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Nachfolger von 9-Euro-TicketWissing kündigt Günstig-ÖPNV an

Der Verkehrsminister spricht sich für eine Fortführung der Flatrate für Busse und Bahnen aus – wenn die Länder zahlen.

Vorbei: 9-Euro-Ticket Foto: Robert Michel/dpa

Berlin taz | Das 9-Euro-Ticket ist Geschichte, die Leute von der Letzten Generation fahren dennoch weiter ultrabillig Bus und Bahn: Mit dem Auslaufen der günstigen Monatsfahrkarte ab dem heutigen 1. September wollen die UmweltschützerInnen ohne gültige Tickets den öffentlichen Nahverkehr nutzen – und dabei mit Vorträgen, Schildern und Flyern „auf die Klimakatastrophe und den Irrsinn horrender Preise im Nah- und Fernverkehr“ aufmerksam machen, kündigten sie am Mittwoch an.

Tatsächlich könnte ihr Protest bereits gewirkt haben, bevor er losging: Wenige Stunden vorher versprach Bundesverkehrsminister Volker Wissing nämlich nach langem Zögern eine Fortsetzung des 9-Euro-Tickets. Zunächst müssten Struktur und Finanzierung des Tickets geklärt werden – und anschließend der Preis. Nur dann sei der Bund auch bereit, einen Beitrag zur Finanzierung zu leisten, sagte der FDP-Politiker im Deutschlandfunk.

Die dreimonatige Aktion hatte 2,5 Milliarden Euro gekostet. „Man kann nicht vom Bund erwarten, dass er einfach Geld auf den Tisch legt, wenn die Länder selbst keine Vorschläge haben, wie das neue Ticket aussehen soll“, betonte Wissing. Sein Parteifreund habe ihn „überzeugt“, twitterte derweil Finanzminister Christian Lindner von der Kabinettsklausur in Meseberg. Wenn die Länder mitwirkten, könne Wissing „mit einem Bruchteil der Finanzmittel des 9-Euro-Tickets ein bundesweit nutzbares, digital buchbares Ticket realisieren“, schrieb Lindner – mit dem Hashtag #WissingWirkt.

Für die Liberalen entscheidend ist auch das Ende der Tarifvielfalt in den Verkehrsverbünden. Durch den Verkauf von 52 Millionen 9-Euro-Tickets in den vergangenen 3 Monaten hätten die Menschen „darüber abgestimmt, dass es so nicht bleiben soll“, sagte Wissing. Deshalb werde er sich „dafür einsetzen, dass es nicht wieder zum Rückfall in die alten Tarifstrukturen kommt so wie jetzt kurzfristig ab dem 1. September.“

Bescheidene Bilanz beim Spritrabatt

Am Mittwoch endete mit dem 9-Euro-Ticket und mit der Rabattierung von Benzin und Diesel ein dreimonatiger deutschlandweiter Feldversuch, mit dem die Bundesregierung die Inflation ausgleichen wollte. Während die günstigen Monatsfahrkarten laut ersten Untersuchungen Menschen mit wenig Geld mehr Bewegungsfreiheit ermöglichten und viele Autofahrten überflüssig machten, fällt die Bilanz beim Steuerspritrabatt trotz Kosten in Höhe von über 3 Milliarden Euro bescheiden aus. Laut einer Studie des RWI Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung kassierten die Mineralölkonzerne zunehmend große Teile der Steuerreduzierung ein. So seien „die preisdämpfenden Effekte des Tankrabatts durch preistreibende Faktoren geschmälert“ worden.

Ab Donnerstag werden die Verkehrverbünde versuchen, die in den vergangenen drei Monaten gewonnenen KundInnen bei der Stange zu halten – aber sie haben keine Preiskracher mehr im Angebot: So gibt es in Hamburg für 29,50 Euro eine neue 5er-Tageskarte, die binnen 30 Tagen genutzt werden kann und 3,50 Euro spart. Anderswo sind bereits Tariferhöhungen beschlossen. In und um Stuttgart ziehen die Preise zum Jahreswechsel durchschnittlich um 4,9 Prozent, im Großraum Nürnberg um 3 Prozent an.

