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Nach Gutachten zu sexualisierter GewaltBenedikt XVI. revidiert Aussage

Der emeritierte Papst räumt ein, in einer heiklen Sitzung nun doch dabei gewesen zu sein. Die falsche Aussage sei nicht aus böser Absicht geschehen.

Folge eines „Versehens“: Papst Benedikt XVI. bittet um Entschuldigung Foto: Tony Gentile/reuters

Berlin taz | Das vergangene Woche vorgestellte Gutachten zu sexualisierter Gewalt im Bistum München und Freising hatte auch den emeritierten Papst Benedikt XVI. belastet. Er hatte gegenüber der Münchner Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl, die das unabhängige Gutachten erstellte, angegeben, dass er in einer heiklen Sitzung nicht anwesend war.

In der Ordinariatssitzung am 15. Januar 1980 wurde über den Verbleib eines Priesters im Bistum München entschieden, der bereits der sexualisierten Gewalt an Minderjährigen beschuldigt war. Später arbeitete er jahrelang weiter als Pfarrer und tat mehreren Menschen sexualisierte Gewalt an. Jetzt hat Benedikt XVI. seine Aussage revidiert. Entgegen seiner bisherigen Darstellung habe er doch an der Sitzung teilgenommen. Das teilte sein Privatsekretär Georg Gänswein mit.

Die falsche Aussage Benedikts sei nicht aus böser Absicht geschehen, sondern sei die Folge eines „Versehens bei der redaktionellen Bearbeitung seiner Stellungnahme“ gewesen, gab Gänswein an. Benedikt XVI. bitte für diesen Fehler um Entschuldigung. In der Sitzung habe man aber nicht über den seelsorgerlichen Einsatz des betreffenden Priesters gesprochen, sondern nur seiner Bitte entsprochen, ihm in München eine therapeutische Behandlung zu ermöglichen.

In dem Gutachten zum Bistum München und Freising hatten die Anwälte und Anwältinnen Hinweise auf auf mindestens 497 Betroffene sexualisierter Gewalt und 235 Täter zwischen 1945 und 2019 im Erzbistum gefunden. Gänswein sagte, dass Benedikt das Gutachten derzeit aufmerksam lese und ihn die Ausführungen mit „Scham und Schmerz erfüllen.“ Auch wenn er um eine zügige Lektüre bemüht sei, bitte er sehr um Verständnis, dass die vollständige Durchsicht unter anderem angesichts seines Alters und seiner Gesundheit noch Zeit benötige.

In seiner vorherigen Stellungnahme hatte Benedikt seine Verantwortung „strikt“ abgestritten, die Gut­ach­te­r*in­nen hatten das als wenig glaubwürdig eingeschätzt. Dem ehemaligen Papst warf das Gutachten vor, in zwei Fällen kirchenrechtlich nichts unternommen zu haben, obwohl den betreffenden Klerikern mehrere begangene und auch von staatlichen Gerichten attestierte Missbrauchstaten vorgeworfen wurden. Ein Interesse an den Missbrauchsopfern sei bei Benedikt „nicht erkennbar“ gewesen, sagten die Gutachter*innen. Nach der Veröffentlichung des Gutachtens waren Forderungen nach mehr unabhängiger Kontrolle der katholischen Kirche laut geworden. (mit epd)

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19 Kommentare

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  • "Vor der Welt verborgen" wollte Ratzinger eigentlich seine letzte Reise antreten, stettdessen lässt er keine Gelegenheit aus, seinem Nachfolger Knüppel zwischen die Beine zu werfen, der deutschen Kirche Wohlstandsverwahrlosung vorzuwerfen und mit immer neuen Pamphleten aus dem theologischen Wolkenkuckucksheim seine reaktionäre Kamarilla zu bedienen. Normalerweise hätte ich gesagt, lasst den alten Mann doch in Ruhe, aber so? Kein Mitleid, sorry.

  • 1G
    164 (Profil gelöscht)

    Kann die taz den Mann nicht einfach rauswerfen? Ich meine - bestimmt hat Joseph R. viele lustige Sachen für "die Wahrheit" geschrieben, aber irgendwann ist doch auch mal gut!

  • Warum eigentlich"Benedikt XVI. und nicht Joseph Ratzinger ?

    • @Felix Nickel:

      Vermutlich steht es ihm zu, mit seinem Papst-Namen angesprochen/genannt zu werden.

