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Leitantrag für Linken-Parteitag im Mai„Kultur der revolutionären Freundlichkeit“

Nach ihrem Wahlerfolg will die Linkspartei auf 150.000 Mitglieder anwachsen. Bei der Außenpolitik bleibt ein neuer Leitantrag vage.

Die Linke will wachsen: Jan van Aken, Ines Schwerdtner und Heidi Reichinnek (Die Linke) Foto: Carsten Koall/dpa

Berlin taz | Nach ihrem unerwarteten Erfolg bei der Bundestagswahl hat die Linkspartei große Pläne. „In vier Jahren wollen wir eine Partei mit 150.000 Mitgliedern sein“, schreiben die Vorsitzenden Ines Schwerdtner und Jan van Aken selbstbewusst in dem von ihnen formulierten Leitantrag für den kommenden Bundesparteitag im Mai in Chemnitz. Die Linke werde „eine zentrale Rolle im Protest gegen Aufrüstung, Sozialabbau, Klimazerstörung und Rechtsruck“ einnehmen.

Bei der Bundestagswahl hatte die Linkspartei, die nach der Abspaltung des Wagenknecht-Flügels von vielen bereits totgesagt worden war, mit 8,8 Prozent einen Überraschungscoup gelandet. Ihre Mitgliederzahl ist inzwischen von rund 50.000 Anfang 2024 auf mehr als 100.000 gestiegen. „Das uns durch die vielen Stimmen und Eintritte ausgesprochene Vertrauen ist uns Anspruch und Ansporn“, heißt es in dem Leitantrag, der am Wochenende vom Parteivorstand beschlossen wurde und der taz vorliegt.

Ein erster Schritt soll sein, bei den kommenden Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Hessen erfolgreich abzuschneiden sowie im kommenden Jahr bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz erstmals in die Parlamente einzuziehen. Ziel sei, perspektivisch in allen Landtagen vertreten zu sein und „die kommunalpolitische Verankerung in der Fläche auszubauen“.

Mindestens ebenso wichtig sei es, die Linke zu einer „kraftvollen sozialistischen Mitgliederpartei“ weiterzuentwickeln, „die auch jenseits von Wahlen in der Lage ist, Kampagnen durchzuführen und sogar zu gewinnen“. Sie müsse „eine organisierende Klassenpartei werden, die die vielfältige Mehrheit der Menschen anspricht und an ihrer Seite für ihre Interessen eintritt“.

„Ort der Gemeinschaft“

Als Lehre aus der früheren chronischen Zerstrittenheit soll „eine Kultur des Willkommens und der revolutionären Freundlichkeit“ etabliert werden. Entgegen ihrer langjährigen Praxis will die Partei künftig „ein Ort der Gemeinschaft sein, wo Menschen sich wohlfühlen, Freun­d:in­nen finden und gemeinsame Utopien entwickeln“.

Dazu sollen auch die Linken-Parlamentarier:innen stärker als bisher beitragen: „Ein Mandat der Linken verpflichtet dazu, sich am Parteiaufbau zu beteiligen und sich in den Dienst der Partei zu stellen“, heißt es dazu. Um die Glaubwürdigkeit zu stärken, sollen Konzepte für Gehaltsbegrenzung und Mandatszeitbegrenzung entwickelt werden.

Bis 2027 will die Partei ihr altes Grundsatzprogramm aus dem Jahr 2011 überarbeiten. Inhaltlich zentraler Punkt bleibt die Soziale Gerechtigkeit. Einen Fokus legt die Partei dabei auf die Wohnungsfrage und ihren Einsatz für einen bundesweiten Mietendeckel. Nicht minder wichtig sei die Verteidigung der Einkommen der lohnabhängig Arbeitenden, der Renten und Transferzahlungen.

Außen- und Verteidigungspolitik nur am Rande

Darüber hinaus wird in dem Leitantrag noch eine soziale Klimapolitik sowie das bedingungslose Einstehen für eine antirassistische und antifaschistische Haltung als vorrangig benannt. Als politischen Hauptgegner sieht die Partei neben der AfD die CDU von Friedrich Merz. „In Deutschland verkörpert Merz den Wandel vom neoliberalen Transatlantiker zum autoritären Rechtspopulisten“, steht im Leitantrag.

