piwik no script img

Kohlekonzern unter DruckMini-Investor mischt RWE auf

Der aktivistische Aktionär Enkraft attackiert RWE: Der Umbau zu Erneuerbaren sei zu langsam. Jetzt wehrt sich der Aufsichtsratschef.

Am besten an den Staat, findet Investor Enkraft: Braunkohlekraftwerk Neurath bei Grevenbroich Foto: Oliver Berg/dpa

Berlin taz | Er hält weniger als 1 Prozent der Anteile an RWE, Deutschlands größtem Stromerzeuger. Dennoch sorgt der „aktivistische“ Investor Benedikt Kormaier derzeit mit seiner Investmentfirma Enkraft für Wirbel bei RWE. Der Konzern will grün werden: 50 Milliarden Euro sollen dafür bis 2030 in erneuerbare Energien fließen, RWE soll bis 2040 CO2-neutral sein.

Nicht schnell genug, findet Kormaier. RWE solle seine Tagebaue und Kohlekraftwerke, die zu den größten CO2-Emittenten Deutschlands gehören, abspalten. Eine rein auf erneuerbare Energien fokussierte RWE werde deutlich höher bewertet als der alte Kohlekonzern, meint der Investor.

Erst vor Kurzem attackierte Kormaier Vorstand und Aufsichtsrat erneut, weil sie die Umwandlung des Konzerns nicht schnell und transparent genug vorantrieben.

Nachdem dieses Schreiben an die Öffentlichkeit gelangte, antwortete RWE-Aufsichtsratschef Werner Brandt nun gereizt – und wieder über die Medien: „Ich weise Ihre Einschätzung entschieden zurück, dass der Aufsichtsrat sich primär auf formale Aspekte seiner Funktion beschränke“, schrieb Brandt. Die Unternehmensstrategie stehe im Fokus der Aufsichtsratstätigkeit, betonte Brandt in einem Reuters vorliegenden Brief eine Selbstverständlichkeit.

Kaum Expertise im Aufsichtsrat

Enkraft hatte verlangt, dass sich die Konzernstrategie „Growing Green“ auch im Aufsichtsrat widerspiegeln solle. Dass das Kontrollgremium in diesem Bereich „kaum über entsprechende Expertise“ verfüge, „halten wir für absurd“, so Kormaier. Tatsächlich sitzen im Aufsichtsrat keine VertreterInnen mit klarer Erneuerbaren-Expertise.

Auch der Vorstand kommt bei Kormaier nicht gut weg. Die RWE-Bosse schienen sich „noch mit vorgeschobenen und nicht wirklich überzeugenden Argumenten für einen Verbleib der Kohleaktivitäten bei RWE einzusetzen“, sagt der Investor.

Seine Vorstellung: Der Staat solle den klimaschädlichen Teil von RWE übernehmen. „Am Ende“, so Kormaier, „könnten Bund und Länder direkt oder über eine Stiftung die Kontrolle über die Restaktivitäten und die Renaturierungen übernehmen und damit Versorgung sichern, aber auch den Fahrplan der Einstellung der Kohleverstromung kontrol­lieren.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • @DIMA:

    "... und die taz gibt den Jubelperser"

    Hä? Wir müssen wirklich in Parallelwelten leben. Ich lese eine andere taz, scheint's.

    Wie hat es Ihr kommentar in meine Welt geschafft?

    Und überhaupt: was hat das alles mit Persien zu tun?

    • @tomás zerolo:

      "Und überhaupt: was hat das alles mit Persien zu tun?"

      Na dann googlen Sie doch einfach mal das Wort "Jubelperser" (auch bei Wikipedia zu finden. Hat was mit der deutschen Geschichte zu tun.

      Immer schön, das Wissen anderer zu erweitern. Einen schönen Sonntag.

  • Trotzdem finde ich die Idee klasse.

    Dass der Aktionär auch aus seinem Interesse als Anteilseigner argumentiert, ist ja erstmal nichts Verwerfliches, zumal es ihm ja auch darum gehen muss, andere Aktionäre für seinen Plan zu gewinnen.

    Dennoch böte das vorgeschlagene Vorgehen auch für die Allgemeinheit große Vorteile. Dass wir als Allgemeinheit die Kosten für den Umbau der Energieversorgung tragen müssen, ist sowieso klar.

  • Dem Aktionär stehen im Rahmen der Aktionärsversammlung alle erdenklichen Rechte zur Verfügung. Es ist allerdings fraglich, ob er die für eine Beschlussfassung notwendigen Mehrheiten zusammen bekommt. Keine Gesellschaftsform ist demokratischer als eine AG.

    Motto: Entspannt bleiben.

    Etwas merkwürdig, der Aktionär fordert nichts anderes als die Verstaatlichung der Kosten und Risiken aus den Umweltfolgen und die taz gibt den Jubelperser.

    • @DiMa:

      Wichtiges Detail: Der Aktionär it der Meinung, dass die - gesamtgesselschaftlich zu tragenden! - Nachteile deutlich reduziert werden könnten bei beschleunigter Umsetzung durch den Staat.

  • Hihi,

    "der „aktivistische“ Investor " möchte das "Bund und Länder direkt oder über eine Stiftung die Kontrolle über die Restaktivitäten und die Renaturierungen übernehmen"

    Sprich, die Gewinne bleiben bei RWE (und dem Investor) und die Kosten übernimmt der Staat (aka Steuerzahler). Guter Aktivist.

    • @fly:

      Oberflächlich ja, aber RWE hat nur Gewinnmaximierung im Kopf, das ist deren Job. Also wenig Interesse, ggf. profitable Bereiche abzustossen.

      a) Kohle ist nicht profitabel? Dann: warum sollte RWE das halten wollen?

      b) Kohle ist nicht profitabel: dann gehört das so schnell wie möglich beendet und beerdigt.

      Und der Staat sollte im Interesse haben, so schnell wie möglich die CO2-Emissionen zu senken und wirtschaftlich bedingte Prozesse (Landvernichtung, Dörfer abbaggern) zu beenden.

      Wer ausser WIR zahlt denn im Endeffekt sonst die Zeche für zuviel CO2?

    • @fly:

      Danke! Das dachte ich auch. Welchen Mehrnutzen hat davon die Umwelt? Für den "Aktivisten" egal...