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Geschafft! Und ganz ohne Hilfe Foto: Manfred Uhlenhut/ddr bildarchiv/akg-images

Künstliche Intelligenz versus MenschenStreng dich doch mal an

Während die KI-Revolution in vollem Gange ist, sorgt sich unsere Autorin um ihr Gehirn. Geben wir gerade das Schönste am Menschsein leichtfertig auf?

I ch kann nicht mehr richtig denken. Zwar führe ich noch Gespräche und lese Texte, hier und da, und ich bin mir relativ sicher, dass bisher niemand außer mir diese Veränderung bemerkt hat. Aber jedes Mal, wenn ich versuche, einen Gedanken zu fassen und herauszufinden, was genau mich daran umtreibt, fällt alles durch mich hindurch. Begriffe, die ich mal klar und treffend fand, sind jetzt leer, oder sie bedeuten etwas vollkommen anderes. Nie bleibt ein Gedanke für sich stehen, immer sprießt noch eine Abzweigung aus ihm heraus, und noch eine, und noch eine, bis das Dickicht überhaupt keinen Sinn mehr ergibt. Nun wurde mir weder ADHS diagnostiziert, noch habe ich ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten, und mein Gehirn befindet sich aller Wahrscheinlichkeit nach noch genau dort, wo es meine ersten 35 Lebensjahre auch war. Aber irgendwas stimmt nicht. Irgendwas ist anders.

Es könnte sein, dass es sich hierbei um die sogenannten Konsequenzen meiner eigenen (Un-)Tätigkeiten handelt. Immerhin habe ich in den letzten Monaten einen bedenklichen Teil meiner Lebenszeit mit Realityshows, Instagram-Reels und schlechten Nachrichten gefüllt, und um die 50 Mal täglich mein Handy entsperrt, ohne wirklich zu wissen, wofür eigentlich. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass dieses Verhalten nicht gerade zu kognitiven Höchstleistungen führt. Ich weiß das. Aber wer sich einmal in der Fastfood-Abteilung des Internets verlaufen hat, findet nicht so leicht wieder hinaus.

Ohnehin ist die Eroberung des eigenen Gehirns keine einfache Aufgabe. Offenbar ist es sogar schwieriger, als ein fremdes Gehirn einzunehmen – andernfalls wären Werbung und Propaganda weniger erfolgreich, und ich befände mich gar nicht erst in dieser misslichen Lage. Ich werde mich also anstrengen müssen.

Die Eroberung des eigenen Gehirns ist keine einfache Aufgabe

Das Problem ist, dass ich Anstrengung nicht besonders verlockend finde, obwohl der eine Teil meiner Familie protestantisch ist („Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen“) und der andere Teil chinesisch („努力学习, 天天向上“, dt.: „Lerne fleißig, werde jeden Tag besser“). Trotzdem hasse ich Schwitzen und Wettbewerbe auch. Manche Leute macht es glücklich, sich über die eigenen Grenzen hinaus zu pushen und im Spinningkurs von einem Proteinshake-Liebhaber angebrüllt zu werden. Zu diesen Leuten gehöre ich nicht. Sport mache ich meistens nicht aus Spaß, sondern weil ich gern so lange wie möglich gesund bleiben will. Ich freue mich, wenn ich ein Regal ohne Bohren anbringen kann, und ich liebe diese Fahrsteige an Flughäfen, auf denen man doppelt so schnell vorankommt, ohne mehr Energie aufzuwenden.

Sowieso ist die Gegenwart zermürbend, lautet die allgemeine Diagnose, und deshalb wird uns alle paar Meter etwas angeboten, das unser Leben simpler und bequemer machen soll: keine Lust auf Tütentragen? Lassen Sie Ihren Einkauf nach Hause liefern. Zu ausgelaugt für einen kurzen Wortwechsel mit der Kellnerin? Bestellen Sie über den QR-Code. Keine Kraft, den Kol­le­g*in­nen eine E-Mail zu schreiben oder morgens zu entscheiden, was Sie anziehen wollen? ChatGPT übernimmt das für Sie.

Diese Entlastungsversprechen treffen einen Nerv. Wir sind anscheinend dauernd überreizt und müde, und tatsächlich gibt es dafür gute Gründe. Es kommt mir vor, als würden alle um mich herum nur noch versuchen, die Balance zu halten. Wir wollen informiert bleiben, aber nicht ertrinken in der Nachrichtenflut. Wir wollen schlafen, aber auch ausgehen. Wir wollen Kinder, aber unsere Ruhe. Alleinsein, aber nicht einsam. Revolution, aber Ferien. Durchaus naheliegend also, ein paar Punkte der To-do-Liste auszulagern. Entweder an jemand anderen, dessen Leben oft noch anstrengender und dessen Job schlechter bezahlt ist, oder eben an eine KI. Aber geben wir dabei nicht auch leichtfertig her, was glücklicherweise zum Menschsein dazugehört?

Anstrengung ist ja nicht per se etwas Schlechtes. Obwohl sich das Gehirn evolutionsbedingt gern für den leichtesten Weg entscheidet, braucht es Herausforderungen und Reibung, um dazuzulernen. Das kann sogar Spaß machen – besonders dann, wenn man aus eigenem Antrieb etwas erreichen will.

