Kramp-Karrenbauers Grundsatzrede: Ab in den Pazifik
Die Verteidigungsministerin will die Bundeswehr in mehr und riskantere Einsätze schicken. Damit übertrifft sie noch mal den bisherigen Regierungskurs.
Am Donnerstagvormittag trat Kramp-Karrenbauer vor Studierenden der Bundeswehr-Universität München auf. Das Verteidigungsministerium hatte vorab eine „Grundsatzrede“ angekündigt – und lag damit zumindest nicht ganz falsch.
Die Verteidigungsministerin verlangte während ihrer knapp 40-minütigen Rede, dass Deutschland in internationalen Konflikten stärker mitmischt und die Bundeswehr stärker im Ausland einsetzt als bisher. Ähnliche Vorschläge gibt es von deutschen Regierungsvertretern zwar schon seit Jahren, Kramp-Karrenbauer ging aber über bisherige Forderungen noch mal hinaus. Zentral waren fünf Punkte.
Führungsrolle
Bislang nahm die Bundeswehr vor allem an Einsätzen teil, die von den USA, der Nato oder anderen initiiert wurden. In Zukunft soll Deutschland, wenn es nach Kramp-Karrenbauer geht, selbst vorangehen. „Nicht einfach nur abwarten, ob andere handeln, und dann mehr oder weniger entschlossen mittun. Wir müssen selbst Vorschläge machen, Ideen entwickeln, Optionen vorstellen“, sagte sie in München.
Ihr Vorschlag einer internationalen Schuttzone für Nordsyrien im Oktober war ein Versuch in diesem Sinne, scheiterte aber daran, dass weder der Koalitionspartner noch andere Staaten mitmachen wollten. In ihrer Rede am Donnerstag sprach die Verteidigungsministerin diesen Vorschlag nicht mehr an.
Kampfeinsätze
In den letzten Jahren leistete die Bundeswehr in Auslandseinsätzen vor allem Unterstützung für andere – etwa durch Ausbildung kurdischer Kämpfer im Nordirak oder durch Luftaufnahmen über Syrien. Im Vergleich zu Kampfeinsätzen wie im Jugoslawien- oder Afghanistan sind solche Einsätze weniger aufwendig, weniger risikobehaft und innenpolitisch leichter durchzusetzen.
Kramp-Karrenbauer will die Bundeswehr in Zukunft aber wieder häufiger kämpfen lassen. Sie forderte in München „die Bereitschaft, gemeinsam mit unseren Verbündeten und Partnern das Spektrum militärischer Mittel wenn nötig auszuschöpfen“.
Kämpfe in der Sahelzone
Einer der derzeit gefährlichsten Einsätze der Bundeswehr findet in Mali statt. Bis zu 1.100 deutsche SoldatInnen beteiligen sich dort an einer UN-Stabilisierungsmission. Formell unabhängig davon kämpft die französische Armee in Mali und den benachbarten Staaten in einem noch gefährlicheren Anti-Terror-Einsatz – mit über 3.000 SoldatInnen, bislang 31 Gefallenen und zweifelhaftem Erfolg. In München kritisierte Kramp-Karrenbauer, dass in der Sahelregion vor allem Frankreich kämpfe, obwohl „Deutschland gleichermaßen vom Terror und seinen Folgen bedroht“ sei.
Handelsschutz im Pazifik
Deutschland sei „führend in der internationalen Containerschifffahrt“ und deshalb „auf freie und friedliche Seewege angewiesen“. Schon heute schützt die Bundeswehr am Horn von Afrika Handelsrouten vor Piraterie. In Zukunft will Kramp-Karrenbauer die deutsche Marine offenbar auch in den Pazifik schicken.
Dort streiten China, andere Anrainerstaaten und die USA schon seit Jahren um Territorien und Durchfahrtsrechte. Deutsche Partnerstaaten in der Region wünschten sich „ein klares Zeichen der Solidarität“, sagte Kramp-Karrenbauer. Es sei daher „an der Zeit, dass Deutschland auch ein solches Zeichen setzt, indem wir mit unseren Verbündeten Präsenz in der Region zeigen“.
Parlamentsvorbehalt
2014 untersuchte eine Kommission im Auftrag des Bundestags, ob der deutsche Parlamentsvorbehalt reformiert werden sollte, so dass die Regierung die Bundeswehr schneller in Einsätze schicken kann. Das Ergebnis: Änderungsbedarf gebe es nur im Detail. So sei es beispielsweise nicht unbedingt nötig, dass der Bundestag auch reinen Ausbildungsmissionen zustimmen muss, bei denen keine Kampfhandlungen zu erwarten sind.
SPD und Union planten daraufhin eigentlich eine entsprechende Reform, konnten sich dann aber nicht auf die Details einigen. Kramp-Karrenbauer will das Thema jetzt noch mal angehen. „Ich denke da an die Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens der parlamentarischen Meinungsbildung“, sagte sie.
Kritik an der Rede der Verteidigungsministerin kam am Donnerstag aus der Opposition. „International öfter die Initiative übernehmen zu wollen, ist noch lange keine kluge und kohärente Sicherheitspolitik, sondern klingt eher nach Selbstzweck“, sagte der Grünen-Abgeordnete Tobias Lindner. Statt auf nationale Alleingänge zu setzen, solle die Bundesregierung die Vereinten Nationen stärken. Linken-Parteichef Bernd Riexinger sagte, der Vorstoß ziele darauf ab, „argumentativen Spielraum schaffen, um das anvisierte Zwei-Prozent-Ziel der Nato umsetzen zu können“.
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