Derweil geht nun der Poker um das Günstig-Ticket 2.0 los. Die Bundes-SPD hat bereits ein bundesweites 49-Euro-Ticket ins Spiel gebracht, die Grünen wollen ein regionales Monatsticket für 29 Euro. Aus Sicht der Länder ist klar: Einfach eine weitere billige ÖPNV-Fahrkarte darf es nicht geben, auch das Angebot im Nahverkehr muss verbessert werden: bessere Infrastruktur, mehr Personal, mehr Fahrzeuge.

2022 wohl kein neues Ticket mehr

Sie fordern deshalb bereits, dass die Regierung die sogenannten Regionalisierungsmittel deutlich aufstockt, mit denen der Bund den ÖPNV in Ländern und Kommunen mitfinanziert. Zusätzlich zu einer bereits geforderten Erhöhung um 1,5 Milliarden Euro pro Jahr verlangen die VerkehrsministerInnen der Länder wegen der hohen Energiepreise für die Jahre 2022 und 2023 jeweils 1,65 Milliarden Euro mehr. Andernfalls müssten die Unternehmen die Preise im ÖPNV bald weiter erhöhen – anstatt eines günstigeren Angebots für Busse und Bahnen würde alles teurer.

Im laufenden Jahr wird es mit dem neuen Ticket wohl nichts mehr werden. Allein für die technische Umsetzung einer dauerhaften Anschlusslösung für das 9-Euro-Ticket benötigen die Verkehrsunternehmen laut ihrem Branchenverband VDV etwa drei Monate. Sollte die Ampel mit den Ländern also ein neues Angebot zum Januar 2023 starten wollen, müssten die politischen Entscheidungsprozesse „idealerweise“ bis Anfang Oktober abgeschlossen sein, sagte ein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur.

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35 Kommentare

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  • Als leider wieder Erwerbsloser bekomme ich mit Diakonie-Ausweis die Stadtverkehr-Monatskarte mit ca. 20% Ermäßigung für 44,50 €. Insofern wäre das 49-Euro-Ticket für mich akzeptabel. 69,- € wäre mir zu teuer. Dann müsste ich mich auf das Regional-Ticket beschränken, was notfalls auch akzeptabel wäre.

  • Wenn ich die Schlagzeile lese, kommt mir die Assoziation - Wirsing - FDP - herzlos - günstig ÖPNV = 29€ / Monat für ein Schuhabo .

  • Ein Kleinwagen kostet alles in allem 300€ bis 400€ (inkl. Wertverlust) im Monat. Wer für 49€ im Monat nicht vom Auto auf ÖPNV umsteigt, tut es auch für 29€nicht.

    Man muss da auch langfristig denken: billig allein reicht nicht, ein Ausbau der Verbindungen, mehr Verläßlichkeit, Pünktlichkeit, saubere Züge mit genug Sitzplätzen - all das ist notwendig, wenn das nicht nur ein spottbilliges Pauschalticket für gelegentliche Spassreisen am Wochenende sein soll, bei denen es einem egal ist, ob man pünktlich ankommt. Sowas ersetzt dann keinen Autoverkehr, es führt nur zu mehr Reisen, die es sonst gar nicht gegeben hätte.

    Pendler dagegen werden mit einer weiteren Verschlechterung des Angebots ganz schlecht bedient sein.

    Sinnvoll wäre ein digitales Ticket mit Tarifen rein nach Entfernung, mit zunehmendem Rabatt für Vielfahrer und mit Unterstützung über die Steuererklärung für Pendler mit geringem Einkommen. Aber das ist weder mit einem Satz vermittelbar, noch haben wir hier in Deutschland die Kompetenz, das auch technisch umzusetzen.

    Was wir deshalb kriegen werden: Ein relativ spottbilliges Pauschalticket mit größtenteils chaotischem und dann zunehmend immer schlechter werdendem Nahverkehr für Spassreisende und die bitterarmen Leute, die sich gar kein Auto leisten können. Die müssen dann halt eine Stunde eher losfahren, wenn sie pünktlich auf der Arbeit sein wollen.

    "Richtig" geht hier einfach gar nicht mehr. "Einfach und möglichst billig mit Staatsknete auf Pump, nach mir die Sintflut" ist alles, was hier noch möglich ist. Leider. Mal wirklich nachdenken will einfach keiner mehr, da gibt es nur noch "ich will aber alles und billig" auf der einen Seite und billiger Populismus auf der anderen Seite.

    Es ist zum Heulen.

