Nachrichten in der Coronakrise: Ade, Feuerwerk

Die Bund-Länder-Runde beschließt ein Feuerwerksverbot zu Silvester. Außerdem soll es Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte geben.

Bild aus vergangenen Tagen: Verkauf von Raketen kurz vor Silvester in einem Laden in Berlin Foto: imago

Keine Knaller wegen Corona

Bund und Länder haben zur Eindämmung der Corona-Pandemie auch für dieses Jahr ein Feuerwerksverbot zu Silvester beschlossen. Wie Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Donnerstag in Berlin sagte, wird damit die Regelung vom vergangenen Jahr erneut in Kraft gesetzt. Zum Jahreswechsel 2020/2021 hatte es wegen der Pandemie ein bundesweites Verkaufsverbot für Feuerwerk gegeben, zugleich galt ein An- und Versammlungsverbot für Silvester und Neujahr. (afp)

Auf nicht gegen das Coronavirus Geimpfte kommen in ganz Deutschland strenge Kontaktbeschränkungen zu. Zusammenkünfte im öffentlichen und privaten Raum, an denen nicht geimpfte und nicht genesene Personen teilnehmen, seien auf den eigenen Haushalt sowie höchstens zwei Personen eines weiteren Haushalts zu beschränken, heißt es in einem Bund-Länder-Beschluss vom Donnerstag. Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres seien ausgenommen. (dpa)

Merkel: Vierte Corona-Welle muss gebrochen werden

Die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Lage in der Corona-Pandemie in Deutschland als sehr ernst bezeichnet. Die vierte Welle müsse gebrochen werden, sagte Merkel am Donnerstag in Berlin nach Beratungen von Bund und Ländern. Ziel der beschlossenen Maßnahmen sei es, mit den neuen Maßnahmen die Lage in den Intensivstationen zu brechen. „Dazu muss die vierte Welle gebrochen worden.“ Es gebe zwar eine Beruhigung der Infektionslage, aber auf viel zu hohem Niveau.

Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz rief erneut dazu auf, sich impfen zu lassen. Merkel sagte, der Impfstatus werde bei einer doppelten Impfung nicht dauerhaft anerkannt werden können. Es werde auch auf EU-Ebene diskutiert, dass nach neun Monaten die zweite Impfung ihre Gültigkeit verliere, daher sei das Boostern ganz wichtig. Der Übergang werde aber so sein, dass jeder eine Chance habe, seinen Impfstatus zu erneuern.

Merkel sagte mit Blick auf die aktuelle Lage, die Belastung in Krankenhäusern gerate teilweise an Grenzen. Patienten müssten verlegt werden. Es sei ein „Akt der nationalen Solidarität“ nötig.

Auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst beschrieb die Lage als dramatisch. Seit dem Zweiten Weltkrieg habe man keine vergleichbare Situation im Gesundheitswesen gehabt, sagte der CDU-Politiker. (dpa)

Schärfere Coronavorgaben in Sicht

Limits für Großveranstaltungen, weitgehende 2G-Regeln beim Einkaufen, Beschränkungen für Ungeimpfte: Bund und Länder wollen wohl deutlich nachlegen, um die dramatische Pandemie-Lage in den Griff zu kriegen.

Im Kampf gegen die vierte Corona-Welle zeichnen sich schärfere bundesweite Schutzvorgaben und weitere Beschränkungen für Ungeimpfte ab. Eine Bund-Länder-Runde mit der scheidenden Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem designierten Nachfolger Olaf Scholz (SPD) beriet am Donnerstagvormittag unter anderem über deutliche Einschränkungen für Sport- und andere Großveranstaltungen. Eine Vorlage sah nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur auch Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte und 2G für Kinos, Gaststätten und im Einzelhandel vor – also Zugang nur für Geimpfte und Genesene. Der Bund organisiert für Dezember Millionen zusätzliche Impfdosen.