An meinem 18. Geburtstag habe ich mir in den Kopf gesetzt, endlich Chinesisch zu lernen. Selbst mit Vorwissen war das schwer. Monatelang habe ich Tonhöhen geübt, Vokabeln studiert und Schriftzeichen in kleine Quadrate geschrieben, immer dieselben nebeneinander, ganze Hefte voll, jedes Zeichen zigmal, 我我我我我, 你你你你你, 家家家家家, bis ich Krämpfe in den Fingern hatte und trotzdem noch keinen einzigen Zeitungsartikel lesen konnte. Fünf Tage die Woche habe ich mich von einer militaristischen Lehrerin behandeln lassen wie ein Kleinkind. Aber danach war ich stolz und glücklich, weil ich meiner Großmutter noch ein paar Sätze in ihr funktionierendes Ohr schreien konnte, bevor sie starb.

Absurderweise bin ich auch mal einen Halbmarathon gelaufen. Ich wollte einfach wissen, ob ich das kann. Also trainierte ich ein halbes Jahr lang, lief erst 3 Kilometer mit Pausen, irgendwann 8 am Stück, kurz vor dem großen Tag hatte ich einmal 14 geschafft und besaß außerdem eine dieser peinlichen Stirnlampen, die mir im Winter den Weg durch die Dunkelheit leuchtete. Dann war Frühling und ich lief 21,0975 Kilometer durch Berlin. Ich will das wirklich nicht nochmal machen, aber toll war die Erfahrung trotzdem. Außerdem schön und (minimal) anstrengend: ganz allein ein Kreuzworträtsel lösen. Doch noch auf die Geburtstagsparty gehen, obwohl man sich im Bett verkriechen will. Jemandem wirklich zuhören. Ein ganzes Buch durchlesen. Einen Text schreiben.

Wir strengen uns evolutions­bedingt nicht gerne an Foto: Spencer Grant/getty images

Für viele dieser Aufgaben gibt es heute Abkürzungen. Gut, einen Halbmarathon muss man noch selbst laufen, aber ich kenne Menschen, die finden, dass es sich nicht mehr lohnt, eine Fremdsprache zu lernen, weil Übersetzungssoftware präzise und schnell die Kommunikation übernehmen kann. Das Kreuzworträtsel kann eine KI für mich lösen, gratulieren kann ich auch per Sprachnachricht, Musik und Bücher können Maschinen schreiben. Selbst eine Meinung muss man sich eigentlich nicht selber bilden, man kann einfach das denken, was die Leute denken, zu denen man am liebsten dazugehören will. Und es soll ja sogar Menschen geben, die es erstrebenswert finden, wenn personalisierte Bots für uns kuratieren, welche Beziehungen sich lohnen, mit wem wir sprechen und befreundet sein sollten, wer sich als Part­ne­r*in eignet – und wer eben nicht.

Gerade schaue ich oft auf die Welt und finde es wunderlich, wie viele von uns bereitwillig ihre besten Qualitäten aufgeben. Ich weiß schon, dass andere vom Gegenteil überzeugt sind, davon, dass wir besser werden, wenn wir unsere Grenzen überwinden, wenn wir mithilfe von Technologie nach der Unsterblichkeit greifen, körperlich, geistig. Aber mir fällt es schwer, darin mehr zu sehen als Größenwahn.

Dann wiederum schaue ich auf meine kleinen Gedanken und frage mich, ob etwas mit mir nicht stimmt, weil ich die Begrenztheit des Menschseins so wichtig finde. Vielleicht ist meine Kritik bloß bildungsbürgerliche Pose? Vielleicht bin ich zynisch und früher als erwartet zu einer engstirnigen Fortschrittsfeindin geworden? Vielleicht habe ich auch nur Angst, dass meine Arbeit, dass mein Schreiben bald nichts mehr bedeutet?

Es stimmt, ich habe wirklich Angst vor Bedeutungslosigkeit. Das klingt nach einem peinlichen Geständnis, nach etwas, das man mit gesenkter Stimme zugeben muss – dabei ist es doch im Grunde sehr menschlich. Wer sich stark über etwas definiert, geht erst mal verloren, wenn es verschwindet. Das war für meinen Vater so, als er in Rente ging. Das war für meine Tante so, als Karstadt drohte, die Filiale zu schließen, in der sie ihr halbes Leben lang arbeitete. Das war so für viele Menschen, die an die DDR glaubten oder an die USA. Ein großer Teil von mir ist eine Schreibende. Natürlich will ich als solche gewollt werden.

Ich habe weniger Angst davor, von einer KI ersetzt zu werden als vor den Neben­wirkungen dieser Entwicklung

Der Vorteil am Schreiben ist allerdings, dass es mir niemand wirklich wegnehmen kann. Eine Schriftstellerin kann ihren Beruf verlieren, ihren Verlag, ein in der Regel unterdurchschnittliches Einkommen. Aber selbst wenn sich gar kein Geld mehr damit verdienen ließe, könnte sie noch schreiben, wie und was sie wollte.

Auch deshalb habe ich weniger Angst davor, von einer KI ersetzt zu werden als vor den Nebenwirkungen dieser Entwicklung: der Entwertung menschengemachter Dinge und dem Verlust von gegenseitigem Interesse. Wenn niemand mehr den Roman einer echten Person lesen will, wenn es unwichtig wird, weshalb sich jemand für ein Thema, eine Geschichte, eine Melodie entschieden hat, weil es nur noch um das fertige Produkt geht – dann verändert sich auch das Schreiben selbst, das doch sonst so sehr darum ringt, eben nicht egal zu sein. Es ist ein bisschen wie mit Schrödingers Katze: Existiert ein Text, solange ihn niemand gelesen hat? Lohnt es sich, etwas zu sagen, wenn keiner zuhört? Was ist Schreiben ohne Publikum?