    • @Mustardman:

      Was die Dichtheit und Qualität der ÖPNV-Verbindungen angeht, stimme ich zu. Vielen, die weiterhin mit Pkw führen, dauerte die ÖPNV-Verbindung mit Umsteigen zu lange. Das ist aber auch eine Organisations-Aufgabe, welcher die ÖPNV-Unternehmen erstmal nachgehen müssten.

    • @Mustardman:

      Eine Verschlechterung des ÖPNV-Angebots für Pendler und Vielfahrer kann sogar nach hinten losgehen, wenn die zusätzlichen Spassfahrer zum Mangel an Sitzplätzen, Unterbindung der Fahrradmitnahme/Mangel an Fahrradstellplätzen undAusfall von Zügen führt.

  • In der ganzen Diskussion darum, wie teuer ein ÖPNV-Abo sein darf, fehlt mir der objektive Vergleich unterschiedlicher Verkehrsmittel.



    Wenn hier immer gesagt wird, dass "die meisten Menschen sich das jenseits von € 29,- nicht werden leisten können" straft das schlicht die Realität Lügen.



    In der Großstadt, in der ich lebe, nutzen gerade Menschen mit wenig Geld ein ÖPNV-Abo für ihre Alltagsmobilität, welches teurer ist als die hier gehandelten möglichen Abo-Preise für ein bundesweites Angebot. Und für meinen Geschmack viel zu viele noch deutlich höhere Mobilitätskosten von mindestens € 350,- für den Unterhalt eines Autos. Drunter geht´s lt. Berechnungen des ADAC nämlich nicht.



    Wenn man in Kategorien "Mobilität abbilden" denkt, ist der ÖPNV kostenmäßig unschlagbar auch bei jetzigen Preisen!



    Man muss halt nur mal mutig sein und das eigene KfZ abschaffen - das bringt echt Luft ins Budget.

    • @Life is Life:

      Der ADAC rechnet aber den Wertverlust eines Neuwagens in seiner Kalkulation mit ein.

      Mit einem Gebrauchtwagen sind sie da ggf.. deutlich günstiger.

    • @Life is Life:

      Ja, ich zahle momentan 59€für ein Monatsticket im Stadtbereich, ab 9 Uhr. Wenn ich weiter fahren will, kaufe ich mir ein Zusatzticket. Viel, viel billiger als ein Auto ist das allemal.

      Die letzten drei Monate waren zum Abgewöhnen. Ja, ich habe 150€ gespart, aber ich wollte gar nicht mehr fahren, weil die Züge und Bahnen und Busse heillos überfüllt, laut, dreckig und unpünktlich waren. Jede Fahrt war ein Abenteuer mit ungewissen Ausgang und völlig unbestimmter Ankunftszeit. Wenn das die Regel wird, kaufe mir nach 20 Jahren wieder ein Auto.

      Und genau das wird immer schlimmer werden bei solchen Tickets. Das geht gar nicht anders.

      Besserer Service führt halt zu kaum mehr Käufern solcher Pauschal-Billigtickets, weil die eh jeder kauft, der irgendwann mal fährt, und wenn es nur zweimal im Monat ist, aber die unvermeidbaren betriebswirtschaftlichen KOSTEN des ÖPNV kann man durch weniger Personal, weniger Wartung, weniger Reinigung, weniger Verbindungen, weniger Zügen etc. fast beliebig weiter senken und GENAU DAS wird dann zwangsläufig passieren.

      Wir brauchen einfachere Tarifsysteme mit Rabatten für Vielfahrer und Erstattungen für Geringverdiener, aber die Bahn MUSS mit mehr Fahrten auch mehr Geld verdienen können, sonst wird sie nur die Kosten senken können.

      Sagen wir mal: Pauschal 10 Cent pro Kilometer Fahrt bundesweit über alle Verkehrsmittel im ÖPNV, mit Karten- oder Smartphone-Check-in und -out, gedeckelt auf 100 Euro im Monat, mit 50% Erstattung vom Staat für alle Wohngeld- oder H4-Empfänger. DAS würde die Bahn motivieren, das Angebot attraktiver zu machen, weil dann mehr gefahren wird, die allermeisten würden noch Geld sparen und die Bedürftigen würden unterstützt.

      Aber das wäre wohl schon zu kompliziert für Deutschland 2022, sowohl von der politischen Vermittelbarkeit her als auch von der technischen Umsetzung. 

