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Nach dem Anschlag von MagdeburgWenn Warnungen verhallen

Seit Jahren gab es Hinweise auf Gewalttaten des mutmaßlichen Attentäters von Magdeburg. Die Behörden stoppten ihn nicht. Wie konnte das passieren?

Magdeburg, 20. Dezember: ein Polizist bewacht eine abgesperrte Straße nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt Foto: Ebrahim Noroozi/ap

Berlin taz | Als James Gavitt es sich am Freitag vor dem 4. Advent für sein Abendessen gemütlich macht, kann er es kaum fassen. Im Stream auf seinem Tablet berichtet der Nachrichtensender Sky News über einen möglichen Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Deutschland, in einer Stadt namens Magdeburg. Gavitt kommt aus einem Vorort von Chicago, hier ist es etwa 17 Uhr, in Magdeburg schon Mitternacht.

Bei dem Stichwort Magdeburg habe es in ihm rumort, sagt Gavitt der taz. Tatsächlich kennt Gavitt den Täter, Taleb Al Abulmohsen. Und: Bereits vor über einem Jahr hatte Gavitt versucht, die deutsche Polizei vor ihm zu warnen.

Gavitt ist Unternehmensberater und setzt sich in seiner Freizeit für Frauen ein, die aus muslimischen Ländern wie Saudi-Arabien fliehen wollen. Es ist eine lose vernetzte Szene an Unterstützer*innen, in der sich auch Taleb Al Abdulmohsen bewegte – und auffiel. Seit Jahren sprach er offene Gewaltdrohungen aus, in denen er etwa andeutete, dass er wahllos Deutsche umbringen könnte. Mehrere Menschen meldeten das bei der Polizei. Gavitt dachte, das habe etwas genutzt – bis zum Freitag vor Weihnachten.

Worüber Nachrichtenportale rund um den Globus an jenem 20. Dezember berichten, ist eine Tat, die etliche Fragen aufwirft: Ein Ex-Moslem, der einen Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt verübt? Ein Facharzt für Psychiatrie? Ein anerkannter Asylbewerber, der gegen Deutschlands angeblich zu offene Migrationspolitik hetzt?

Strafanzeigen gegen Stadt und Polizei

Um kurz nach 19 Uhr, vier Tage vor Heiligabend, drückt Taleb Al Abdulmohsen aufs Gaspedal eines gemieteten SUV und fährt in einer Budengasse auf dem Weihnachtsmarkt auf die Be­su­che­r*in­nen zu. Fünf Menschen kommen ums Leben, vier Frauen und ein neunjähriger Junge. Abdulmohsen wird an einer Kreuzung festgenommen. Er nutzte wohl eine Lücke, die als Rettungsweg freigehalten und durch ein Polizeifahrzeug versperrt sein sollte.

Wegen möglichen Fehlverhaltens wurden gegen die Stadt und die Polizei mittlerweile Strafanzeigen gestellt. Sicherheitskonzept, Einsatzplanung und Umsetzung könnten Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen werden. Auch der Bundestag und der Landtag Sachsen-Anhalt werden sich mit der Tat beschäftigten.

Mindestens ebenso viele Fragen aber werfen die Warnungen auf, die es im Vorfeld vor dem Täter gab: Warnungen des saudischen Geheimdienstes, Meldungen von Bür­ge­r*in­nen an Behörden, Anzeigen, Beschwerden. Seit Monaten, seit Jahren.

Auch James Gavitt versuchte die Polizei vor Abdulmohsen zu warnen. Das war vor über einem Jahr. Auf der Plattform X hatte Abdulmohsen mit Gewalt gedroht, schrieb in seinem Profil etwas von „baldiger Rache“ und dass „etwas Großes in Deutschland passieren wird“. Eine Frau hatte Gavitt darauf aufmerksam gemacht. Er habe die Polizei in Sachsen-Anhalt über ein Online-Kontaktformular informiert, sagt Gavitt, nannte Details zu Abdulmohsen und zitierte die Drohungen. Ein Screen­shot eines ausgefüllten Online-Formulars liegt der taz vor. Er wurde am 3. Dezember 2023 erstellt.