Auffällig ist, mit welcher Kürze die Außen- und Verteidigungspolitik abgehandelt wird. Zwar wird konstatiert, dass Donald Trump die westliche Bündnisarchitektur beende. Aber diese Feststellung bleibt freistehend im Raum, ohne dass irgendwelche Schlussfolgerungen daraus gezogen werden. Stattdessen beschränkt sich das Papier auf Altbekanntes: dass die Linke eine Friedenspartei sei und Aufrüstung ablehne.

Tunlichst wird in dem Leitantrag eine Konkretisierung vermieden, was es heißt, die Partei trete „bedingungslos für das Völkerrecht und den Schutz derjenigen ein, die unter den Kriegen dieser Welt leiden“. Der Grund dafür dürfte sein, dass der Parteivorstand „die Positionen, die uns vereinen, in den Mittelpunkt stellen“ will. Ob deshalb der russische Überfall auf die Ukraine mit keinem einzigen Wort Erwähnung findet? „Auf der Höhe der Zeit“, wie die Linke sich gerne sehen würde, wirkt das allerdings nicht.

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41 Kommentare

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  • Mal was außer-außenpolitisches: Kommt dann mit dem "sozialen Zentralprojekt" Bundesmietendeckel auch gleich der bundeseinheitliche Grundstückspreis nebst Bundesbaukostendeckel? Oder möchte die Linke lieber, dass das bourgeoise Privileg zu wohnen, wo man will, Privileg für Wenige bleibt, aber künftig (nach wohlgepflegter Praxis im "Mieterparadies" Wien) vor allem nach Parteibuch und Vitamin B vergeben wird?

    • @Normalo:

      Ihre Polemik ist bei diesem Thema fehl am Platze! Sie läuft ja darauf hinaus: der Markt muss das regeln. Lieber @Normalo: Der Markt regelt es nicht! Und zwar deswegen, weil größte Teile der Marktteilnehmer sich in völlig aberwitzige Vorstellungen, welche Renditen Immobilien abwerfen sollten, verstiegen haben. Wo ist denn Ihr Vorschlag? Ich bin sicher Sie leben im Eigentum, sonst würden Sie nicht so reden. Wahrscheinlich vermieten Sie auch, sonst wäre das kein so neuralgischer Punkt. Wie meinen Sie, dass jemand, der 30-40% seines Lebenseinkommens an Vermieter abdrücken muss, Vermögen aufbauen soll? Die Mieten sind zu hoch - und zwar durch die Bank überall. "Der Markt" hat dieses Preisgefüge erzeugt - und es ist sehr erkennbar in welche Richtung die Mieten tendieren werden. Es kann nicht ewig so weitergehen. Löhne steigen in unteren Segmenten nur ganz extrem langsam (muss auch wieder der Markt regeln, klar), aber dem "freien Hausbesitzer des freien Freimarktes" darf man nicht reinreden. Das geht so nicht. Der soziale Zusammenhalt hält nicht alles aus. Es ist ja nicht mal so, dass die Mieten nicht steigen dürften, sie müssten ja fallen!

      • @Einfach-Jemand:

        Ich sage nicht, dass der Markt es "regelt". Ich sage: "Sie bekommen ihn nicht tot." Wenn man die Mieten festschreibt, sinkt halt die Rentabilität und damit die Attraktivität, in Mietwohnraum zu investieren - nicht nur füpr die Heuschrecken, sondern für JEDEN, der vermietet. Ergebnis ist eher weniger Angebot genau da, wo eigentlich mehr gebraucht würde.

        Und nein, ich wohne nicht eigener Hütte und habe auch kein Mietshaus. Aber ich weiß, warum meine Miete bezahlbar ist - nämlich weil mein Vermieter meine Wohnung für mehr nicht losbekäme. Und das ist der Schlüssel, um überhaupt mal zu verstehen, was der Markt macht: Die Mieten sind nur in den seltensten Fällen so hoch wie die Eigentümer es gerne haben möchten, sondern so hoch, wie wie sich noch jemand findet, der sagt "Das kann ich und ist es mir wert.".

        Der Zahnarzt oder Banker, der die gutgelegene Altbauwohnung für 15 EUR/m² bewohnt, muss AUCH irgendwo wohnen. Dadurch dass man die Miete auf 8 oder 10 EUR begrenzt, verdunstet der nicht. Und ganz ehrlich, DER wird auch dann noch Mittel und Wege finden, Zugriff auf diese oder eine ähnlich attraktive Wohnung zu bekommen, wenn Andere mit weniger Einkommen sie sich auch leisten könnTen.