      (...) Der Kommentar wurde gekürzt. Unsere Netiquette können Sie hier nachlesen: taz.de/netiquette. Die Moderation

  • Es gibt Vorschläge, nur die FDP blockiert. Übergewinnsteuer wie in anderen Ländern und Abschaffung des Dienstwagenprivilegs gibt genügend Milliarden. Würden ausländische Konzerne wie IKEA, Apple, Google, Amazon hier Steuern wie ein normaler Unternehmer zahlen, dann wären auch kostenlose ÖPNVs möglich. Nur....die FDP blockiert, wo sie kann. Und die Medien thematisieren das viel zu verhalten. So, wie sie dauernd Merkel haben machen lassen bis in die völlige Energieabhängigkeit von Putin. Millionen leiden, Zigtausende müssen sterben. Wegen der Unfähigkeit derjenigen, die Verantwortung geschworen haben. Schaden vom deutschen Volke abzuwenden. Nichts dergleichen ist passiert.

    • @Sarg Kuss Möder:

      “Vorschläge, nur die FDP blockiert. Übergewinnsteuer wie in anderen Ländern und Abschaffung des Dienstwagenprivilegs gibt genügend Milliarden. Würden ausländische Konzerne wie IKEA, Apple, Google, Amazon hier Steuern wie ein normaler Unternehmer zahlen, dann wären auch kostenlose ÖPNVs möglich“

      Günstige ÖPNVs

      Meine Meinung

    • @Sarg Kuss Möder:

      Auch mit einem kostenlosen ÖPNV sind viele Pendlerstrecken immer noch zwei Stunden länger am Tag.Was das bedeutet werden die Zeitreichen nie verstehen.

      • @Rudolf Fissner:

        Vor allem gibt es dann absolut keine Motivation für die Verkehrsverbände und die Bahn, das Angebot zu verbessern, denn das kostet nur Geld, bringt aber kein Geld ein. Je verordnet billiger ein Pauschalticket ist, desto mehr Sinn macht die Verringerung der Kosten durch Eindampfen von Verbindungen. Das ist einfach nur logisch.

  • Das 9-Euro-Ticket war ein Geschenk für die Massen. Statt einer Verlängerung kommen demnächst fette Preiserhöhungen im Nah- und Fernverkehr, weil die Energiekosten steigen und steigen. Zudem braucht die Bahn geschätzte 100 (!) Milliarden, um nur die notwendigsten Sanierungen durchzuführen.

    Dass Leute mit einer Monatskarte (z.B. für Berlin) gerne in ganz Deutschland kostenlos unterwegs wären, kann ich verstehen. Doch diesen Luxus muss man sich als Gesellschaft leisten können ... bei den vielen Bereichen mit Finanzbedarf sehe ich da wenig Spielraum.

    Der Kommentar wurde gekürzt. Unsere Netiquette können Sie hier nachlesen: taz.de/netiquette. Die Moderation

    • @Taztui:

      Die Bahn fehlt das Geld für Sanierungen weil sie ein Global Player werden wollte und ordentlich Kohle im Ausland versengt hat und nicht weil die Tickets zu billig sind. Den einzigen Luxus den wir uns geleistet haben ist die Misswirtschaft bei der Bahn.

      • @Andreas J:

        Die kommunalen Verkehrsbetriebe machen doch das Gleiche, und die haben kein Geld im Ausland versenkt.

        Auch der Artikel weist auf die Preiserhöhungen im kommunalen Bereich hin.

  • O.K. Butter bei die Fische:

    Beim 29 Euro Ticket kommen bei geschätzten 10 Millionen verkauften Tickets pro Monat 290 Millionen Euro zusammen.

    Beim 49 Euro Ticket würden bei 10 Millionen verkauften Tickets 490 Millionen Euro pro Monat zusammen kommen. Das wären fast 6 Milliarden Euro Einnahmen pro Jahr. Da sollte die Nutzung der IC Züge dann auch mit drin sein.

    Die von den Verkehrsverbänden vorgeschlagenen 69 Euro pro Monat halte ich nur für sinnvoll, wenn bei diesem Preis die IC und ICE Züge inklusive sind. Das wäre dann ein echter "All Inclusive" ÖPNV Deutschlandtarif.