Polizeibesuch zu Hause, ohne Konsequenzen

„Es gab auch ein direktes persönliches Gespräch mit der deutschen Polizei“, sagt Gavitt. Er habe damals eine Bekannte in Deutschland gebeten, mit der Polizei zu reden. Am 2. Dezember 2023 habe sie sie informiert. „Die Polizisten kamen persönlich zu ihr nach Hause.“ Sie habe ihnen Screenshots von Abdulmohsens Drohungen gezeigt, die Polizisten hätten Kopien angefertigt.

Aber: Weder Gavitt noch seine Bekannte hörten danach wieder etwas von der Polizei – bis zum Anschlag am 20. Dezember 2024.

Die Bekannte von Gavitt, die in Deutschland mit der Polizei sprach, ist die Aktivistin und Publizistin Rana Ahmad. Sie selbst floh 2015 aus Saudi-Arabien nach Deutschland und setzt sich seitdem für andere Frauen ein. 2017 gründete sie die Säkulare Flüchtlingshilfe, 2018 wurde sie mit ihrer Autobiografie berühmt und schaffte es auf die Bestsellerlisten.

Aus Saudi-Arabien zu entkommen, ist für Frauen besonders schwierig. Un­ter­stüt­ze­r*in­nen tauschen weltweit Informationen aus. So lernte Gavitt Ahmad kennen. Und beide kennen daher auch Abdulmohsen, der sich ebenfalls seit Jahren für flüchtende Frauen aus Saudi-Arabien engagierte.

Extrem übersteigerter Egozentrismus

„Er hat mit seinen Informationen wirklich geholfen“, sagt Gavitt. „Das einzige Problem mit Abdulmohsen war, dass er immer den Ton angeben und im Mittelpunkt stehen wollte.“ Er sei wie besessen gewesen von Rana Ahmad und ihrer Organisation. „Es hat ihn wahnsinnig gemacht, dass sie so große Aufmerksamkeit bekam“, sagt Gavitt. Er interpretiert die Tat weniger als politisch motiviert denn als Ausdruck eines extrem übersteigerten Egozentrismus: „Er ist ein Psycho.“

Die Obsession für Rana Ahmad und andere lässt sich bis heute auf Abdulmohsens Profil auf X nachvollziehen. Sowohl in einem Post vom August 2024, den er anpinnte, wie auch in Videos, die ungefähr zum Tatzeitpunkt veröffentlicht wurden, erwähnt er Ahmad. Er bringt wilde Anschuldigungen vor und paart sie mit Verschwörungstheorien.

Botschaften, in denen er Gewalt androht, veröffentlichte er bereits früher. Und neben Gavitt und Ahmad meldeten das auch andere bei der Polizei. Vor über einem Jahr, am 20. August 2023, fragte Abdulmohsen in arabischer Sprache seine Follower auf X: „Würden Sie mir verübeln, wenn ich aufgrund dessen, was Deutschland gegen die saudische Opposition unternimmt, willkürlich 20 Deutsche töten würde?“

Eine Frau, die den Beitrag liest, ist besonders alarmiert. Gegenüber der taz stellt sie sich mit dem Nachnamen Al-Tamimi vor und möchte aus Sorge um ihre Sicherheit keine weiteren persönlichen Details in der Zeitung veröffentlicht sehen. Al-Tamimi spricht kein Deutsch, aber versucht aus dem Ausland die deutschen Behörden zu informieren, darunter das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf). „Es begann am 26. September 2023“, erklärt Al-Tamimi der taz. „Ich habe das Bamf und die Berliner Polizei auf X kontaktiert, ebenso die Polizei Sachsen-Anhalt auf Instagram.“

„Bitte, irgendjemand muss etwas tun“

Screenshots von ihrem Kontakt mit den deutschen Behörden lesen sich wie aus einem Kafka-Roman. Gegenüber dem Bamf teilt Al-Tamimi demnach im Chat einen Link zu dem Post, in dem Abdulmohsen andeutet, er könnte 20 Deutsche töten. Sie listet Details zu seinem vollen Namen auf, seinen Wohnort, sein Geburtsdatum und schreibt: „Können Sie bitte antworten? Er ist gefährlich und könnte jemanden töten.“

Den Screenshots der Unterhaltung zufolge, die der taz vorliegen, antwortet das Social Media Team des Bamf am 27. September 2023 mit einem Standardsatz auf Englisch: „Hallo, wenn Sie ein Verbrechen melden wollen, ist es am besten, wenn Sie die Polizei direkt kontaktieren.“ Dazu verschickt das Team einen Link zur Internetwache der Polizei Berlin.