      • @Einfach-Jemand:

        Der Markt funktioniert schon. Es gibt mehr Bedarf an spezifischen Wohnungen (gerne in Ballungsgebieten, gerne 1-3 Zimmer usw).



        Und das hat AUCH damit zu tun das wir "plötzlich" eine große gestiegene Anzahl an Menschen haben die solche Wohnungen nachfragen, z.B. infolge der Migrationsströme ab 2015.



        Die Kommunen sind es oftmals die jeden Preis zahlen - denn sie MÜSSEN diese Personen unterbringen. Diese stehen dann natürlich Geringverdienern nicht mehr zur Verfügung.

        • @hkj2314:

          Sie haben mit allem was Sie schreiben Recht. Natürlich hat es auch damit zu tun, dass der selbe Wohnungsmarkt heute viele Geflüchtete und aus anderen Gründen Migrierte aufnehmen muss. Hier liegt in meinen Augen auch ein grundsätzlicher Fehler des linken politischen Spektrums: Dass Zuwanderung nötig oder humanitär geboten ist, bedeutet ja nicht, dass sie unproblematisch ist. Dieser Eindruck wurde aber immer wieder erweckt. Woher das kommt? Ich hab keine Ahnung. Es ist diese unterschwellige Angst in den falschen politischen Topf gesteckt zu werden oder dieser Wahn jede theoretische Idee nur 100%ig oder gar nicht umsetzen zu können. Damit wir aber klar sehen: Dass es diese Probleme wirklich gibt, bedeutet nicht, dass Zuwanderung enden sollte. Es muss damit umgegangen werden. Und das kostet Geld - Geld, das von vornherein überall gefehlt hat und auch heute noch fehlt. DAS ist in meinen Augen die schlimme politische Verfehlung: Man hätte die nötigen Mittel bereit stellen müssen - es hätte dem Land großen Vorteil gebracht, wenn wir Unterbringung, Integration und Ausbildung gemanagt bekommen hätten. Diese Politik hat nur der AfD genutzt.

    • @Normalo:

      Bezahlbare Mieten scheinen wahrlich ein kommunistisches Schreckgespenst zu sein.

      • @JWW:

        Bezahlbare Mieten sind natürlich auch in einer kapitalisteischen Welt durchaus erstrebenswert. Das Problem ist der Weg dahin.

        Einfach per ordre mufti festzulegen, dass Mieten unabhängig von Lage, Erstellungs- und Instandhaltungskosten nicht mehr als x kosten dürfen, würde vielleicht die Mieten stabilisieren aber im Zweifel die Neuschaffung oder Renovierung von Wohnraum gerade in den gefragten Lagen hemmen oder zum Erliegen bringen.

        Der Hauptpunkt ist doch, dass, egal wie bezahlbar die Mieten sind, man jeden Quadratmeter nur einmal bewohnen kann. Die explodierenden Mieten werden da gezahlt, wo Unterangebot herrscht, also viele Leute immer noch ohne Wohnung dastehen, wenn Alles vermietet ist. Und am Unterangebot ändert die Miethöhe rein garnix, und denen die in die Röhre schaun, ist NULL damit gedient, dass sie sich die Wohnung, die sie nicht haben, theoretisch leisten könnten.

        Deckelt man die Miete führt das also allenfalls zu anderen Verteilungsmethoden der Mangelware "Wohnraum". Diese werden auch immer nur aus Sicht derer gerecht sein, die wie auch immer am Ende die Wohnung haben, die sie wollen.

  • Schau mer mal ob der Run auf Die Linke anhält oder ob das nur ein kurzes Hoch ist - Anhaltspunkte für letzteres sehe ich viele, denn da kamen einige sehr glückliche Faktoren für Die Linke unmittelbar zusammen die letzten Wochen...



    1. Merz taktisch unkluge Abstimmung mit der AfD



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    Das alles hat mehr oder minder gleichzeitig bei der Linken eingezahlt. Diese Effekte können aber ebensoschnell wieder verpuffen...