    Bei diesem Preis könnte die Massentauglichkeit allerdings stark gefährdet sein. Eventuell könnte also ein Dreifachangebot sinvoll sein:

    -Ein 29 Euro Ticket für die Massen (Nahverkehr)

    -Ein 49 Euro Ticket inkl. IC

    -Ein 69 Euro Ticket inklusive IC/ICE

    Für die zusätzlichen Kosten für einen Infrastruktur-/ Schienenausbau/ für neues Personal und neue Züge schlage ich eine Besteuerung des Flugbenzins (Kerosins) vor.

    Wer wirklich Verkehrswende will, darf die stark umweltschädlichen Kerosinverbruzzer 2023 eigentlich nicht mehr subventionieren, oder?

    Und wenn das nicht reicht, dann, ja dann könnte ja das Dienstwagenprivileg abgeschafft werden.

    Reichenförderung war gestern!

    Möge der ÖPNV schon im Januar seinen zweiten Frühling erleben! :-)

    OM ÖPNV

    • @Goldi:

      Die paar Milliarden reichen vorne und hinten nicht für den Betrieb der Bahn und des ÖPNV. Schliesslich kämen die von Ihnen errechneten Summen nicht on top, sondern würde wegfallende Einnahmen im Kartenverkauf nur teilweise ersetzen. Das ist ein Leben auf Substanz und das Gegenteil von nachhaltig oder zukunftsfördernd.

      • @Taztui:

        O.k. überzeugt, der ÖPNV braucht wirklich richtig viel Geld um zukunftsfähig zu sein.

        Wie wäre es mit einem 100 Milliarden Sondervermögen ÖPNV? Ein einprägsamer Titel könnte "Entwicklungshilfe ÖPNV" oder "Aufbau ÖPNV" sein.

        Der Kopf ist rund, damit das Demken die Richtung wechseln kann.

        Müssen nur wollen... . ;-)

    • @Goldi:

      Während sich ein 49€ Ticket noch lohnen könnte, wäre ich beim 69€ Ticket raus, wie viele andere wahrscheinlich auch. Wenn ich meine Familie 2 mal im Monat besuche zahle ich trotz einer Fahrt von gerade einmal 30 Minuten 15€ - bei 2 Besuchen (also 4 Fahrten) sind das 60€. Eigentlich ist es bereits ein Armutszeugnis, dass ich für eine derart kurze Strecke zum 49€ Ticket greifen würde. Auch das sollte man bedenken: während man beim 9€ Ticket noch bereit war die Summe zu zahlen und die Gelegenheit genutzt hat viel zu reisen (ich war zum ersten mal in Ravensburg und Konstanz), so erscheinen mehr als 60€ auch bei bundesweiter Wirkung net als attraktiv, außer man findet die Zeit und kann s voll ausleben. Juni, Juli und August - Sommer und Ferien, perfekt um rumzureisen

      • @Karim Abidi:

        Deswegen ist so ein Pauschalticket ja auch vollkommener Blödsinn.

        Das Hauptproblem ist das Tarifchaos.

        Ein einfaches digitales Ticket mit klaren Preisen rein nach Entfernung, mit Mengenrabatt oder Deckelung für Vielfahrer, dann lohnt sich das für alle, und die Bahn hat eine Motivation, das Angebot zu verbessern, weil es mit besseren Verbindungen und komfortableren Zügen und Bahnen mehr Fahrgäste und mehr Fahrten gibt.

        Bei Pauschaltickets zu Spottpreisen hat die Bahn nur eine Motivation: Kosten sparen auf Teufel komm raus, denn mit besseren und pünktlicheren Verbindungen werden auch nicht mehr billige Monatstickets verkauft. Das Angebot wird dann solange schlechter werden, bis es genug Leuten noch nicht einmal €9 oder €29 im Monat wert ist.

        Der Zug fällt aus, oder die Verbindung klappt nicht? "Sie kriegen genau das, was sie für €9 im Monat erwarten können, nämlich fast nichts. Kaufen Sie sich doch ein Auto, wenn Sie Komfort und Verlässlichkeit haben wollen." Genau das wird die Folge sein, das ist völlig logisch.

        Billigpauschaltickets sind weder freie noch soziale Marktwirtschaft, sondern einfach nur Einfallslosigkeit mit erwartbaren Ergebnissen.

        • @Mustardman:

          Sie legen bei Ihrem Beispiel marktwirtschaftliche Prinzipien zu Grunde. Die Bahn ist aber auch jetzt kein wirkliches Privatunternehmen und es gibt keinen freien Markt ÖPNV. Bei stärkerer Finanzierung über Steuermittel wäre das natürlich noch weniger der Fall.



