piwik no script img

Kommentar Hohe BodenpreiseDer Staat kann Flächen kaufen

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Bund und Länder müssen das Problem der steigenden Preise für Grund und Boden lösen. Sonst droht eine weitere Spaltung der Gesellschaft.

Der Staat sollte aufhören, Felder und Wiesen zu privatisieren – und lieber Flächen zurückkaufen Foto: dpa

W as haben Bauern und Wohnungssuchende gemeinsam? Sie leiden darunter, dass die Preise für Grund und Boden in den vergangenen Jahren dramatisch gestiegen sind. Seit 2007 ist Bauland laut Statistischem Bundesamt im Schnitt um mehr als 40 Prozent, Agrarland sogar um über 140 Prozent teurer geworden.

Dass die Bodenkosten steigen, treibt die Preise für Neubauten und damit auch Wohnungsmieten in die Höhe. Die Armen und zusehends auch Teile der Mittelschicht werden aus Innenstadtvierteln verdrängt. Auch Kleinbauern werden vertrieben. Sie können es sich nicht mehr leisten, Äcker zu kaufen.

Dieses Problem müssen Bund und Länder lösen. Denn es treibt die Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich voran. Und es beschleunigt die Verödung ganzer Dörfer. Schließlich verlieren sie Arbeitsplätze, wenn immer mehr Bauern aufgeben müssen und nur wenige durchrationalisierte Betriebe übrigbleiben. Diese Tendenzen stärken Rechtsradikale und gefährden die Demokratie.

Vergleichsweise leicht ließen sich die Schwächen der Mietpreisbremse beheben: Ausnahmen für Neubauten, Modernisierungen oder möblierte Wohnungen müssen gestrichen werden. Behörden sollten endlich ihr Veto einlegen können, wenn etwa Finanzkonzerne Anteile an Firmen mit Agrarland kaufen wollen.

Spekulation auf Wertsteigerung

Solche Gesetzesänderungen würden in manchen Fällen helfen. Aber eine ungleiche Eigentumsverteilung lässt sich so nicht rückgängig machen. Immer noch dürfen Eigentümer Bauland brachliegen lassen, weil sie auf eine Wertsteigerung spekulieren – obwohl Wohnungsnot herrscht. Oder sie können Agrarland umweltschädlich bewirtschaften.

Deshalb sollte der Staat aufhören, Felder und Wiesen zu privatisieren. Er sollte lieber Flächen zurückkaufen. Dann könnten die Kommunen das Land über Erbbaurechte vergeben. So könnten sie durchsetzen, dass die Miete auf den Grundstücken längere Zeit als bisher auch für Menschen mit geringem Einkommen bezahlbar sein muss.

Agrarland müsste die öffentliche Hand an kleine Bauern verpachten, die es wirklich brauchen. Der Staat sollte auch Bedingungen für die Bewirtschaftung stellen, etwa dass dort keine Insektenkiller ausgebracht werden, die Bienen töten. Zusätzlich hätte er eine viel größere Handhabe dagegen, dass ein Finanzkonzern das Land pachtet oder die Konzentration von Boden in einer Hand zu hoch wird.

Erst dann würde ein wichtiger Satz des Grundgesetzes wieder mit Leben erfüllt. Er lautet: Eigentum verpflichtet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
Mehr zum Thema

18 Kommentare

 / 
  • 7G
    73176 (Profil gelöscht)

    Die erste Frage, die ich mir stelle:

    Warum erhalten europ. Landwirte Subventionen? Einmal sind die Subventionen an Umweltmaßnahmen gebunden - und somit eine Art Umwelthilfe. Zum Anderen dienen sie aber auch als Ausgleich, weil es in Europa keine großflächige Agrarstruktur gibt (also große Landwirte mit großen Flächen = wesentlich effizienter).

    Das Problem an solchen Subventionen ist doch, dass das Problem auch in Zukunft weiter besteht - und sich verschärft: Die Idee des Autors ändert ja nichts an den Strukutren in Europa - im Gegenteil, sie sollen ja erhalten bleiben.

