piwik no script img

Nach den SondierungenWarum die Groko scheitern könnte

Nächsten Sonntag wird die SPD entscheiden, ob Koalitionsverhandlungen mit der Union aufgenommen werden sollen. Vier Gründe, es zu lassen.

Eine neue Groko ist an der SPD-Basis in etwa so beliebt wie eine Zahnwurzelbehandlung Foto: dpa

1. Martin Schulz: Der SPD-Vorsitzende wird Anfang der Woche persönlich bei nordrhein-westfälischen Delegierten um ein Ja zu Koalitionsverhandlungen werben. Der Landesverband stellt fast ein Viertel der Delegierten des anstehenden Parteitags. Für Schulz geht es um viel. Scheitert die Operation Groko, ist seine Karriere beendet, soll er Angela Merkel und Horst Seehofer gesagt haben.

Schulz’ Autorität in der Partei ist beschädigt. Sein Nein zur Groko nach der Wahl musste er revidieren, vom Wahlkampfversprechen, auf keinen Fall Merkels Minister zu werden, rudert er inzwischen zurück. Schulz, so sehen es einige Spitzengenossen, führt nicht – und wenn, dann nicht klug. Er setzt auf Salamitaktik, um der Basis die Groko schmackhaft zu machen, hielt sich lange mit Groko-Sympathiebekundungen zurück und zog lieber die Idee einer Minderheitsregierung hoch, die in den Sondierungen anstandslos beerdigt wurde.

Im Moment pochen wichtige Sozialdemokraten auf Nachverhandlungen. Vize Ralf Stegner macht etwa ein Verbot der sachgrundlosen Job-Befristung zur Bedingung für eine Koalition. Davon steht nichts im Sondierungskompromiss. Die Hessen-SPD will bis Mittwoch Nachbesserungen benennen. Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel sagte, dass „an zentralen Punkten“ Korrekturen nötig seinen.

So will sich die SPD-Spitze Spielräume für Koalitionsverhandlungen öffnen – und ihrer Basis signalisieren, dass noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Das Management um Schulz herum funktioniert also. Doch Fehler des Chefs sind nicht ausgeschlossen. Talent zum Stolpern hat Schulz bewiesen.

2. Kevin Kühnert: 28, ist zu Schulz’ informellem Gegenspieler geworden. Der rhetorisch begabte Juso-Vorsitzende ist das Gesicht der No-Groko-Bewegung. Auch Kühnert wird wie Schulz in den nächsten Tagen durch Deutschland reisen, um bei der SPD-Basis für seine Position zu werben.

Die Jusos wiederholen die Argumente, die auch die SPD-Spitze nach dem Wahldebakel gegen die Groko brachte. Man dürfe der AfD nicht die Oppositionsführerschaft überlassen, die Groko sei wegen der Stimmenverluste von SPD und Union klar abgewählt worden, die SPD könne sich nur in der Opposition glaubwürdig erneuern. Kühnert hebt beim Sondierungsergebnis die Schwachstellen hervor. Er moniert, dass der Spitzensteuersatz nicht erhöht werden soll, dass es eine Obergrenze für Flüchtlinge gebe und die Regelung für den Familiennachzug enttäuschend sei.

Früher waren Juso-Proteste linke, aber folgenlose Folklore, doch dieses Mal hat die Revolte mehr Wucht. Die Jusos nutzen die sozialen Netzwerke professionell, Kühnert beherrscht das Spiel mit den Medien und arbeitet wie besessen.

Außerdem hat er wenige Skrupel. Die Debatte über Inhalte auf dem Parteitag dürfe nicht überlagert werden „von Rücktrittsdrohungen oder -szenarien“, fordert er. Heißt übersetzt: Falls Schulz im Falle eines Groko-Scheiterns zurücktreten müsste, wäre das nicht weiter schlimm.

3. Die SPD-Basis: Eine neue Groko ist an der SPD-Basis in etwa so beliebt wie eine Zahnwurzelbehandlung. Der Landesverband Sachsen-Anhalt hat sich am Samstag knapp gegen eine Groko ausgesprochen. Einen offiziellen Beschluss gibt es auch schon in Thüringen. Sachsen-Anhalt schickt nur sieben Delegierte zum SPD-Parteitag, Thüringen auch sieben. Das Nein solcher Miniverbände fällt bei 600 Delegierten nicht ins Gewicht, aber ein Warnsignal ist es trotzdem.