Mit der Polizei Berlin chattet Al-Tamimi auf Englisch. Sie erklärt, dass sie dem Bamf eine E-Mail und Direktnachrichten geschickt, aber bislang keine Antworten erhalten habe. „Bitte, irgendjemand muss etwas tun.“ Laut den vorliegenden Screenshots der Unterhaltung heißt es daraufhin von der Polizei Berlin: „Sorry, wir sind die Polizei von Berlin. Wir können Ihnen an diesem Punkt auch nicht weiterhelfen. Bitte kontaktieren Sie die Polizei in Magdeburg.“

Der Polizei in Sachsen-Anhalt schreibt Al-Tamimi dann auf Instagram. „Die haben gar nicht geantwortet“, sagt sie der taz.

Informationen zu Drohungen seit 2015 beim BKA

Die Polizeiinspektion Magdeburg antwortete auf eine Nachfrage der taz zum Umgang mit den Warnung, man könne die Anfrage „aus Gründen derzeit laufender Ermittlungen nicht beantworten“. Die Polizei Berlin erklärte noch am Tag nach dem Anschlag zu Screen­shots der Unterhaltung: „Zum jetzigen Zeitpunkt können wir diese Hinweise nicht bestätigen und auch einen Fake nicht ausschließen. Die Prüfung hierzu dauert an.“ Das Bamf bestätigte, dass es den Hinweis auf Abdulmohsen gab. „Da das Bundesamt keine Ermittlungsbehörde ist, wurde die hinweisgebende Person, wie in solchen Fällen üblich, direkt an die verantwortlichen Behörden verwiesen.“

Zu dem Zeitpunkt Ende 2023, als Al-Tamimi, Gavitt und Ahmad die Polizei vor Abdulmohsen warnen, muss sein Name den Sicherheitsbehörden längst bekannt sein. Auch als möglicher Gefährder: Das Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern versicherte gegenüber der taz, am 6. Februar 2015 Informationen zu seinen Drohungen im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum aller Sicherheitsbehörden an das BKA übermittelt zu haben.

Dem ging eine Auseinandersetzung Abdulmohsens mit der Ärztekammer in Mecklenburg-Vorpommern bereits im Jahr 2013 voraus, bei der er einer Referentin in einem Streit gedroht hatte, dass „etwas Schlimmes“ mit „internationaler Bedeutung“ geschehen werde. Explizit soll er auf den islamistischen Anschlag in Boston in den USA verwiesen haben, der damals gerade passiert war.

Der taz liegt ein Urteil vom April 2013 vom Amtsgericht Rostock vor, in dem Abdulmohsen deshalb wegen „Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung eines gemeingefährlichen Verbrechens“ zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt wurde. Es gab eine Durchsuchung und ein Jahr später eine Gefährderansprache. Laut Landesinnenministerium fanden sich damals aber keine Hinweise auf eine Anschlagsplanung.

„Kein schlechtes Gewissen“

Aber Abdulmohsen machte weiter. In Stralsund drohte er 2013 Richtern und 2014 einer Sozialbehörde. Jahre später, im August 2023 drohte er der Staatsanwaltschaft in Köln im Zuge eines Verfahrens, dass er „kein schlechtes Gewissen“ habe für „Ereignisse, die in den nächsten Tagen passieren werden“. Daraufhin kam es in Sachsen-Anhalt zu einer Gefährderansprache.

Im November 2023 wies auch der saudi-arabische Geheimdienst mehrere deutsche Sicherheitsbehörden auf gewaltandrohende Postings von Abdulmohsen hin. BKA-Präsident Holger Münch sagt, man habe diese an die Polizei Sachsen-Anhalt weitergegeben, aber die Äußerungen seien letztlich zu „unspezifisch“ gewesen. Als Extremist oder Gefährder wurde Abdulmohsen bei deutschen Sicherheitsbehörden nicht geführt.

