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Nach Hinrichtung SoleimanisEin Fünkchen Hoffnung

Kommentar von Alexander Bühler

Die Option Krieg rückt nach der Tötung des iranischen Generals Soleimani näher. Gleichzeitig verliert Teheran an Macht im Nachbarland Irak.

Sie vermissen ihn schon: Iranische Frauen beten für General Soleimani Foto: reuters

E s ist ein schlechtes Zeichen, wenn Robert Malley, Direktor der Denkfabrik Crisis Group, schreibt, er sähe es als positiv an, wenn sich ein amerikanisch-iranischer militärischer Konflikt auf wenige Waffengänge beschränken würde. So weit hat die Hinrichtung des iranischen Generals Qasim Soleimani durch die USA die Welt schon gebracht: Ein Krieg scheint sehr gut möglich. Und doch gibt es auch ein winziges Fünkchen der Hoffnung – zumindest für den Nahen Osten.

Die absolute Herrschaft der schiitischen Milizen im Irak ist ins Wanken geraten. Denn zusammen mit Qasim Soleimani kam beim amerikanischen Raketenangriff auch Abu Mahdi al-Muhandis um. Er war Führer der Hisbollah-Brigade und – viel wichtiger – faktischer Chef aller Haschd-al-Schaa­bi-Milizen im Irak. Die Milizen haben seit 2011 ihre Macht stetig ausgebaut, nicht nur militärisch: Sie haben politische und wirtschaftliche Schlüsselpositionen besetzt und holten in den letzten Wahlen sogar 13 Prozent aller Stimmen.

Und das alles geführt von Iran. Die außerparlamentarische Opposition, die sich letzten Sommer im Irak etabliert hat, störte dieses Machtgefüge empfindlich. Woraufhin Qasim Soleimani sie zum Ziel erklärte und die Milizen Todesschwadronen gegen sie einsetzten. Hunderte Aktivisten sind seitdem verschwunden oder ermordet worden. Nur Soleimanis Tod hat diese Welle gestoppt.

Tatsächlich sind laut der Internet-Zeitung Middle East Eye sogar viele Milizenführer in den Untergrund gegangen, weil sie nicht wissen, ob sie auf einer amerikanischen Todesliste stehen oder ob ihre Organisation von amerikanischen Spionen durchsetzt ist. Auch auf internationaler Ebene müssen Gruppen wie Hisbollah und auch der Iran selbst vorsichtiger operieren. Denn Trumps Raketenangriff hat gezeigt, dass ein irrationaler US-Präsident die größere Gefahr ist.

Gerade das Gemisch aus Großmannssucht, wirtschaftlichem Profitdenken und Isolationismus macht Trump zu einem unzuverlässigem Partner und einem unkontrollierbaren Gegner. Das iranische Ziel eines schiitischen Halbmonds, einer Landbrücke von Iran bis ans Mittelmeer, ist mit dem Tod So­leimanis vielleicht erstmals ins Wanken geraten.

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46 Kommentare

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  • "Nur Soleimanis Tod hat diese Welle gestoppt."



    Echt jetzt? Sämtliche Milizen bleiben auf einmal zuhause? Häkeln sie dort?

    Da in der Überschrift immer noch der widerliche Begriff "Hinrichtung" verwendet wird, empfehle ich, sich bei Infosperber (www.infosperber.ch...ord-und-Ermordung) aufklären zu lassen:



    Soleimani: «Tot» und «Tötung» oder «Mord» und «ermordet»

  • Sie sollten auch die vielen erfreuten Reaktionen im Irak und Syrien darstellen, denen Soleimanis Aufstandsbekämpfung verhasst war.



    jungle.world/blog/...as-ende-von-qassem



    www.facebook.com/s.../1129617987208837/

    • @nzuli sana:

      Das glaube ich gern, dass viele erfreut sind und auch wohl gute Gründe dazu haben, aber ob solche Aktionen a) als politisches Handlungsmuster moralisch zu rechtfertigen und b) letztendlich zielführend sind, da habe ich mehr als nur Zweifel.

      Soleimanis wurde ja zudem, angeregt durch die USA, von der irakischen Regierung zu Verhandlungen eingeladen. Man hat ihn, böser Junge hin oder her, quasi in der Rolle als Parlamentär in Stücke gesprengt.

      Ich persönlich kann dem nichts abgewinnen.

  • Ehrlich gesagt habe ich die Logik dieses Kommentars nicht verstanden.