Der nordrhein-westfälische Regierungschef Hendrik Wüst (CDU) forderte konsequente Entscheidungen. Man dürfe „keine halben Sachen machen, sondern müssen die vierte Welle entschlossen brechen“, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) der Deutschen Presse-Agentur vor der Schaltkonferenz. „Die Länder brauchen dazu den bewährten Instrumentenkasten der Pandemiebekämpfung.“ Von Scholz zugesagte Nachbesserungen des Infektionsschutzgesetz müssten konsequent geschehen.

Laut dem Entwurf von Donnerstagvormittag liegen folgende mögliche Instrumente auf dem Tisch, es gab zunächst noch keine Beschlüsse:

Großveranstaltungen: Erwogen werden Zu­schaue­r*in­nen­be­gren­zun­gen bei überregionalen Sport-, Kultur- und anderen Großveranstaltungen auf 30 Prozent der Kapazität. Dies könnte drinnen wie draußen gelten. In Innenräumen könnte die Auslastung zudem bei 5.000 Zu­schaue­r*in­nen gedeckelt werden, im Freien bei 15.000. Nur Geimpfte und Genesene sollen Zugang haben und auch medizinische Masken tragen müssen.

Clubs und Diskotheken: Clubs und Diskotheken sollen in Regionen mit hoher Inzidenz wohl geschlossen bleiben müssen – offen war zunächst der Punkt, ob eine Schwelle von 350 Neuinfektionen je 100.000 Ein­woh­ne­r*in­nen binnen sieben Tagen konsensfähig ist.

Einkaufen: Weitgehende Einigkeit herrschte über eine Ausweitung der 2G-Regel auf den Einzelhandel. Zutritt hätten dann nur noch Geimpfte und Genesene. Ausnahmen waren für Geschäfte des täglichen Bedarfs wie Supermärkte, Drogerien und Apotheken im Blick. 2G soll auch für Gaststätten, Kinos und etwa Theater gelten – hier soll wohl auch zusätzlich ein Coronatest verlangt werden können (2G plus).

Kontaktbeschränkungen: Strenge Beschränkungen für Ungeimpfte sollen bundesweit kommen. Vorgeschlagen war, Treffen, an denen Ungeimpfte teilnehmen, grundsätzlich auf den eigenen Haushalt und zwei Personen eines anderen Haushalts zu beschränken. Kinder unter 14 Jahren sollten dann ausgenommen sein. Der geschäftsführende Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte im ZDF-Morgenmagazin: „Was tatsächlich wichtig ist, ist quasi ein Lockdown für Ungeimpfte.“

Schulen: Laut Entwurf soll in allen Klassen Maskenpflicht gelten.

Impfungen: Bis Weihnachten soll allen eine Erst-, Zweit- oder Auffrischimpfung ermöglicht werden. Dies könne bis zu 30 Millionen Impfungen erfordern. Ein neuer Bund-Länder-Krisenstab im Kanzleramt soll mögliche Logistikprobleme angehen. Da der Impfschutz nach einer gewissen Zeit nachlässt, wurde auch eine Regelung erwogen, wonach der Status als Geimpfter/Geimpfte nach einer gewissen Zeit auslaufen könnte.

Impfpflicht: Bund und Länder diskutierten laut dem Entwurf darüber, den Ethikrat um eine Empfehlung zu einer allgemeinen Impfpflicht bis Jahresende zu bitten. Scholz hatte gesagt, der Bundestag solle ohne Fraktionszwang darüber entscheiden, er wolle dafür stimmen. Greifen könnte eine solche Pflicht laut dem Entwurfspapier ab Februar 2022.

Für die Beschleunigung der Impfungen organisiert der Bund jetzt auch mehr Impfdosen. Nach Verhandlungen mit dem Hersteller Moderna kann eine Lieferung von zehn Millionen Dosen aus dem dritten Quartal 2022 auf Dezember vorgezogen werden, wie aus neuen Informationen des Gesundheitsministeriums hervorgeht. Dies entspricht 20 Millionen „Booster“-Dosen, da bei Moderna eine halbe Dosis gespritzt wird. Zudem sollen acht Millionen Moderna-Dosen mehr im Dezember kommen, weil die Abgabe zugesagter Dosen an andere Länder über die internationale Initiative Covax langsamer läuft.

