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Kommentar: Mieterbewegung nach HolmHört auf zu heulen und kämpft!

Die Mieterinitiativen schimpfen nach dem Abgang von Andrej Holm auf Rot-Rot-Grün. Dabei hätten sie genau jetzt die Chance mitzumischen.

Protest gegen Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller am Montag Foto: dpa

Was für eine traurige Veranstaltung. Nicht nur Andrej Holm drückt sich eine Träne weg. Nein, gut 150 VertreterInnen aller möglichen Kiez-, Stadtteil- und Mieterinitiativen sind am Montagabend ­zusammengekommen, um Wunden zu lecken. Um ihre Wut über das Absägen ihres Lieblingsbaustaatssekretärs rauszulassen. Da wird über die SPD geschimpft, über die Grünen und die Linkspartei. Über den Staat sowieso und die böse Presse. Weil die sind ja alle schuld. Und dann? Dann vertagt sich die Menge auf in 14 Tagen, weil jetzt unbedingt gegen den Regierenden Michael Müller protestiert werden muss.

Ja gut, kann man so machen. Dagegen sein ist immer wichtig. Aber wie wäre es mal, mehr zu machen? Statt rumzuheulen, Stärke zu demonstrieren. Und zwar jetzt. Gleich. Sofort. Welche Kraft hätte diese Versammlung der Mieterbewegten haben können, wenn sie aufgestanden wäre, um zu fordern: kein Baustaatssekretär ohne uns!

Tatsächlich steht die Tür für die überfällige radikale Wende in der Wohnungspolitik so offen wie nie. Zwar haben SPD und Grüne Holm abgesägt, aber nicht wegen seiner Haltung, sondern wegen der Stasi-Geschichte. Offiziell zumindest. Also muss man sie beim Wort nehmen und einen Kandidaten – oder eine Kandidatin! – liefern.

Das muss nicht mal die Sprecherin von „Kotti & Co“ oder der Oberguru von „Stadt von unten“ sein, es reicht ein Mensch, der ohne Wenn und Aber aufseiten der MieterInnen steht – was 85 Prozent aller Berliner sind.

Die Linke könnte gar nicht anders, als so eine Forderung umzusetzen. Denn die Berufung von Holm war ein Versprechen, das sie auch ohne ihn einlösen muss – falls sie nicht wie die anderen Parteien links der Mitte auch ihre Bewegungsaffinität verspielen will. Also seid utopisch, fordert das Realistische!

Denn was wäre die Alternative? Müller stürzen, damit CDU, FDP und AfD übernehmen? Oder auf die Revolution warten? Ja, kann man auch machen. Nur sind bis dahin die Mieten so hoch, dass sie kein Aktivist mehr in Berlin wird zahlen können.

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7 Kommentare

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  • Danke, Gereon Asmuth.

  • CDU, FDP in die Berliner Regierung, wäre mit Beteiligung der SPD die bessere Wahl für eine sichere Zukunft Berlins, als der aktuelle ultralinke Krampf der aus vielen Ostalgien erwächst. Die Linken (und auch viele Grüne) haben nicht verstanden, dass wir in einer Marktwirtschaft leben und nicht mehr in einer staatlich subventionierten Planwirtschaft a´la DDR. Es war doch logisch, dass Berlin nicht die dreckige und links-autonome bzw. DDR-verliebte Stadt bleibt. Berlin liegt im wirtschaftlich, strategisch vorteilhaften Herzen Europas. Das sich da (zum Glück!) finanzkräftige Investoren über die Mitte der Stadt hermachen, ist doch logisch und für die finanzielle Lage der Stadt, sowie deren Zukunftsentwicklung auch zwingend notwendig. Gleichzeitig liegt es aber in der Aufgabe der Politik, den notwenigen Wohnungsbau in den Außenbezirken voran zu treiben. Das passiert in München seit Jahren. und München ist min. 10x so teuer wie Berlin! Frau Lompscher sollte sich jetzt lieber mal um den BER kümmern und ihr Können (??) beweisen.

    • 2G
      2097 (Profil gelöscht)
      @Berlin liebt Wolkenkratzer:

      Einfach Wohnungsgenossenschaften stärken und fördern wie bspw. den BWVeG. Das ist auch in der sozialen Marktwirtschaft möglich. In Münschen sind auch die Außenbezirke bereits extrem teuer. Ich würde eher vorschlagen, Berlin sollte sich an Wien orientieren. Dort klappt es hervorragend mit dem sozialen Wohnungsbau.

  • Nicht heulen - machen.

     

    Kauft euch doch selber eine Wohnung, nehmt das finanzielle Risiko auf euch und stellt diese Wohnung aus Herzlichkeit doch günstig zur Verfügung.

    Die Mieter könnt ich sogar selber aussuchen - den Zahnarzt könnt ihr also aussortieren und den ungelernten Flüchtling die Wohnung geben.

     

    Aber wie immer wenn jemand das Label "sozial gerecht" überstrapaziert siehts doch ganz anders aus.

    Man will nur den gesamten Wohlstand und Luxus billiger haben.

    • @Thomas_Ba_Wü:

      nee, man will ihn gerecht verteilen.

      Die Aussagen aus Ihrem ersten Absatz wären dann hinfällig.

  • 2G
    2830 (Profil gelöscht)

    "Zwar haben SPD und Grüne Holm abgesägt, aber nicht wegen seiner Haltung, sondern wegen der Stasi-Geschichte. Offiziell zumindest."

     

    Oh, das habe ich anders rum mitbekommen. Die Haltung mit Erinnerungslücke wars doch, die zur Fallgrube wurde.

     

    Holm selbst mahnt Differenzierung an. Was macht ihn so Unentbährlichkeit? Er selbst zweifelt daran, dass es ohne ihn läuft. Warum war Frau Lompscher so still. Sicher, Sie hat an ihm festgehalten wie Merkel an Gutenberg, nur wo blieb ihr Einsatz seine Qualitäten detailiert und anschaulich vorzutragen. Dass jemand wichtig, kompetent und sozial ist, bleibt ohne Beleg, wenn die Worte isoliert dastehen. Vor allem wenn es um Wissenschaft geht, gilt die Beweisführung. Sicher hat Herr Holm auf dem Gebiet Vorzeigbares, nur sehr schade, dass dies nicht zum Tragen kommt. Warum wurde es versäumt hier zu trumpfen? Bravo-Rufe allein sind an Information zu spärlich.

     

    Ansonsten trifft es der Artikel genau. Nicht Rumheulen. Einer allein wird es nicht richtet. Heldenbildung ist nicht ratsam, vor allem wo es an einem selbst liegt etwas zu ändern. Herr Holm hat nach seinem Change (vor 27 Jahren) ins soziale Fach nicht verhindern können, dass Mieten steigen. Die Verhältnisse haben sich verschlechtert trotz seines Engagements.

     

    Ran an die Bouletten, von mir aus auch vegan, und Mieter stärken ganz ohne F.....!