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„Letzte Generation“ benennt sich umKlimabewegung startet „Parlament der Menschen“

Früher hießen sie „Letzte Generation“ und klebten sich auf Straßen fest. Nun hat die „Neue Generation“ ein „Parlament der Menschen“ eröffnet.

Das „Parlament der Menschen“ in Berlin Foto: Soeren Stache/dpa

Berlin epd | Die Klimabewegung „Neue Generation“ hat am Freitag in Berlin vor dem Reichstagsgebäude ein „Parlament der Menschen“ gestartet. 60 Menschen wurden dafür ausgelost, um am Wochenende an gesellschaftlichen Prozessen teilzuhaben, erklärten die Aktivisten. Ziel sei es, einen Katalog an Prinzipien für eine „neue Generation der Demokratie“ zu erarbeiten.

Das Parlament soll regelmäßig stattfinden und immer neu ausgelost werden. Zentrales Thema der dreitägigen Arbeit sei, wie man den Einfluss von Geld auf Demokratie und Gesellschaft zurückdrängen könne. „Wir stecken in einer Demokratiekrise“, sagte die Aktivistin Emma Dorow. Den Bundestag bezeichnete sie als „Parlament des Geldes“.

Zudem kritisierte sie einen angeblichen Einfluss von Medienunternehmern wie dem Besitzer der Plattform X, Elon Musk, oder dem Springer-Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner. Man habe auf eine möglichst repräsentative Zusammensetzung des Parlaments geachtet, hieß es. Das Durchschnittsalter der Ausgelosten betrage 45,6 Jahre, etwa 28 Prozent hätten einen Migrationshintergrund. Unter den 60 Personen befinden sich demzufolge 29 Frauen, 28 Männer und drei non-binäre Menschen.

Als „Parlamentsgebäude“ dient eine Kuppel, die der auf dem Reichstagsgebäude ähnelt. Für das Auswahlverfahren wurden Personen online und telefonisch befragt. Unter den knapp 300 Interessierten wurde dann gelost.

Philosoph und Unternehmer Jascha Rohr begleitet Parlament

Die „Neue Generation“ räumte ein, das erste Parlament rekrutiere sich zu einem Großteil aus der Bewegung oder aus Sympathisierenden, trotzdem sei der Anspruch eine größtmögliche Diversität.

Die Arbeit des Parlaments soll unter anderem von dem Philosophen und Unternehmer Jascha Rohr begleitet werden. Er hatte demnach den von der vorhergehenden Bundesregierung eingesetzten Bürgerrat „Ernährung im Wandel“ mitgestaltet.

Kommende Woche soll zudem eine „Widerstandswelle in Berlin“ stattfinden, kündigten die Aktivistinnen und Aktivisten an. Lars Werner von der Bewegung sagte, man wolle weiterhin zivilen Ungehorsam leisten, etwa Polizeianweisungen nicht nachkommen. Der Protest solle aber „friedlich und respektvoll“ ablaufen.

Man sei „am meisten an Versöhnung interessiert, damit wir wieder zueinander kommen können“, erklärte Werner. An den Protestformen der „Letzten Generation“, bei denen sich Aktivisten unter anderem an Straßen klebten, hatte es immer wieder Kritik gegeben. Die „Neue Generation“ ist aus der „Letzten Generation“ heraus entstanden und setzt sich nach eigenen Angaben unter anderem für einen „grundlegenden Wandel hin zu einer lebendigen Erde und echter Demokratie“ ein.

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14 Kommentare

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  • Raider wurde damals auch in Twix umbenannt...sonst wurde nix geändert. Ebenso wird sich auch bei der LG nichts zum Besseren ändern...es bleiben die die gleichen verworrenen Ideologien und Konzepte (?) erhalten.

  • Die Grundidee ist gar nicht so dumm. Leider funktioniert ein „Parlament der Menschen“ nur, wenn man aus einer Population eine reine oder nach Kriterien gewichtete Zufallsauswahl trifft. Das würde aber voraussetzen, dass z. B. (a) Wahlämter die Daten der BürgerInnen zur Verfügung stellt, (b) ausgeloste „ParlamentarierInnen“ eine angemessene Aufwandsentschädigung bekommen und die Kosten für Sitzungen, Moderation, Recherchen usw. gedeckt sind. Dafür bräuchte es ein entsprechendes Gesetz und ein Budget.