Ich fürchte mich vor leeren Worten, auch ohne KI. Bei allem, was ich schreibe, bin ich früher oder später überzeugt, etwas völlig Belangloses, Unverständliches verfasst zu haben. Etwas, das nicht über mich hinausreicht. Schreiben ist schließlich Kommunikation, also der Versuch, etwas zu erkennen, zu verstehen und möglichst so in Worte zu fassen, dass jemand anderes den eigenen Gedanken folgen kann. Das gelingt nicht immer. Aber wenn es gelingt, ist es fantastisch. Nicht, weil man dann die Verfasserin des Textes als geniale Autorin feiern muss, sondern weil es uns miteinander verbindet und in Beziehung setzt, Absender und Empfänger, in Gefühlen und Gedanken. Und zwar, ohne dass wir uns dafür tatsächlich nahestehen müssen. Deshalb ist wenig so tröstend wie eine gute Geschichte – und die Vorstellung, dass einer versucht, sich verständlich zu machen, während ein anderer versucht zu verstehen.

Technische Innovation deshalb grundsätzlich abzulehnen ist natürlich Quatsch. Ich will meinen Computer nicht missen, moderne Medizin ist ein Geschenk, und es ist großartig, wie das Internet Wissen zugänglicher und Kommunikation einfacher gemacht hat. Es ist faul, über künstliche Intelligenz zu sprechen, als handele es sich entweder um den Teufel oder den Erlöser. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass wir neuen Erfindungen oft erst einmal skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen, der Schrecken vor dem Unbekannten mit der Zeit aber abnimmt. Als Anfang des 19. Jahrhunderts die Fotografie erfunden wurde, hatten Ma­le­r*in­nen Angst, ihre künstlerische Berechtigung zu verlieren. Wir wissen heute, dass dem nicht so war, sondern sich die Fotografie letztendlich als weitere Kunstform – neben und nicht anstatt der Malerei – etablierte.

Nur ist das Problem mit der KI ein anderes: Während Ma­le­r*in­nen wie Fo­to­gra­f*in­nen sich mit dem Gegenstand und dem Prozess ihrer Kunst auseinandersetzen, laden generative KI-Modelle dazu ein, die Auseinandersetzung auszulassen. Am Ende steht dann trotzdem ein Bild, ein Text oder ein Album. Aber ist das wirklich interessant?

Es gibt Bereiche, in denen der Einsatz künstlicher Intelligenz sinnvoll ist. Schon jetzt navigiert sie uns präzise von A nach B. Sie kann uns Bürokratie abnehmen und bei Recherchen unterstützen, sodass mehr Raum für kreatives und inhaltliches Arbeiten bleibt. Eine KI-Assistenz kann Schwangerschaften sicherer machen, Krebserkrankungen frühzeitig erkennen, verlässliche Vorhersagen über Extremwetterereignisse treffen und die Welt barriereärmer machen. Das ist toll. Dann wiederum erzählen mir Autoren (bisher waren es nur Männer), dass es echt geil ist, die KI mit Absätzen ihres nächsten Romans zu füttern, um sich Vorschläge für den weiteren Verlauf der Geschichte machen zu lassen. Erwachsene programmieren sich devote Le­bens­part­ne­r*in­nen, mit denen sie vermeintlich entspanntere Beziehungen führen. Und Kinder vertrauen sich lieber einem Chatbot an als den Menschen um sie herum. Möglichst berechenbar und verfügbar soll alles sein. Vielleicht auch, weil sich das Gefühl eingestellt hat, sich auf nichts mehr wirklich verlassen zu können.

Für viele Aufgaben gibt es heute Abkürzungen. Für Klimmzüge gilt das nicht Foto: Peter Usbeck/plainpicture

Anscheinend schätzt kaum noch jemand die Zufälligkeit und das kleine Chaos eines Menschenlebens. Meine persönliche Dystopie der nächsten Jahrzehnte beruht auf diesem Leichtsinn – genauer gesagt auf der politischen Trägheit und dem Unwillen, der Technologie in bestimmten Bereichen Grenzen zu setzen. Ich kann sie schon sehen, die Welt, in der niemand mehr Lust am eigenständigen Denken hat. In der nicht mehr der Lösungsweg zählt, sondern nur das Ergebnis. In der es wichtiger ist, etwas zu beherrschen, als es zu begreifen. In der es niemanden mehr kümmert, ob ein Video die Realität zeigt, solange es unterhaltsam ist. In der man sich nur noch mit Freun­d*in­nen und Familie umgibt und endlich nichts mehr mit all den anderen Leuten zu tun haben muss, den anstrengenden, den unberechenbaren. Die Welt, in der alle performen, abliefern und ihre beste Version werden wollen, aber nichts geben aufs Hadern, Irren und Zweifeln. Sie ist schon fast da.

Den Gegenentwurf zu erzählen, ist schwieriger. Der, in dem uns die KI Viertagewochen ermöglicht und Jobs ohne Schichtsystem. In der sie Zeit freischaufelt, in der wir uns ausruhen oder etwas gestalten können. In der wir uns für mehr anstrengen als für die eigene Altersvorsorge, die Landesverteidigung und das Bruttoinlandsprodukt. Man vergisst das schnell, aber die schönsten Dinge tun Menschen schließlich nicht für eine Nation, sondern füreinander.

