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Maskenloser Regierungsflug nach KanadaDie Quer­den­ke­r*in­nen danken

Linda Gerner
Kommentar von Linda Gerner

Die maskenlose Fluggesellschaft von Scholz und Habeck sendet ein problematisches Signal. Es lautet: Uns da oben sind Coronaregeln herzlich egal.

Schlimme Sache: Robert Habeck maskenlos im Flugzeug Foto: Kay Nietfeld/dpa

W enn man Berufsgruppen nichts über die Macht von Bildern erklären muss, zählen dazu Jour­na­lis­t*in­nen und Politiker*innen. Nicht immer sind Aufnahmen von Situationen, die Kritik nach sich ziehen, zu vermeiden. Im Fall der maskenlosen Reisegesellschaft von Kanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck nach Kanada aber schon.

Am Mittwoch soll im Kabinett das neue Infektionsschutzgesetz verabschiedet werden. Darin sind einige Coronamaßnahmen auf Druck der FDP nicht mehr enthalten. Wohl aber eine bundesweite FFP2-Maskenpflicht in Flugzeugen. Die Bundesregierung ließ mitteilen, dass es auf „den Flügen der Luftwaffe“ keine Maskenpflicht gibt. Außerdem haben alle Reiseteilnehmenden im Vorfeld einen negativen PCR-Test vorlegen müssen.

Mag sein, dass so das Schutzniveau relativ hoch war. Die Botschaft, die trotzdem hinter den Fotos des maskenlosen Robert Habeck und anderen steht: Wir hier oben müssen keine Maske tragen, ihr schon. Und mit oben ist nicht die Flughöhe gemeint.

In der Coronapandemie wurde das freiwillige Maskentragen zum Schutz der Allgemeinheit zum Mantra – viele Po­li­ti­ke­r*in­nen haben das verbreitet. Dass die Maske ein guter Schutz gegen die Übertragung des Coronavirus ist, ist auch unstrittig. An den Reaktionen, die prompt auf die Bilder folgten, sieht man: Maskenlose Minister in der Luft sind wieder ein gefundenes Fressen für Querdenker*innen. Aber auch für die Opposition – so kommentiert Ex-CDU-Chef Armin Laschet, dass die Schutzmaßnahmen, über die sich die Fluggäste nach Kanada hinwegsetzten, ohnehin „unsinnig“ seien.

Diese neue alte Debatte ist nervig und lenkt von Wichtigerem ab. Aber Scholz und Habeck muss klar sein, dass sie mit solchen Bildern dem SPD-Gesundheitsminister das Leben schwer machen. Karl Lauterbach ist seit der Pandemie dafür bekannt, auf Gruppenfotos herauszustechen, weil er der einzige mit Schutzmaske ist. Die Macht der Bilder eben. Team Vorsicht gegen Team Locker? Was will die Regierung nun? Verständnis für Coronamaßnahmen in der Bevölkerung erspielt sich die Ampel leichter im selben Team.

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Linda Gerner
Nachrichtenchefin/CvD
Schreibt seit 2017 für die taz und arbeitet seit 2020 als Redakteurin bei der taz. Studierte Kommunikationswissenschaften, Germanistik, Anglistik sowie Kulturjournalismus in Berlin und Essen.
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14 Kommentare

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  • Die hier verlangte PCR für alle vor dem Flug ist weitergehend und wohl auch wirksamer als die übliche Maskenpflicht ohne Test.

  • Ein Flieger voll mit Querdenkern! :-)

  • Also ich war Ende April nach London geflogen mit BA. Auf dem Flug selber trug keiner eine Maske.

    Was hier übrigens vergessen wird zu erwähnen ist, dass im Flugzeug Virenfilter verbaut sind und die Luft alle drei Minuten komplett erneuert wird. Das Problem ist nicht das Flugzeug, sondern die Flughäfen.

    Es hieß dann am Flughafen selber müsse man es anziehen, aber nach einem kurzen Blick auf die Polizisten bei der Passkontrolle: Nö. Auch die maskenlos.

    Von daher... wen interessierts.

  • Es gibt da einen sehr, sehr alten Lehrsatz der an Aktualität nichts eingebüßt hat:

    Mit gutem Beispiel voran gehen

    • @Bolzkopf:

      ... dafür brauchte es aber qualifiziertes Regierungspersonal... und daran scheitert es schon.

  • Panne.

    Ist doch die Maske eine der schärfsten Waffen, die wir gegen die Ausbreitung gerade dieser Krankheit haben.

    Wer um die Macht von Bildern weiss (und Habeck tut das sehr genau) sollte diese Wirkung wissen:

    Solche Bilder rufen die auf den Plan, denen selbst das Tragen der Maske eine zu grosse Anstrengung für das Gemeinwohl ist.

    Wie man traurigerweise auch an dieser Leserbriefspalte feststellen kann.