          Wenn die Verkehrsverbünde weniger von Ticket und mehr von der Zufriedenheit von Wählern/Politik bei ihrer Finanzierung abhängig sind, gibt es für die Kostensparmentalität nicht wirklich einen guten Grund.



          Nicht das ich behaupten will das sowas gut funktionieren würde. Ich weiß es nicht, aber ich glaube nicht das Ihre Überlegungen wirklich Sinn machen. Ich halte es für ein Gerücht das man sowas jetzt schon wirklich einschätzen kann.



          Das wird nicht ohne Experimentieren und hinterher Nachbessern gehen. Eines ist aber klar, "Weiter so" funktioniert definitiv auch nicht.

  • taz: "Derweil geht nun der Poker um das Günstig-Ticket 2.0 los. Die Bundes-SPD hat bereits ein bundesweites 49-Euro-Ticket ins Spiel gebracht, die Grünen wollen ein regionales Monatsticket für 29 Euro."

    Am Ende wird es wohl 69 Euro kosten und ist dann alles andere als "günstig". Weshalb gibt es in anderen Ländern eigentlich günstige oder sogar kostenlose Bahntickets, aber in Deutschland immer noch nicht?

    "Luxemburg ist stolz darauf, das erste Land der Welt zu sein, das landesweiten gratis öffentlichen Verkehr für alle anbietet. Ihre Fahrten waren noch nie so einfach: steigen Sie in den Bus, Zug oder Tram und los geht’s!" [mobiliteit.lu]

    taz: "Im laufenden Jahr wird es mit dem neuen Ticket wohl nichts mehr werden. Allein für die technische Umsetzung einer dauerhaften Anschlusslösung für das 9-Euro-Ticket benötigen die Verkehrsunternehmen laut ihrem Branchenverband VDV etwa drei Monate."

    Selbst dafür benötigen sie drei Monate. Zu spät 'ankommen' und zu spät 'abfahren', dafür ist die 'Deutsche Bahn' (DB) ja berühmt. Aber das Jahresgehalt von 2 Millionen Euro für die Bahnmanager kommt doch hoffentlich pünktlich an - oder etwa auch nicht?

    Man kann ja jetzt schon sagen, dass das 9-Euro-Ticket ein Erfolg ist/war. Und die teils überfüllten Züge zeigen lediglich, dass der Bedarf und das Interesse an günstigen öffentlichen Verkehrsmitteln mindestens so groß ist wie die Probleme bei der DB. Vielleicht sollte man mal 'Bahn-Experten' aus Japan holen, denn die Züge in Japan fahren pünktlich ab, und das obwohl in Japan mehr Menschen in den Zügen sitzen als bei uns.

    Wie es aussieht ist weder Klimaschutz noch soziale Gerechtigkeit in diesem Land möglich, und dass das Günstig-Ticket 2.0 wieder nur von gut betuchten Bürgern bezahlt werden kann, das ist doch jetzt schon klar. Mehr als 39 Euro ist für die meisten Bürger nämlich nicht bezahlbar, auch wenn Politiker sich das mit 10.000 Euro Abgeordnetenentschädigung oder mit einem 15.000 Euro Ministergehalt nicht vorstellen können.

    • @Ricky-13:

      Das Problem sind doch gar nicht die €29 oder €49 oder €69 im Monat. Ein Kleinwagen kostet schon €400 im Monat.

      Das Problem für Pendler ist die Verlässlichkeit, Pünktlichkeit und Häufigkeit der Verbindungen, der Komfort und die Sicherheit.

      KEIN Mensch wird vom Auto auf die Bahn umsteigen, wenn es solche Billigtickets gibt, dafür aber alles im ÖPNV immer unerträglicher wird, und genau das wird zwangsläufig passieren, wenn die Verkehrsverbünde und die Bahn nur noch Kosten sparen können, aber nicht mehr mit mehr Fahrten durch attraktivere Angebote mehr Geld einnehmen können.

      Das führt einfach zum schlechtesten ÖPNV, den man sich nur vorstellen kann, weil nur das betriebswirtschaftlich Sinn macht. Wie wollen Sie da mehr und bessere Verbindungen erwarten, wenn das Ticket für €29 im Monat eh jeder kauft, der auch nur einmal in der Woche fährt? Dann wird halt im Extremfall nur noch einmal in der Woche ein Bus fahren und das ist dann genau das wert, was Sie dafür bezahlen.