Nachjustiert werden sollen auch Lieferungen des Impfstoffes von Biontech. Nach einer Vereinbarung mit dem Hersteller könne ein Teil der wochenweise aufgeteilten Lieferungen für Dezember vorgezogen werden, erläuterte das Ministerium. Nach 2,9 Millionen Dosen in der kommenden Woche könnten die Lieferungen an die Impfstellen in der Woche vom 13. Dezember dadurch auf fünf Millionen Dosen aufgestockt werden. Die Menge der Folgewochen reduziere sich dann entsprechend. Das Ministerium verhandelt zudem mit anderen EU-Ländern, die ihre Biontech-Dosen aktuell nicht komplett benötigen. Ziel sei, zwei bis drei Millionen zusätzliche Dosen im Dezember übernehmen zu können.

Bei vielen Ärzten und Ärztinnen und anderen Impfstellen hatte es Proteste ausgelöst, dass der Bund für den meistgenutzten Impfstoff von Biontech kürzlich Bestell-Obergrenzen eingeführt hatte – da sich die Lager sonst zu schnell zu leeren drohten. (dpa)

Bund-Länder-Gipfel zu strengeren Maßnahmen hat begonnen

Die Spitzen von Bund und Ländern haben am Donnerstag ihre Beratungen über die weitere Verschärfung der Corona-Maßnahmen aufgenommen. In der Schaltkonferenz der Ministerpräsidenten mit der geschäftsführenden Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und deren voraussichtlichem Nachfolger Olaf Scholz (SPD) sollte ein umfangreiches Maßnahmenpaket beschlossen werden. Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst (CDU) hatte als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) vor Beginn der Runde konsequente Entscheidungen im Kampf gegen die dramatisch hohen Corona-Zahlen verlangt.

Auf dem Tisch liegt eine Reihe von Vorschlägen für strengere Auflagen. Diese würden vor allem Ungeimpfte besonders hart treffen. So sind für sie massive Kontaktbeschränkungen im Gespräch. Außerdem soll die 2G-Regel auch auf den Einzelhandel ausgeweitet werden: Zutritt zu Geschäften hätten dann nur noch Geimpfte und Genesene. Ungeimpfte dürften nur noch Geschäfte des täglichen Bedarfs wie etwa Supermärkten, Drogerien und Apotheken betreten.

Für Regionen mit einer hohen Inzidenz zeichnet sich die Schließung von Clubs und Diskotheken ab. Die zulässige Teilnehmerzahl bei Großveranstaltungen, vor allem bei Fußballspielen, soll stark begrenzt werden. (dpa)

Söder bringt Impfpflicht für Kinder ab zwölf Jahren ins Spiel

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat eine Corona-Impfpflicht für Kinder ab zwölf Jahren ins Spiel gebracht. „Darüber muss man diskutieren“, sagte Söder am Mittwochabend im Bayerischen Rundfunk. „Generell wäre es natürlich gut, wenn die Impfpflicht zumindest bei denen, bei denen der Impfstoff schon erprobt ist, ab zwölf, auch stattfinden würde.“

Söder argumentierte, dass Jugendliche rasch geimpft werden könnten. Zudem würde eine Impfpflicht auch für sie „die Schulen absolut sicher machen und dazu führen, dass nicht nur die Klavierstunde, sondern auch der Tennisplatz für die Jugendlichen ohne Probleme schnell machbar ist“.

