Landwirtschaft versus Wasserwerke: Wasserstrategie da, Folgen fraglich

Das Bundeskabinett beschließt eine Wasserstrategie. Sie lässt weitgehend offen, wer besser versorgt werden soll: Wasserwerke oder Landwirtschaft.

Ein Wassertropfen an einem Wasserhahn

Eine klare Priorisierung in der Trinkwasserversorgung bleibt weiterhin offen Foto: Janine Schmitz/imago

BERLIN taz | Angesichts der Klimakrise mit Dürre- und Hitzeperioden hat die Bundesregierung eine Nationale Wasserstrategie beschlossen, die unmittelbar aber keine praktischen Folgen hat. Das Kabinett der Ampelkoalition billigte Umweltministerin Steffi Lemkes (Grüne) Vorlage am Mittwoch, nachdem mehr als 300 Teilnehmende aus etwa Wasserbranche, Landwirtschaft und Forschung zwei Jahre lang darüber diskutiert hatten.

Dennoch lässt die Strategie zum Beispiel weitgehend offen, wer mehr Wasser bekommen soll: Wasserwerke für die Trinkwasserversorgung oder die Landwirtschaft für die Bewässerung von Feldern. Zudem ist fraglich, ob die 78 vorgeschlagenen Maßnahmen der Strategie überhaupt umgesetzt werden.

Dabei sagte Lemke: „Die Folgen der Klima­krise für Mensch und Natur zwingen uns zum Handeln. Die vergangenen Dürrejahre haben deutliche Spuren in unseren Wäldern, Seen und Flüssen und in der Landwirtschaft hinterlassen.“ Extremwetterereignisse träten immer häufiger auf, immer noch werde Wasser verschmutzt. Klar ist auch: Der Verteilungskampf um das knapper werdende Gut wird schärfer.

Trotz dieser Dringlichkeit heißt es in der Strategie zum Thema Nutzungskonflikte nur, dass gemeinsam mit den Ländern ein „Orientierungsrahmen für lokale oder regionale Priorisierungsentscheidungen geschaffen“ werden solle. Zwar ist von einem „Vorrang der Trinkwasserversorgung“ die Rede, aber nur in Klammern.

Trinkwasserversorgung hat Vorrang

Im selben Satz wird auch der Versorgung mit Lebensmitteln – das könnte so allgemein formuliert auch Fleisch sein – eine „besondere Bedeutung“ bei der Wasserverteilung zugebilligt. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) forderte deshalb auch, der Vorrang der Trinkwasserversorgung „sollte in der Nationalen Wasserstrategie noch deutlicher und klarer herausgearbeitet werden“. Trinkwasser müsse „immer an erster Stelle stehen“.

Immerhin setzt die Strategie das Ziel, gemeinsam mit den Ländern mittelfristig ein „Grundwasser-Echtzeitentnahmemonitoring“ aufzubauen. Auch ein „Wasserregister zur Registrierung aller genehmigten, beantragten und tatsächlichen Grundwasserentnahmen“ soll mehr Transparenz schaffen. Das zielt neben anderen Bereichen auf die Landwirtschaft, die laut Behörden nur 2 Prozent des in Deutschland verwendeten Wassers verbraucht.

Diese Zahl wird aber bezweifelt, weil sie auf Selbstauskünften der Landwirte beruht und auffällig niedrig ist im internationalen Vergleich. Teilweise benötigen Bauern noch nicht einmal eine Genehmigung, um Grundwasser zu fördern. Diese Ausnahmen von der Erlaubnispflicht sollen nun zumindest überprüft werden – aber auch, ob bisher nicht bestehende „Bagatellgrenzen für die Erlaubnispflicht“ nötig sind.

Kritik von Campact

Ebenfalls nur geprüft werden soll, ob überregionale Fernwasserleitungen gebaut und einheitliche Entgelte zur Wasserentnahme erhoben werden müssen. Gemeinsam mit den Kommunen und den Fachverbänden sollen Umwelt- und Bauministerium sowie die Länder ein Konzept für eine „Schwammstadt“ entwickeln, die Regen aufnimmt und speichert.

Die Kampagnenorganisation Campact kritisierte, dass eine klare Priorisierung der Trinkwasserversorgung aus früheren Entwürfen gestrichen worden sei. Der Naturschutzbund lobte die Strategie, aber forderte, bei der „großen Bandbreite an Zielen“ in dem Papier den Fokus richtig zu setzen. „Der Schutz und die Renaturierung von Gewässerökosystemen und Auen in großem Maßstab muss die vordringlichste Aufgabe sein, um hier endlich einen Vorsprung gegenüber drohenden Klima­extre­men wie Hochwasser und Dürren zu erarbeiten“, so Deutschlands größte Umweltorganisation.

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