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Kommentar zum Gipfel in BrüsselDie Nato sollte sich auflösen

Es kann mehrere Interpretationen dessen geben, was beim Nato-Gipfel passiert ist. Aber keine davon stimmt zuversichtlich.

Sind Zusammenkünfte wie diese unnötig? Foto: dpa

Dieser Nato-Gipfel war ein Schauspiel der besonderen Art. Es kann mehrere Interpretationen dessen geben, was da gerade in Brüssel passiert ist. Aber keine davon stimmt zuversichtlich. Die eine: US-Präsident Donald Trump hat wieder den Rüpel gespielt, die anderen haben das geschehen und ihn im Anschluss behaupten lassen, sein deutliches Auftreten habe sie alle umgestimmt.

Dabei ist in Wirklichkeit überhaupt nichts passiert. Die Gipfelerklärung war schon vorher fertig. In der steht in Sachen Militärfinanzierung nichts Neues. Trump lügt sich selbst und seiner Basis eine Erfolgsmeldung zusammen.

Die andere Interpretation: Was da in Brüssel passiert ist, wird als Wendepunkt der Nato in Richtung ihrer Auflösung in die Geschichte eingehen. Denn es ist deutlich geworden, dass die Führungsmacht nicht nur mit den europäischen Alliierten in essenziellen Fragen und Überzeugungen nicht mehr an einem Strang zieht, sondern sie im Gegenteil direkt bekämpft.

Beide Interpretationen schließen sich nicht aus. Sie können sich wunderbar ergänzen und führen zu dem einfachen Schluss: Ja, die Nato sollte sich auflösen. Ein Schritt, den sie schon nach dem Ende des Kalten Krieges hätte gehen sollen.

Fast 30 Jahre danach ist klarer denn je, dass den Bedrohungen des Weltfriedens schlicht nicht militärisch beizukommen ist. Im Gegenteil: Die schon 2014 beim Waliser Nato-Gipfel beschlossenen militärischen Ausgabensteigerungen gehen in die falsche Richtung.

Es heißt Abschied nehmen

Man kann nicht einerseits davon sprechen, Fluchtursachen bekämpfen zu wollen, und zugleich immer mehr Geld in Aufrüstung stecken. Die USA geben zu viel Geld für das Militär aus, beklagte Trump in Brüssel. Da hat er Recht – aber es hat ihn niemand darum gebeten.

Wer seine außenpolitischen Initiativen nicht im Zweifel auch durch militärische Stärke oder die Drohung damit unterlegen könne, so eine Binsenweisheit, werde auf der Weltbühne nicht ernst genommen. Andersherum gilt allerdings auch: Wer außenpolitische Intervention stets ­militärisch denkt, wird die Welt nicht weiter- bringen.

Überall da, wo westliche Staatenbündnisse, mit oder ohne Nato-Beteiligung, in den letzten Jahren militärisch interveniert haben, haben sie politische Instabilität, millionenfachen Tod und immer mehr Fluchtursachen hinterlassen.

Wenn dann noch eine Regierung die anderen Mitgliedsländer in Geiselhaft nimmt, die sich von multilateraler Zusammenarbeit bei globalen Schicksalsfragen zurückzieht, heißt es Abschied nehmen von diesem Bündnis.

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24 Kommentare

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  • Dann würde mir als NATO Befürworter immer noch Transnistrien, Abchasien oder Südossetien bleiben.

    • @Sven Günther:

      Das kann ja nur einem NATO-Befürworter einfallen, Unabhängigkeitsbewegungen zu bekämpfen.

      • @Rolf B.:

        Dann bin ja froh, dass die Nato das nicht so macht, wie die Russen in Tschetschenien oder Dagestan.

  • Was wäre nur, wenn die NATO-Befürworter nicht ihre Ukraine hätten als Beweis dafür, dass die NATO wichtig ist, um den bösen Russen die Stirn zu bieten.



    Und die baltischen Staaten? Eine steile These, dass diese nur deswegen nicht okkupiert wurden durch Russland, weil sie Mitglied der NATO sind. Ebenso seltsam, dass die NATO-Befürworter ein russisches Sicherheitsinteresse nicht anerkennen.



    Insgesamt ist die Denke, dass Militär und damit auch Krieg die Welt verbessern könnte, das Krebsgeschwür in einer zivilisierten Gesellschaft.