Der Extremismus-Experte Armin Pfahl-Traughber ist mit einer Vorverurteilung der Behörden dennoch zurückhaltend, vor allem im Nachhinein: „Leider findet man im Internet in Hülle und Fülle derartiger Drohungen. Es ist immer sehr schwierig auszumachen, ob sich eine konkrete Tat ankündigt oder hier lediglich verbale Hassbotschaft abgesondert werden.“ Bei vielen Taten habe es zuvor einschlägige Bekundungen gegeben, was in der Rückschau dann für eine innere Konsequenz für eine Tat stehe. Meist bleibe es aber bei den verbalen Bekundungen. „Insofern ist sowohl die inhaltliche Deutung wie die richtige Reaktion nur schwer einschätzbar.“

Auch Florian Hartleb, Forschungsdirektor beim Europäischen Institut für Terrorismusbekämpfung und Prävention in Wien, ist bei der Frage nach Verfehlungen durch die Behörden vorsichtig. „Es ist mir zu populistisch, jetzt sofort zu sagen, die Behörden hätten versagt.“ Immer müsse abgewogen werden, ob eine Drohung ernst zu nehmen sei. „Gerade bei sogenannten ‚Einsamen Wölfen‘, also Tätern, die bei der Tatausführung alleine handeln, ist die Einschätzung der Gefahr oftmals schwierig, wenn die Täter nicht offensichtlich in ein terroristisches Netzwerk eingebunden sind.“ Hinzu komme, dass sich im Fall von Abdulmohsens auf den ersten Blick ein sehr widersprüchliches Bild ergebe, das aus einem klassischen Raster herausfalle. „Es gilt abzuwarten, was die Ermittlungen ergeben“, sagt Hartleb.

Wenn man mit James Gavitt spricht, hört man jedenfalls, dass er sich im Nachhinein Vorwürfe macht, nicht mehr unternommen zu haben. „Ich dachte, indem wir die Polizei informierten, hätten wir unseren Teil getan.“ Er hofft nun, dass egal, was bei den Behörden schief gelaufen ist, solche Warnungen künftig nicht verhallen.

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34 Kommentare

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  • "Es ist mir zu populistisch, jetzt sofort zu sagen, die Behörden hätten versagt.“

    Egal wie populistisch es klingt, die Behörden bzw. die Politiker dürfen bei Bedrohungen nicht wegsehen. Das Risiko für unschuldige Menschen muss minimiert werden. Hier heisst das konkret: keine Beschäftigung als Arzt, kein Asyl und direkte Ausweisung.



    Unabhängig von der direkten Bedrohung und Gefährdung von unschuldigen Opfern vergiften solche Extremisten auch das gesellschaftliche Klima. Wir sind es auch der gesetzestreuen und friedlichen Mehrheit der Migranten schuldig, diese Gefährder auszuweisen.

  • Bei mir bleibt die Frage, wie der vermeintliche Täter als Psychiater im Maßregelvollzug arbeiten konnte, ohne dabei in seiner Gefährlichkeit aufzufallen. Immerhin sollte es in dem professionellen System einer "forensischen Einrichtung" sowas wie Supervision, kollegialer Austausch ect geben, also Profikontakte außerhalb von den eher träge arbeitenden Mühlen von Behörden. Das soll kein Vorwurf sein, sondern eher ein weiterer Gedanke.

  • Mich würde die Stellungnahme eines Datenschutzbeauftragten interessieren, da ich nicht weiß, wer und welche (besonders Sicherheits-)Behörden in Deutschland Informationen über Bürger:innen austauschen dürfen bzw. welche Befugnisse Behörden haben, um vorliegende Informationen teilen zu dürfen.

    Grundsätzlich denke ich, unser Rechtsstaat, unser Grundgesetz, unsere Werte retten Menschenleben und an anderer Stelle kosten sie Menschenleben.

  • "Wie konnte das passieren?"

    Wenn ich jemals eine rhetorische Frage wahrgenommen habe, dann jetzt!!!

  • Liebe MagdeburgerInnen, aus der engagierten Berichterstattung der taz lese ich eines heraus:

    Staatsversagen in einem schweren Falle!