    Der "schiitische Halbmond" ist doch gerade ein Ergebnis kurzsichtiger amerikanischer Interventionspolitik. Nachdem man den Irak von Saddam Hussein ", der sich auf die Minderheit der Sunniten stützte, befreit" hatte, gibt es dort eine Regierung, die überwiegend die schiitische Mehrheit vertritt und sich eng an den Iran anlehnt. Der Iran hatte hierzu aktiv gar nicht beigetragen sondern passiv von einem amerikanischen Regimewechselkrieg profitiert.



    Will man das Land jetzt auch von Milizen befreien, die von der Regierung und der schiitischen Bevölkerungsmehrheit gestützt werden? Und was soll danach kommen?



    Ich finde es frappierend, wie von den Amerikanern über Jahrzehnte die gleichen Fehler wiederholt werden und man vollkommen unfähig ist, daraus etwas zu lernen.



    Wenn der rein destruktive Ansatz, der darin besteht, militärisch "das Böse" besiegen zu wollen, jemals positive Ergebnisse gebracht hätte, dann müsste es Staaten wie dem Irak oder Libyen heute ja gut gehen.

    • @Lenning Köstler:

      Deutschland war so ein Staat in dem militärisch das Böse besiegt werden musste, und dem geht es heute gut.

      • @nzuli sana:

        Und weil das damals richtig und notwendig war, ist es heute auch und in jedem Fall richtig und begrüßenswert? Umstände sind nie unterschiedlich, Differenzierung in Analyse und Bewertung ist nicht notwendig? Das wäre ein bemerkenswert unterkomplexes Denkmuster. So haben Sie das sicherlich nicht gemeint, oder?

  • "Die absolute Herrschaft der schiitischen Milizen im Irak ist ins Wanken geraten."

    Worauf stützt sich diese These?

    Die Macht der Milizen war vor dem Tod von Qasim Soleimani und Abu Mahdi al-Muhandis gefährdet. Man beschuldigte, vor allem unter den schiitischen Irakern, die Milizen als Diebe und wirtschaftlich unfähig, die als Handlanger Teherans nicht zuerst irakische Interessen vertraten und hunderttausende Menschen demonstrierten für den kompletten Austausch der Regierung, also auch deren Parteigänger.

    Bei den Demos sind die iranischen Konsulate in Najaf, Basra und Kerbala angezündet worden, also tief im Gebiet der Schiiten.

    Jetzt werden die Milizen als Verteidiger der irakischen Souveränität auftreten. Seht doch, die USA treten unsere Souveränität mit Füßen, sie halten sich nicht an Gesetze, weil sie uns nicht als gleichwertig erachten, wir werden die Nation verteidigen.

    Dies wird die Proteste erstmal zum erliegen bringen.

    Adel Abdul-Mahdi ist ein schwacher Ministerpräsident, die pro Iraner werden ihn unter Druck setzen die etwa 5.000 US Soldaten vor die Tür zu setzen und er wird nicht stark genug sein, dem nicht nachzugeben.

    Und mit der Aktion wird die USA ihren Einfluss in Bagdad wahrscheinlich pulverisiert haben und es bleiben nicht viele andere Spieler am Tisch, die das nutzen können.

  • Hui, da traut Einer seinen republikanischen Parteifreunden aber auch keinen Millimeter mehr über den Weg. Mir scheint Präsident Trump sieht nur noch eine Chance für sein politisches Überleben, oder gar seine Wiederwahl, denn wer würde einem Präsidenten in den Rücken fallen, während die Nation im Felde mit dem Bösen ringt, bzw. wer würde einen Mann nicht wiederwählen, der im Felde siegreich zum Schutze derselben war?

  • 2G
    2422 (Profil gelöscht)

    Noch ein Hinweis : Krieg ist nie eine Option! Wer schreibt solche Überschriften?

    • @2422 (Profil gelöscht):

      Doch, Krieg kann im äußersten Notfall die einzig verbliebene moralisch korrekte Option sein! Oder wären die Nationalsozialisten so ab 1939/40 noch irgendwie anders zu stoppen gewesen?!

    • @2422 (Profil gelöscht):

      Unsinn, Hitler mußte mit Krieg beseitigt werden.

      • @Suchender:

        Der 2. Weltkrieg wurde nicht geführt, um Hitler zu beseitigen, sondern weil die Deutschen ihre Nachbarländer überfallen haben. Schon vergessen?