Sie sammeln den Müll in der Nachbarschaft auf, lesen Schulkindern vor, engagieren sich in der Obdachlosenhilfe, mischen sich in Debatten ein, legen einen Garten an oder spielen Wohnzimmerkonzerte. Sie kümmern sich umeinander und flüchten nicht ins „mir doch egal“ – vorausgesetzt, sie haben die Zeit dafür. Und vorausgesetzt, sie lassen sich nicht auf die Lüge ein, dass auch diese Bemühungen nur eine weitere Belastung darstellen, die gern von einer Maschine übernommen werden kann.

Es ist gut, neugierig zu bleiben und sich nicht prinzipiell zu verschließen, weil man glaubt, im Recht zu sein. Ich habe mich also überwunden und diesen Text bis hierhin von einer KI prüfen lassen

Nur, weil künstliche Intelligenz uns alles abnehmen könnte, heißt das nicht, dass wir uns alles abnehmen lassen müssen. Möglicherweise wäre es sogar hilfreich, wenn wir nicht zu komplett willenlosen Kon­su­men­t*in­nen werden, während Milliardäre und Bigtech-Unternehmen ohne Rücksicht auf Gesetze und gesellschaftliche Verantwortung aus unserer Erschöpfung Kapital schlagen und Demokratie und Rechtsstaatlichkeit aushöhlen. Wir sind schließlich mehr als ein Haufen Daten. Und eine Abkürzung ist nicht immer der beste Weg zum Ziel.

Studien deuten darauf hin, dass unsere kognitiven Fähigkeiten entscheidend abnehmen, je stärker wir uns auf KI verlassen. Wir vergessen den Weg zu dieser einen Bushaltestelle, wenn wir mehr auf den blauen Punkt im Handy als auf die Umgebung geachtet haben, und wir vergessen auch schneller den Inhalt dieses einen Aufsatzes, den ChatGPT für uns geschrieben hat. Ich denke, die entscheidende Frage an dieser Stelle ist nicht, ob wir Texte nun mit oder ohne KI verfassen wollen. Die entscheidende Frage lautet: Wollen wir uns erinnern? An Inhalte, an Fehler, an Unstimmigkeiten, an Sackgassen. An Geschichte, und an unsere Rolle darin.

Es ist leicht, gerade eine gewisse Verachtung für unsere Spezies zu entwickeln. Überall Krieg, Gewalt, Ignoranz, Hilflosigkeit. Daraus nährt sich die Behauptung, wir würden ohnehin keinen Unterschied machen. Aber wer sich erinnern kann und will, findet der Grässlichkeit zum Trotz gute Gründe, den Glauben an das Menschliche nicht ganz aufzugeben. Das ist wichtig, so wie es wichtig ist, dass wir nicht aufhören, miteinander in der Welt zu sein. Auch wenn es uns einiges abverlangt, weil Menschen nun mal nicht immer das tun und sagen, was wir uns wünschen.

So eine Haltung setzt auch voraus, neugierig zu bleiben und sich nicht prinzipiell zu verschließen, weil man glaubt, im Recht zu sein. Ich habe mich also überwunden und diesen Text bis hierhin von einer KI prüfen lassen. Ich habe um Verbesserungsvorschläge gebeten und wurde schon wenige Sekunden später für meine langen Sätze gelobt („sehr schön!“), aber auch darauf hingewiesen, dass „ab und zu ein kurzer Satz als Kontrast die Wirkung steigern“ könnte. Außerdem könnte ich ein paar Adjektive rausschmeißen und redundante Passagen straffen, um „den rhetorischen Punch“ zu erhöhen. Alles hilfreich, finde ich, und beeindruckend effizient. Trotzdem bin ich froh um meine Kol­le­g*in­nen in der Redaktion, die mit mir gemeinsam um treffende Formulierungen ringen, dabei auch mal unangenehme Fragen stellen und versuchen, mir Tocotronic-Zitate unterzujubeln.

Und ich bin froh um mein wiederbelebtes Gehirn. Das rät mir, zum Schluss noch ein Buch aufzuschlagen und mich an eines meiner liebsten Zitate zu erinnern. Sie können ja darüber nachdenken, ob es Ihnen taugt.

Die Leute haben (mit Hilfe von Konventionen) alles nach dem Leichten hin gelöst und nach des Leichten leichtester Seite; es ist aber klar, daß wir uns an das Schwere halten müssen; alles Lebendige hält sich daran, alles in der Natur wächst und wehrt sich nach seiner Art und ist ein Eigenes aus sich heraus, versucht es um jeden Preis zu sein und gegen allen Widerstand. Wir wissen wenig, aber daß wir uns zu Schwerem halten müssen, ist eine Sicherheit, die uns nicht verlassen wird; es ist gut, einsam zu sein, denn Einsamkeit ist schwer; daß etwas schwer ist, muß uns ein Grund mehr sein, es zu tun.