Gegen eine Impfpflicht für Kinder sprach sich unterdessen der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach aus. „Ich bin für eine allgemeine Impfpflicht. Aber das spricht nicht die Kinder an. Das ist klar“, sagte Lauterbach am Mittwochabend im Sender RTL. (afp)

Inzidenz wieder leicht sinkend

Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldet 73.209 Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Das sind 2.752 Fälle weniger als am Donnerstag vor einer Woche, als 75.961 gemeldet wurden. Die Sieben-Tage-Inzidenz sinkt auf 439,2 von 442,9 am Vortag. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben. Da vermehrt Gesundheitsämter mit den Meldungen der Infektionen nicht hinterherkommen, ist die Zahl jedoch unter Vorbehalt zu sehen. 388 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöht sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle binnen eines Tages auf 102.178. Insgesamt fielen in Deutschland bislang mehr als 5,97 Millionen Coronatests positiv aus. (rtr)

Maximal 15.000 Zu­schaue­r*in­nen bei Großveranstaltungen

Veranstaltungen im Freien sollen bei der Teil­neh­me­r*in­nen­zahl auf maximal 30 Prozent und maximal 15.000 Zuschauende begrenzt werden. Dies geht aus einer aktuellen Beschlussvorlage für die Ministerpräsidentenkonferenz von Bund und Ländern hervor, die der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt. Die Regelung betrifft auch Spiele der Fußball-Bundesliga. Zudem soll eine Maskenpflicht gelten. Zutritt sollen wie auch sonst nur Geimpfte oder Genesene haben (2G). Ergänzend kann demnach ein aktueller Test vorgeschrieben werden (2GPlus). Die Möglichkeit einer Absage von Veranstaltungen oder auch Geisterspiele im Sport wird in Betracht gezogen, ist aber noch strittig. (rtr)

Booster-Impfungen in Niedersachsen überschreiten Millionenmarke

Mehr als eine Million Menschen in Niedersachsen haben mittlerweile eine Corona-Auffrischungsimpfung erhalten. Das geht aus Daten des Robert Koch-Instituts vom Donnerstag hervor. Demnach stieg der Wert im Vergleich zum Vortag um 75 398 auf rund 1,04 Millionen Booster-Impfungen. Das entspricht etwa 13 Prozent der Bevölkerung des Landes. Binnen zwei Wochen hat sich die Zahl der Auffrischungsimpfungen damit mehr als verdoppelt.

Vollständig geimpft sind in Niedersachsen laut RKI 70,5 Prozent der Bevölkerung. Eine höhere Impfquote weisen lediglich Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, das Saarland und Schleswig-Holstein aus. (dpa)

Scholz bei Joko und Klaas: Nur Impfen hilft

Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich in der Fernsehsendung „Joko und Klaas 15 Minuten live“ mit einem eindringlichen Appell zum Impfen an die Zu­schaue­r*in­nen gewandt. Jeder, der könne, solle sich gegen das Coronavirus immunisieren lassen, sagte Scholz am Mittwochabend: „Nur das hilft.“ Alle Experten seien sich einig, dass in Deutschland derzeit zu wenige Menschen geimpft seien. Das sei der Grund dafür, dass Krankenhäuser und Intensivstationen wieder vollliefen.

„Viele Geimpfte sorgen für eine stabile Infektionslage“, betonte Scholz in der ProSieben-Sendung. Neu in der aktuellen vierten Welle der Pandemie sei, dass die Linie zwischen Menschen mit mildem und schwerem Verlauf nicht mehr zwischen Alten und Jungen verlaufe, sondern zwischen Geimpften und Ungeimpften. Wer sich nicht impfen lasse, gefährde sich selbst, Kinder und alle Mitmenschen, die sich aufgrund von Vorerkrankungen nicht impfen lassen könnten.

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Besuche auf Covid-Stationen hätten ihn „tief betroffen zurückgelassen“, sagte der designierte Bundeskanzler. Er würdigte auch die besonderen Belastungen für junge Menschen: „Es ist mir bewusst, dass Abstandhalten und Jungsein nur sehr schlecht zusammenpassen.“ Die Lage sei schwer, die Lösung liege aber auf der Hand. „Ich möchte, dass wir bis Weihnachten bis zu 30 Millionen Impfungen in die Oberarme kriegen“, sagte er. Dazu sollten unter anderem die Kapazitäten der Impfzentren deutlich erhöht werden.

Olaf Scholz sitzt auf einer Bühne in der Sendung von Joko und Klaas bei ProSieben.