        Im Übrigen sind solche Hilter-Verharmlosungen degoutant.

  • 2G
    2422 (Profil gelöscht)

    Die TAZ für die Todesstrafe, wer hätte das je gedacht!?!

  • Die FAZ ist in ihren Kommentaren skeptischer: "Ein Schurke weniger, viele Probleme mehr" oder in Bezug auf die Parlamentswahlen im Februar, die Befürchtung einer "Stärkung der Hardliner".

    Die Befürchtungen der FAZ Autor*Innen sind für mich nachvollziehbarer als das "Fünkchen Hoffnung" des Herrn Bühler von der taz.

    Hoffnung kann man in diesem Zusammenhang eigentlich nur aus der alten Volksweisheit nehmen, "das kein Ding so schlecht sei, als dass es nicht auch eine gute Seite hätte"

    Das ändert aber nichts daran, dass für mich lösungsorientierte Politik, die neben der Durchsetzung von Interessen auch allgemein anerkannte Normen setzten sollte, nichts mit Hinrichtungen im Allgemeinen und ohne Prozess im Speziellen zu tun haben kann.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Waage69:

      By the way: Wer oder was ist "FAZ"?

      • @76530 (Profil gelöscht):

        FAZ steht für "Frankfurter Allgemeine Zeitung"

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @Waage69:

          Übrigens: Ray Davies finde ich klasse. I'm not like everybody else.

          • @76530 (Profil gelöscht):

            "I'm not like everybody else" ist nicht von Ray sondern von seinem kleinen Bruder Dave Davies.

            • 7G
              76530 (Profil gelöscht)
              @Waage69:

              Ach. Und singen tut es?

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @Waage69:

          Ach. Really?

          Und welche Relevanz besitzen deren Autoren für die Leser und Schreiber im hiesigen Forum?

          Was meinen DIE WELT, BLÖD und Focus zum Thema?

          Und: wieviele Säcke Reis sind heute in China und wieviele Säcke Tee in Indien umgefallen? Fragen über Fragen.

          • @76530 (Profil gelöscht):

            Wenn ich mal für Sie übersetzen darf.

            Der von Ihnen zu Unrecht Kritisierte (wen kritisieren Sie hier nicht?) wollte nur zum Ausdruck bringen, dass selbst so reaktionäre Blätter wie die FAZ nicht so weit rechts stehen in dieser Frage wie die taz.

            • 7G
              76530 (Profil gelöscht)
              @Rolf B.:

              Danke für die gute Absicht. Sie dürfen natürlich.

              Wir alle haben unsere Prägungen und auch - leider - unsere Reflexe. Peinlich, wenn Andere sie mitbekommen und man selbst nicht.

              Also, @Waage 69: wenn ROLFs Annahme zutrifft, haben Sie einen gut bei mir. (Aber Waagen sind ja eher auf Harmonie aus, wie ich hörte, las, erlebte. ;-))

              • @76530 (Profil gelöscht):

                Nun gut, passt schon.



                Abgesehen finde ich nun wirklich nix ehrenrühriges daran, ab und zu in konservativen Blättern zu stöbern.

                • @Waage69:

                  Abgesehen davon

  • "Auch auf internationaler Ebene müssen Gruppen wie Hisbollah und auch der Iran selbst vorsichtiger operieren. Denn Trumps Raketenangriff hat gezeigt, dass ein irrationaler US-Präsident die größere Gefahr ist."

    Na, dann hat Trump doch schon mal eines seiner Ziele erreicht.

    "Ich könnte einen iranischen Topgeneral mitten am Bagdader Flughafen töten und würde nicht einen Wähler verlieren."



    ——- Donald J. Trump, jedenfalls so in der Art.......

  • My dear american republican followers: Be wise and make Trumps impeachment done.

  • Das irakische Parlament hat in dieser Nacht die angemessene Antwort auf den Mord an Soleimani gegeben und den Abzug aller ausländischen Soldatenn gefortert.



    Sollten die USA diesem Wunsch der Iraker wider Erwarten folgen, würde ich mich nicht wundern, wenn sich die "außerparlamentarische Opposition" in Luft auflöst.

  • In der LMD vom Dezember beschreibt Patrick Cockburn sehr präzise den tödlichen Terror der pro-iranischen Milizen im Irak gegen den Aufstand der Bevölkerung, dessen Alltag immer schwieriger wird. Viele Menschen wurden erschossen.