Entscheidend ist, wie sich die Lage in Nordrhein-Westfalen sortiert. NRW stellt 144 Delegierte. Landeschef Michael Groschek, lange ein Groko-Skeptiker, stimmte im Sondierungsteam und im Vorstand mit Ja. „Besser gut regieren als nicht regieren“, begründete er seinen Schwenk – eine Anspielung auf Christian Lindners Zitat nach dem Jamaika-Abbruch. Groschek hat während der Sondierungen die Themen Kommunen, Wohnungsbau und Mieten mitverhandelt. Das war ein kluger Schachzug der SPD-Spitze, auf diese Themen wird in NRW besonders geschaut – und die Erfolge können sich sehen lassen.

Für die Fortsetzung kommunaler Programme sind bis 2021 8 Milliarden Euro eingeplant, mehr Geld für sozialen Wohnungsbau und ein Arbeitsmarktprogramm für 150.000 Langzeitarbeitslose. Davon, so Groscheks Argument, würden Städte in Nordrhein-Westfalen deutlich profitieren. Argumente, die gut ankommen.

In den SPD-Gremien gab es weniger Widerstand als erwartet. Das Sondierungsteam nahm das Ergebnispapier mit einer Enthaltung an. Auch im Vorstand gab es eine große Mehrheit – nur 6 von 40 anwesenden Mitgliedern stimmten gegen formelle Koalitionsverhandlungen mit der Union. Entscheidend für die nun folgende Debatte ist auch das Ja der Ministerpräsidentinnen Malu Dreyer (Rheinland-Pfalz) und Manuela Schwesig (Mecklenburg-Vorpommern). Beide galten als Skeptikerinnen und hatten für eine Minderheitsregierung geworben. Bisher läuft es gut für Martin Schulz.

4. Merkels Gegner in der Union: Nicht nur bei der SPD gibt es Kräfte, die die Groko gern scheitern sähen. Die Sozialdemokraten erboste während der Sondierungen, dass aus der Union Ergebnisse durchgestochen wurden, obwohl man sich Stillschweigen versprochen hatte. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und CDU-Mann Jens Spahn spielten erkennbar ein eigenes Spiel, heißt es in SPD-Kreisen. „Die haben wirklich vor, Merkel zu killen.“

Spahn hatte vor den Sondierungen mehrmals betont, dass auch eine Minderheitsregierung möglich sei. Das waren Seitenhiebe gegen die Kanzlerin, die diese Option auf keinen Fall will. Wenn nun die Groko-Verhandlungen mit der SPD scheiterten, würde dies auch die Kanzlerin treffen – mit ungewissem Ausgang. Falls die jungen, ehrgeizigen Konservativen ein solches Kalkül hätten, gäbe es Anlässe zuhauf. Vielleicht doch noch eine Steuersenkung für Spitzenverdiener fordern? Die nervöse SPD-Basis würde sensibel auf jede Provokation reagieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

34 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "Vielleicht doch noch eine Steuersenkung für Spitzenverdiener fordern?"

     

    Ein Land, indem man mit €5000 brutto zu den "Spitzenverdienern" gezählt wird, will das, was einmal als Mittelstand bezeichnet wurde, ausradieren!

    • 8G
      80198 (Profil gelöscht)
      @Jens Frisch:

      Ich bin auch für einen späteren Spitzensteuersatz, dann aber bitte 47 Prozent

  • Das mit dem Lob des politischen Gegners hat bereits ein anderer Kommentator gebracht.

     

    "Scheitert die Operation Groko, ist seine Karriere beendet, soll er Angela Merkel und Horst Seehofer gesagt haben."

     

    CDU und CSU kennen sich also besser aus mit der Karriere von Schulz als seine eigene Partei. Die Vorstandswahlen, bei denen ausgerechnet der Hamburger Scholz eher unterirdisch abgeschnitten hat, sprechen eine andere Sprache. Vielmehr ist die Karriere-Dämmerung von Merkel und Seehofer eingeleitet, nur will das noch niemand so richtig wahr haben. Die Angst ist nicht Neuwahlen, Angst macht der Name Jens Spahn. Doch wäre der Münsterländer wirklich eine Bedrohung? Mit ihm könnte die erste Minderheitsregierung Deutschlands Gestalt annehmen. NRW-Kraft hat gezeigt, auch damit lässt sich einiges bewegen. Es wäre ein neuer Politikstil. Eine Politik, die auch den Parlamentariern eine Mitsprache einräumen würde, was sich die DDR-geprägte Angela Merkel nicht vorstellen kann. Ihr ist der Rheinische Kapitalismus so fremd, wie Kühen die Weltraumfahrt. Dieses Leben und leben lassen kann niemand verstehen, der in einer Diktatur groß geworden ist.