    D.h. das Problem wird nur in die Zukunft verlagert. Kleine Bauern werden vom Markt verschwinden. Wenn man den Vorschlägen des Autors folgt, dann nicht heute, sondern erst morgen. Problematisch ist jedoch, dass dann häufig die Kinder den Betrieb übernehmen, sich z.T. für Investitionen verschulden und dann, wenn die Subventionen wieder abgeschafft werden, schlechter da stehen, als wenn man nie eine Subvention eingeführt hätte (siehe z.b. Thema Milch).

    Und kurz zum Thema Arbeitsplätze: Die Landwirtschaft hat kaum attraktive Arbeitsplätze zu bieten. Und die attraktiven Plätze sind nun mal auf einem akklimatisierten Schlepper mit gefederter Kabine + Sitz. Wer will denn heute noch z.B. Rüben hacken?!

    Außerdem ist Europa (EU-27 und insb. wenn man den europ. Teil Russlands mit einschließt) eine bzw. die Kornkammer der Welt (siehe z.B. Weizenproduktion / Exporte). Die Welt kann es sich gar nicht leisten, dass Europa eigensinnig Produktionspotenziale vergeudet.

  • Boden-Spekulation besteuern. Das Problem ist, dass es sich lohnt, mit Grund zu spekulieren. Nirgendwo anders, kann man langfristig so sicher so viel Geld verdienen. Jede Bremse versagt dort und wird umgangen. Anders wird es nur, wenn der Wertzuwachs abgeschöpft wird. Ein Investor, der auf Wertzuwachs spekuliert, verlöre sofort das Interesse, wenn er diesen Wertzuwachs abgeben müsste. Damit würden die Bodenpreise nicht weiter steigen. Solange wir aber unter Schutz des Eigentums den Schutz der Spekulation verstehen, solange werden wir Spekulation haben.

    Ein zweiter Ansatz wäre es, den Markt der Spekulanten zu begrenzen. Wenn nur noch lokale Spekulanten Grund erwerben dürfen, bremst das auch deutlich - allerdings bremst es nur.

    Aber es braucht dafür den politischen Willen, dass Spekulanten um ihren Spekulationsgewinn gebracht werden sollen. Dieser Wille ist nicht vorhanden.

  • Noch einmal zum Erbbaurec ht: Bevor man solche Lösungen vorschlägt, sollte man sich informieren. Der Erbbauzins wird in der Regel in Abhängigkeit vom Bodenrichtwert ermittelt. Welche Belastung damit verbunden ist, kann aktuell in Lübeck (grösster kommunaler Erbbaurechtsgeber!) beobachtet werden: Schwindelerregende Höhe, die in der Tat dieses Instrument untauglich machen. Einzelheiten auch auf den Seiten http://www.ini-erbbau-hl.de.

  • Rechnen wir doch einfach mal nach: Ein Investor kauft in einer Kleinstadt eine Wohnung für 4000 € je qm dafür bekommt er eine monatliche Miete von 10 € das sind 120 € im Jahr. Nach Abzug von Verwaltungskosten und Reperaturen bleiben ihn vielleicht 80 € im Jahr und dafür hat dieser Investor 4000 € ausgegeben. So dumm ist kein Investor.

    • @Bernhard Hellweg:

      Also wenn diese Wohnung bereits existiert, braucht es doch nicht des Investors, der sie für den überteuerten Preis kauft, oder?

      • @J_CGN:

        Wenn die Wohnung existiert gehört den Investor in der Regel das Grundstück. Dann müsste man ihn enteignen. Aber dann baut nie wieder ein Investor eine Wohnung.

  • Erbpacht ist zum Beispiel ein übliches vorgehen in den Niederlanden. Also ist der Haus-und-Grund Fetisch in Deutschland nicht mötig.

     

    Um Bauland zu aktivieren wär eine Sondersteuer von2% des Bodenrichtwerts pro Jahr schon eine gute Sachd. Diese Steur wird für unbebaute Grunstücke fällig.

     

    Flächenspekulation im Agrarsektor kann ebenfalls durch entsprechende Besteuerung eingeschränkt werdrn. Dann haebn alle etwas davon und nicht nur die Investoren.

     

    Neonikotinoide und andere schädliche Schutzmittel müssen halt ganz einfach verboten pder extrem eingeschränkt werden.

