Kommentar Foltervorwürfe gegen Türkei: Bitten reicht nicht
Die Türkei weist die Vorwürfe des Journalisten Deniz Yücel zurück und beschuldigt das Folteropfer der Verleumdung. Die Bundesregierung hält still.
E s war nicht anders zu erwarten. Nachdem Deniz Yücel am Freitag vergangener Woche detailliert beschrieben hatte, wie und von wem er während seiner U-Haft in der Türkei gefoltert worden war, wies das türkische Außenministerium die Beschuldigungen kategorisch zurück. Bei uns doch nicht. Niemals. Das hätte doch die türkische Staatsanwaltschaft auch im Falle Yücels längst festgestellt. Wie immer in solchen Fällen setzte Präsident Erdogans noch eins drauf und beschuldigte seinerseits das Opfer, es wolle nur die Türkei verleumden.
Wie gesagt, diese Reaktion war genau das, was zu erwarten war. Spannender ist deshalb die Frage, wie die deutsche Bundesregierung angesichts der glaubwürdigen Erklärung eines ihrer Staatsbürger, in einem Land, das angeblich mit Deutschland partnerschaftlich verbunden ist, gefoltert worden zu sein, reagiert. Um es klar zu sagen, bislang hat die Bundesregierung so gut wie gar nicht reagiert. Die zaghafte Bitte in Richtung Ankara, das dortige Regime möge sich doch bitte ganz grundsätzlich an die Verpflichtungen halten, die sich aus der Anti-Folter Konvention der UN ergeben, ist ein schlechter Witz.
Um Erdogan zu einer ernsthaften Reaktion zu zwingen, müsste man dem Despoten vom Bosporus, mit ganz anderen Schritten drohen, als einem freundlichen Briefchen, das in Ankara umgehend im Papierkorb landet. Wenn der Bundesregierung ernsthaft daran liegen würde, dass Foltervorwürfe in der Türkei untersucht und Folter geahndet wird, müsste man die Hermesbürgschaften streichen, Investoren vor dem Willkürregime Erdogans warnen und die Handelsgespräche auf EU-Ebene auf Eis legen. Mit anderen Worten, Merkel und Maas müssten ein richtiges Fass aufmachen.
Warum passiert das nicht? Weil Merkel und Maas wissen, dass sich die Aufregung nach zwei drei Tagen ritualisierter Empörung schon wieder legen wird, weil es doch andere Probleme gibt, die angeblich viel wichtiger sind, siehe Trump und Iran oder die Europawahlen und so weiter. Schließlich geht es ja auch noch um große Aufträge von Siemens und anderen, die Erdogan zu vergeben hat und die drei Millionen Syrer in der Türkei gibt es ja auch noch. Vor allem aber, auch die Wähler und Wählerinnen vergessen schnell. Wer sieht, wie deutsche Urlauber angesichts der Schwäche der türkischen Lira zu Schnäppchenpreisen in Millionenscharen an die türkischen Strände drängen, kann sich gut vorstellen, wie sehr dem deutschen Michel die Folter in der Türkei auf der Seele liegt.
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