    Warum hat das BamF keinen heißen Draht zu Bundeskriminalamt und Generalbundesanwalt? Aber auch auf Landesebene gibt es keine Zuständigkeit, die funktioniert. Innenministerin von der CDU, und der sie womöglich wegen Schwarznullgäubigkeit handlungsunfähig machende Finanzminister auch CDU. War das wie der Hase lief, Herr Haseloff?

    • @Uwe Kulick:

      Das liegt nicht an den Zuständigkeiten, sondern ein solcher heißer Draht ist per Datenschutzgesetzgebung ausdrücklich untersagt. Das Zusammenführen von Informationen aus verschiedenen Sphären ist in Deutschland nur sehr schwer möglich, und in vielen Verdachtszusammenhängen komplett unmöglich.

    • @Uwe Kulick:

      Ich würde das noch nicht mal auf das BAMF beziehen, dass muss bei allen Behörden und Verwaltungen auf allen Ebenen möglich sein und eine Bearbeitung durch Polizei und Justiz muss durchgeführt und dokumentiert werden.



      Ich kenne das von Versuchen Sachbeschädigungen auf Baustellen anzuzeigen, auch wenn es von einer Behörde kommt, hat die Polizei kaum Lust da was zu dokumentieren. Das wurde jetzt an die Hausjuristen delegiert, die allerdings auch wenig Lust haben sich mit der lustlosen Polizei abzugeben. Dafür ist die Polizei aber in so ziemlich allen sog. sozialen Medien unterwegs und Posten AllgemeinPlätze.

  • Die Grund warum die Polizei nicht auf die unverhohlen Morddrohungen des Täters von Magdeburg reagiert hat, dürfte wohl hauptsächlich daran liegen, dass der Täter dem AfD-nahem Spektrum zuzuordnen ist und Morddrohungen gegen Andersdenkende dort die Normalität sind.

    Dank konservativer Politiker ist die einzige Strategie, die die deutsche Polizei gegen AfD-nahe Kriminelle hat, Däumchendrehen und Wegsehen, zur Verfolgung der Flut an Morddrohungen fehlt es hinten und vorne an Personal.

    • @Tannenzapfen:

      Ja, die Afd ist eine in weiten Teilen rechtsextreme Partei, die gerne verboten werden darf, aber dass die Leute dieser Partei ständig Morddrohungen gegen Andersdenkende aussprechen, stimmt doch einfach nicht?!

    • @Tannenzapfen:

      Der Täter ist aber auch schon 2013 aufgefallen und bestraft worden - in dem Jahr wurde die AFD erst gegründet...

  • Anfang November wurde in Elmshorn ein Jugendlicher präventiv wegen der Vorbereitung eines tödlichen Anschlags verhaftet.



    Konkrete Tatpläne gab es offenbar nicht, dafür aber eine vermutete islamistische Gesinnung.



    Das reicht bis heute für eine U-Haft.

    www.ndr.de/nachric...tet,terror712.html

    Warum nicht auch bei einem Rechts-Terroristen, vor dem vielfältig gewarnt wurde?

    • @hsqmyp:

      Wichtig ist doch, dass es keine Rechten sind, denn die sind immer ganz harmlose Einzeltäter mit einer schlimmen Kindheit und verständnisvollen Richter, da kann man präventiv ja nichts machen, die wollen nur spielen.

  • Was da besonders nervt, ist die Reaktion von Behörden, sich selbst für unzuständig zu erklären und den Hinweisgeber an eine andere Behörde zu verweisen - die Unzuständigkeit mag ja zutreffen, dann müsste die Information der korrekten Stelle aber auf jeden Fall von dort aus erfolgen statt den Bürger woanders hin zu verweisen und sich zurücklehnen, das ist skandalös, wenn auch in der deutschen Bürokratie wohl eine gerne geübte Praxis.

  • Keine der im Artikel genannten Zitate stellt juristisch eine Bedrohung dar.

    Es ist nie eine Ankündigung, dass er persönlich etwas tun würde.

    Seine Äußerungen aus 2013 belegen eher, dass er seinen Worten keine Taten folgen lässt.

    Auch die "Ereignisse, die in den nächsten Tagen passieren werden ", gehen in diese Richtung, denn in den nächsten Tagen passierte - nichts.