  • 180 Unbekannte im Mallorca-Flieger sind doch was anderes als ausgesuchte und getestete Regierungsflieger auf Kanada-Trip.

  • Die Angelegenheit müsste der Anlass für zweierlei sein:



    1. für den aktuellen Fall, Prüfung ob wirklich eine Ausnahme vorlag; falls nicht, Bußgeld für alle nach Anforderung der Passagierliste, und zwar in maximaler Höhe die das Gesetz zulässt (wegen Vorbildfunktion usw.).



    2. Überlegung der Politiker und der Pressevertreter die deren Narrativ der Maskenpflicht immer unterstützt haben, endlich mit dem deutschen Geisterfahrermodus aufzuhören und alle Pflichtmaßnahmen zu beenden, so wie in praktisch allen europäischen Ländern. Es kann ja vorläufig weiter erlaubt bleiben, Maske zu tragen.

  • "so kommentiert Ex-CDU-Chef Armin Laschet, dass die Schutzmaßnahmen, über die sich die Fluggäste nach Kanada hinwegsetzten, ohnehin „unsinnig“ seien."

    Da hat er natürlich recht. Man geht derzeit in Läden, Kaufhäuser, ins Theater, in die Oper, ist z.T. mit vielen Menschen über Stunden in einem Raum, alles ohne Maske, angeblich sicher. Auch in Verkehrsmitteln in anderen Ländern gilt teils keine Maskenpflicht oder wird noch weniger durchgesetzt als hier. Aber in Bahn und Flugzeug soll das Risiko so viel höher sein? Klingt nicht überzeugend.

  • Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein!

    Flugzeug? Nein, Arbeitsplatz. Und dafür reicht doch ein PCR-Test, falls überhaupt notwendig. Warum die Bürger bei Flugzeugen immer gleich an Urlaub denken und unterbewusst mit ihren Pflichten konfrontiert werden - seltsam, oder nicht?

    Warum Lufthansa das nicht auch so praktiziert. Vielleicht ist der Aufwand einfach zu groß mit den vielen Test`s? So etwas können sich eben nur Regierungsmitglieder und die Verwaltung, respektive die Bundeswehr leisten. Letztere verfügt vermutlich schon über frische Steuermittel nach der 100 Mrd. Zusage.

    Team Locker gegen Team Vorsicht? War unser Gesundheitsminister zuletzt nicht selbst auch zu locker zum Ende seiner pandemischen Erkrankung?

    Ist eben eine schwierige Zeit, mit und ohne Z(S)eitenwende.

  • Ist es denn für Querdenker und andere Defätisten so schwer, ein simples "Quod placet Iovi non licet bovi" zu akzeptieren ? Ausserdem, wenn für eine geschlossene Gesellschaft in einem Flug der Luftwaffe bestimmte Regeln gelten, so wie die Erfordernis eines negativen PCR-Tests, aber keine Maskenpflicht, dann ist das doch sowieso eine ganz andere Sache, als wenn sich ein wild zusammengewürfelter Haufen von 300 ungetesteten Menschen freiwillig in einen Touristenflieger pferchen lässt. Bei einer Inzidenz von 500 bedeutet das, dass mindestens einer von denen, wahrscheinlich aber eher zwei infiziert sind und damit alle Passagiere und die Crew in Gefahr bringen. Ich habe ja auch hin und wieder eine irrationale Lust auf Politiker-Bashing, die aber meist durch die Pflicht zu einer differenzierten Betrachtungsweise schnell abkühlt.

    • 6G
      650989 (Profil gelöscht)
      @Thierry Frenkel:

      Der entscheidende Gedankenfehler IhrerAusführung liegt bei: "damit alle Passagiere und die Crew in Gefahr bringen."



      Das ist aktuell einfach nicht gegeben. Wir sind nicht mehr on 2020 oder 2021.



      Wer sich selbst dennoch zusätzlich zur Impfung schützen möchte kann doch eine Maske tragen.

      Zum Regierungsflug: der Test am Vortag verhindert nicht, dass ein infizierte mitfliegt. Es reduziert nur die Wahrscheinlichkeit.

    • @Thierry Frenkel:

      Geschossene Gesellschaft? Wieso, sind die danach zusammen in Hotels gewesen, bei denselben Meetings, und wieder zusammen ins Flugzeug und die nächsten 1-2 Wochen auch alle nur zusammen? Das wäre der Vergleich mit "normaloflügen". Merken Sie schon wie absurd solche Thesen von Ihnen sind?

  • Wie ich die Begründung verstanden habe, war alles regelkonform. Da ist natürlich die Frage, warum die Regeln nicht einheitlich sind. Aber in Erklärungen, die sich besser als Ausreden anhören, sind Politiker:innen versiert, auch beruflich trainiert. Was sagt denn die Expert:innengruppe der Gesundheitspolitiker:innen? Wenn keiner positiv wird war's sowieso nur Schall und Rauch.