     

    Die CSU tut alles für die Bayern-Wahlen. Liegt das im Interesse der SPD? Warum sollten die Jusos das unterstützen? Auch wenn Malu Dreyer mittlerweile umgefallen ist, die Basis sollte bei ihrer Ablehnung bleiben.

    • @mdarge:

      Jens Spahn steht weniger für den Rheinischen und vielmehr für den Manchester Kapitalismus.

  • Da kann man beliebig hin und herdiskutieren. Fest steht stets, daß Postengeilheit noch niemals gescheitert ist, jedoch stets jede Menge andere Punkte als Diskussionsgrundlage benötigte, um den Kern der Sache (Macht um jeden Preis) zu verschleiern.

  • Wenn die SPD überleben will, muss sie die GroKo canceln und sich endlich gegenüber der Hartz IV Verlierer ehrlich machen.

     

    Sollte die SPD sich wieder auf ihre eigentliche Aufgabe, Vertretung der Arbeiterschaft besinnen, hätte sie mit absoluter Sicherheit eine reelle Chance bei Neuwahlen wieder in den 30% Bereich zu kommen!

    Das größte Problem wird dabei sein, dass die Meisten Akteure der SPD ihre Posten auch schon zu Zeiten der Agenda 2010 hatten und gerade diese nichts, aber auch Garnichts in den Zeiten der GroKo mit Merkel versucht haben zu revidieren, um sich wieder als Arbeiterpartei zu positionieren!

     

    Schaut man sich die Parteienlandschaft genauer an ist eine Arbeiterpartei das, was der Politik fehlt.

    Es gibt zwar die Linke, deren Aussprüche aber immer noch ziemlich stark an den kommunistischen Auswuchs erinnern.

     

    Die SPD hat mit ihrer jetzigen politischen Ausrichtung jedweden Bezug zur Wählerschaft Deutschlands aufgegeben, zumal sie sich politisch kaum noch von der CDU unterscheiden lässt. Wie man bereits bei Gabriel und der Kohle sehen konnte, werden die Interessen der SPD auch hauptsächlich durch die Lobbyisten der Wirtschaft, der Industrie und der Banken gelenkt, Eigenverantwortung der Politiker wird auch hier durch Lobbyverbände unterdrückt.

     

    Neuwahlen würden alle Parteien dazu zwingen ihre Politik komplett neu zu überdenken, denn jede Partei ist auf eine Erhöhung der Stimmenanzahl angewiesen, denn ein unverändertes Wahlprogramm wäre nicht zu rechtfertigen.

     

    Vor allem Merkel und ihre CDU müssten sich erstmals seit Merkel antrat auch wirklich ein Programm außer "Ihr kennt mich" einfallen lassen, damit wüsste jeder vorauf er sich mit seiner Stimme für die CDU einlässt, im Gegenteil zur letzten Wahl!

     

    Also Frau Merkel, selbst arbeiten und nicht bei anderen Abgreifen, wird sicher Spaß bringen!!!

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Den Punkt 4 halte ich für am warscheinlichsten. Wenn die CSU-Leute wirklich professionelle Politiker sind, dann wussten sie, daß sie den Schraubstock um eine Umdrehung zu stark zugeschraubt haben.

    Vielleicht war es ein abgekartetes Spiel, daß die Beißhunde der CSU diese Groko kippen sollten. denn ein Zuckerschlecken wäre sie diesmal für die Union nicht geworden.

    • @4932 (Profil gelöscht):

      Das denke ich auch. Die CSU schielt mehr auf die Ergebnisse in Bayern und da erhofft man sich bei evtl Neuwahlen und sowieso Landtagswahlen ein besseres Abschneiden, wie gewohnt rechtsaffin. Hoch gepokert, doch so oder so werden sie verlieren.