    • @Rolf B.:

      So steil ist die These nun wirklich nicht.

      Das Gegenteil ist gegenüber den baltischen Staaten schwierig zu belegen. Es gibt ja genügend ex-sowjetische Staaten als Negativ-Beispiel.

      Und das muss keine komplette Okkupation sein. Auch das belegen die realen Beispiele.

    • @Rolf B.:

      "Und die baltischen Staaten? Eine steile These, dass diese nur deswegen nicht okkupiert wurden durch Russland, weil sie Mitglied der NATO sind."

      Sie sind aber geopolitisch etwa in der Lage wie Westdeutschland in den 60ern. Da hat wohl keiner nach der NATO-Auflösung hier geschrien.

      • @agerwiese:

        Hier möchte ich ganz konkret sagen: Ja, ich habe nach der NATO-Auflösung geschrieen - im Bonner Hofgarten, bei der grossen Ant-Nachrüstungs-Demo, irgendwann Anfang der 80er.



        Traurig, wie sehr die NATO-Denke schon in den Köpfen sitzt...

        • @dodolino:

          Auch ich und meine Freunde/Freundinnen haben z.B. im Bonner Hofgarten nach der NATO-Auflösung "geschrien". Und ich bin entsetzt, wie sehr sich diese unheilvolle Organisation in vielen Köpfen als "Wertegemeinschaft" festgesetzt hat und wie viele Demagogen immer noch von einer Bedrohung durch den bösen Russen schwafeln. Das ist genau so demagogisch wie die Verteufelung einer humanitären Flüchtlingspolitik.

  • „Ja, die Nato sollte sich auflösen. Ein Schritt, den sie schon nach dem Ende des Kalten Krieges hätte gehen sollen“

    Welch gedankenloser Gedanke! So reden Idealisten, die, mit Tunnelblick, nur ihr „großes Ziel“ vor Augen haben, nicht nach links und rechts schauen und vor allem keinen Gedanken an Risiken und Nebenwirkungen verschwenden.



    Ende des Kalten Krieges war Anfang der 1990er, als die UdSSR zerfiel und deren Mitgliedsstaaten dieses Vielvölkergefängnis in hellen Scharen verließen, um unabhängig zu werden. Doch dann kam Putin an die Macht, mit der erklärten Absicht, die UdSSR wiederherzustellen, und fing auch gleich damit an: Er brach Südossetien und Dagestan aus Georgien heraus, desgl. die Krim aus der Ukraine, weitergehen sollte es mit dem ukrainischen Osten. Und wenn die baltischen Staaten nicht inzwischen NATO-Mitglieder geworden wären, hatte Putin sie längst wieder einkassiert! Was wäre sein nächstes „Projekt“ geworden?



    Ein weiteres Argument FÜR die NATO ist, dass es seit ihrer Gründung keine Kriege mehr zwischen den Mitgliedsstaaten gibt. Zerfiele sie (die NATO), würden wahrscheinlich gleich als erstes Griechenland und die Türkei übereinander herfallen. Welche Staaten würden als nächstes ihre Kräfte militärisch messen?



    Also: Erst mal Folgen abschätzen!

    • @Pfanni:

      Sehen Sie sich doch bitte erstmal die geschichtlichen Fakten an, bevor so ein Unsinn posten.

      Von 91 - 99 war Jelzin Präsident, was keine gute Zeit für Russland war.

      Dann teilen Sie mir bitte mit woher Sie wissen, dass Putin die UDSSR wieder herstellen will? Sorry, aber diese Behauptung ist an Lächerlichkeit noch nicht einmal von Ihren anderen Behauptungen zu übertreffen, die auch schon sehr ...ach was solls...Fakten interessieren ja eh keinen.

  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Raus aus der NATO, ok, aber was wäre die Alternative? Ein Nebeneinander von europäischen Nationalarmeen? Eine europäische Streitmacht? Aber mit wem? Die einzigen, die militärisch kooperieren könnten, wären Frankreich und Deutschland. Denn die Flüchtlingsfrage zeigt ja mehr als deutlich, wie es um die europäische Zusammenarbeit bestellt ist.

  • Was für geneigte Verknüpfungen!

