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Koalitionsstreit wegen VerbrennerverbotDie FDP hält dagegen

Die Liberalen pochen auf Ausnahmen für Pkw, die nur mit synthetischen Kraftstoffen fahren. Damit könnte das EU-Aus für Verbrenner kippen.

Haben keine Zukunft, wenn es nach dem EU-Parlament geht: Autos mit Benzin- und Dieselantrieb Foto: Sabine Brose/imago

Berlin taz | Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) bekommt im Streit mit der FDP über das Aus für Verbrennerautos in der EU Rückenwind aus der Wissenschaft: Autos, die mit ­E-Fuels betankt werden, sind weitaus energieintensiver und umweltschädlicher als Fahrzeuge mit Elektroantrieb.

Zu diesem Schluss kommt eine am Donnerstag veröffentlichte Studie der renommierten Denkfabrik Transport & Environment (T&E). E-Fuels sind synthetische Kraftstoffe, die mit erneuerbarer Energie hergestellt werden können. Über ihren Einsatz ist in der Ampelregierung ein heftiger Streit entbrannt.

Bis diesen Freitag muss Lemke eine Einigung mit der FDP darüber erzielen, welche Position die Bundesregierung zum Aus von Autos mit Verbrennermotor auf EU-Ebene einnimmt. Der Hintergrund: Das EU-Parlament hat Anfang Juni beschlossen, dass ab 2035 keine Autos mit einem Benzin- oder Dieselantrieb in der EU mehr neu zugelassen werden dürfen.

In einem langwierigen Prozess haben sich die EU-Länder über diese Frage verständigt, denn sie müssen dem Aus zustimmen. Noch im März und im Mai hatte das Bundesumweltministerium nach einer Ressortabstimmung auch mit den zuständigen FDP-Ministerien auf EU-Ebene Zustimmung zum Ende des Verbrennerautos signalisiert, wie es das EU-Parlament beschlossen hat.

FDP will Ausnahmen

Nach der Abstimmung am 8. Juni preschten Verkehrsminister Volker Wissing und Finanzminister Christian Lindner aber mit der Forderung vor, dass es Ausnahmen von dem Verbot geben müsse für Fahrzeuge, die nur mit E-Fuels fahren. Ohne Änderungen in diesem Sinne sei eine Zustimmung Deutschlands nicht möglich, so Lindner.

Die FDP sieht sich auf einer Linie mit dem Koalitionsvertrag. Dort steht: „Außerhalb des bestehenden Systems der Flottengrenzwerte setzen wir uns dafür ein, dass nachweisbar nur mit E-Fuels betankbare Fahrzeuge neu zugelassen werden können.“ Der Flottengrenzwerte bezieht sich auf alle in der EU neu zugelassen Fahrzeuge.

Mit dem Koalitionsvertrag argumentiert allerdings auch die Bundesumweltministerin, die gegen Ausnahmen für Pkw ist. „E-Fuels können allenfalls außerhalb des bestehenden Systems der Flottengrenzwerte eine Rolle spielen, also bei Sonderfahrzeugen wie Baggern oder der Feuerwehr“, sagte sie. Die Ministerin setzt bei Pkw auf den Elektroantrieb, weil der energieeffizienter als synthetische Kraftstoffe ist.

Vorabstimmung am Freitag

Am 28. Juni muss Lemke die deutsche Position beim Treffen der EU-Umweltminister:innen präsentieren. Diesen Freitag bereits findet ein Treffen der EU-Botschafter statt, bei dem es eine Vorabstimmung geben soll. „Wir bereiten eine Weisung an den deutschen EU-Botschafter vor“, sagte ein Sprecher des Umweltministeriums. Dazu muss allerdings unter den beteiligten Ministerien geklärt werden, welche Position die Bundesregierung denn nun vertritt. Die FDP-Bundestagsfraktion ließ eine taz-Anfrage zu ihrer Position unbeant­wortet.

Sollte sich die FDP durchsetzen, könnte das Verbrenner-Aus auf EU-Ebene ganz scheitern. Eine Enthaltung der Bundesregierung hätte die gleiche Wirkung wie eine Nein-Stimme. Denn für die Annahme des Verbrenner-Aus ist eine so genannte qualifizierte Mehrheit erforderlich. Das sind 15 von 27 Mitgliedstaaten, die zusammen mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren.