  • Ich würde der These des Autors zustimmen, aber ich frage mich auch, warum die Politik erst eine Situation schafft und sie dann wieder rückgängig machen soll?

     

    Die Null-Zins-Politik und die Förderung von privaten Investoren im Wohnungsbau sind schließlich nicht vom Himmel gefallen. In Hamburg haben inzwischen CDU, FDP, SPD und Grüne zusammen diese Situation seit 2001 hergestellt - nur die Linke war daran nicht beteiligt, die AfD wäre wohl gerne daran beteiligt - wer soll das eigetnlich aufhalten, wenn es offenbar der innigste Wunsch fast aller Parteien ist, möglichst hohe Qudratmeterpreise zu erzeugen, wenn private Investoren ein Paradies für sich vorfinden?

     

    Rein theoretisch könnte die Politik das Ganze wahrscheinlich in wenigen Monaten komplett stoppen - aber der Wille ist doch gar nicht vorhanden, denke ich. Dazu müssten CDU-Wähler wahrscheinlich darauf ganz massiv reagieren, weil die SPD schon für diese Situation Rechnungen ausgestellt bekommt.

    • @Andreas_2020:

      So blöd die afd ja ist, die Preise sind eine Folge der nullzinspolitik, unf die eine Folge der griechenlandrettung.

      Und da ist die afd nun wirklich nicht für, die ist doch aus der ablehnung erst gegründet worden.

      Und ja, ich weiß, dass die Banken und nicht Griechenland gerettet wurden.

  • Wieder mal hat die Überschrift wenig zu tun mit der sehr detailliert recherchierten Story über die Buernverbände und deren clevere Bosse.

     

    In der Rolle von biederen Vertretern der bäuerlichen Bevölkerung haben diese im Lauf der Jahrzehnte aus den ursprünglichen Agrargenossenschaften ihre eigenen persönlichen Latifundien zusammengezimmert und sich zu den neuen Junkern des Ostens aufgeschwungen.

     

    Politiker von links bis rechts sind diesen Großagrariern zu Diensten wie vor über 100 Jahren, kuschen vor deren Drohungen und tun alles dafür, dass die Subventionen aus Brüssel nach Hektar ausgeschüttet und vor allem von den Besitzern großer - aber wenig arbeitsplatzintensiver- Flächen abgegriffen werden.

  • Die Rendite bei Mietobjekten resultiert in erster Linie aus der Wertsteigerung der Immobilie. Und diese Wertsteigerung resultieren in erster Linie aus der Steigerung des Grund und Bodens, der eigentliche Baukörper wird wird im Laufe der Jahre eher weniger wert. Ohne diese Wertsteigerung beim Boden, müssten die Mieten erheblich steigen. Und was die Preise für Agrarflächen angeht : Welcher Kleinlandwirt hat was dagegen das sein Land wertvoller wird?

  • Die olle Kamelle wieder dass der Staat alles besser kann. Weltweit müssen bis zum Jahr 2100 ca. 2 Mrd. neue Wohnungen gebaut werden. Wohnen wird die größte Herausforderung der nächsten Generation, durch zunehmende (hoffentlich qualifizierte ) Migration auch bei uns. Die Preise müssen also steigen, um mehr Angebot zu bekommen.

     

    Vergesst Eure sozialistischen Interventionsträumereien. Habt Ihr denn nicht aus der DDR gelernt?

  • 1. Soweit ich das verstehe sind die rasant steigenden Immobilienpreise auch eine Folge der "Lösung" der Finanzkrise von 2008.

    In den Finanzsektor wurde und wird massiv Geld gepumpt und dieses Geld sucht Anlagemöglichkeiten. Deswegen steigen Anlageobjekte derzeit massiv im Preis (nicht im Nutzwert ...).

     

    2. Wenn ich mir ansehe, was derzeit an Abriss und Neubau in den Städten gemacht wird, kommt mir das Grausen. Staffelgeschoße wohin das Auge blickt um die letzten Kubikmeter Bauraum zu nutzen die das Baurecht zulässt und Parkplatzlandschaften überall. Das ist investorenoptimierte Architektur, aber kaum lebensfreundlicher Raum, der da entsteht.

