Merz’ neueste Abschiebeforderungen: Kein Ausrutscher
CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz setzt auf eine harte Abschiebepolitik. Seine Ideen sind zwar nur schwer umsetzbar, aber ganz bewusst gesetzt.
C DU-Chef Friedrich Merz hat gefordert, Straftätern mit doppelter Staatsbürgerschaft den deutschen Pass abzuerkennen, um diese abschieben zu können. Das ist nicht nur rassistisch – es ist auch unrealistisch und darüber hinaus selbst aus Perspektive der Union strategisch fragwürdig.
Merz macht mit seiner Forderung alle Menschen mit doppelter Staatsangehörigkeit zu Bürgern zweiter Klasse. Bürger, die nur die deutsche Staatsangehörigkeit haben und Straftaten begehen, kann diese nicht entzogen werden. Allen anderen macht Merz deutlich: Ihr werdet nie ganz dazugehören.
Merz’ Vorstoß ist deshalb auch verfassungsrechtlich fragwürdig. Bisher kann nur ausgebürgert werden, wer sich beispielsweise einer ausländischen Armee oder einer Terrorgruppe angeschlossen hat. Bei einfachen Straftaten ist das nicht möglich. Merz müsste also voraussichtlich das Grundgesetz ändern. Doch selbst wenn ein einfaches Gesetz reichen sollte, wird Merz dafür keine demokratische Mehrheit im Parlament finden. Das weiß auch Merz. Seine Aussage war kein Ausrutscher, sondern wohl überlegt platziert in einem Zeitungsinterview – einen Tag, bevor auch die CSU ankündigte, ihren Wahlkampf auf die Migrationspolitik zu fokussieren.
In den vergangenen Monaten ist Merz oft moderat aufgetreten. Auf den Anschlag in Magdeburg reagierte er zunächst zurückhaltend, rief zum Zusammenhalt und Politiker zur Zurückhaltung auf. Er traf damit einen Ton, was Scholz in seiner Nüchternheit und Habeck mit seinem Pathos nicht gelang.
Noch im Herbst hatte Merz gesagt, er wolle eine Zuspitzung des Migrationsthemas im Wahlkampf vermeiden, Wirtschaftspolitik etwa sei wichtiger. Es war der Versuch, als Mann der Mitte, als Staatsmann aufzutreten.
Nun ist es mit Merz’ Zurückhaltung vorbei. Man fragt sich: Reicht der Union die stabile Führung in den Umfragen nicht? Glaubt man wirklich, mit einem Rechtsruck das dazuzugewinnen, was man in der Mitte verlieren könnte? Noch haben übrigens auch Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft das Wahlrecht in Deutschland.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Gedenken an Hanau-Anschlag
SPD, CDU und FDP schikanieren Terror-Betroffene
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Bundestagswahl für Deutsche im Ausland
Die Wahl muss wohl nicht wiederholt werden
Trump, Putin und Europa
Dies ist unser Krieg