„Viele Geimpfte sorgen für eine stabile Infektionslage“, so Scholz in der Sendung von Joko und Klaas Foto: picture alliance/dpa/ProSieben

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) sind derzeit 68,6 Prozent der gesamten Bevölkerung vollständig gegen das Coronavirus geimpft. Die geringe Impfquote gilt als ein wesentlicher Grund für das Ausmaß der vierten Pandemie-Welle.

Bund und Länder wollen sich im Tagesverlauf auf weitere Maßnahmen zum Umgang mit der Coronapandemie verständigen. Nach einem informellen Treffen der Regierungschefs und –chefinnen am Dienstag wurden bereits weitere Einschränkungen für nicht gegen Covid-19 Geimpfte in Aussicht gestellt. (epd)

Stiko-Chef räumt Fehler ein

Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (STIKO), der emeritierte Ulmer Virologe Thomas Mertens, hat im Gespräch mit dem ARD-Politikmagazin Panorama erstmals eingeräumt, dass bestimmte Entscheidungen der Kommission “aus der heutigen Perspektive“ zu spät erfolgt sind. So wäre es laut Mertens “wahrscheinlich günstiger gewesen, mit dem Boostern früher anzufangen“.

Warum die STIKO so lange für ihre Entscheidung brauchte, erklärte Mertens in Panorama damit, “dass wir erst definieren, welche Daten brauchen wir, um zu einer Empfehlung kommen zu können. Und wenn das festgelegt ist, dann müssen diese Daten erhoben, erarbeitet werden. Und wenn diese Daten vorliegen, dann fängt die STIKO an, diese Daten zu diskutieren.“

Der ehemalige Leiter des israelischen Impfprogrammes, Ronnie Gamzu, zeigt sich gegenüber Panorama schockiert über die Langsamkeit der deutschen Kolleg:innen: “Das war einfach total falsch. Wir hatten klare Beweise, wir haben die Daten. Es gab keine wissenschaftliche Basis dafür zu sagen, die Auffrischimpfung bringe nur den Über-65- oder Über-70-Jährigen etwas. Wir haben gesehen, dass die Zahl der Antikörper auch bei 40-Jährigen zurückgeht. Was für Beweise braucht man denn noch?“

Mertens entgegnete, man habe die “israelischen Daten und die Evidenz erst aufarbeiten“ müssen. “Der Vergleich mit Israel ist an vielen Punkten nicht möglich“, so Mertens. Die Evidenz in einem anderen Land sei eben nicht einfach übertragbar. Für den Israeli Gamzu nicht nachvollziehbar: Deutschland habe die einmalige Chance verpasst, anhand der israelischen Daten in die Zukunft zu blicken. Diese zeigten, was in Deutschland drei Monate später auch passiere. (ots)

Hausärzte fordern anderen Verteilschlüssel für Corona-Impfstoff

Der Deutsche Hausärzteverband plädiert für einen anderen Verteilschlüssel der Impfstoffe gegen das Coronavirus. „Hausärzte, Kinder- und Jugendärzte, Gynäkologen, HNO- und Fachärzte für Inneres müssen deutlich mehr Impfstoff zur Verfügung gestellt bekommen als andere“, forderte der erste stellvertretende Vorsitzende Markus Beier in den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Donnerstag): „Das sind die Praxen, in denen die Leute sich massiv impfen lassen.“

Momentan würden Impfstoffe „mit der Gießkanne verteilt und mit dem Rasenmäher gekürzt“, kritisierte Beier: „Jeder, der eine Arztnummer hat, kann gleichviel Impfstoff bestellen – die Hausärztin auf dem Land, die tausend Menschen versorgt, genauso viel wie der Radiologe in einer Klinik in der Stadt.“ Umgekehrt würden auch die Lieferungen für alle fast gleich gekürzt. „Dort, wo viele Ärztinnen und Ärzte angestellt sind, gibt es viel Impfstoff, dort wo die Anzahl geringer ist, wenig“, sagte er den Funke-Zeitungen. Der ländliche Raum werde dadurch strukturell benachteiligt. „Wenn die Kampagne in dem Stil weiterläuft, wird man auf dem Land bald keine Termine mehr vereinbaren können“, kritisierte Beier.