    Gerade ihr nicht vorhandenes Profil in der Außenpolitik kann da ganz schnell wieder für Ernüchterung sorgen wenn in den Nachrichten wieder Gaza, Ukraine, Trump die Schlagzeilen beherrschen oder im Frühling der Flüchtlingszustrom übers Mittelmeer wieder anläuft...

  • die Partei trete „bedingungslos für das Völkerrecht und den Schutz derjenigen ein, die unter den Kriegen dieser Welt leiden“.

    Würde die Linke das tatsächlich tun, dann würde sie zumindest für Flugabwehrsysteme eintreten, um die Zivilbevölkerung in Wohngebieten, Schulen, Kindergärten und Krankenhäusern zu schützen. Denn das Völkerrecht erlaubt die Lieferung von Verteidigungswaffen an ein überfallenes Land (Artikel 51 der UN Charta).

    "Die Linke werde eine zentrale Rolle im Protest gegen Aufrüstung..."

    Da überfällt Russland sein Nachbarland und bedroht alle ehemaligen Sowjet-Gebiete und die Antwort der Linken darauf lautet Abrüstung. Kann man sich nicht ausdenken. Ich halte die Linke für eine Pseudo-Friedenspartei mit zweifelhafter Einstellung zu Diktatoren, die sozialistischen Hintergrund haben.

    • @_Mephisto_:

      "Partei trete „bedingungslos für das Völkerrecht und den Schutz derjenigen ein, die unter den Kriegen dieser Welt leiden“."

      Beim Überfall auf die Ukraine konnte sch die Linkspartei maximal nur für ein Einfuhrverbot von russischem Wodka durchringen. "Bedingungslos" sieht anders aus.

  • Der Ukrainekrieg und die Palästinafrage sind seit jeher Sprengstoff für jede linke Bewegung. Den zu entschärfen verlangt Unaufgeregtheit von Allen. Das Rückbesinnen auf Kernprinzipien ist ein kluger Schritt, um erstmal nicht garnichts sagen zu können, und dann unter Ausschluss des in diesen Fragen toxischen öffentlichen Diskurses und unter Berücksichtigung jedes Wenns und Abers zu einer durchdachten und tragfähigen Position zu kommen, bei der alle mit etwas Einsicht mitgehen können. Ich hab Vertrauen, dass das mit zwei Nahostexperten an der Spitze gelingen kann. Gleichzeitig ist der Zeitpunkt für einen solchen Prozess noch nicht jetzt, wo so viele Leute in die Partei eintreten und theoretisch parteiinterne Mehrheiten drastisch verschieben könnten.

    • @Marvienkäfer:

      Dieser Leitantrag klingt freilich nicht danach, als wolle man sich überhaupt mal daran geben, solche dicken Bretter zu bohren. Das ist nach Jahren der Selbstzerfleischung zwar verständlich, aber es hält die Partei auch weiter da, wo sie im Westen immer schon war: Regierungsunfähige Wünsch-Dir-Was-Positionen.

  • ""....Linke eine Friedenspartei (sei) und Aufrüstung ablehnt(e)....."""



    ===



    Bitte noch einmal einen VHS Kurs über europäische Geschichte absolvieren -- in der Hoffnung das sich endlich Erkenntnisgewinn generiert.

    Die Ukraine hat 1994 abgerüstet - - durch einen Akt der beispiellos



    in der Geschichte ist: Das Land hat seine Atomwaffen an Russland übertragen.

    2.. Im Jahr 2021, welches dem russischen Frontalangriff vorrausging, hat die Ukraine lediglich 1,1% des BIPS für Rüstung ausgegeben -- trotzdem der Krieg Russlands gegen die Ukraine zu diesem Zeitpunkt bereits seit 2014 andauerte. Heute ist die Ukraine Weltmeister im Bereich Rüstungsimport.

    3.. Es gibt keine soziale Sicherheit ohne die äussere Sicherheit eines Landes. Wer also die Menschen eines Landes sozial absichern möchte sollte sich zunächst damit beschäftigen wie sie die Bewohner gegen Angriffe von aussen absichert.

    4.. Sich Friedenspartei zu nennen ohne in der Lage zu sein zu erklären, wie sich ein Land gegen Angriffe ohne Rüstung schützen kann ist das Papier nicht wert auf dem das Wort Friedenspartei geschrieben steht.