      • @lions:

        Beißen? Wohl eher Bellen. Und Hunde die bellen beißen nicht. Das ist für die CSU notwendiges Getöse für die Wahlen in Bayern.

        • 4G
          4932 (Profil gelöscht)
          @Rudolf Fissner:

          Ja, aber bis Ostern (März) wird die Bundespolitik wohl eine Lösung finden müssen und wenn jetzt die SPD von der Union versklavt wird und die 7 Monate (bis zur Bayernwahl) ein Streit den anderen jagt, dann ist doch auch das Image der CSU beim Teufel! Jeder weiß noch gut, daß die kläffenden Bayern die Streithansel sind.

          Und wenn die Koalition dann auseinanderbricht, steht die CSU ja auch vor dem Nichts und kann gerade mal bei der AfD anklopfen.

          Dieses 'Getöse' klappt nicht.

          Aber es kommt ja sowieso nicht dazu.

  • Leider wurde ein Argument, vielleicht das wichtigste, im Beitrag nicht genannt (oder ich hab’s überlesen): Nämlich die panische Angst vieler SPD-Genossen, Frau Merkel und die CDU/CSU könnten die SPD mal wieder über den Tisch ziehen.

     

    Merken diese Leute denn nicht, wie peinlich es für sie sein muss, wenn sie sich damit selbst zu Politik-Amateuren erniedrigen, die der großen Politik nicht gewachsen sind? Wilhelm Liebknecht und August Bebel, die die SPD vor eineinhalb Jh. gründeten und sich gegen den Reichskanzler Bismarck durchsetzten, würden sich darob im Grabe umdrehen!

     

    Oder hat man in der SPD den Kapitalismus nicht verstanden und erwartet von der Konkurrentin CDU/CSU, dass sie die SPD lobt und damit Reklame für den politischen Gegner macht? Erinnert sei an den Ausspruch von A. Bebel: „Wenn der Gegner dich lobt, dann hast du was falsch gemacht!“.

     

    Naja, ich bin kein SPD-Anhänger und werde dieser Partei nicht bei der Selbstfindung helfen. Das müssen die schon selbst tun!

  • Für mich der Satz der Woche: "Eine Generation von Politikern hat nicht das Recht, die Arbeit vieler vorher und die Chancen vieler nach ihnen zu ruinieren." Das sich der Bürgermeister von Luxemburg freut, wirkt da auch nicht besonders vertrauenerweckend.

     

    Angesichts Neuwahlen stellte sich die Frage, kann das Ergebnis noch schlechter werden? Große Koalition vs. große Koalition? Im Falle des Scheiterns bei Neuwahlen, ein Zeitverlust von drei Monaten, gegenüber einem Zeitgewinn von vier Jahren (oder einer Generation).

    Kosten für die Wahl: wir sparen uns ein paar überflüssige Tatortkrimis, der nicht Fernsehen schauende neue Programmdirektor der ARD, hält dafür ein paar Einsparungen ja schon mal bereit.

     

    Die Jusos stehen vor der Aufgabe eine Massenpartei vor dem Untergang zu bewahren. In den Nuller Jahren, ging die Zahl ihrer Mitglieder von 400 auf derzeit 150.000 zurück, so wenig wie die CSU in Bayern.

     

    Dabei hat die CDU viele ihrer Versprechen gebrochen, ja Mann erwartet eigentlich schon mittlerweile das sie ihre Versprechen bricht (soviel zum Wesen der Konservativen). Die SpD hat auch oft ihr Wort gebrochen, hat innovativ aber auch viel gehalten und die Gesellschaft weiterentwickelt.

     

    Merkel ist auf viele Forderungen aus dem linken Spektrum eingegangen, Flüchtlinge, Atomausstieg, Klimawandel, von der sozialen Gerechtigkeitsfrage einmal abgesehen, war aber nicht in der Lage die Probleme zu lösen. Sie hat sie ausgeschlichen und die Themen verschlissen, sie im Halse herumgedreht und daran würgt die Gesellschaft immer noch!!

     

    Erinnert sei schliesslich noch an die 2000 Mrd. von denen Schulz in der Woche seiner Nominatur bei Anne Will sprach, die der EU jährlich durch das ausspielen der Staaten untereinander verloren gehen.