„Nun auch noch die Apotheken und Zahnärzte ins Boot zu holen, ist eine vollkommene Absurdität“, sagte der stellvertretende Vorsitzende. „Weitere Bezugsberechtigte beschleunigen die Impfkampagne nicht, sondern verzögern sie eher.“ (epd)

Lauterbach dringt auf strengere Maßnahmen

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dringt vor der Ministerpräsidentenkonferenz auf deutlich strengere Maßnahmen, um die vierte Coronawelle zu brechen. „Erstens müssen alle Schülerinnen und Schüler bis zu den Weihnachtsferien Masken im Unterricht tragen und sich täglich in der Schule testen lassen“, sagt er der Rheinischen Post. „Zweitens sollten die Kontakte Ungeimpfter bundesweit stark reduziert werden, am besten auf nur noch eine Person außerhalb des eigenen Haushalts.“ Drittens brauche es flächendeckend 2G-Regeln im öffentlichen Leben, auch im Einzelhandel. „Weil aber 25 Prozent der Infektionen durch vollständig Geimpfte weitergegeben werden, sollte 2Gplus beispielsweise in Restaurants zur Pflicht werden.“ Viertens sollten umgehend alle Bars, Clubs und Diskotheken schließen, bis die vierte Welle vorüber sei. „Und fünftens sollten alle Krankenhäuser in Deutschland sofort auf einen Notbetrieb umschalten und alle planbaren Operationen verschieben, um genug Kapazitäten für Co­ro­na­pa­ti­en­t*in­nen und Notfälle freizuhalten.“

Kurz vor den Beratungen von Bund und Ländern spricht sich auch der geschäftsführende Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) für einen Inzidenzwert zwischen 300 und 400 aus, ab dem strenge Maßnahmen zur Corona-Eindämmung ergriffen werden sollten. „Solange wir ungeimpft waren, war klar: Ab einem Wert von 100 wird es gefährlich. Ein Handeln ab einer Inzidenz von 1.000, wie einige Länder das derzeit machen, ist viel zu spät. Wir brauchen eine Grenze, die meines Erachtens – mit Blick auf den Impferfolg Stand jetzt – etwa einer Inzidenz von 300 bis 400 entspricht“, sagt Braun der Rheinischen Post. Daraus folge, dass die Kontaktreduktion bei Ungeimpften sehr groß sein müsse. „Abstand- und Maskenregel müssen für alle gelten, alles Weitere beraten wir. Doch klar ist: Die Infektionsrate unter Ungeimpften ist zurzeit zehn Mal so hoch wie unter Geimpften.“ Ihm sei bewusst, dass eine Impfpflicht in der Gesellschaft zu Spaltung führe, „aber eine nicht enden wollende Pandemie eben auch.“ (rtr)

Bremer Bürgermeister gegen Einschränkungen für Geimpfte

Der Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte spricht sich im Kampf gegen die vierte Coronawelle gegen Einschränkungen für Geimpfte aus. Mit den heute zu beschließenden Regeln werde es einen Lockdown für Ungeimpfte geben, sagt der SPD-Politiker im ZDF Morgenmagazin. „Wogegen ich mich immer ausgesprochen habe, ist ein Lockdown für Geimpfte. Das würde unserer Impfstrategie diametral entgegenstehen.“ Es müsse ein Unterschied gemacht werden zwischen Geimpften und Ungeimpften, da sich Geimpfte seltener ansteckten. Falls doch, seien ihre Krankheitsverläufe milder und sie stellten wegen der geringeren Virenlast auch eine geringere Gefahr für andere dar. Die Impfquote in Bremen liegt mit über 80 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt von knapp 69 Prozent. (rtr)

Einzelhandel fürchtet Verluste

Der Einzelhandel befürchtet durch bundesweite 2G-Regeln Umsatzrückgänge und Arbeitsplatzverluste. „Mitten im Weihnachtsgeschäft verlieren die betroffenen Einzelhändler bis zu 50 Prozent ihrer Umsätze“, sagt Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Das ist nach den ohnehin schon kräftezehrenden Lockdowns der vergangenen Monate für viele nicht zu verkraften.“ Die 2G-Regelungen für den Einzelhandel führten zu einem erhöhten Kontrollaufwand und in der Folge zu Schlangen vor den Geschäften. Das schrecke viele Kunden von einem Einkauf ab.