  • Wie mich wirkt es so, als wie über eine Tapete gestrichen wird. Die Tapete sieht danach wieder schick aus, aber ist und bleibt die gleiche Tapete.



    Ich wähle schon länger nicht mehr Die Linke, bin aber schlau genug zu wissen, dass ich von einer starken Linken in DE auch profitiere. Einen Daumen kann ich noch drücken, für beide reicht es leider nicht mehr. Über die aufgeschobene klare Positionierung hinsichtlich Außenpolitik wird die Partei vermutlich noch(mal) stolpern. „Hoch die internationale Solidarität!“ war wohl nie vollumfänglich gemeint. Schade...

  • Die außen- und friedenspolitischen Schwachstellen der Linken sind ein Problem, daran gibt es nichts zu deuteln.



    Da sie aber gerade mit sozialpolitischen Themen und einer konsequenten Haltung gegen den Faschismus - und das sind leider definitiv Schwachstellen von SPD und Grünen - punkten konnten, fürchte ich, dass die anderen programmatischen Leerstellen im Verhältnis zu Russland, zu Israel sowie zum hiesigen Antisemitismus bis 2027 eben nicht diskursiv ausgefochten werden - die vorhergegangenen Konflikte und Spaltungen stecken der Linken noch zu sehr in den Knochen.



    Whatever, momentan läufts ja richtig rund für die Linken - ob die damit einhergehende Vermeidungsstrategie ihnen aber eines Tages nicht doch noch vor die Füße fällt? Spätestens dann, wenn sie mitregieren müssen?

    • @Abdurchdiemitte:

      Wo ist denn die Linke konsequent gegen Faschismus? Putin und die Hamas genießen dort immer noch Sympathien....und die stehen rechts der AfD.

    • @Abdurchdiemitte:

      Was ist denn an der Haltung der Linken gegen Faschismus "konsequenter" als bei Grünen und SPD? Dass sie sicherheitshalber gleich mal Alles rechts von deren linken Flügeln als faschistisch behandelt? Das ist nicht konsequent sondern wenn überhaupt totalitär. Die Partei sollte sich - wie auch @_Mephisto_ schon bemerkt hat, lieber mal kritischer fragen, wie weit sehr ihre Außen- und Sicherheitspolitik Faschisten geradewegs in die Hände spielt. Und über migrationspolitische Positionen in dem Leitantrag lese ich hier noch weniger als über Rüstung. Wie stellt sich die Linke vor, dort zu punkten? Wie will sie der AfD den Osten wieder entreißen, wo bloße antirechte Pfuibäh-Abgrenzung offenbar komplett ausgedient hat?

    • @Abdurchdiemitte:

      SPD und Grüne haben sogar eine sehr konsequente Haltung gegen Faschismus, insbesondere den russischen Faschismus. Wenn man den Begriff richtig versteht, dann sind Merkmale zum Beispiel ein diktatorischer Führerstaat, gewaltsame Unterdrückung der politischen Opposition und extremer Militarismus. Gepaart mit imperialistischem Anspruchsdenken und Expansion.

      All dies trifft auf den russischen Überfall auf die Ukraine zu. SPD und Grüne haben die Ukraine bei der Verteidigung gegen den russischen Faschismus unterstützt. Und zwar auch durch militärische Hilfe. Die Linke lehnt aber Verteidigungswaffen für die Ukraine ab und ist für mich deshalb die Partei mit inkonsequenter Haltung zum Faschismus.

  • "....dass die Linke eine Friedenspartei sei und Aufrüstung ablehne..." Solange Die Linke ihre verklärte Russlandpolitik und ihr Antisemitismusproblem nicht in den Griff bekommt, sind sie Lichtjahre von einer sog. Friedenspartei (was immer das auch sein soll) entfernt!

  • Klingt schwer nach einer Heiße Luftnummer.

    Die Welt ändert sich in Hochgeschwindigkeit und der Linken fällt zur Außenpolitik nur Banales ein.

    Alberne T-Shirts spazieren tragen und Tattoos vorzeigen, das wird nicht reichen.

    • @Jim Hawkins:

      Inszenieren, provozieren, und Reels produzieren..."



      Mehr ist von der "Tik Tok Linken" auch nicht zu erwarten ..