Rainer Maria Rilke, Briefe an einen jungen Dichter

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35 Kommentare

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  • Toller Artikel. Es wichtig die Anstrengung weiter zu suchen und als Lernprozess zu nutzen. KI kann die Bequemlichkeit vergrößern. Ich selbst achte darauf mich immer auf neues einzulassen und lerne gerade Devanagri mit Hindi als Sprache für Font-Gestaltung und 2D-Motion. KI kann teilweise helfen die Schrift zu verstehen aber ein Sachbuch ersetzt es trotzdem nicht und das tiefe verstehen durch eigenes ausprobieren und testen. Dafür habe ich auch extra ein deutsches Sachbuch zur Schrift gekauft und ich bin so verrückt und installiere die Tastatur auf Smartphone und Computer, um es aktiv zu nutzen statt passiv. Ebenso es von Hand zu schreiben.



    Ich probiere gern auch neue Programme im Design/Animation aus und KI dafür zu nutzen kannnschrecklich sein, weil sie die Programme nicht verstehen kann und Fehler am laufenden Band produziert, aber einem vorgaukelt es zu können.



    Die Kunst wird sein trotz KI das Denken und die Empathie nicht zu verlernen. Anstrengung ist ein wichtiger und lohnenswerter Prozess.

  • Für den Rilke-Text möchte ich mich noch bedanken.



    --



    Ich war mehr als vierzig Jahre konstruktiv-creativ tätig. Mir ist das Schwere fast immer leicht gefallen. Manchmal schäme ich mich dafür.

    • @StarKruser:

      Bescheidenheit ist eine Zier,



      Auch deshalb bin ich gern bei Dir...

    • @StarKruser:

      …anschließe mich - nur mit dem Schämen - ooch das hat noch Zeit - die nächsten drei gebuchten Gigs werden nicht die letzten sein •

  • In der Fotografie unterscheiden wir zwischen Kunstwerken und Schnappschüssen.



    Es zählt nicht nur das Ergebnis, sondern auch der Weg dahin.



    Ein Zufallstreffer mit schöner Bildaufteilung und passender Beleuchtung sieht zwar hübsch aus, wird aber dennoch nicht als Kunstwerk anerkannt, wenn es nicht von einem Kunst schaffenden Prozess begleitet wurde.



    Genau das wird in Zukunft auch Texte betreffen, die mithilfe von LMM hergestellt wurden.



    Warum sollte es grundsätzlich weniger Kunst sein, sich beim Feilen an der perfekten Ausdrucksweise von KI helfen zu lassen? Den Prompt schreibt noch immer ein Mensch. Und der Mensch ist es, der entscheidet, dem Ergebnis einen weiteren Prompt folgen zu lassen, der die KI am Ergebnis arbeiten lässt, der auswählt, mit welchen Ausgaben er weiterarbeiten möchte.



    Das Ergebnis dieser Arbeit kann einen ebenso tiefgreifenden Schaffungsprozess durchlaufen, wie ein Roman, der mit Gänsekiel auf Büttenpapier gebracht wurde. Das Werkzeug ist bloß ein anderes.



    Eines, das - ähnlich wie die Fotokamera - den Laien durchaus zu kurzweiligen "Schnappschüssen" befähigt. Das aber weit mehr Kunstfertigkeit ermöglicht, als es der Laie zu erkennen vermag.

    • @Herma Huhn:

      Ok Ok - eigentlich sitz ich an der Fortsetzung zu meinem längeren Beitrag unten -

      🤖 als little helper? 🙀😂🧐 - may be. But.



      Komm aus meinem Lielingscafé will mich zu einer ☕️☕️ Bekanntschaft setzen - die gerade die Süddeutsche zusammenfaltet - die sie sich kurz zuvor geholt hatte.



      “Ach - schon durch?“ “Ach was - les ich doch nur an - alles Versatzstücke - nicht zu lesen!“



      Nun ist die Dame nicht nur Schriftstellerin - vllt auch Dichterin. Schonn.



      Unterrichtet von Zürch bis HH journalistischen



      Nachwuchs. “Es ist eine Katastrophe. Die sind nur auf Versatzstücke raus - für ihren Pc!



      Wenn ich denen sage - damit können Sie doch keinen lesbaren Artikel schreiben!



      Interessiert die nicht.“



      (Zum absintern von Wissen schon mal früher; später was mal zu Parallelen in der Juristerei;(

  • Int'ressant, was der Herr Kant



    Zum Denken mit der Hand befand.



    --



    Es ist halt auch das Haptische



    Und nicht nur das Synaptische....



    Ja, alles das Sensorische,



    Grad' das Olfaktorische,



    Wirkt auf seine Art.



    Faule Äpfel, ganz apart



    Haben Schiller angeregt. -



    Das ist dank seiner Frau belegt.

  • Schöner Text (oder doch ein bisschen lang).

    "...bedenklichen Teil meiner Lebenszeit mit Realityshows, Instagram-Reels [gefüllt]" Genau das kann KI liefern. Aber das schöne am Leben ist das Unvorhergesehene und das ganzheitlich Erfahrene. Selbst wenn es Unerfreulich war und die Überwindung Zeit "gekostet" hat.

    Also, zum Nachbarn gehen, Kinder ermuntern, den Kioskmann grüßen, es gibt genug, was das Leben ausmacht (auch mit der Erkenntnis, dass man selber doch nicht für die Menschheit, sondern nur für eine kleine Gruppe von Mitmenschen wichtig ist).

  • Künstliche Intelligenz hat in vielen Bereichen zu einer echten Bereicherung geführt und zugleich für mehr Bequemlichkeit gesorgt. Daraus jedoch abzuleiten, dass Menschen dadurch grundsätzlich träger werden oder sich weniger anstrengen, halte ich für zu weitgehend. Meiner Ansicht nach ist eher das Gegenteil der Fall.

