Kommentar Papst in Abu Dhabi: Der Dialog ist die Message
Der Papst besucht die Vereinigten Arabischen Emirate. Was dabei genau geschieht, ist schon nicht mehr wichtig. Denn allein das Signal wiegt schwer.
E s gibt auf der Welt vielleicht keine andere Institution, in der in solch langen Zeiträumen gedacht wird wie im Vatikan. Das kann man schrecklich finden, denn es macht dringende Reformen der Weltkirche so quälend langsam, dass einfache Gläubige katholischen Glaubens verzweifeln mögen, so ihnen der Sinn nach Veränderung steht. Aber natürlich hat dieses Denken in Jahrzehnten, ja Jahrhunderten manchmal auch seinen Reiz – wie jetzt zum Beispiel beim Besuch von Papst Franziskus in Abu Dhabi.
Denn der Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten ist in dieser Logik spektakulär, ja historisch. Erstmals dürfen die Füße eines Papstes den Boden der Arabischen Halbinsel berühren. Das ist für manche Muslime fast ein Sakrileg – denn auf dieser Halbinsel liegt Mekka, das Nicht-Muslime nicht betreten dürfen. (So viel zum Thema religiöse Toleranz auf der Arabischen Halbinsel.) Und was bringt der Papst nach Abu Dhabi mit: eine Medaille, die an die Begegnung des Heiligen Franz von Assisi mit dem ägyptischen Sultan al-Kamil erinnert, vor 800 Jahren.
Papst Franziskus liegt offensichtlich eine gute Beziehung der katholischen Welt zum Islam am Herzen. In seinen sechs Jahren als Pontifex Maximus hat er schon sechsmal muslimische Länder besucht, ja als erster Papst überhaupt in einer Moschee gebetet, und zwar 2014 in Istanbul, ebenso ein Sakrileg, und zwar für manche Katholiken.
Papst Franziskus hat bei einer Messe mit mehr als 120.000 Menschen in den Vereinigten Arabischen Emiraten den Christen der Region Mut zugesprochen. Noch nie zuvor war ein Katholiken-Oberhaupt auf der Arabischen Halbinsel zu Besuch.
Rund 80 Prozent der Menschen in den Emiraten sind Migranten, die zum Arbeiten in das islamische Land gekommen sind. Laut Vatikan leben mehr als 900.000 Katholiken in dem ölreichen Staat, rund zehn Prozent der Bevölkerung. Viele davon kommen aus den Philippinen oder Indien. Anders als in Nachbarländern wie Saudi-Arabien können Christen in den Emiraten ihren Glauben frei ausüben, dürfen in der Regel aber keine Gottesdienste außerhalb ihrer Kirchen abhalten.
Die Reise des Papstes nach Abu Dhabi war vor allem dem interreligiösen Dialog gewidmet. Am Vortag hatten der Papst und der Großscheich der islamischen Al-Azhar-Universität von Kairo, Scheich Ahmed al-Tajib, ein gemeinsames Dokument unterzeichnet, das den Kampf beider Religionen gegen Extremismus und Terror festschreibt. (dpa)
Dass nach der – vorsichtig gesagt – verkorksten Rede seines Vorgängers Benedikt XVI. in Regensburg 2006 wieder einigermaßen gedeihliche Beziehungen zwischen der katholischen und der islamischen Welt herrschen, ist auch vielen Gesten dieser Art durch Papst Franziskus zu verdanken. Und wenn es wahr ist, dass es keinen Frieden auf der Welt gibt ohne den Frieden unter den Religionen, wie der Theologe Hans Küng es immer gesagt hat, dann ist diese Tatsache nicht gering zu schätzen.
Der Besuch in Abu Dhabi findet statt, sein Schwerpunkt ist der Dialog der Religionen – das ist die News. Was dabei genau geschieht, ist schon nicht mehr wichtig, denn allein diese beiden Signale sind von bleibender Bedeutung. Es ist zudem nach dem umjubelten Besuch des Weltjugendtages in Panama wie eine kleine Erholungspause im Pontifikat von Franziskus.
Ende dieses Monats werden die Vorsitzenden aller Bischofskonferenzen im Vatikan zum Thema Missbrauch tagen, dann wird es wieder ans Eingemachte gehen. Denn klar ist auch: Die Amtszeit von Papst Franziskus wird am Ende nicht daran gemessen werden, ob er das Verhältnis der Weltkirche zum Islam verbessert hat. Sondern ob es ihm gelingt, Wege aus dem Missbrauchsskandal zu weisen, der die Kirche innerlich zersetzt. Erst dann wird man von ihm, schon heute und in der Kirchengeschichte, als einem großen Papst reden können.
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