      • @Rabenbote:

        Je nachdem wie die Grünen sich Verhalten wird sie eine Funktion erfüllen müssen, und im Bereich der Verteidigung des Sozialstaats, gegen die Regierung angehen müssen, sofern die es „verkackt“ was sich u.a. an den Aussagen von CDUlern bzgl. des Bürgergelds schon abzeichnet.

        Selbst das Handelsblatt hat in einem Interview ein Teil des Problems abgedruckt



        www.handelsblatt.c...ker/100110498.html.

        „Stattdessen sollten die allgemeinen Bedürfnisse und die Stärkung des Gemeinwesens im Vordergrund effektiven politischen Handelns stehen, um das Leben für alle Menschen, unabhängig von ihrem Wahlverhalten, zu verbessern. Dann kann so etwas wie ein demokratischer Aufschwung entstehen. Die politische und mediale Fixierung auf die AfD macht die Partei hingegen stärker und stärker.“

        Die Populisten und Rechtsaußleger der CDU/CSU/SPD müssen m.E. nach zum wohl der Demokratie konsequent eingehegt werden.

  • "Kultur der revolutionären Freundlichkeit" klingt gut. Wenn die vielen jungen Parteimitglieder jetzt den Grünen beim Thema Klima- und Umweltschutz Beine machen, könnte die Partei viele Stimmen auch in diesem Bereich holen. Beim Thema Ukraine und Gaza besteht allerdings noch erheblicher Aufarbeitungsbedarf.

  • Soweit ich die Lage verstehe gibt es derzeit mindestens zwei relevante Haftbefehle des IStGh in Den Haag.



    Diese betreffen einen Russischen Staatsbürger und einen Israelischen Staatsbürger.



    Einer davon wurde kürzlich von Friedrich Merz nach Deutschland eingeladen.



    Soweit ich Die Linke verstehe unterstützen wir Recht und Gesetz.

  • Die Außen- und Sicherheitspolitik ist etwas wie die "Achillesferse" oder das "Einfallstor" für Kritik



    an den Linken.

    "Ich mag ja die Sozialpolitik, aber wenn ihr die Ukraine nicht unterstützen wollt ..."

    Ich muss gestehen, dass es auch für mich widersprüchlich erscheint, gegen völkerrechtswidrige Grenzverschiebungen zu sein, aber gleichzeitig die Opfer der Aggression einer sich um das Völkerrecht nicht scherenden Macht nicht zu unterstützen.

    Aber: Wie konnte es zu diesem Krieg kommen? Durch das Fehlen einer tragbaren europäischen Sicherheitsarchitektur! Wer hat die immer wieder gefordert? Genau.

    Waffenlieferungen sind eine Notlösung für frühere Versäumnisse. Es ist also irgendwie angebracht, dass die LINKE in diesem Punkt konsistent bleibt.

    Die "Schwachstelle" könnte auch zu einer Stärke werden, denn immer mehr Aufrüstung wird unser Leben nur gefährlicher machen.

    Dann enthält dieser Leitantrag viele innovative Elemente, die es so bei anderen Parteien nicht gibt: Gehaltsverzicht der Funktionäre und Abgeordneten. Entwurf einer Kümmererpartei für die Alltagssorgen. Eine neue klassenübergreifende Perspektive für den Sozialismus.

    Das ist wirklich etwas Wichtiges und Notwendiges.

    • @Stavros:

      "Wie konnte es zu diesem Krieg kommen? Durch das Fehlen einer tragbaren europäischen Sicherheitsarchitektur! Wer hat die immer wieder gefordert? Genau."

      Und wer hat immer wieder die Kürzung des Verteidigungshaushalts gefordert? Genau. Und wer die Reduzierung der Bundeswehrsoldaten? Genau. Und wer ist gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht? Genau.

      Übrigens hat Aufrüstung und NATO Beistand, insbesondere durch Amerika, die baltischen Staaten bisher vor einem Angriff bewahrt. Die Ukraine mit Abrüstung und ohne Militärbündnis wurde überfallen. Da darf man bezweifeln, dass Aufrüstung "das Leben gefährlicher machen würde".