Die FDP argumentiert, dass auch mit E-Fuels betankte Autos klimaneutral sind. Das stimmt so aber nicht, zeigt die Studie von T&E. „Synthetische Kraftstoffe sind keine Lösung für die Dekarbonisierung von Autos“, sagte Stef Cornelis, Direktor von T&E Deutschland.

E-Autos sind effizienter

Wird ein Auto mit synthetischen Kraftstoffen betankt, die ausschließlich mit erneuerbarem Strom hergestellt wurden, würde der Studie zufolge über den gesamten Lebenszyklus deutlich mehr CO2 emittiert als von einem Elektroauto. Ein Fahrzeug mit E-Antrieb ist demnach um 53 Prozent sauberer als ein Verbrennerauto, das mit ­E-Fuels fährt. Das ist vor allem mit massiven Energieverlusten bei der Herstellung der synthetischen Kraftstoffe und dem uneffi­zienten Verbrennermotor zu erklären.

Bei der Studie berücksichtigt wurden die Emissionen aus der Materialgewinnung, der Herstellung von Komponenten einschließlich Batterien, der Fahrzeugmontage und der Entsorgung. Labortests haben außerdem gezeigt, dass mit E-Fuels fahrende Autos genauso viele giftige Stickoxide ausscheiden wie mit Benzin betriebene.

Die Unterschiede beim Verbrauch sind zwischen E-Autos und mit synthetischen Kraftstoffen betriebenen Pkw gravierend. Der Analyse zufolge kommt ein elektrisch betriebenen Volkswagen ID.3 mit der selben Menge erneuerbarer Energie fünfmal weiter als ein VW Golf, der mit synthetischen Kraftstoffen fährt. „Ein BMW i4 könnte sechsmal weiter fahren als ein BMW 4er mit Verbrennungsmotor“, teilt T&E mit.

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12 Kommentare

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  • Wie so oft in der taz, fehlt auch hier der Link zur Studie. Hier ist er:



    www.transportenvir...-als-elektroautos/



    Und wie so oft in der Diskussion über erneuerbare Energien bleibt unberücksichtigt, dass man elektrische Energie nur in elektrischen und magnetischen Feldern speichern kann, dass jede "Lagerung" eine Umwandlung in andere Energieformen (und zurück) erfordert, mit entsprechenden "Verlusten", und entspechenden Kosten für eine Speicherinfrastruktur. Und spätestens bei Berücksichtigung der Tatsache, dass man E-Autos zum großen Teil mit rückverstromtem Wasserstoff (oder gar rückverstromten e-Fuels...) betreiben muss, sieht das Bild deutlich anders aus, als in der Studie beschrieben.



    Ja, der Gesamtwirkungsgrad von e-Fuels und Verbrennern ist nicht besonders erfreulich. Zum Vergleich sei allerdings der Gesamtwirkungsgrad von Mensch auf Fahrrad erwähnt: Der liegt bezogen auf Primärenergie deutlich unter 0,1 %.

    • @sollndas:

      M.W. ist der Wirkungsgrad bei Rennrädern extrem hoch, wie kommen Sie auf 0.1%? Das erscheint mir völlig falsch, das hiesse ja, dass der Mensch 1000 mal mehr Energie aufbringen müsste als das Fahrrad benötigt.

      • @Mitch Miller:

        Durchschittsmensch auf Fahrrad hat einen Muskelwirkungsgrad von bestenfalls 20 % ([1], Figure 3).



        Durchschnittsmensch wird mit Biomasse betrieben, die durch Photosynthese aus Sonnenlicht gewonnen wird. Die Photosynthese hat einen Wirkungsgrad von ca. 0,5 %.



        0,005 * 0,2 = 0,001 entsprechend 0,1 %.



        Dabei ist noch gar nicht eingerechnet, dass ein Teil der Biomasse für den Betrieb eines Menschen ungeeignet ist (z.B. das Weizenstroh), und der Wirkungsgrad des Durchschnittsrads (!= Rennrad) auch nicht. In Wirklichkeit ist der Gesamtwirkungsgrad also noch viel desaströser.



        [1] www.germanjournals...larbeit_9-2017.pdf

  • In einem Liter E-Fuel stecken 16 kWh Strom. Wer nun meint, künftig davon immer noch 7 Liter auf 100 km in die Luft blasen zu können (= 112 kWh). Der hat die gesamte Problematik hinter der Energiewende nicht verstanden, denn diese ist zwingend auf Effizienz angewiesen.