    Im Grunde ist das extrem ineffizient, was wir da gesellschaftlich machen: Die Zeche werden wir an anderer Stelle zahlen.

  • “Dann könnten die Kommunen das Land über Erbbaurechte vergeben.”

     

    Der Witz an Immobilien ist das man nicht nur das Haus besitzt, sondern auch das Grundstück. Dadurch wird aus einer Immobilie erst eine lohnende Angelegenheit. Der Wert des Kastens der auf dem Grundstück steht bewegt sich nur in eine Richtung und zwar abwärts. Das Grundstück selbst ist es I.d.R. das einen gegen die Inflation absichert und unter Umständen gar rentabel wird.

    Durch Erbpacht macht man aus einem Eigenheim (das ohnehin meist ein schlechtes Geschäft ist) ein Faß ohne Boden und niemand der noch bei Verstand ist würde auf einem solchen Grundstück ein Mietshaus bauen.

     

    “Erst dann würde ein wichtiger Satz des Grundgesetzes wieder mit Leben erfüllt. Er lautet: Eigentum verpflichtet.”

     

    Herrgott dieser Mythos hält sich ja noch hartnäckiger als das Märchen von der Gender-Pay-Gap. Mit gutem Willen und einer Stunde Freizeit könnten auch Autoren der taz verstehen was mit diesem Paragraphen gemeint ist und was nicht.

    • @Januß:

      Naja Erbpacht funktioniert hervorragend in den Niederlanden.

       

      Das Eigentum am Grund ist für die Immobilie an sich nicht unbedingt erforderlich, wenn die hinreichende Sicherheit über das Nutzungsrecht besteht.

       

      Es ist auch nicht erforderlich, dass der Staat Flächen kauft. Es ist jedoch erfordelich, dass der Staat die Wertzuwächse aus der durch den (sehr sinnvollen) 0-Zins-Kapitalismus durch eine Vermögenssteuer und evtl. über eine Bodensteuer, die unbebauten Boden prohibitiv besteuert, abschöpft.

       

      Und was die Landwirtschaft angeht, so ist dieser reguliete Sektor eben einfach noch ein wenig hinsichtlich Umwelt und Gesundheit anstelle auf billigen Export umzustrukturieren.

       

      Im Grunde alles ganz einfach.

  • Wenn der Staat Flächen kauft bleiben die Bodenpreise hoch. Wenn die Mietpreisbremse zukünftig auch für Neubauten und Modernisierung gilt, wird es zukünftig keine Neubauten und Modernisierungen mehr geben.

     

    Im Übrigen vermieten die meisten Eigentümer ihre Wohnungen. "Eigentum verpflichtet" verpflichtet allenfalls vorhandenen Wohnraum zu vermieten. Solange also Menschen den Wohnraum mieten, ist diese Pflicht erfüllt.

    • @DiMa:

      "Wenn die Mietpreisbremse zukünftig auch für Neubauten und Modernisierung gilt, wird es zukünftig keine Neubauten und Modernisierungen mehr geben."

       

      Wenn man ein bisschen Einblick in die Baubranche hat, weiß man dass diese Aussagen nicht stimmen.

       

      Es halten schlicht sehr viele Leute die Hand sehr weit auf - und zwar eher nicht die Handwerker, die den Bau ausführen - bevor ein Gebäude steht.

       

      Vor allem das (und dann außerdem noch die kurze Lebensdauer vieler Gebäude heute und überkommene Bauvorschriften zum Brandschutz, zu den vorgeschriebenen Stellplätzen, zur Gebäudeisolierung, Energieausweise ohne Aussagekraft für den Mieter etc.) machen Gebäude teuer.

      • @Hanno Homie:

        Sorry, es wird keine Neubauten und Modernisierungen "für den Berliner Mietenmarkt" mehr geben. Die Baupreise werden hoch bleiben. Also wird die Vermietung unrentabel, also wird nur noch für den Eigenbedarf gebaut oder modernisiert. Interessenten mit entsprechendem Eigenbedarf gibt es in Berlin derzeit auch wie Sand am Meer. Und es werden nicht weniger.