    Soll erstmal Steinmeier zurücktreten, wusste er doch eine Minderheitenregierung im Vorfeld zu verhindern. Bürokratie ist eine Waffe institutioneller Gewalt.

    • @Paule :

      sorry, die Mitgliederzahl der SPD hab ich verhauen, aber muss man deshalb trotzdem .. ?

  • Warum die GroKo scheitern soll:

     

    Es geht, wie es immer geht. Ein paar Spitzenfunktionäre haben etwas ausgehandelt, was jetzt von oben nach unten durchgeboxt wird. Dabei stehen nahezu sämtliche Medien zu Hilfe. Hauptsache stabile Verhältnisse. Die Wirtschaft muss Planungssicherheit haben. Menschen sind egal.

     

    Das war vor den Sondierungen anders versprochen worden. Die CSU zickt, weil sie ihr Programm "konservatives Bürgertum" voran bringen muss. Inwieweit dieses Thema im Sinne der SPD ist, erschließt sich auch auf den zweiten Blick nicht. OK, Godesberger Programm, die Sozen sind nicht mehr die Arbeiterpartei, sie wollen Volkspartei sein. Doch auch für eine Volkspartei sind die Ergebnisse der Sondierung enttäuschend.

     

    Es gibt nur ein Argument, Neuwahlen. Davor fürchtet man sich. Neuwahlen führen zu dem Merkel-Wort:"alternativlos". Doch nur wenn weiter gedacht wird, lässt sich etwas verändern. Die Grünen haben das Wort "Mut" in den Wahlkampf gebracht. OK, das ist jetzt schon belegt von der Oeko-Partei. Die SPD muss sich aber bewegen. Sie muss jetzt über ihren eigenen Schatten springen.

     

    Selbst wenn Neuwahlen noch ein, zwei Prozent kosten, was keineswegs gesagt ist, könnte es bessere Rahmenbedingungen geben. So schwach wie jetzt war die AfD schon lange nicht. Es gilt also die Phase zu nutzen, bevor sie sich wieder sortiert haben. Schulz kann bei der SPD weitermachen, auch wenn ein Generationenwechsel stattfindet. Bis heute ist es Gabriel, der die Leute vor den Kopf stößt. Schulz sucht sich ein paar Mutige, der aufmüpfigen Jusos, und versöhnt so die Partei. Dann könnte sich die SPD sogar in Bayern etwas ausrechnen. Bliebe die CSU dort unter 50% könnte Weiß-Blau erstmals von anderen regiert werden.

    • @mdarge:

      Nach den mir vorliegenden Umfragewerten würde sich auch bei der AfD nicht viel im Ergebnis ändern.

       

      Die Grünen würden dazugewinnen, die FDP verlieren. Sonst täte sich nicht viel:

      http://www.wahlrecht.de/umfragen/index.htm

  • Die SPD sollte sich besser nur zur Duldung einer Minderheitsregierung von CDU/ CSU bereit erklären.

    Eine Koalition zu diesen rein konservativen Vorstellungen ist ein Verrat an der SPD und damit untragbar.

    Auch wenn Merkel bei eventuellen Neuwahlen durch reaktionäre Turbokapitalisten, wie Spahn, Guttenberg oder Merz ersetzt werden könnte, sollte sich keiner verbiegen.

    Und eine Stärkung der CDU/ CSU oder der offenen Na.zis der AFD sind Neuwahlen eben nicht automatisch.

  • Wenn sich die SPD tatsächlich auf Verhandlungen über eine GroKo zubewegt, müsste meiner Meinung nach der gesamte Bundesvorstand geschlossen zurücktreten.

     

    Der gesamte Bundesvorstand hatte am Tag der Bundestagswahl einstimmig beschlossen, nicht in eine GroKo zu gehen, sondern in die Opposition.

     

    Wer Vertrauen haben möchte, und wer der Aufrichtigkeit in der Demokratie dienen möchte, der muss bei dem bleiben, was er gesagt hat.

     

    Meines Wissens nach beinhaltet der Beschluss keinen Hinweis darauf, dass die Frage einer GroKo nochmals beraten wird, sollte eine Jamaika-Koalition nicht zustande kommen.

  • Natürlich wäre es spannend, was politisch passiert, wenn die Koalitiosverhandlungen zur GroKo scheitern.

     

    Überraschenderweise bin ich inzwischen pro GroKo, weil mich das politische Rumgehample inzwischen nervt.