      • @_Mephisto_:

        Alles keine schlimmen Forderungen, die Sie da aufzählen. Nicht verwerflich. Wer möchte wieder genötigt sein, "Wehrdienst" zu leisten? Warum soll man es zwingend als notwendig und lösungsorientiert betrachten, das Land möglichst bis an die Zähne zu bewaffnen, um vermeintlich in Frieden zu leben? Die Aufrüstungsspirale ist doch allen noch aus dem "Kalten Krieg" bekannt.



        Und Nato-Osterweiterung und -Aufrüstung sind Teil des aktuellen Problems. Ein Aggressor kommt selten allein.



        Das Schema "Russland böse" und "guter großer Freund USA" funktioniert jawohl wirklich nicht mehr und hat es nie. Vielleicht wurden die baltischen Staaten durch aktuelle Strategie bisher vor einem Angriff bewahrt, aber eine Lösung des Problems ist es doch nicht.

      • @_Mephisto_:

        Ja, es sind alles sehr schwierige Fragen.

        Jede Position muss kritisch hinterfragt werden. Z.B. war das sich Verlassen auf transatlantische Treue ziemlich naiv, waren die Kriege in Afghanistan und Irak ziemlich selbstzerstörerisch.

        Ich finde nicht, dass man die Fehlentwicklungen einseitig den Linken ankreiden kann, eher im Gegenteil, sie lagen bemerkenswert oft richtig (Beispiel: Kosovo als Präzedenzfall für weitere Brüche des Völkerrechts).

        Es geht aber jetzt um die Zukunft: Wie soll Europas Position in der Welt aussehen? Wie beschützen wir unsere Sicherheit?

        Ein großer Teil der Bevölkerung denkt pazifistisch - was für eine Demokratie sind wir, wenn wir das nicht zulassen?

        Wollen Sie Ihre Kinder in der Armee "dienen" lassen? Ich ganz sicher nicht, wenn es sich vermeiden lässt.

        Ich würde mich freuen, wenn wir diese ganzen Punkte einmal konziliant, ruhig, ohne Schuldzuweisungen und überschäumende Emotionen diskutieren könnten.

  • Eine spezifische Erwähnung des Russischen Angriffs auf die Ukraine würde ich als unnötige spezifizierung verstehen. Alle Handlungen gegen das Völkerrecht sind zu verurteilen.



    Von wem sie ausgehen und wen sie treffen ist vollkommen unerheblich.

  • Es ist völlig ok an bestimmten Punkten vage zu bleiben besonders als Oppositionspartei bei außenpolitischen Themen. Es gibt da einfach in der Bewegung keinen Konsens zu und regierungsfähig muss die Linke ja auch nicht sein. Habe nie verstanden warum man sich ausgerechnet bei Themen komplett zerlegt, bei denen kein Mensch die Position der Linkspartei wirklich interessiert wie Gaza und Co.

    • @Šarru-kīnu:

      Ja aber hier ist das Problem, dass es zentrale linke Überzeugungen betrifft - Antifaschismus, Antiimperialismus und Frieden. Die Linke sagt jetzt, dass die Eindämmung der russischen Kriegspolitik nicht so wichtig sei.

      Diese Haltung entlarvt deren Kernüberzeugungen als "nicht so ernst gemeint"....oder weniger wohlwollend: als selbstgerechte Lügen. Seit dem russischen Überfall wissen wir, dass wenn hier die AfD sich mit russischer Unterstützung an die Macht putschen will, wir von der Linken (und BSW natürlich) nur Defätismus und Kollaboration erwarten können.

    • @Šarru-kīnu:

      Oh doch! Ich messe Parteien genau daran, wie sie intern umstrittenen Themen umgehen.



      Selbstverständlich kann die Linke eine 80% Vermögenssteuer für Milliardäre fordern, da gibts ja intern keinen Streit und alle finden das richtig toll.



      Aber wie hats die Linke mit dem Antisemitismus? Und der Ukraine? Das sind die zentralen Fragen, die Auskunft darüber geben, ob diese Partei einfach Maximalforderungen bei unumstrittenen Themen stellen will - oder sachliche Auseinandersetzungen führen kann.

  • Sicher viel Sinnvolles dabei, es braucht eine starke Linke in Deutschland, eine sozialdemokratische Partei im Wortsinn. Dies kann und will die SPD nicht mehr sein, die Grünen sind ebenso uneins.



