Letzte Generation kündigt Protest an: Es geht um die „Wendepunkt-Phase“
Nach dem Klimastreik plant die Letzte Generation einen Ansturm. Sämtliche Hauptverkehrsstraßen in Berlin sollen unbefristet lahmgelegt werden.
In einem internen Video, welches dem Tagesspiegel am Dienstag vorlag, erklärt Kim Schulz aus dem Führungskreis der Letzten Generation anderen Aktivist:innen, wie er sich die geplante zukünftige Protestphase vorstellt. Dabei spricht er von einem sogenannten Movement Action Plan (MAP), der 1987 von dem US-amerikanischen Aktivisten Bill Moyer vorgestellt wurde. Dieser beschreibt darin acht Phasen, die soziale Bewegungen normalerweise über einen Zeitraum von Jahren und Jahrzehnten durchlaufen.
Die Letzte Generation befindet sich laut Ritzinger aktuell in der fünften Phase, der Krisenphase. Dem MAP zufolge erreicht jede soziale Protestbewegung nach etwa ein bis zwei Jahren eine Station, in welcher sich die großen Hoffnungen auf einen Durchbruch in Verzweiflung umschlagen. Diese Identitätskrise der Ohnmacht und des Scheiterns trete jedoch laut Moyer dann auf, wenn die Bewegung eigentlich erfolgreich ist.
Deshalb sei es nun auch das Ziel der Letzten Generation, die sechste Phase zu erreichen, sagt Ritzinger. Diese charakterisiere sich durch die Unterstützung einer immer größeren Mehrheit der Bevölkerung. Der Sprecher ist zuversichtlich, dass die Bürger:innen hinter der Letzten Generation stünden. Die Aktivist:innen würden immer mehr Solidaritätsbekundungen erhalten, so Ritzinger. Dass der Zuspruch aus der Bevölkerung laut einer kürzlich veröffentlichten Studie von 68 Prozent im Jahr 2021 auf nur noch knapp ein Drittel im Jahr 2023 gesunken ist, stört ihn nicht. „Das ist ein fließender Prozess. Diese Umfrage kann auch schon wieder überholt sein“, argumentiert er.
2.000 Unternehmen beteiligen sich am Klimastreik
Doch nicht nur die Letzte Generation kündigt große Proteste an. Die Jugendbewegung Fridays for Future plant für den kommenden Freitag ihren 13. globalen Klimastreik. In über 240 Orten sollen deutschlandweit Demonstrationen stattfinden, zu denen Millionen Menschen erwartet werden.
Ob das realistisch ist, wird sich zeigen: Die Teilnahme an den globalen Streiks hat sich seit 2019 stark abgeschwächt. Demonstrierten damals in Berlin noch etwa 270.000 Menschen, waren es vergangenes Jahr nur noch rund 30.000. Am Freitag wird die Bewegung jedoch auf den Rückhalt von mehr als 2.000 deutschen Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen setzen können, die sich dem Streik anschließen wollen.
Auch die Letzte Generation wird am Freitag gemeinsam mit den Fridays for Future streiken. „Die Klimabewegung darf sich nicht spalten“, sagt Ritzinger. Am Ende verfolgten sie alle dasselbe Ziel: Dass die Bundesregierung sich an ihre Versprechen aus dem Pariser Abkommen von 2015 hält und aus der fossilen Energiegewinnung aussteigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Selenskyj bringt Nato-Schutz für Teil der Ukraine ins Gespräch
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Parteitag der CDU im Hochsauerlandkreis
Der Merz im Schafspelz