    Da sich Anforderungen anpassen und spezialisierte Fähigkeiten heute wichtiger sind denn je, müssen wir uns oft sogar stärker anstrengen: Informationen gezielt verarbeiten, Ergebnisse kritisch einordnen und uns kontinuierlich neues, dynamisches Wissen aneignen. Gerade im Digital-Marketing-Umfeld zeigt sich, wie viele neue Berufsbilder aktuell entstehen – Rollen, die es vor wenigen Jahren noch gar nicht gab .



    Zudem betrifft KI längst nicht ausschließlich generative Anwendungen wie Text- oder Bilderstellung. Um sie sinnvoll und professionell einzusetzen, ist zunehmend Fachkompetenz im Umgang mit KI erforderlich.

  • "daß etwas schwer ist, muß uns ein Grund mehr sein, es zu tun."



    Wenn es nicht zu schwer wäre, könnte es ja JedeR...



    Kann es auch



    Mensch muss nur wollen

    • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      Kommt Wollen wohl von „woll"?



      Fritze aus dem Sauerland, der fand das immer toll.



      Er motzte, schimpfte, grollte,



      Bis dann zu guter Letzt das Publikum ihn wollte.

      • @StarKruser:

        Ich mein es ernst, und nicht den Sauerfritz,



        DER kann es nicht, das ist kein Witz.

  • Danke! Ein wunderbarer Text!

  • Selten habe ich unter einem taz-Artikel so viel Lob und Dankesbekundungen gelesen. Ich schließe mich da an. Bin beim Klimmzug stets gescheitert. Schaffe just noch einen Purzelbaum.



    --



    Drum folgt nun Ringelnatz.



    "KLIMMZUG



    Das ist ein Symbol für das Leben.



    Immer aufwärts, himmelan streben!



    Feste zieh! Nicht nachgeben!



    Stelle dir vor: Dort oben winken



    Schnäpse und Schinken.



    Trachte sie zu erreichen, die Schnäpse.



    Spanne die Muskeln, die Bizepse.



    Achte ver die Beschwerden.



    Nicht einschlafen. Nicht müde werden!



    Du mußt in Gedanken wähnen:



    Du hörtest unter dir einen Schlund gähnen.



    In dem Schlund sind Igel und Wölfe versammelt.



    Die freuen sich auf den Menschen, der oben bammelt.



    Zu! Zu! Tu nicht überlegen.



    Immer weiter, herrlichen Zielen entgegen.



    Sollte dich ein Floh am Po kneifen,



    Nicht mit beiden Händen zugleich danach greifen.



    Nicht so ruckweis hin und her schlenkern;



    Das paßt nicht für ein Volk von Turnern und Denkern.



    Klimme wacker,



    Alter Knacker!



    Klimme, klimb



    Zum Olymp!



    Höher hinauf!



    Glückauf!



    Kragen total durchweicht.



    Äh – äh – äh – endlich erreicht.



    Das Unbeschreibliche zieht uns hinan,



    Der ewigweibliche Turnvater Jahn."

  • Ihr Text hat mich bis zum Ende gehalten.



    Respekt, für uns beide.



    Ich habe viel von Rilke gehört, aber nichts von ihm gelesen. Von daher berührt es mich zutiefst, dass er meine Gedanken zur Einsamkeit mit diesem Satz so auf den Punkt bringt.



    Vielen Dank

    • @Bettina Berens:

      Wenn Sie mehr Interesse an Rilke haben, empfehle ich die arte Mediathek: Rilke, du musst dein Leben ändern. Sehr sehenswert.

  • Vermutlich nehmen unsere kognitiven Fähigkeiten schon ab, seit die Menschheit sesshaft und zivilisiert wurde. Ein Blick aus dem Fenster zeigt, dass wir trotz dieser Abnahme ziemlich weit gekommen sind. Es ist wohl unwahrscheinlich, dass wir nach tausenden Jahren, in einer Zeit nie dagewesenen Wissens, nun anfangen zu verdummen, weil wir, nach Maßstäben von gestern, unseren Kopf nicht mehr anstrengen müssen…



    Der Aufgabe von Fähigkeiten steht das Erlangen neuer Fähigkeiten gegenüber, ohne dass wir letzteres wirklich bemerken… ;)

  • Social media heißt abgekürzt SM.



    Eine Erfahrung, die ich nicht machen will.



    Zeit hat einen Wert. Das wird deutlich, wenn Zeit in einer Beschäftigung aufgewandt wird,



    und Geld den Besitzer wechselt.



    Zwischenmenschlich schöner ist, Arbeit zu tauschen. Am Besten: " ich helfe Dir hier, Du hilfst mir da".



    Dann kann man noch was lernen. Das gilt für frau genauso.



    Zeit gewonnen!



    Eine Studie fand zuletzt Fehlerquoten von 40% bei KI. Wie lange gibt es noch Menschen, die diese Fehler selbstständig erkennen können?



    Ein großer Teil der digital Natives ist nicht mehr zum Textverständnis in der Lage, bei fake news ist es noch schlimmer.



    "Die Alten", die mit klassischer Bildung aufgewachsen sind, schneiden da deutlich besser ab.



    Wo ist da die Verbesserung?



    Digital Natives werden Bedürfnisse eingeimpft, Gedanken abgenommen und Beziehungen vorgegaukelt.



    Das Opium für das Volk in neuem Gesicht.



