gehen?
Ja. Dass einzelne Geschäfte weiterhin auf die Schutzmaßnahme bestehen, ist möglich: Geschäftsinhaber*innen können über das Hausrecht die Maskenpflicht verlangen. Phillip Haverkamp von der Handelskammer Berlin bezweifelt jedoch, dass viele Unternehmer*innen davon Gebrauch machen. Ohne gesetzliche Grundlage sei der Kontrollaufwand für die Maskenpflicht deutlich höher, „einfach weil mehr Menschen auf die Maske verzichten werden, wenn sie nicht mehr vorgeschrieben ist“. Dazu passen erste Äußerungen großer Handelsketten: Ikea, Ernsting’s Family, Woolworth und Edeka sprechen nur die Empfehlung aus, weiter mit Maske einzukaufen.
Und das bleibt jetzt alles so?
Die aktuelle Verordnung gilt bis zum 28. April – falls sich Berlin nicht doch zum Hotspot erklärt.
Also schnell noch ins Stadion zum Bundesligaspiel?
Auch das geht wieder. Am Freitagabend spielt der 1. FC Union Berlin in der Alten Försterei gegen den 1. FC Köln – und die Fans brauchen weder Maske noch Gesundheitsnachweis. Alle 22.000 Tickets sind ausverkauft, das Stadion ist voll. Ein echter Hotspot – ohne Regeln.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin