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Kommentar Klimaschutz im VerkehrGeld allein macht nicht glücklich

Bernhard Pötter
Kommentar von Bernhard Pötter

Die Verkehrskommission legt einen lauwarmen Kompromiss zum Klimaschutz vor. Trotzdem zeigt sie auch, wie es besser gehen könnte.

Wirklich zukunftsweisend wäre es, die Bahn gegenüber dem Autoverkehr deutlich zu bevorzugen Foto: reuters

D as magere Ergebnis der „Kommission Klimaschutz im Verkehr“ wird viele Menschen enttäuschen – überraschen kann es nicht. Denn wer sich mit dem Thema nur ein bisschen beschäftigt hat, weiß: Die Aufgabe, im Verkehrsbereich bis 2030 mindestens 40 Prozent der CO2-Emissionen einzusparen, ist gewaltig. Sie würde das Land verändern, müsste Strukturen angreifen und würde Visionen, Mut und ein entschlossenes Handeln aller Beteiligten erfordern. Also alles, was es in dieser Großen Koalition nicht gibt.

Trotzdem ist das Ergebnis der Kommission wegweisend. Denn es zeigt, was (wie wenig) im Klimaschutz mit dieser Regierung und dieser Gesellschaft im Moment geht – und wo die großen Baustellen warten. Die Expertinnen und Experten tragen dabei am wenigsten Verantwortung. Im Gegenteil: Sie legen die Widersprüche dankenswerterweise offen. Einigen konnten sie sich nur auf Maßnahmen, die etwa die Hälfte der geforderten CO2-Reduktionen bringen: Ein Ziel von 10 Millionen E-Autos, niedrigere Preise für die Bahn, ein besseren Takt für die Schiene, mehr Geld für den Radverkehr.

Das ist nicht wenig. Aber es ist zu wenig für echten Klimaschutz. Und es folgt der Logik dieser Koalition und der gesamten Klimapolitik seit Jahrzehnten: Geld ja, Veränderungen nein! Für Probleme, die finanziell zu lösen sind, finden sich Lösungen. Das war so in der Kohlekommission, die die Kohlekumpel, die betroffenen Gegenden und die Unternehmen mit Milliardensummen bedenkt. Und es zeigt sich jetzt beim Verkehr: Subventionen für die E-Mobilität, für den Bau und Umbau von Straßen soll es geben. Aber vor echten Entscheidungen schrecken die Kommission und erst recht die Politik zurück: Das wäre die ernsthafte Fokussierung auf emissionsfreien Verkehr, höhere Preise für Verbrennungsmotoren, andere Steuern, Privilegien für die Bahn und für Radfahrer und Fußgänger.

Nur mit solchen Veränderungen lässt sich das erreichen, was als „große Transformation“ durch die Sonntagsreden auch dieser Koalition geistert: Der Umbau einer fossil befeuerten Gesellschaft zu einer klimagerechten Lebensweise. Dafür ist Geld nötig, viel Geld sogar, das aber gut angelegt ist, weil es eine Investition in eine sichere, saubere Zukunft ist. Aber mit dem Geldausgeben fängt die Arbeit erst an: Strukturen verändern, Neues in den Markt bringen, das Alte abschalten. Man nennt es „Politik“.

Darum drücken wir uns gern. Aber es ist gar nicht so schwer. Die Verkehrskommission selbst hat einen Weg dazu gewiesen: Sie empfiehlt einen CO2-Preis auch für den Verkehr zu prüfen. Richtig gemacht, könnte man so mit dem finanziellen Hebel wirklich etwas verändern – wenn man Geld nicht einfach ausgibt, sondern es für eine Verkehrswende arbeiten lassen würde. Geld allein macht nicht glücklich. Aber es kann ein gutes Werkzeug sein. Man muss es nur nutzen wollen.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

7 Kommentare

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  • Niemand wird der Politik oder dem Journalismus vorwerfen, dass sie bei ihren Entscheidungen und Kommentaren nicht an die Naturgesetze denken, sondern ausschließlich an ihre WählerInnen/LeserInnen.

    Vorwerfen kann man ihnen jedoch, dass sie Zusammenhänge und Auswirkungen bewusst ignorieren. Gelten physikalische Gesetze nicht mehr? Ich stelle mir gerade vor, wie in den nächsten Tagen die zukünftigen AbiturientInnen vor ihren Prüfungsaufgaben sitzen und politische Lösungen vorlegen, wenn sie die erforderliche Energieaufwand berechnen sollen, um Masse auf eine bestimmte Geschwindigkeit zu beschleunigen. Wer dabei Zusammenhänge nicht erkennen kann, sollte Politik, Wirtschaft oder Journalismus studieren.

    Ach ja, und dass es einen "guten Staat" und einen "bösen Staat" gibt, der eine gibt, der andere nimmt, ist wohl auch schon zum Allgemeinirrsinn geworden. Autokonzerne ziehen daraus ihren nutzen, fordern Milliarden Subventionen, Kaufanreize und kostenloses Stromtanken für Geringverdiener, um das Klima zu schützen!

    Aber wer die Umverteilung von Unten nach Oben feiern möchte... Bitte sehr! Baut SUV größer, schwerer und schneller, bezahlt das aus dem Steuertopf und sorgt dafür das der CO2 Ausstoß bis 2030 noch zusätzlich erhöht wird. Offenbar ist alles besser, als kleinere, leichtere und langsamere Fahrzeuge zu bauen!

  • Warum erwähnt der Artikel kein einziges Mal den Luftverkehr? Ist das im Kommissionsergebnis etwa auch so?

    Im letzten Absatz wird leider der m. E. zentrale Aspekt einer CO2-Abgabe ausgeblendet - die Lenkungswirkung. Es geht (wie z. B. auch bei einer vernünftig gemachten Finanztransaktionssteuer) nicht darum, möglichst viel Geld einzunehmen, sondern darum, eine Verhaltensänderung zu bewirken. Geld ist dafür der beste Motivator und wird es bleiben.

    • @nuk:

      Völlig richtig. Und die rasante Zunahme an Kreuzfahrtschiffen wird auch nicht erwähnt.



      Die Pro-Kopf-CO2- Bilanz durch Flug- und Kreuzfahrtreisen ist so verheerend, daß auch wenn der Flug- und Kreuzfahrtschiffreisende sonst das ganze Jahr öko hoch drei leben würde er eine totale Klimasau bleibt.



      Übrigens wird außerhalb des Verkehrssektors auch fast nie der Klimafaktor Fleisch- und Kuhbabymilchkonsum erwähnt. Der Faktor ist größer als der gesamte Weltverkehr. Und wäre vergleichsweise einfach zu minimieren. Aber das ist ein anderes Thema.....

  • Eine spontan angetretene Bahnreise kostete vorgestern bei der DB für 400 Km satte 250 Euro. 2. Klasse, 1 Person, einfache Fahrt mit Bahncard 25 - da ist noch Luft nach unten, oder? Oder liegt die Zukunft des Fernreisens beim Taxi? Das wäre im Interesse der Autoindustrie ja auch sehr umsatzfördernd da Taxifahrern ja jeweils noch eine Leerfahrt erfordern!

  • Der Schlußsatz bringt die ganze Tragik auf den Punkt: Man muss es nur nutzen wollen. Dann ist eine andere Welt auch möglich. Ohne das wollen aber nicht.

  • 9G
    90857 (Profil gelöscht)

    "Ein Ziel von 10 Millionen E-Autos," ...

    Die neue, schöne, individuelle E-Mobilität. Da dreht sich bei mir als altem Grünen (bis Ende 1998) immer mal der Magen um.

    Was hat man uns damals, in den 80ern und bis weit in die 90er in der alten BRD so erzählt?

    Lkw kommen auf die Schiene und der öffentliche Nahverkehr wird massiv ausgebaut, der Liter Sprit kostet dann fünf DM.

    Was beispielsweise den LKW-Verkehr betrifft, so ist genau das Gegenteil eingetreten; und wenn ich wochentags mal mit meinem Euro-4 Schadstoffdiesel auf der Autobahn unterwegs bin, dann ist die rechte Spur flächendeckend zu mit Lkw, bei drei Spuren auch die mittlere.

    Aber gut ... die Automobilindustrie robbt sich ja bereits an das Lkw-Format bzw. dessen Privileg heran. Schon mal was über den neuen Audi-Heilsbringer, den "e-tron" gelesen? Ist ein heisser Kandidat dafür, seine Batteriekapazität überwiegend zur Fortbewegung des Eigengewichts zu verbrauchen

    Ja, bitte zehn Millionen davon ...!

  • Ja, das sehe ich auch so.



    Probleme mit Geld zukleistern und echte Veränderungen die ggf. langfristig billjer wären nicht angehen!



    Egal ob Gorch Fock, oder Kohlekumpel...Geld heilt alles?