    Fluchtursachen bekämpfen, Kriege führen mit ungüstigem Ausgang, Krieg keine Problemlösung.... usw.



    Und folglich die NATO auflösen?

    Ja gerne, aber bitte erst nachdem alle anderen Militärs sich aufgelöst haben.

    Es ist doch offensichtlich, dass die NATO und derlei Sitzungen mäßigend, untereinander ausgleichend wirken. Will Herr Pickert, dasss die USA zukünftig keinen Bündnispartner hat und individuell "Bündisse der Willigen" schmiedet und je nach Tagesform über (Militär-)Einsätze entscheidet?



    Etwas mehr Anerkennung von Sachpolitik anstatt theoretischem Freidenken hielte ich für angemessen.

  • Es ist ja nicht so, dass die NATO die jeweiligen Konflikte erst ausgeloest hat. Dass die Menschen erst seit ISAf aus Afghanistan fliehen liegt daran, dass sie es auch wenn sie wollten vorher nicht konnten!



    Und was waere die Alternative zur NATO, um russische Abenteuer wie in der Ukraine zu verhindern. Wie lange waere das Baltikum noch ein Teil Europas.



    Russlands Fuehrung sind politische Hooligans und das bleiben sie auch ohne Trump, der im Gegensatz zu ihnen doch auch Gegenwind bekommt.



    UN als alternative ist ja wohl eher Wunschdenken.

  • Jau!

    “Die Nato sollte sich auflösen“

    Junger Mann - da saarense was*!*



    Sollte sich etwa die Ankündigung der polnischen Kollegen post Wende bewahrheiten*¿*



    Als diese bei Tagungen wie “Zugang zu den Gerichten in Europa“ & den Unfriesierten - beim Richterratschlag auftauchten!



    &



    Unbedingt in die NATO wollten!



    Ha no. Was uns Friedensbewegten doch recht schräg runterging! Newahr!

    “Wieso - laßt uns doch mal machen!



    Wir haben schließlich schon ein -



    Militärbündnis kaputtgekriegt!“

    unterm—-



    “Yes. Let‘s have another round of bouse*!* -;))“



    &



    War dasdoch die gleiche Sorte!



    Die bei Hochschule/Uni-LehrerTreffen!



    exDDRler/Polen! - deren Lamento über die Unfreiheit via SED/Stasi “Westbriefe abgeben - alles melden… usw usf!“



    Diese hohnlächelnd unterbrachen -



    “Waaas?? - Das habt ihr gemacht???



    Gab‘s bei uns auch alles! Solche Ukasse!



    Aber. Der Direktor hätte uns doch achtkantig rausgeschmissen, wären wir damit angekommen!



    Der hatte doch selber ganze Schubladen voll davon!“

    kurz - Da ist noch Hoffnung!



    Noch ist Polen nicht verloren!



    &



    Die EU & Europa!

    Trump ist auch nur ein weiterer!



    Rolling Faarts auf der GardinenStange -



    Der Geschichte*!* -;)((

  • Es gibt noch Hoffnung auf unabhängige und objektive Berichterstattung.In diesem Sinne danke für diesen Artikel

    In einem im Mai 2010 ausgestrahlten Fernsehgespräch ging es unter anderem um die Frage der Machtverteilung innerhalb des parlamentarisch-demokratischen Systems in Deutschland. In diesem sagte Horst Seehofer



    „Diejenigen, die entscheiden, sind nicht gewählt, und diejenigen, die gewählt werden, haben nichts zu entscheiden“

    Wenn dann noch eine Regierung die anderen Mitgliedsländer in Geiselhaft nimmt, die sich von multilateraler Zusammenarbeit bei globalen Schicksalsfragen zurückzieht, heißt es Abschied nehmen von diesem Bündnis.Das wäre eine vernünftige Entscheidung! Aber unter den heutigen Verhältnissen können schließlich auch die politischen Veränderungsbedürfnisse der Menschen nicht mehr auf die wirklichen Zentren der Macht gerichtet werden, „sondern nur noch auf Ablenkziele, womit sie politisch ins Leere laufen“

  • Ich hoffe ihr merkt, dass die NATO den Trump Besuch in genau der Art und Weise wie er abgelaufen ist, herbeigesehnt hat. Die spielen mit uns "Guter Bulle, böser Bulle". Am Ende werden wir, der Sicherheit der freien Welt zum Wohle", dreimal so viel in unser Militär stecken wie Russland und China zusammen, Rheunmetall und KraussMaffeiWegmann, bzw. EADS mit Milliarden mästen und von Herzen froh sein, dass wir die Trump Krise der NATO so gut und sicher überstanden haben.



