Laien fliegen ins All: Ein Milliardär zahlt den Flug
Kaum hatten sie sich kennengelernt, ging es für die Tourist:innen in den Orbit. Spender Jared Isaacman wollte nicht zu schnöselig daherkommen.
Treffen sich ein Milliardär, eine Arzthelferin, ein Ingenieur und eine Geologin – und fliegen zusammen ins All. Was wie der Anfang eines mäßig lustigen Witzes klingt, ist Wirklichkeit geworden: Vier Weltraumtourist:innen sind am Mittwochabend vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida zu einem dreitägigen Ausflug in den Orbit gestartet.
„Inspiration4“ heißt die Mission, die erstmals in der Geschichte der Raumfahrt nur Laien in die Erdumlaufbahn befördert. Die „Crew Dragon“-Kapsel von Elon Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX fliegt per Autopilot und kann im Notfall von der Erde aus ferngesteuert werden.
Den Flug gebucht hat der US-amerikanische Tech-Milliardär und Flugenthusiast Jared Isaacman. 200 Millionen Euro hat er sich das Spekulationen zufolge kosten lassen. Damit das nicht wie Geldverschwendung aussieht und auch als solche kritisiert wird – eine Erfahrung, die seine Milliardärs-Genossen Richard Branson und Jeff Bezos vor wenigen Monaten machen mussten –, hat er die Mission mit einer Spendenaktion verknüpft.
Isaacman will Geld sammeln für das renommierte Kinderkrankenhaus St. Jude in Memphis, Tennessee. Mit an Bord ist deshalb die 29-jährige Arzthelferin Hayley Arceneaux, die in dem Krankenhaus arbeitet, aber auch selbst dort als Kind behandelt wurde. Als Arceneaux zehn Jahre alt war, wurde bei ihr Knochenkrebs diagnostiziert. Heute hat sie die Krankheit besiegt und scherzt, sie sei nun der erste Mensch, der mit künstlichen Gelenken ins All fliegt. Wenn sie einmal im Orbit ist, will sie von dort oben ihre Patient:innen anrufen und ihnen Mut machen: Ihr könnt alles schaffen.
Mit 30.000 km/h um die Welt
Die anderen beiden Plätze verloste Isaacman bei Spendenaktionen. Einen davon hat Sian Proctor gewonnen. Die 51-Jährige ist Künstlerin, Professorin für Geologie in Arizona und erfüllt sich mit dem Flug einen Lebenstraum: Bereits zwei Mal hatte sie sich bei der Nasa beworben, einmal sogar die Endrunde erreicht, wurde am Ende aber abgelehnt. Sie werde in „der Kapsel sitzen und Gedichte schreiben, während ich auf unseren wundervollen Planeten blicke“, erklärte sie vor dem Flug.
Mit dabei ist außerdem Chris Sembroski, Ingenieur und spendabler Veteran der US-Luftwaffe. Er hatte an das St. Jude’s Hospital gespendet und daraufhin ein Ticket für die „Crew Dragon“ erhalten.
Die vier, die jetzt mit 30.000 Kilometern pro Stunde um die Erde rasen und sie alle 90 Minuten umrunden, kannten sich bis vor wenigen Monaten noch nicht. Das stramme Vorbereitungsprogramm – Wanderung auf den Mount Rainier, Zentrifugentraining, Überlebenstraining im Wasser, Kampfjetflüge, Training in einer Überdruckkammer – dürfte sie aber zusammengeschweißt haben. Freuen dürfen sie sich nun auf die Toilette mit der wohl besten Aussicht des Universums: Über dem Klo wurde eine Glaskuppel mit 360-Grad-Blick eingebaut. Und bald sind sie die Stars einer eigens über ihren Flug produzierten Netflix-Dokuserie.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott