Nach der Besetzung in Garzweiler: RWE liebt die Polizei

Mehrere hundert AktivistInnen werden nach der Blockade des Tagebaus festgenommen. Die Polizei nutzt dabei die Logistik der RWE.

Ein Polizeikessel im Tagebau Garzweiler

Polizeibeamte kesseln Aktivisten in Garzweiler ein. Foto: dpa

Erkelenz-Lützerath taz | Nach der Blockade des Braunkohle-Tagebaus Garzweiler in Nordrhein-Westfalen durch mehrere hundert Klima-AktivistInnen und der anschließenden Räumung haben die Veranstalter schwere Vorwürfe gegen die Polizei erhoben. Sie sei teils mit erheblicher Gewalt gegen die DemonstrantInnen vorgegangen und habe dabei eng mit dem Tagebau-Betreiber kooperiert.

„Diese Verquickung von RWE mit der örtlichen Polizei finden wir alles andere als erquicklich“, sagte Mona Bricke, eine der Sprecherinnen des Bündnisses „Ende Gelände“, das zu der Blockade aufgerufen hatte.

Am Samstagmorgen waren schätzungsweise 600 Menschen in mehreren Gruppen in den Tagebau gelangt, nachdem sie Polizeiabsperrungen durchbrochen oder umgangen hatten. 65 gelang es, das Fahrgestell eines Schaufelradbaggers zu erklimmen, andere wurden in unmittelbarer Nähe eines weiteren Baggers festgesetzt. Insgesamt standen drei von sieben Baggern im Tagebau über viele Stunden still.

Beim Versuch, die AktivistInnen festzusetzen und abzutransportieren, ließ sich die Polizei in erheblichem Ausmaß von RWE und dessen Sicherheitsdienst unterstützen: Weil ihre eigenen Fahrzeuge für das sandige Gelände nicht geeignet waren, ließen sich Polizisten in Pickup-Trucks des Unternehmens in die Grube fahren. Auch für die erkennungsdienstliche Behandlung von Festgenommenen nutzte die staatlichen Sicherheitskräfte ein Fahrzeug des Unternehmens.

Gefährlicher RWE-Sicherheitsdienst

Ein großer Teil der DemonstrantInnen wurde anschließend zudem in Besucher-Bussen von RWE vom Gelände gefahren, eskortiert von der Polizei. „Diese neue Private-Public-Partnership im Sicherheitsbereich halte ich für sehr bedenklich“, sagte Bricke. „Da müssen ganz klare Grenzen gezogen werden.“

Auch DemonstrantInnen äußerten Kritik. „Ihr sollt die Allgemeinheit schützen, nicht ein Unternehmen“, riefen sie den PolizistInnen zu. Andere kritisierten, dass RWE-Fahrzeuge in gefährlicher Weise auf Demonstranten zugefahren seien. „Wir konnten in letzter Sekunde aus dem Weg springen“, berichtete ein Teilnehmer.

Polizeisprecherin Angela Jansen bezeichnete den Transport von Polizeikräften in Unternehmensfahrzeugen als „unüblich“; in diesem Fall habe man sich angesichts der Umstände dafür entschieden. Die Polizei rechtfertigte auch, dass sie auf Verlangen von RWE sämtliche Medienvertreter – auch der taz – aus dem Tagebau entfernen ließ.

Das Hausrecht des Unternehmens sei höher zu bewerten als das öffentliche Interesse an einer Berichterstattung, sagte Polizeisprecher Ralf Meurer der taz. „Wir wiegen die Interessen gegeneinander ab und entscheiden je nach Situation.“

Verkehrsbetriebe gegen Klimacamp

In Nordrhein-Westfalen gibt es traditionell eine enge Verbindung zwischen RWE und der kommunalen Politik. Erst Ende Juli hatte Dürens Landrat Wolfgang Spelthahn, der die Verantwortung für den Polizeieinsatz in Garzweiler trägt, sein Mandat als Aufsichtsrat der RWE Power niedergelegt – um einem Interessenkonflikt vorzubeugen.

Für Verwunderung hatte auch gesorgt, dass die örtlichen Verkehrsbetriebe die Haltestelle beim Klimacamp, in dem die Anti-Kohle-Aktivisten übernachteten, kurzfristig eingestellt hatten – ab Dienstag wird sie wieder bedient.

Bei den Zusammenstößen mit der Polizei wurden zahlreiche Personen verletzt, besonders häufig handelte es sich um Augenreizungen durch Pfefferspray, das teils ohne Vorwarnung aus nächster Nähe gesprüht wurde. Zu sehen waren aber auch Kopfverletzungen. Eine genaue Zahl der Verletzten lag am Abend noch nicht vor. Während die meisten DemonstrantInnen im Laufe des Nachmittags wieder freigelassen wurden – teil auch ohne Feststellung ihrer Identität – befand sich eine große Gruppe noch in Gewahrsam.

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