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Konflikt um Nord Stream 2Sanktionen gegen die USA!

Wegen der Gaspipeline mit Strafen zu drohen, ist eine gute Idee. Denn wer auf Regeln pfeift, sollte Ärger kriegen – wie die USA.

Wir können auch anders: US-Kapitol bei Sonnenaufgang Foto: reuters

D ie Weihnachtszeit ist voller Wunder. Wünsche werden wahr, Menschen verstehen sich plötzlich. Zwischen CDU-Wirtschaftspolitiker Joachim Pfeiffer und mir klafft normalerweise in der Energiepolitik ein Graben. Jetzt nennt Pfeiffer die Sanktionen der USA gegen die Gaspipeline Northstream 2 einen „feindlichen Akt“ gegenüber einem Verbündeten. Ich stimme ihm zu. Ein Weihnachtswunder!

Der US-Kongress hat beschlossen, alle Firmen mit Sanktionen zu strafen, die an der Gasleitung zwischen Russland und Deutschland beteiligt sind. Präsident Donald Trump wird das Gesetz nur zu gern unterzeichnen. Offizieller Grund: Die Sorge, dass wir zu abhängig von Russland werden.

Da ist was dran. Und es gibt viele gute Gründe, dieses Projekt abzulehnen: Es zementiert für Jahrzehnte die Nutzung von Gas statt von Erneuerbaren, es bindet uns an Putins Autokratie, es bringt Polen und die Ukrai­ne in Schwierigkeiten.

Sanktionen wegen Klimadreck und Hilfe für Terroristen

Allerdings können wir Europäer uns über all das sehr gut allein streiten. Was wir nicht brauchen, ist Nachhilfe darin, wer unsere Interessen und Werte bedroht. Und vor allem nicht von den USA. Aber die Idee ist eigentlich gut. Drehen wir den Barbecue-Spieß doch einfach mal um.

Europa könnte ja auch beschließen, Länder mit Sanktionen zu belegen, die permanent unsere vitalen Interessen bedrohen. Nun: Die USA haben das Kioto-Protokoll nie ratifiziert, scheren aus dem Pariser Abkommen zum Klimaschutz aus und scheren sich einen Dreck um ihre Verantwortung für die Klimakatastrophe. Wir könnten also darüber nachdenken, Firmen vom EU-Binnenmarkt fernzuhalten, die in den USA in Kohle, Öl und Gas investieren.

Damit nicht genug. Die USA stützen seit Jahrzehnten Ölstaaten wie Saudi-Arabien, von wo aus islamistische und Ökoterroristen mit Bomben und Ölfässern die Welt verwüsten. Gute Gründe für Strafmaßnahmen.

Und wollen wir eigentlich mit einem Land Handel treiben, in dem eine Wahl eher eine Lotterie ist?

Amerika weigert sich seit Jahren, seine vollen Beiträge für die UNO zu zahlen, es fehlen Millionen Dollar für dringende Nothilfen. Dafür könnten wir US-Banken vom EU-Finanzmarkt ausschließen. Soll die US-Regierung doch klagen. Dann kann sie gleich ihr Verhältnis zum Internationalen Strafgerichtshof klären, den sie nicht anerkennen.

Und wollen wir eigentlich mit einem Land Handel treiben, in dem eine Wahl eher eine Lotterie ist? Die Entsendung von EU-Wahlbeobachtern im November 2020 ist das Mindeste. Bis dahin könnten wir Zölle auf Jeans und Hormonrindfleisch made in USA auf das 1.000fache anheben.

Ohnehin sollten wir uns auf einen Regime Change im Land der Großmäuler vorbereiten, wie ihn sonst nur die CIA für den Mittleren Osten plant. Noch vier Jahre Trump’sche Umweltverbrechen, und die USA sind ein failed state.

Das radikalisiert die politische Kultur und die Agrikultur. Immer mehr Klimawandel, Hitze, Feuchtigkeit und ein paar neue Obstplantagen machen dann aus den ehrwürdigen Vereinigten Staaten von Amerika endgültig, was Trump ohnehin anstrebt: eine Bananenrepublik.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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15 Kommentare

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  • Die USA waren schon lange vor Trump eine Bananenrepublik, wir haben ihm letztlich nur zu verdanken das Antiamerikanismus jetzt salonfähig ist.



    In dem unwahrscheinlichen Fall dass der Senat ihn "verurteilt" wäre Pence an der Reihe, und das wäre für die Salonfähigkeit eine Katastrophe, bedeutete es doch einen Rückschritt zum Unrecht treiben im Verborgenen wie unter Bush, Obama und vielen vor ihnen. Genau so wie es im Übrigen auch Hillary gemacht hätte.

    Ansonten, Zustimmung.

  • Gut, das Nordstream 2 trotzdem kommt.



    Unsere Energieversorgung ist zu wichtig, als dass man sie für Trumps Russophobie aufs Spiel setzen sollte.



    Russland gehört zu Europa, die USA nicht.

  • Zölle auf Jeans aus dem USA kann man sich wohl sparen, denn ich habe noch nie derartige US-Produkte aus aktueller Produktion gesehen.







    Ich trage übrigens gerade eine Levis "Made in Bangladesh".

  • In der Unterüberschrift steht aber "Wegen der Gaspipeline mit Strafen zu drohen, ist eine gute Idee." Also finden Sie es richtig, dass die USA den Pipelinebau bestrafen oder nicht?