    Die Frage, was die Polizei hätte tun können, hat fly bereits zutreffend dargestellt.

    • @rero:

      Ich dachte, er sei wegen solcher Sprüche sogar einmal verurteilt worden. Die Behörden lassen ihn also einfach weiterhin gewähren, weil er intelligent genug ist, keine konkreten Anschlagsziele oder -daten zu nennen. Die Behörden glauben, es habe sich ein widersprüchliches Bild ergeben, das aus dem klassischen Raster herausfalle. Ja, kann passieren. Er hat gesagt, es werde etwas Schlimmes passieren und auf den Anschlag in Boston verwiesen. Kein Alarmzeichen? Natürlich, man hat seine Wohnung durchsucht und nichts gefunden. Warum auch? Was hätte man finden sollen? Selbstgebastelte Bomben, die dem üblichen Raster entsprechen? Man beachtete die Warnungen sogar aus dem Ausland nicht, schickt die Leute von Pontius zu Pilatus und betont die eigene Unzuständigkeit. Warum fühlte sich die Berliner Polizei nicht zuständig? Wie naiv und unkooperativ sind unsere Behörden? Und wie deutlich muss eine Drohung Ihrer Meinung nach klingen, um Aktivität bei der Polizei zu verursachen? Man kann ja den Background der Zielperson kurz durchleuchten und die Warnungen und Informationen zusammentragen. Eine "Gefährderansprache" ist bei so etwas sinnlos. Dadurch weiß der Täter nur, dass er vorsichtig sein muss.

    • @rero:

      "Keine der im Artikel genannten Zitate stellt juristisch eine Bedrohung dar"

      Nur ein Auszug aus dem obigen Artikel ".. einen Link zu dem Post, in dem Abdulmohsen andeutet, er könnte 20 Deutsche töten."

      So so, wiedereinmal muss das Recht als Argumentationsgrundlage herhalten.

      Dann bitte einmal einen Blick in den



      § 126 "Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten" werfen und dabei Absatz 2 berücksichtigen.

      "Ebenso wird bestraft, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wider besseres Wissen vortäuscht, die Verwirklichung einer der in Absatz 1 genannten rechtswidrigen Taten stehe bevor."

      Ergibt schon ein anderes Bild als das von ihnen geschilderte.

      • @Sam Spade:

        "andeutete, er könnte ... töten."

        Das ist auch rechtlich dünn.

        2013 muss er etwas Justiziables geäußert haben, denn da wurde er für etwas verurteilt.

        Was dieser Artikel hier aufzählt, ist aber nebulös und rechtlich sehr schwach.

        Es könnte also seinen Grund haben, dass "Warnungen verhallten".

        Ich brauche selbst keine Argumentationsgrundlage.

        Ich habe hier nämlich keine Meinung.

        Es gibt sehr gute StGB-Kommentare von Leuten, die das besser können als ich.

        Vielleicht kommt ja noch eine gehaltvolle Drohung an die Öffentlichkeit.

        Das hier Genannte war alles jedoch mager.

        "Die Behörden stoppten ihn nicht. Wie konnte das passieren?"

        Die Frage aus der Überschrift beantwortet der Artikel ungewollt recht gut.

        • @rero:

          Sie wollen uns damit also klarmachen, dass die notorische Schlafmützigkeit von Behörden durch die von Ihnen geschilderten juristischen Bedenken untermauert wird. Natürlich äußern sich intelligente Menschen (und dazu gehört der Attentäter von Magdeburg ja wohl) nicht so konkret, dass man daraus sofort irgendetwas schließen könnte. Dennoch ist es ein Riesenfehler, solche Leute nicht im Auge zu behalten, Unzuständigkeit vorzugaukeln, wo man sich sofort alarmiert fühlen müsste etc. Juristisches Geschwurbel sollte erst bei der Staatsanwaltschaft oder vor Gericht einsetzen.

          • @Aurego:

            Schlimmer.

            Ich möchte Ihnen klarmachen, dass der Rechtsstaat das Handeln, wie es im Artikel beschrieben wird, ungefähr so vorsieht.