    Ich werde meinen Freunden kaum gerecht. Wie sollte ich das mit fiktiven Freunden erreichen?



    Man lernt nie aus - das ist keine Drohung, sondern eine schöne Erfahrung.



    Erfahrung macht einen besser im Beruf, es kommt auch darauf an, wie man etwas macht, nicht nur, wie es am Ende aussieht.



    stay real!

  • Danke für diesen wundervollen Text!

  • Dankeschön für diese klugen Gedanken und die selbstkritischen Formulierungen dazu.



    "Meditationes de prima philosophia: „cogito ergo sum“ („Ich denke, also bin ich“). Diese Formel, die eine intuitive und keine demonstrative Wahrheit beschreibt, sagt aus, dass Denken und Sein notwendigerweise koexistieren und dass das Subjekt daher die Gewissheit seiner Existenz aus der bloßen Tatsache ableiten kann, dass es denkt. Impersonal und unbezweifelbar ist das „Ich“ des cogito eine primäre Wahrheit, die es ermöglicht, objektives Wissen auf dem Selbstbewusstsein des Subjekts und nicht mehr auf der Kontemplation der Welt zu gründen. Diese Entdeckung revolutioniert die Philosophie, die nach Descartes nicht aufhören wird, die Natur dieses „Ich“, das denkt, zu hinterfragen."



    Quelle



    www.philomag.de/lexikon/cogito



    Schreiben (lernen) zu können, das kann das schönste Geschenk für einen Menschen sein.



    Einige sagen, es verleihe "magische" Kräfte, wobei die Wirkungen von Schriften schon magische und auch himmlische bzw diabolische Qualitäten entwickeln konnten.



    Kant soll gesagt haben, dass "die Hand das äußere Gehirn des Menschen" sei.



    !Glückauf ✍️

    • @Martin Rees:

      Danke Danke …anschließe mich & Ahoj

      Kant - gibts für Musik 🎶 too " wenn dich - via deine Hände - die Musik spielt!“



      ( kennt irgendwann als Glücksmoment jederfrau;) & 🤖? - move down - wa.

      Ok - what’s going on? - what makes them us tick?



      & das aktikulierte Unbehagen etc & schlimmer…



      Ist das derzeitige & beobachtete wirklich so neu? & überraschend? Was sind die Gefahren Verblödung etc …bitte egoSammelsurium selbst ergänzen…btw oder unabweisbare xxlte Wiederholungen im Grundmuster gleicher/ähnlicher Lernprozesse & es liegt an uns - was wir daraus machen !?!

      🧠 & die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt. Gestartet mit ollen Busch waren mir schnell die Bände von Meyers Konservenlexikon mit den nicht enden wollenden => => 👍 & alle Kosmos-Hefte - Sperner Pflanzenkunde ein El Doradol del schmökern.



      (die meisten meiner beschränkten Pauker - hatten es später leider nicht leicht mit mir;)(



      “…Nein. Kleiber & Baumläufer nicht derselbe Vogel!“ et al.



      Ob ich da schon son 🧠gefühl hatte?



      Koa Ahnung nich;)



      Aber in der Pubertät - wenn’s 🧠 umgeklempnert wird - ubiquitär mehr oder weniger vertraut! Woll



      (weswegen wenn überhaupt Canabis nur in homöopathischen Dosen;)



      Anyway … ff

    • @Martin Rees:

      "Diese Entdeckung revolutioniert die Philosophie, die nach Descartes nicht aufhören wird, die Natur dieses „Ich“, das denkt, zu hinterfragen."

      Ist KI intelligent? Entscheidend dafür ist also die Frage:

      Kann KI Ich sein?

      • @Uwe Kulick:

        Nein. HAL is nich 🤖 🙀 & vice versa

        • @Lowandorder:

          & a gähn - “Es denkt nicht“



          Es gibt kein KI - KI ist - vgl Heinz von Foerster - erfunden in 🇺🇸 um besser Forschungsgelder abzugreifen.



          Die KI-Leute gewannen/gewinnen •



          &



          Es denkt nicht! die vergessenen Geschichten der KI



          Buch von Rudolf Seising



          de.wikipedia.org/w...Heinz_von_Foerster



          & a 🥱

        • @Lowandorder:

          & a gähn - “Es denkt nicht“



          Es gibt kein KI - KI ist - vgl Heinz von Foerster - erfunden in 🇺🇸 um besser Forschungsgelder abzugreifen.



          Die KI-Leute gewannen/gewinnen •



          &



          Es denkt nicht! die vergessenen Geschichten der KI



          Buch von Rudolf Seising



          de.wikipedia.org/w...Heinz_von_Foerster



          & a 🥱

  • Vielen Dank, der Artikel spricht mir aus dem Herzen!

  • Unserem Gehirn wird viel zu viel Aufmerksamkeit gewidmet. Was uns auszeichnet ist nicht unsere Intelligenz, sondern unser Bewusstsein und Sinne. Unsere Intelligenz arbeitet schließlich aufgrund unserer sinnlichen Wahrnehmung. Nur ist die zunehmend ausgeschaltet. Aus diesem Grund kommen zur Zeit auch nur verkopfte, von der sinnlichen Welt losgelöste Ideen zu Tage. Die Welt ist in erster Linie sinnlich und geistig. Darauf baut alles auf. Wenn wir nur noch Fakten und Analysen nehmen, bauen wir die Welt auf stark selektiertem auf, unter Vernachlässigung vieler anderer Aspekte. Und genau das macht KI: Es wird und kann nur digitalisiertes Wissen gefüttert werden. Alles andere „Wissen“ auch Erfahrungsbasiertes wird ausgeklammert. Das ist gefährlich!