  • 4G
    49272 (Profil gelöscht)

    Was hat die katholische Kirche und die Mafia gemeinsam? beides Katholiken, was sind die Unterschiede? die einen gehen in den Knast...

    • @49272 (Profil gelöscht):

      Ich weiß nicht, ob es aufgrund des Vergehens einzelner Schafe der katholischen Kirche angebracht ist, Katholiken per se und deren Kirche auf dieselbe Stufe mit der Mafia zu stellen und zu kriminalisieren - wenngleich dem Vatikan mafiöse Strukturen nachgesagt werden. Es gibt sicherlich auch viele Katholiken, die nicht zufrieden sind mit dem, was da in ihrer Kirche so abläuft.

  • Jetzt hat er sich selbst widersprochen. Und ich dachte immer, der Papst sei unfehlbar. Oder gilt das nur für amtierende Papste?

  • Die Erklärung Ratzingers ist einfach nur erbärmlich!



    Erst gesteht er einen Fehler ein - nachdem ihm die Lüge zweifelsfrei nachgewiesen wurde - und dann schiebt er die Schuld gleich wieder auf Andere (die Redaktion) ab.



    Widerlich!

  • RS
    Ria Sauter

    Er kann lügen und sich dann selbst die Beichte abnehmen.



    10 Vater unser und die Weste ist im kath. Sinne wieder rein!

  • Kommt er jetzt in die Hölle?

  • Ist doch nur ein Beweis, wie tolerant die katholische Kirche ist: Auch Lügner können Papst werden!

  • "Ratzefummel" ist zuviel Ehre für den Mann.



    Aber die Karikatur ist gut🎩

  • Der Heilige Vater hat uns beschissen.

    • @Nairam:

      Schonn. Ever tonn Chlück - is das nicht ex cathedra - wa! Denn=>

      “ Ein Wort des Papstes ex cathedra gilt als eine unfehlbar verkündete Lehrenausscheidung in Fragen des Glaubens oder der Sittenlehre.“ o.s.ä.

      kurz - Frauman dürfte noch nichemal -



      Wischen 🧹 & Feudeln! Wollnichwoll.

      Na Mahlzeit

  • Da hat ihn eben ein gewisser 'heiliger Geist' nicht genug erleuchtet! Denn der heilige Ex-Bimbam aus dem Vatikan wird ja angeblich von diesem ominösen Geist immer so auf dem Laufenden der absoluten Wahrheit gehalten, dass der sich nie irren kann. Vielleicht hat er auch nur im richtigen Moment nicht zugehört.

    Er sei daran erinnert: Als junge Katholen wurde uns doch beigebracht, wie dieser Gott auf zwei Steintafeln die römischen Zahlen 1-10 meißelte und auf einem Berg einem gewissen Moses übergab. Die Ziffer XIII stand doch dabei sinngemäß für ‚Du darfst nicht lügen‘. Da muss der Mann sich aber beeilen, seine Lüge zu beichten. Dort gibt es ja ein System, dass ein geweihter Mann das Konto der bösen Taten bei einer 'Beichte' löschen kann. Ansonsten droht ihm ja die ewige Verderbnis - oder zumindest verlängerter Aufenthalt in einem Feuer.

    Die Erklärung der Nichtanwesenheit und das Eingeständnis einer Lüge hat über die Zeiten (die ‚Amtskirche redet ja lieber von Ewigkeit ohne zu bedenken, dass ewig doch am längsten dauert) sicher weniger Wichtigkeit als andere abstruse Aussagen aus dieser Quelle der Unmöglichkeit des Irrens. Die haben ja verschiedene Stufen von Wahrheiten: Wahr, immer wahr ... Ratzi hat ja nicht ‚ex cathedra‘ gelogen, so kann er sich jetzt nach seiner Ansicht wieder moralisch einwandfrei herausreden. Wenn aber die Aussagen, die ihm zugeschrieben werden, alle wirklich von ihm stammen, dann scheint er doch geistig für sein Alter immer noch auf der Höhe zu sein und ist somit für seine Lügen verantwortlich. Oder stammen die Aussagen von seinem Adjutanten Gänsewein?

  • Eine Woche "Vater unser" und einen Tritt in den Hintern. Zu mild, oder?

  • Da kann‘s mal sehn - was ne kari inne taz -



    “…Benedikt Ratzefummel nicht reinlassen!“ o.s.ä. - 😈 -



    Alles anrichten kann. Chapeau.