      Das GEHT gar nicht anders. Warum soll die Bahn dann mehr Züge im Pendelverkehr einsetzen, wenn das nur viel Geld kostet, aber nicht mehr Geld einbringt, weil das Ticket eh jeder kauft, der am Wochenende mal irgendwo hinfahren will?

      Die letzten drei Monate waren doch so schon grausam genug. Ich bin ein paarmal teuer mit dem ICE gefahren, nur weil ich mal wieder einen Sitzplatz, eine halbwegs saubere Umgebung und ein funktionierendes Klo haben wollte. Der ICE war da geradezu ein Paradies gegenüber dem praktisch kollabierenden Nahverkehr.

      Man braucht da ein Tarifsystem, das die Bahn und die Verkehrsverbände bei mehr Fahrten finanziell belohnt und nicht bestraft. Denn sonst wird das immer schlimmer werden, weil mehr Fahrten nur mehr Kosten verursachen, aber nicht mehr Einnahmen generieren, wenn eh jeder, der überhaupt ÖPNV fährt, sich das Ticket so oder so kauft für die paar Euro.

      • @Mustardman:

        "Das Problem sind doch gar nicht die €29 oder €49 oder €69 im Monat. Ein Kleinwagen kostet schon €400 im Monat."

        Da freut sich sicherlich auch der Hartz IV Empfänger, dass er sich nicht extra einen SUV kaufen muss, sondern schon mit einem "schlappen" 69-Euro-Monats-Ticket von A nach B kommt. Dass die "perfekte Verkehrswende" nicht von heute auf morgen funktioniert, das sollte doch wohl jedem klar gewesen sein, aber man muss doch schließlich mal einen Anfang machen - und der wurde mit dem 9-Euro-Ticket doch gemacht. Wenn Deutschland wirklich eine Mobilitätswende schaffen möchte, dann brauchen wir dauerhaft einen günstigen ÖPNV. Und natürlich muss dafür auch langfristig Geld zur Verfügung stehen. Allein der Pkw-Verkehr in Deutschland erzeugt rund 100 Millionen Tonnen CO2 im Jahr. Aber unsere Politiker schwadronieren ja lieber über den Klimawandel, anstatt endlich mal zu handeln.

        Aber machen Sie sich keine Sorgen, denn es wird weder etwas gegen Armut (Obdachlosigkeit, Rentnerarmut, Kinderarmut, Hartz-IV-Armut) sowie hohe CO2-Werte in Deutschland unternommen, noch bekommt der Normalbürger jetzt ein günstiges Bahn-Ticket, denn Lindner kommt mit der Ausrede "Schuldenbremse", damit nicht einmal ein Quäntchen "soziale Gerechtigkeit" ins Land kommt.

        Sie schreiben: "Man braucht da ein Tarifsystem, das die Bahn und die Verkehrsverbände bei mehr Fahrten finanziell belohnt und nicht bestraft." - Bravo, denn einen schöneren Satz hätte der neoliberale Lindner bestimmt auch nicht hinbekommen.

    • @Ricky-13:

      ähm ... Luxemburg ist das Land mit der höchsten PKW Dichte pro Land in Europa. de.statista.com/st...aeischen-laendern/

      Mir scheint selbst ein kostenloses Ticket wie in Luxemburg scheint nicht dagegen zu helfen. Kann es sein dass die Qualität des ÖPNV Netzes in Luxemburg einfach nur beschissen ist?

      Und was soll der Run auf Rudis-Ramsch-Bahn beweisen? Das Ramschfleisch, Ramschklamotten und Ramschverkehr die Lösung ist?

      Der Effekt auf das Hauptproblem "Pendlerverkehr" war trotz der Ramschpreise nur marginal.

      Es braucht schnellen ÖPNV entlang der Pendlerrouten und viel mehr Radschnellwege. Da ist die Planung der Kommunen und Länder besonders gefragt.

      Einfach nur wie doof Geld irgendwo reinkippen ist keine Lösung

    • @Ricky-13:

      "Mehr als 39 Euro ist für die meisten Bürger nämlich nicht bezahlbar"



      Aha. Und wie stellen diese Menschen Mobilität aktuell so dar?