     

    Bei Neuwahlen würden sich die aktuellen Prozensätze und Sitzverteilungen nicht entscheidend verändern, egal mit welchem Spitzenpersonal die Parteien dann antreten. Sicher ist zudem: Der Zug fährt aktuell politisch nach rechts. Besonders die CDU/CSU würden politisch im Wahlkampf zu einer Neuwahl intensiv die Parolen der AfD und der FDP vertreten. Dass die SPD seit den Hartz-Gesetzen ihre eigene Glaubwürdigkeit zerstäubt, ist klar. In der aktuellen Koalitionspolitik geht es nur noch um menschenrechtliche Spurenelemente. Dies aber kann für Menschen entscheidend sein bei ihrer Wahlentscheidung.

    • @Der Alleswisser:

      "Überraschenderweise bin ich inzwischen pro GroKo, weil mich das politische Rumgehample inzwischen nervt."

       

      Das ist der Zweck der Übung. Die Bevölkerung soll zustimmen.

  • Wenn Parteitag und Basis der SPD gegen die GroKo votierten und eine Neuwahl käme, müsste dann die SPD nicht mit einer Koalitionsaussage in den Wahlkampf gehen?

    • @Elmar:

      Warum?

       

      Würde der Bundespräsident eine Neuwahl ansetzen, dann stünde man in der gleichen Situation, die beim Ablauf einer Amtsperiode besteht.

       

      Niemand kann einer Partei vorschreiben oder kann eine Partei verpflichten, mit einer Koalitionsaussage einen Wahlkampf zu führen.

  • Die Überschrift ist falsch. "Warum die GroKo scheitern SOLLTE" wäre treffender.

    Ich wundere mich trotz all der Lügen, Intrigen und Korruption in der deutschen Politik tatsächlich immer wieder, wie kaltschnäuzig Versprechen gebrochen werden und mit welch einer Unschuldsmine Scheiße am Stil als Lolli verkauft wird.

    Nach der Wahl wurde eine neuerliche Koalition mit der CDU von der SPD kategorisch abgelehnt. Schon allein das Wahlergebnis sollte doch eigentlich verdeutlichen, dass Deutschland Veränderung will. Und trotzdem versucht die SPD- Spitze allen Ernstes den Verkauf ihrer Ideale und Wahlversprechen als Erfolg zu präsentieren, nur um mitregieren zu können.

    Dieses ganze Jammerspiel ist für mich in etwa so, als ob ich jemandem Blumen kaufen will, mit einem Büschel Gras abgespeist werde und dann jubeln würde "Hey, aber die Rechnung ist hübsch".

    Die SPD ist innerlich tot und wir sehen wohl grade die letzten Zuckungen.

  • Bin eindeutig für Punkt 4. Spahn, Söder, Dobrindt und Lindner wollen, sagen wir jetzt mal so geflügelt, eine andere Republik. Nachdem die Schröder'sche SPD die Akzeptanz von "Reformen", oder eher deren geschicktes PR-Management, bewiesen hatte, sehen die jetzt die Zeit kommen, wo man es wiederholen kann - im gleichen Umfang und unumkehrbar.

     

    Schröder'sche Zeit ihre Nachwirkungen dürften etwa 250 Mrd Euro p.a. von unten nach oben transferiert haben und dazu eine Mentalität geschaffen, die das Soziale im Obdach und Essen als erfüllt ansieht. Da gibt es noch jede Menge was bewegt werden kann.

  • 6G
    64984 (Profil gelöscht)

    Und wieder wird eine Option vergessen:

    Die SPD könnte auf die Idee kommen, dass es für sie eine viel bessere Möglichkeit gibt als eine Groko, dass ein Regieren mit der CSU nicht funktioniert, dass die CSU kein verlässlicher Partner ist, sich nicht an Verträge hält, man sich bzgl. Flüchtlingen immer noch nicht geeinigt hat, dass man doch eine Steuerhöhung für Spitzenverdiener haben möchte.

    Und deshalb könnte die SPD der CDU sagen, dass man nur noch über eine Koalition mit CDU und Grünen verhandelt, aber nicht mehr mit der CSU.

    • @64984 (Profil gelöscht):

      Hallo Kendi, ginge das theoretisch wirklich? CDU/CSU sind zwar 2 Parteien, aber 1 Fraktion.