    Dennoch sollte man die Positionierung in der Außenpolitik durchfechten, das Thema verdruckst vor sich herzuschieben ist nicht sinnvoll. Man muss die Frage klären: was macht man mit Gewaltmenschen wie Putin, ist Abrüstung da wirklich immer der richtige Weg? Auch die Linke muss sich da der Realität stellen. Gestanzte Sätze von vorgestern führen da nur bedingt weiter.

  • Die Linke muss versuchen die Spaltung wegen Ukraine Israel so lange nach hinten zu schieben, dass ihre Funktionäre durch Wahlergebnisse abgesichert sind und die Wahlerfolge selbst weitere generieren.

    Dann allerdings werden absehbar die verlieren die gegen jeden Antisemitismus sind, die waren in die Ukraine oder nach Rojava liefern lassen wollen würden.

    • @AlHozo Hoto:

      Das sehe ich nicht zwangsläufig so. Da die Linke sich „revolutionäre Freundlichkeit“ verordnet hat, müsste das ja auch eine neue entspannte, solidarische und wertschätzende Streitkultur einschließen. Das wäre zumindest mein Anspruch … in der Vergangenheit habe ich in linken Kreisen oft dogmatische, eher abtörnende Diskussionen erlebt, das muss und will ich mir nicht mehr antun.



      In Sachen Ukraine und Israel/Antisemitismus wird das ein hartes Brett, da wird beim Ausfechten der Positionen kein Auge trocken bleiben. Schade übrigens in dem Kontext, dass gute Leute wie Klaus Lederer wegen diesem Konflikt die Partei verlassen haben.



      Aber es MUSS ausgefochten werden, früher oder später, sonst fällt es der Linken eines schönen Tages umso mächtiger vor die Füße.

  • Sehr schade, dass die Linke sich nicht zur Einhaltung des Völkerrechts verpflichtet und völkerrechtswidrig überfallenen Staaten die nötige Unterstützung zur Verteidigung vorenthalten will.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Ich verstehe die Haltung der Linken nicht so wie Sie es hier beschreiben.



      Pazifismus, der der Linken sehr wichtig ist, deckt auch die Selbstverteidigung gegen einen Angreifer. Das hinhalten der anderen Wange wenn die erste schon von einem Schlag getroffen wurde ist eine 'Utopie' der die Christen wohl mal folgten.

      Soweit ich die Haltung der Linken verstehe, sind wir gegen jeden Handel mit Rüstungsgütern der von Deutschland ausgeht.



      Gerüchteweise hat Deutschland irgendwann früher mal keine Rüstungsgüter in Kriesengebiete geliefert.



      Eine Unterstützung der Ukraine, die sich selbst verteidigt, ist für mich selbstverständlich. Wenn es Mittel (Güter oder Dienstleistungen) sind die sie für ihre Verteidigung und ihr bestehen mittelbar einsetzen kann dann ist es für mich persönlich nicht zu kritisieren.

      • @Mr.Henry:

        Die zu entscheidende Frage ist aus meiner Sicht nicht, ob der Ukraine mit "Gütern und Dienstleistungen" geholfen wird, sondern ob diese Bereitschaft auch RÜSTUNGS-Güter und MILITÄRISCHE Dienstleistungen (also z. B. Ausbildung) enthält, oder ob man lieber nur zivil hilft und hofft, dass andere Länder NICHT so ihre Hände in Unschuld waschen. Denn dass die Ukraine den Krieg nicht mit Wattebauschwerfen überstehen kann, ist wohl unstreitig.

      • @Mr.Henry:

        Eine wohlfeile Haltung. Wenn alle so denken, dann steht die Ukraine morgen ohne Sturmgewehr und ohne Munition da.



        Aber Hauptsache, wir haben unsere eigenen moralischen Ansprüche erfüllt und können auf die anderen herabsehen...

  • "Auf die Barrikaden! Alerta, alerta! Also bis auf die Ukrainer im Kampf gegen den russischen Faschismus, natürlich. Für die haben wir nur Thoughts and Prayers und setzen irgendwie auf China."

    • @Suryo:

      Ihre ätzende Häme muss ich aushalten, denn sie ist absolut zutreffend … es gab für mich - nach gründlicher Abwägung ALLER wahlentscheidenden Aspekte - nur keine andere Wahl als die Linke.



      SPD oder Grüne (oder eine von den „Kleinen“) wären dieses Mal keine Option gewesen.