    Die lachen alle jetzt schon über uns Deppen, besonders die NATO Fritzen und die Kriegsgewinnler.

    • @Weidle Stefan:

      Absolute Militärausgaben haben null Aussagekraft. Die Personalkosten in Westeuropa sind nun mal wesentlich höher als in Russland oder China.

      Aus dem Haushalt des BMVg 2016, 35,14 Milliarden EUR Ausgaben, davon waren 37,97% Personalkosten, also Gehälter, Sozialversicherungsbeiträge, Fürsorgemaßnahmen, Versorgung etc. Weitere 14% sind die Liegenschaften der Bundeswehr, der nächste Punkt sind die Universitäten und die Militärseelsorge, auch da ist der größte Block Personalkosten 12,1%, die zentrale Verwaltung der Bundeswehr sind weitere 3,57% und das BMVg sind weitere 0,55%.

      Das sind 68,14% des gesamten Budget nur um das Personal und die Liegenschaften zu bezahlen, Materialerhalt 7,9% und sonstige Ausgaben 5,9%, also 81,94% dienen aktuell nur dazu, den Laden irgendwie am Laufen zu halten.

      Militärische Beschaffung, also die "Kriegsgewinnler" bei Ihnen, waren 4,1 Milliarden Euro oder 11,7% des Budget.

      • @Sven Günther:

        Ich hatte mal einen Zahnarzt, der mir mal erzählte, daß er für nur 5 Mark die Stunde hier arbeiten würde - sämtliche Unkosten schon abgezogen, nur den 'Sparbuchbetrag' errechnet. Kann man machen, ist aber nicht real.



        SIPRI gibt meines Wissens die Rüstungskosten immer auch gewichtet um solche Faktoren an. Auch Putin wird seine Soldaten nicht allein mit trocken Brot & Wodka ernähren, also ein paar Personalkosten müsste er auch haben.

        • @dodolino:

          Das tut SIPRI nicht, wie sollte es das auch, man kann die Militärausgaben ins Verhältnis zum BIP setzen und das tut SIPRI auch, aber ansonsten rechnen die in US Dollar um und das wars.

          Mal ein Beispiel, als Feldwebel des Heeres bei der Bundeswehr bekommt man A7 das sind 2.478,53 Euro Grundgehalt ohne Zuschläge. Das Pendant des russischen Heeres erhält 30.000 Rubel Grundgehalt, das sind bei aktuellem Kurs 409,62 Euro.

          Auch für russische Verhältnisse zahlt die Armee schlecht.

      • 8G
        83379 (Profil gelöscht)
        @Sven Günther:

        Dazu kommt das das chinesische und russische Budget deutlich höher ist als offiziell angegeben und die haben beide eine halb-staatliche Rüstungsindustrie d.h. sie kaufen zum gleichen Preis mehr als Deutschland.

  • Was genau ist denn "Weltfrieden?" Es hat noch nie überall auf der Welt Frieden geherrscht und den kann man auch weder militärisch noch sonst wie durchsetzen. Die Welt ist ein dynamischer Ort, wo seit hundert Jahren Krieg geherrscht hat, kann dann für lange Zeit Frieden herrschen, wie etwa in Westeuropa und umgekehrt.

    "Überall da, wo westliche Staatenbündnisse, mit oder ohne Nato-Beteiligung, in den letzten Jahren militärisch interveniert haben, haben sie politische Instabilität, millionenfachen Tod und immer mehr Fluchtursachen hinterlassen."

    Also gehen wir wieder zur Taktik über, Massaker und ethnische Säuberungen interessieren uns nicht, so wie in Bosnien oder Ruanda.

    • @Sven Günther:

      In Fällen von Massakern und ethnischen Säuberungen müsste die UN aktiv werden, nicht die Nato.

      • @mallm:

        Die UN hat keine eigene Armee, darum ist das keine Option.

  • Endlich mal ein Kommentar den ich voll+ganz zustimmen kann. Raus aus der NATO.