  • RS
    Ria Sauter

    Sehr, sehr guter Artikel. Wäre als Seite 1 hervorragend in Grossbuchstaben bitte.

  • Gazorom sollte die USA vor ein Schiedsgericht zerren. ISDS nach Energiecharta, und auf entgangenen Gewinn verklagen.

  • Dieser Kommentar gehört auf Seite 1, und zwar an dem Tag, an dem die Leute zufällig die Taz lesen, egal wie.



    Die korrupten Politiker der USA gehören vor den internationalen Strafgerichtshof schon wegen ihres gigantischen Gefängnissystems, den regelmäßigen Massakern, ihrer Privatisierung der Natur durch GMO's, ihrer faschistischen Verfolgung jener, die ihre Verbrechen im Nahen und Mittleren Osten aufklären: Aber das internationale Recht ist ein Witz.







    Die USA haben mit Demokratie wenig am Hut: Clinton hatte drei Millionen mehr Stimmen als Trump; außerdem kommen in den USA nur Millionäre nach oben. Alle meine nordamerik. Bekannten würden obigen Vorschlag gutheißen, denn auch sie leiden unter der Herrschaft der "kannibalistischen Weltordnung" (Jean Ziegler).



    Gleichzeitig legt dieser Artikel auf einen Schlag die Misere der gerade mächtig geschrumpften EU dar, diesem kastrierten Kater der Geopolitik, und ihrer unfähigen Außenpolitik. Angeführt von einer Kommissarin, die gerade mal ihre Handydaten gelöscht hat, wie das so der Dealer bei mir um die Ecke macht.

  • Die EU täte gut daran, sich langsam mal zu emanzipieren und sich gegen den Wirtschaftsterror des rechtsextremen US-Regimes (das die taz neuerdings nur all zu gern feiert) zu Wehr zu setzen. Fürs erste könnte man da den gesamte NATO zum Schutz europäischer Unternehmen einsetzen und US-Basen innerhalb der EU schließen.

  • "Und es gibt viele gute Gründe, dieses Projekt abzulehnen: Es zementiert für Jahrzehnte die Nutzung von Gas statt von Erneuerbaren, es bindet uns an Putins Autokratie, es bringt Polen und die Ukrai­ne in Schwierigkeiten."

    Eine steile These, die nur einigermaßen nachvollziehbar wäre, wenn es einen Plan gäbe, wie und womit wir in den nächsten JAHRZEHNTEN unseren Energiebedarf decken könnten. Mit Erneuerbaren wird das nicht funktionieren, weil hier viel zu wenig passiert. Da können wir froh sein, wenn wir genügend Gaskraftwerke in Reserve haben. Oder wollen wir lieber polnischen Kohlestrom? Oder Atomstrom aus Frankreich?

    Es wäre schön, wenn man die These, dass Nord Stream 2 zu sehr ans Gas bindet, auch einmal belegt werden könnte. Und die Schwierigkeiten für die Ukraine? Die ist doch -wie die Vergangenheit gezeigt hat- unberechenbar. Im Gegensatz zu Russland, das trotz kaltem Krieg stets problemlos geliefert hat. Warum Polen am Gas verdienen will, ist mir allerdings unerklärlich. Das erinnert mich an Wegelagerer, die Zölle erheben wollen.

    • RS
      Ria Sauter
      @Rolf B.:

      Zutreffend!

    • @Rolf B.:

      Warum will Scheuer eine Maut für ausländische PKWs?

      Nix anderes.

      Auf der anderen Seite würde ich wahrscheinlich, wenn jeden Tag Autos über mein Grundstück fahren wollen oder jemand seine Gasleitung da durch legen will, etwas dafür verlangen.

    • @Rolf B.:

      Bei der fossilen Pipeline North Stream 2 ist Deutschland gegenüber dem Ein-Mann FSB-Régime in Russland eingeknickt, es ist ein extrem unfreundlicher Akt gegenüber Polen und der Ukraine. Energiepolitisch ist es ebenfalls Unsinn, ohne Not weiter auf fossile Energien mit Beigeschmack zu setzen.

      • @Ataraxia:

        Warum ist das ein unfreundlicher Akt gegenüber Polen und der Ukraine? Denen gehts doch nur um die Transitgebühren die dann wegfallen würden. Die USA will nur "ihr" Fracking Gas verkaufen, das eigentlich teurer ist als das Gas der Russen, um nichts anderes geht es. Warum soll die EU mehr bezahlen für Gas? Willkommen in der freien Marktwirtschaft, kann man da nur sagen.

      • @Ataraxia:

        Wir werden auch in den nächsten Jahren noch Gaskraftwerke für die Spitzenlast benötigen, da die erneuerbaren Energien zeitlich noch keine 100% Abdeckung ermöglichen. Nebenbei: Die aktuell immer häufiger in das Spiel gebrachte Atomenergie wird dieses Problem auch nicht lösen: Atomenergie eignet sich nur für die Grund-, nicht aber für die Spitzenlast!

        • @Peter Goretzki, Dr.:

          Für "Gaskraftwerke für die Spitzenlast" reichen die vorher vorhandenen Pipelines völlig aus.

          Richtig ist aber: Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist wichtiger als die (Behinderung der) Fertigstellung der fast fertigen Pipeline.

          Es wäre aber gut, wenn deutsche Firmen nicht (mehr) daran beteiligt wären, weil damit auch der Schaden durch deren nicht-Auslastung bei den Russen landen würde.