      • 8G
        88059 (Profil gelöscht)
        @Elmar:

        Es wird immer mal wieder diskutiert, dass die Fraktionsgemeinschaft aufgelöst werden könnte und die CSU dann bundesweit antritt. Letzten Endes sind es eben zwei Parteien.

         

        Das es bisher noch nicht passiert ist, hängt allerdings auch damit zusammen, dass man sich da, wo es Vorteile bringt, als eine Partei vermarktet, da , wo es opportun ist, es nicht zu tun, auf die Eigenständigkeit pocht - zum Beispiel, wenn die CSU beim Wahlgipfel der Kleinen unbedingt dabei sein muss, weil die CDU ja mit der SPD bei den großen war und man nunmal zwei Parteien sei.

         

        Tatsächlich wäre eine CDU/SPD/Grüne-Koalition dem ein oder anderen CDU-Politiker und -Wähler sicher lieber, als eine GroKo mit der CSU, die vielen einfach nur noch auf den Sack geht.

         

        Würde man der CDU allerdings die Stimmen der CSU abrechen, wäre diese auch nur noch bei 25% und das sieht doch gar nicht mal so erfreulich aus fürs eigene Verständnis von der Volkspartei...

      • @Elmar:

        Na klar ginge das, denn es handelt sich ja um zwei selbständige (!) Parteien, die - formaljuristisch gesehen - am Beginn jeder Amtsperiode den Beschluss fassen müssen, eine sog. Fraktionsgemeinschaft zu bilden (ich vermute, dass man das mit dem genannten Beschluss nicht so eng sieht bei den Konservativen, und es einfach weiterlaufen lässt).

         

        Meiner Meinung nach wäre es gerade nach der BT-Wahl 2017 möglich, die CSU von einer Koalition ferzuhalten, denn der Wahlkampf wurde ja sogar mit getrennten Wahlprogrammen ("Bayernplan" der CSU) geführt.

      • 6G
        64984 (Profil gelöscht)
        @Elmar:

        Klar. Es gibt kein Gesetz, dass bestimmt, dass es nur 1 Fraktion sein darf. Die Koalitionsgemeinschaft kann aufgekündigt werden.

    • @64984 (Profil gelöscht):

      Nachdem in den Sondierungsgesprächen vier weitere Jahre Klimaschutzverzögerung geplant wurden, wäre keine Groko die bessere Option.

  • Der CDU und insbesondere Frau Merkel kann jetzt nix mehr passieren. Die CDU hat in den jeweiligen Sondierungsrunden für sie gute Kompromisse herausverhandelt und wenn jetzt nach der FDP auch die SPD Regierungsangst zeigen sollte, dürften Personaldebatten, interne Zwists mit der Schwesterpartei und Wahldebakel ausbleiben. Mit dem positiven Abschluss der Sondierungsgespräche ist das wichtigste Ziel erreicht.

     

    Die SPD könnte sich dagegen abschreiben und der verbleibende Rest zu den Linken wechseln.

  • Dann wird die AFD locker über 15% bei Neuwahlen springen, wollt ihr das wirklich?

    • @Klartexter:

      Die AfD lässt sich nicht durch "geschicktes" noch zwanghaftes Koalieren wirksam bekämpfen, sondern durch gescheite Politik. Eine Groko, die in der Legislaturperiode auf der Strecke bleibt oder währenddessen nur Müll produziert ist genauso fatal wie sofortige Neuwahlen. Es ist die Wahl zwischen Pest und Cholera, wenn nicht ein entschiedener Kurswechsel in der Politik erfolgt.

      • @lions:

        Sie vergessen eins: Dem "Kurswechsel" muss der Wähler zustimmen.

        Und da sieht es doch so aus, dass alle "dringend notwendigen" Wenden - egal ob von Grün oder Links - so sehr überzeugen, dass der Wähler lieber 4 Jahre weiter so will.

         

        Das traurige an der linken Politik ist doch dass sie zwar auf der Funktionärsebene glauben die alleinseligmachende Lösung zu haben - beim Auszählen der Stimmen aber merken, dass dies nicht ankommt.

         

        Deswegen muss man jetzt dem Wähler "erklären" was richtig ist - und nicht das machen was der Wähler für richtig hält.

        Scheiss Demokratie aber auch