    Aber warum auch nicht, soll die FDP ihre E-Fuels bekommen. Solange dafür auch der gleiche Preis pro kWh anfällt wie beim Strom tanken habe ich damit kein Problem.

  • wahrscheinlich ist der Drops sowieso schon gelutscht und dieser FDP Streit ist unter Populismus zu verbuchen.



    Die Industrie ist auf dem Umstieg und eine zweite Antriebstechnik, noch dazu eine, die nicht mehr die Hauptmasse stellen wird ist aus BWL`erischen Gründen wohl schon tot. Das Geld für Entwicklung und Produktion bei geringeren Renditen wird wohl eher gespart werden.



    Das es evtl. doch sinnvoll sein könnte nach Alternativen zur E-mobilität zu suchen, steht auf einem anderen Blatt, aber das kommt dann in -zig Jahren, in der nächsten Krise... aber E-fuels werden es wohl eher nicht sein...

    • @nutzer:

      Es wird praktisch jedes Auto elektrisch fahren, auch eine Brennstoffzelle treibt letztlich E-Motoren an.

  • Man könnte meinen, diese Diskussion sei eine Nebensache, da es ja nur um eine eher kleine Anzahl an Fahrzeugen gehen würde.

    So ist es aber nicht, denn es geht vor allem darum, auch in Zukunft Autos bauen zu können, die irrwitzig übermotorisiert sind und dabei den "satten Sound" von sog. Boliden ausstoßen...

    Mit anderen Worten: hier soll DAS Kernelement des Autofetischismus (lt. Wikipedia sind Fetische Objekte zur Erlangung von Superkräften) fortgeführt werden.

    Die FDP möchte offenbar, dass sich eine arrogante Minderheit auch weiterhin als fauchende Raubtiere gerieren kann um der Welt ihre Überheblichkeit zu demostrieren...

    Schluss damit..!!

    • @Wunderwelt:

      Lassen Sie doch dem armen Christian Lindner seine Potenzprothese...!



      Der Mann hat doch sonst nichts.

  • "Autos, die mit ­E-Fuels betankt werden, sind weitaus energieintensiver und umweltschädlicher als Fahrzeuge mit Elektroantrieb."

    Dann erledigt sich das doch eh von selbst bzw. kann mit anderen Regularien abgeschossen werden.

  • Reiner Ideologie-Streit

    Wenn ein Fahrzeug "CO2-neutral" (gibt es das überhaupt?) fährt, dann ist es doch völlig egal, ob es ein Verbrenner-, ein Elektro-, ein Wasserstoff- oder IrgendwasSonst-Auto ist.



    Also ist die Festlegung auf ein Verbrennerverbot rein ideologisch zu sehen und nicht aus Umweltsicht.

    Das Verbot hätte heißen müssen "Alle Antriebsarten welche nicht "CO2-neutral" sind".

    Wobei: Keine einzige mir bekannte Antriebsart ist in Summe aller Faktoren CO2-neutral.

    • @Rudi Hamm:

      Nun ja, die Rechnung geht so nicht auf; mit synthetischen Kraftstoffen haben Sie am Ende eben doch mehr CO2/km, auch wenn Sie die komplette Herstellungskette beider Antriebsarten rechnen. Warum also die schlechtere Lösung akzeptieren, wenn wir eine weniger schlechte haben?

      Am Ende sind es aber natürlich 2 suboptimale Lösungen, die uns alle beiden suggerieren, dass wir in 10 Jahren immer noch einen eigenen PKW vor der Haustür haben und trotzdem die Guten sind. So wird das nichts mit der klimaneutralem Mobilität.

    • @Rudi Hamm:

      Nein, das hat rein GAR nichts mit Ideologie zu tun, sondern mit Wissenschaft und Fakten.

      Es ist auch Fuckt, dass das aus Umweltsicht NACHteilig ist.

      Und JA, man kann sehr wohl CO2-neutral fahren, jedes BEV macht das zu 100%. Nur betreiben...das ist ein anderer Schuh, das liegt aber nicht an der E-Technik, sondern am Verbraucher.

      Wohingegen E-fuel-Autos NIEMALS CO2-neutral fahren können....auch nicht emmissionsfrei, weder chemisch noch lärmtechnisch.