    Soleimani soll am 2. Oktober gar eine Sitzung des Sicherheitskabinetts in Bagdad geleitet haben. "Da diese Rolle eigentlich dem irakischen Regierungschef zusteht, handelte es sich um eine überaus krude Demonstration der Macht, die Teheran im Irak ausübt", so Cockburn. Soleimani und Co. hatten schon den Aufstand 2009 mit äußerst brutalen Mitteln bezwungen und alle Reformen verhindert.

  • Die BRAUNE Rassistenbande um Onkel Donald zündet die Welt an.

  • Es war Mord - keine "Hinrichtung".

  • "... amerikanisch-ira k ischer militärischer Konflikt ..." - sollte das "k" nicht besser ein "n" sein?

  • Eine Hinrichtung setzt i.d.R. einen Prozess und ein Urteil voraus.

    Sollte es zum Krieg kommen wäre die Folge eines besiegten Irans recht wahrscheinlich, dass sich die Saudis auf Jahrzehnte hinaus als regionale Hegemonialmacht etablieren würden.

    • @Ingo Bernable:

      Das mit dem Prozess ist nicht erforderlich.



      Und selbst Claus Kleber vom heute joirnal spricht von einer Hinrichtung.

      Und ob das aggressiv islamistische KSA eine gute Alternstive ist, darf marg bezweifelt werden.

      • 0G
        08439 (Profil gelöscht)
        @J_CGN:

        Ist Kleber jetzt auch schon Duden-Ersatz?

  • Es geht einfach nicht ohne Antiamerikanismus. Es wird lächerlich.



    Der Artikel hat einige interessante Aussagen, aber zwischendurch kommt diese linke Konditionierung durch. Was solls.

    • @lulu schlawiner:

      Was ist denn so falsch an einem gesunden Antiamerikanismus?



      Der toxische Amerikanismus ist eine Vernichtungsideologie.

      • @Linksman:

        Nichts gegen Amerikanismus, wenn er in den eigenen vier Wänden praktiziert wird. Da sind wir tolerant.



        Das Problem ist der politische Amerikanismus.

    • 2G
      2422 (Profil gelöscht)
      @lulu schlawiner:

      Kommt mir sehr alt vor, ihr Argument von wegen Antiamerikanismus. Früher nannte man das "undeutsch", wenn einer dem Führer nicht folgen wollte. Oder habe ich sie vielleicht mißverstanden. Dann tun Sie doch bitte etwas mehr Butter bei die Fische: Was genau ist denn für sie "antiamerikanisch"?

      • @2422 (Profil gelöscht):

        Boah, gleich mit dem dritten Reich argumentieren, dazu gehört Phantasie. Überdenken Sie sich doch bitte selber.

        Das der Antiamerikanismus bei den Linken verbreitetet ist, ist doch wohl eine Binsenweisheit. Warum auch immer. Punkt.

        • 8G
          88181 (Profil gelöscht)
          @lulu schlawiner:

          Kleiner Tipp vom Anti-Anti-Amerikaner:



          Lassen Sie es bleiben. Sie dringen damit hier nicht durch.

        • 2G
          2422 (Profil gelöscht)
          @lulu schlawiner:

          Nochmal: Was genau ist für sie "antiamerikanisch"?

    • @lulu schlawiner:

      Antiamerikanismus ist natürlich dumm. Aber Trumps Verhalten ist auch weit ab jeder Vernunft. Was er verantwortet hat, schürt doch nur den Konflikt und mit Pech wird es wieder viele Tode geben.

    • @lulu schlawiner:

      Die üblichen irrationalen rechten Reflexe. Kennen wir schon.

    • @lulu schlawiner:

      Spätestens mit der Drohung, Kulturgüter zu zerstören, und damit Kriegsverbrechen zu begehen zeigt die USA sich als unzivilisiert.

      Es sei daran erinnert, dass dies die gleiche Vorgehensweise ist, mit der die Wehrmacht die Kapitulation der Niederlande erzwungen hat.

      • @J_CGN:

        Krieg ist immer unzivilisiert. Und wenn man ihn mit der Drohung einer Bombe auf Ghom verhindern kann, dann nur zu.

        Im Übrigen ist es ja wohl keine ernstzunehmende Frage, ob man unter Trump oder den Mullahs besser lebt.

        • @Der Erwin:

          Das ist richtig, aber ich finde, daß man Freunde eher und schärfer kritisieren darf als andere, mach ich privat auch so.