Auch das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erwartet, dass eine Ausweitung der 2G-Regel dem Einzelhandel und dem Gastgewerbe Umsatzeinbußen bringen wird. „Wir gehen davon aus, dass 2G beim stationären Einzelhandel zu Umsatzeinbußen im Dezember von etwa 5,3 Milliarden Euro führen würde“, sagte IW-Experte Christian Rusche dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Dabei müsse man bedenken, dass die Betriebe bereits im zweiten Jahr im wichtigen Weihnachtsgeschäft unter massiven Beschränkungen leiden. „Eine flächendeckende Einführung von 2G würde vor allem kleinere Betriebe sehr hart treffen. Vieles spricht dafür, dass zahlreiche Inhaber überlegen würden, ob es sich noch lohnt, das Geschäft zu öffnen. Aus diesem Grund wäre es sinnvoll, die finanziellen Hilfen für die betroffenen Handelsunternehmen auszuweiten und bürokratische Hürden bei der Gewährung der Hilfen zu beseitigen.“ (rtr)

Moderna plant Impfung gegen Omikron

Der US-Pharmakonzern Moderna könnte nach eigenen Angaben eine gezielte Auffrischungsimpfung für Omikron ab März entwickelt und für einen Zulassungsantrag in den USA bereit haben. Moderna-Präsident Stephen Hoge sagt der Nachrichtenagentur Reuters, der ganze Vorgang könne drei bis vier Monate dauern. „Die Omikron-spezifischen Booster kommen realistischerweise nicht vor März und vielleicht eher im zweiten Quartal.“ (rtr)

Corona-Neuinfektionen in Südafrika binnen eines Tages fast verdoppelt

Nach Entdeckung der neuen Omikron-Variante des Coronavirus in Südafrika steigen dort die Infektionszahlen dramatisch an. Innerhalb eines Tages habe sich die Zahl der bestätigten Neuinfektionen fast verdoppelt, von 4.373 am Dienstag auf 8.561 am Mittwoch, teilten die Gesundheitsbehörden mit.

Es bestehe die Möglichkeit, dass es eine weitere Verdopplung oder Verdreifachung der Fälle geben werde, sagte Nicksy Gumede-Moeletsi, Virologin für die Weltgesundheitsorganisation WHO in der Region, der Nachrichtenagentur AP.

Ob tatsächlich Omikron für den Anstieg der Fallzahlen verantwortlich ist, ist noch unklar. In Südafrika mit seinen rund 60 Millionen Ein­woh­ne­r*in­nen waren im Juni und Juli mehr als 20.000 Neuinfektionen pro Tag verzeichnet worden, also noch deutlich mehr als jetzt. Anfang November wurden im Schnitt rund 200 Neuinfektionen pro Tag gemeldet, dann gingen die Zahlen aber wieder deutlich nach oben. Während Anfang November noch rund 1 Prozent der Tests positiv ausfielen, waren es am Mittwoch 16,5 Prozent.

Um herauszufinden, ob jemand an der Omikron-Variante erkrankt ist, müssen die Genome des Virus sequenziert werden. In 74 Prozent der im November untersuchten Genome sei Omikron entdeckt worden, teilte das südafrikanische Institut für übertragbare Krankheiten am Mittwoch mit.

Ex­per­t*in­nen untersuchen derzeit, ob Omikron durch seine Mutationen leichter übertragbar ist als die im Moment vorherrschende Delta-Variante des Coronavirus und ob Impfstoffe noch ausreichend effektiv dagegen sind. (ap)

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