    Ja, es wird alles immer bequemer. Und das ist ein Riesen Problem. Denn Nachhaltigkeit ist in erster Linie unbequem. Letztlich ist das Leben unbequem und hart. Das wird kategorisch ausgeblendet und da will ja nun wirklich niemand mehr hin. Lieber bequem zu Grunde gehen.



    Vor KI habe ich keine Angst. Ich habe Angst vor den Menschen, die das nutzen. Es interessiert auch niemanden, dass sie viel Energie und bestes Trinkwasser verbraucht.

  • Danke für diese klugen Zeilen. Das eigene Gehirn erobern, das klingt militärisch und ist mit Sicherheit unmöglich.

  • Danke für diesen Artikel. Er hat mich sehr angesprochen. KI reguliert sich nicht von selbst. Wir müssen das tun. Im Privaten vor allem aber auch verstärkt im Politischen. Das einfach laufen zu lassen ist gefährlich.

  • Mein Gehirn und ich haben sich sehr über Ihren Text gefreut und eine Verbindung gespürt. Und Verbindung scheint mir heutzutage wirklich etwas zu sein, das viele Menschen, die was auf sich halten nur noch vorgaukeln aber in Wirklichkeit vermeiden, weil sie sie zu anstrengend finden. Also vielen Dank für diesen Lichtblick und die Brücke ins Menschsein.

  • "...alle um mich herum nur noch versuchen, die Balance zu halten. Wir wollen informiert bleiben, aber nicht ertrinken in der Nachrichtenflut. Wir wollen schlafen, aber auch ausgehen. Wir wollen Kinder, aber unsere Ruhe. Alleinsein, aber nicht einsam. Revolution, aber Ferien."



    Ja - und für mich ist das der beste Beweis, dass wir bräsig geworden sind.



    Stichwort Work-Life-Balance, etc...



    Wie soll und kann das das eherne Ziel des Lebens sein?



    Weder unsere deutsche, noch unsere europäische oder überhaupt die Weltgeschichte haben sich zu dem entwickelt was sie heute sind, durch Freizeit, Work-Life-Balance und Konsorten.



    Blut hat die Freiheit erkauft, Leistung hat den Wohlstand geschaffen, Ideen haben den Fortschritt gebracht.



    Heute wollen wir die Freiheit als Selbstverständlichkeit serviert haben, Leistung ist verpönt und Fortschritt soll bereits fertig erdacht sein.



    Fordern fordern fordern, aber selbst nix dafür tun.



    Protestieren und Missstände benennen kann jeder - tatsächliche Alternativen erdenken durch Leistung und Wille, da sieht's heute dünn aus - eben nicht nur auf die Straße sitzen, sondern ins Labor gehen und 'schaffen', davon brauchts wieder mehr, dahin müssen wir zurück.

    • @Saskia Brehn:

      Bitte NICHT ins Labor, sondern raus und unmittelbar in-dem-worum-es-geht wahrnehmen, beobachten, lernen. Mit all unseren Sinnen - nicht mit dem Hirn!

    • @Saskia Brehn:

      So hat halt jeder seine eigenen Begriffe, mit denen er versucht seinem Leben einen Sinn zu geben.



      Der eine sagt Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit,



      der andere Einigkeit und Recht und Freiheit,



      Der andere Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.



      Bei Wohlstand und Fortschritt stellt sich die Frage, ob alles allein auf Leistung beruht, oder ob die Umstände nicht auch dazu führen können, dass andere dafür bezahlen müssen.



      Und was ist mit denen, die nicht leisten können, weil ihnen die Fähigkeiten nicht gegeben sind?



      Wir steigern ständig und endlos das Bruttosozialprodukt?



      Arbeiten, essen, schlafen, arbeiten, einkaufen, essen, schlafen, zwischendurch mal in Urlaub fahren, all-inclusive natürlich, essen, arbeiten sterben? Nur nicht zu viel Zeit verschwenden mit Denken, Träumen, Kommentareschreiben.



      Blut für Freiheit? Wie wäre es mit Mut zur Freiheit, nicht immer mitzumachen, was von einem verlangt wird? Denken für den Fortschritt? Warum nicht denken für den Frieden und Mitmenschlichkeit? Leistung für Wohlstand? Warum nicht Leistung für das Wohlergehen aller Menschen?



      Warum nicht einfach mal über den Tellerrand, die Dorfgrenze hinausschauen?

    • @Saskia Brehn:

      Vorsicht beim unumschränkten Lob von Leistung und 'schaffen'. Das waren sicher evolutionär lebenswichtige Eigenschaften in grauer Vorzeit, zum eigenen Überleben und zur Sicherung des Überlebens der Nachkommen.



      Heute führen aber genau diese 'positiven' Eigenschaften auch zur Zerstörung unserer Lebensgrundlagen durch einen obszönen Überkonsum, und gleichzeitig zu großem Elend und überbordender Gewalt.



      'Leistung', die jeder anders definiert, darf kein Selbstzweck sein, wichtig ist allein, ob sie das Leben auf der Erde insgesamt verbessert oder verschlechtert.

      • @CSchmidt:

        Applaus! Sehr gut!