      Vielleicht über monatliche Kosten von mehr als € 350,-, unterhalb derer lt. ADAC auch das kleinste und sparsamste Auto nicht zu unterhalten ist?



      Wenn frau nicht gerade fernpendelt oder richtig abgelegen auf dem Land wohnt ist ein ÖPNV-Abo mit Abstand die günstigste Art, Mobilität abzubilden. Selbst wenn man dann noch für die eine oder andere Gelegenheit ein Auto leihen oder Taxi fahren muss, bleibt da noch viel übrig jeden Monat.

      • @Life is Life:

        Aber bei weitem nicht die schnellste Art. Niemand will 2 Stunden länger auf dem Weg von und zur Arbeit täglich verbringen.

      • @Life is Life:

        Oder man fährt Fahrrad und hat 30€ Kosten im Monat.



        Ich hab ein kostenloses Jobticket, bin aber erst 2 mal dieses Jahr mit dem ÖPNV, da es grauselig ist, dreckig, langsam, unpünktlich

  • Super geil!



    Hier stehen ja interessante Zahlen !!!

    Dann rechnen wir mal:



    2500 Mio € Kosten durch



    52 Mio Tickets macht 48 €/Ticket.



    Also 16€/ Ticket und Monat.

    Dann müsste man für dieses Ticket also regulär 16€ + 9€ = 25 € an der Kasse bezahlen.

    So, und wo bleibt jetzt das 25€ Ticket ?

    Falls ich mich verrechnet habe bin ich natürlich für Hinweise offen ...

    Hinweise a la "aber so dürfen sie nicht rechnen" sollten dann aber schon parat haben wo der Fehler ist.

    Die mindestens 9 Mrd € die die Bahn 2021 vom Staat bekommen hat habe ich noch nicht mal berücksichtigt.

    • @Bolzkopf:

      Die 2,5 Mrd waren aber nur die entstandenen Mehrkosten und nicht die Kosten für den Gesamtbetrieb. Die BVG hat das in Berlin auch mal durchgerechnet und kam auf einen kostendeckenden Preis von etwas über 60€ im Monat, vorrausgesetzt natürlich jeder Bürger wird verpflichtet ein Ticket zu kaufen. Da wird dann auch klar warum die Berliner gern ihre Tickets vom Rest der Republik weitersubventioniert bekommen wollen und jetzt in allen Medien dafür trommeln. Wahrscheinlich kostendeckend wäre auf nationaler Ebene irgendwas um die 50€ im Monat aber nur wenn alle Bürger auch ein Ticket kaufen. Die Diskussion wird aber eher unerfreulich in Regionen wo es wie bei uns keinen nennenswerten ÖPNV gibt. Da werden die Leute nur mäßig begeistert sein von dem Vorschlag.

    • @Bolzkopf:

      Nicht nochmal durch 3 teilen, würde ich sagen... 48€ Subvention für ein Ticket, das einen Monat gilt. Plus 9€ Verkaufspreis ergibt 57€. Wäre noch ein Knallerpreis für die D-Regio-Flat.

    • @Bolzkopf:

      ich komme mit (2500000000 + 52000000*9)/52000000/3 auf 19 Euro.

    • @Bolzkopf:

      Ihre Rechnung stimmt soweit, dass es 48 € pro Ticket sind, aber eben 48 € für jedes Monatsticket. Es wurden ja nicht 3x 52 Mio. Tickets verkauft, sondern in den 3 Monaten insgesamt 52 Mio, also im Mittel ca. 17,3 Mio. monatlich.



      Die Rechnung muss also lauten 48 + 9 = 57€ und da werden dann vermutlich keine 17 Mio. Tickets über den Tisch gehen, die Fixkosten für Buse und Bahnen bleiben aber nahezu gleich.



      Ich persönlich hätte aber kein Problem damit, wenn man die 10 Mrd. im Jahr in die Hand nehmen würde und das 9-€-Ticket weiterlaufen liese. Das Geld könnte man schlechter anlegen.

      • @TheDigit:

        Keine Sorge, das Geld wird definitiv schlechter angelegt. Wär ja auch zu schön, wenn die deutsche Politik wirklich mal an unseren ÖPNV denken würde. Hauptsache wir subventionieren Kohle und Autos

  • Und im Jan 2023 ist dann alles vergessen und wie vorher…