            (Alles unter der Voraussetzung, dass der Artikel nichts Wesentliches versehentlich weggelassen hat.)

            Bedenken habe ich nicht.

            "Juristisches Geschwurbel" kann in einem Rechtsstaat nicht erst bei der Staatsanwaltschaft oder vor Gericht einsetzen.

            Jede Behörde braucht eine Rechtsgrundlage.

            Gibt es die nicht, handelt die Behörde nicht.

            "Gesundes Volksempfinden" in der Strafverfolgung hatten wir schon mal.

            Hat niemanden glücklicher gemacht.

            Für das, was Sie und Sam Spade erwarten, müsste es eine Gesetzesänderung geben.

            Die AfD macht sich übrigens dafür stark.

            Auch der sozialpsychologische Dienst hätte ja tätig werden müssen, wenn er eine Gefahr für andere erkannt hätte.

            Hat er aber anscheinend auch nicht.

            • @rero:

              "Für das, was Sie und Sam Spade erwarten, müsste es eine Gesetzesänderung geben."

              Das nennt sich Erkenntnisverfahren, dazu gehört auch das Ermittlungsverfahren. Die Rechtsgrundlage bildet die Strafprozessordnung nach 160 StPO bzw. § 163 StPO.

              Sofern ein Anfangsverdacht einer Straftat besteht, ist die Staatsanwaltschaft bzw die Polizei verpflichtet ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Nennt sich Legalitätsprinzip nach §§ 152 Abs. 2 StPO, 160 StPO, 163 StPO, 386 AO.

              Diese Prozessmaxime ist sogar strafrechtlich durch § 258a StGB, die sog. Strafvereitelung im Amt (durch Unterlassen), abgesichert, so dass sich ein Polizist oder Staatsanwalt durch die Unterlassung gebotener Strafverfolgungsmaßnahmen ggf. selbst strafbar machen kann.

              Eine durch den Täter verbreitete Nachricht in einem Gruppenchat mit der Andeutung "er könne 20 Deutsche töten" hätte zu einem Ermittlungsverfahren führen müssen, nachdem es der Polizei bekannt war.

              Ihre Ausführungen hinsichtlich einer Rechtsgrundlage laufen daher ins Leere.

  • Auch eine wehrhafte Demokratie, die ihren Namen wert ist und das demokratische im Namen nicht missbraucht, oder als Feigenblatt integriert hat, sondern rechtsstaatlich ist, ist notwendiger Weise im Nachteil. Ich spekuliere, dass (wieder einmal) die Ressourcen nicht ausgereicht haben, um den Betroffenen zu überwachen, weil, sorry für den Seitenhieb, uns zB die Schuldenbremse in der jetzigen Form den Hahn abdreht.

    • @Gerhard Krause:

      "Ich spekuliere, dass (wieder einmal) die Ressourcen nicht ausgereicht haben, um den Betroffenen zu überwachen, weil, sorry für den Seitenhieb, uns zB die Schuldenbremse in der jetzigen Form den Hahn abdreht." Wäre dann also Lindner Mittäter?

      Dann wäre er noch nichtmal ein guter Neoliberaler, weil Neoliberale ja bekanntlich vom Staat nichts außer Sicherheit erwarten. Den Rest regelt der Markt... den Staat dysfunktional zu machen tät zu ihm passen :-(

  • Bleibt die Frage, was wäre der Polizei im Vorfeld möglich gewesen? Weitere Gefährderansprachen? Aber wann, wenn jemand so lange schon auffällt? Vorbeugende Haft oder staatlich verordnete vorbeugende Psychotherapie gibt es nicht. Ausweisen wäre wohl auch nicht möglich.

    • @fly:

      Wieso sollte man jemanden ausweisen, der gemäß den der Polizei vorliegenden Daten bedrohten Frauen aus Saudi-Arabien fliehen half (und daher von dortigen Regime als "Menschenhändler" gesucht wurde) und der Islamkritiker war (und der deswegen in Saudi-Arabien exekutiert worden wäre)?

      Es ist wie mit den Afghanen: erst ist das "Abschieben! Abschieben!"-Gescherei groß, aber wenn dann klar wird, was es konkret bedeutet, Menschen in einen Unrechtsstaat par excellence abzuschieben, dann will niemand der Krakeeler mehr wahrhaben, was sie noch am Vortag gefordert haben - und Schuld sind natürlich "die Grünen" oder so.

    • @fly:

      Also eh wurscht, Sachen einfach mal laufen lassen...?

    • @fly:

      Ja, die scharfen Geschütze wie Präventivhaft fährt die Exekutive nur gegen Klimakleber aus, aber nicht gegen Menschen, die einen Massenmord ankündigen.

  • Man fragt sich ja dann doch wieso auf so vielen Ebenen versagt worden ist?



    Klar hinterher ist man immer schlauer aber so viele Fehler und Falscheinschätzungen müssen dringendst aufgeklärt werden



    und auch Konsequenzen haben.

    • @Captain Hornblower:

      Weil der Föderalismus eben diese "vielen Ebenen" schafft. 3 LKAs hatten Hinweise, dass sich da ein Fanatiker mit Mordplänen herumtreibt. Aber keines der 3 hatte hinreichende Belege, dass es mehr als Sprüche waren.

      Nur jetzt, wo wir ALLE Daten ZUSAMMEN betrachten können, scheint es sonnenklar, was da passiert ist.

      In USA kommt so etwas immer wieder vor, siehe zB (als wahllos herausgegriffenes Beispiel; es gibt haufenweise davon) en.wikipedia.org/wiki/Stephen_Morin der regelmäßig den Bundesstaat wechselte, und somit lange Zeit verhinderte, dass seine Morde als Serie erkannt wurden.

  • So langsam sollten wir in Deutschland zwei Dinge tun:



    1. Die Polizeibehörden alle miteinander vernetzen und



    2. Damit beginnen, nicht immer nur das Gute im Menschen sehen zu wollen. Lieber einmal zu Viel „ungerecht“ sein, als einmal zu wenig.

    • @Dirk Osygus:

      "Die Polizeibehörden alle miteinander vernetzen.."

      Ist doch im Rahmen der "Digitalstrategie Deutschland" längst passiert und soll 2025 flächendeckend für Landes- und Bundespolizei sowie für den Zoll abgeschlossen sein.

      • @Sam Spade:

        Nein.

        Es lohnt sich nachzulesen, was die " Digitalstrategie Deutschland " für die Polizei beinhaltet: eine Harmonisierung der IT-Systeme.

        Auch eine gemeinsame Sachbearbeitung über Ländergrenzen hinweg soll möglich sein.

        Dass aber ein Polizist auf einem Polizeirevier in Konstanz direkt sieht, dass ein Kunde vor 4 Wochen wegen einer Bedrohung in Flensburg angefallen ist, das verspricht das Bundesministerium für Digitales und Verkehr nicht.

        Damit hätte wohl auch der Datenschutz ein Problem.

        • @rero:

          Fällt das unter Datenschutz, wenn dich Polizei Zugriff auf ein einheitliches Register mit strafrechtlich relevanten Inhalten hat? Dann dürfte es ja das Register in Flensburg auch nicht geben und die Punkte dürften immer nur im zuständigen Polizeirevier gespeichert werden.

    • @Dirk Osygus:

      Wieso sollten die Polizeibehörden den jetzt noch nicht vernetzt sein ? Jede Polizei könnte entsprechende Hinweise an die zuständige Polizeidienststelle weiterleiten, statt den Hinweisgeber nur weiter zu verweisen und ihm so den schwarzen Peter zuzuschieben, diese bräsige Ignoranz, man braucht nichts zu tun, weil man ja eh "nicht zuständig" sei, ist doch der Skandal !

      • @StromerBodo:

        "... man braucht nichts zu tun, weil man ja eh "nicht zuständig" sei, ist doch der Skandal !"

        Ich weiß nicht, ob es in der Realität so einfach ist, dass (u.a. Sicherheits-)Behörden Hinweise eben mal so teilen und austauschen dürfen. Vielleicht haben Privatpersonen in der Hinsicht mehr Rechte, weil sie weniger strikten Datenschutzregeln unterliegen.

        Es ist gut, wenn dieser Fall analysiert wird und ggf. Änderungen am Datenschutzrecht vorgenommen werden, sofern hilfreich.