    Trotzdem kann man auch kleiner anfangen und meine Erwartung an Die Linke wäre, dass sie in vielen Orten themenspezifische BürgerInnenversammlungen organisiert, um (i) ihren Dialog mit den BürgerInnen zu stärken, (ii) Selbstorganisation von BürgerInnen zu fördern und (iii) Menschen aus der repräsentativen Unmündigkeit locken und für demokratische Teilhabe zu mobilisieren.

  • Ach so, das neue ausgeloste Parlament rekrutiert sich großteils aus der Bewegung.



    Dann kann ja Nichts schiefgehen.

  • "Zudem kritisierte sie einen angeblichen Einfluss von Medienunternehmern wie dem Besitzer der Plattform X, Elon Musk,.."

    Aber TicToc ist Ok?

    • @weather2018:

      Ja, so ging der Satz sicherlich weiter.

  • Unser Parlament ist von Lobbyismus (Vertreter, die Profitmaximierung für ihre Unternehmen oder Verbände anstreben) durchsetzt. Der Einfluss geht so weit, dass Lobbyisten Gesetze vorschreiben, die dann kaum verändert umgesetzt werden. Unsere Politiker sind mit den Eliten der Wirtschaft sehr eng verbandelt. Herr Altmaier ging, nachdem er die Energiewende erfolgreich ausgebremst hatte, zu RWE. Herr Merz kommt geradewegs von Blackrock, einem der größten Vermögensverwalter der Welt. Für wen strebt er nun die Aktienrente an und möchte aus Bürgergeld eine Drohkulisse bauen? Es gibt viele weitere Beispiele. Eine Wahl gewinnt, wer die Eliten (inklusive der großen Verleger und Medienkonzerne) hinter sich bringen kann. „Parlament des Geldes“ halte ich daher für wohlwollend ausgedrückt.

    Übrigens: in Athen, der Geburtsstätte der Demokratie, wurden die Parlaments- oder Senatsmitglieder per Los gezogen.



    Und heute wissen wir, dass wenn die Stichprobe ausreichend groß ist, eine repräsentative Auswahl der Bevölkerung entsteht, also ein Parlament, in der alle Gruppen paritätisch vertreten sind. Nicht vornehmlich Eliten. Die Richtung stimmt daher auch schon mal.

    • @nothingness:

      Ausgeloste Parlamentarier dürften viel anfälliger für Korruption sein, als gewählte, weil sie nicht die Motivation für ordentliches Vehalten und Achtung des Bevölkerungswillens haben, wiedergewählt zu werden.



      Abgeordnete repräsentieren nicht Bevölkerungsgruppen, sondern politische Positionen. Man mag es bedauern, aber die politischen Positionen der Klimakleber (was immer die sind, letztendlich waren die politischen Forderungen der Letzten Generation immer ziemlich unkonkret), sind aktuell möglicherweise nicht mehrheitsfähig, das haben die letzten Wahlen gezeigt. Wenn man dann sagt, gut, dann sollten wir losen statt wählen, ist das jedenfalls nicht demokratisch.

    • @nothingness:

      Lobbyismus, ist doch in allen Regierungsformen vorhanden. Bei uns spielt Geld eine Rolle, woanders der Verwandtschaftsgrad und im real existierenden Sozialismus gab es auch halt den politischen Lobbyismus.

      Egal wer Lobbyismus betreibt, betrieb, es geht, ging immer um den eigenen Vorteil.

  • Die Bezeichnung "Parlament des Geldes" für den Bundestag klingt wie ein rechtsextremer Verschwörungsmythos. Die "Letzte Generation" zeigt deutlich, dass sie von Demokratie nichts hält.

    • @Budzylein:

      Wenn der Begriff aber doch gut zutrifft, sie Antwort de Posters darüber „nothingness“? Warum soll es dann ein Verschwörungsmythos sein - hast du Argumente gegen diesen Vorwurf?



      Weitere Beispiele:



      - Altkanzler Schröder (SPD) arbeitet direkt für russisches Gas. Fischer (Grüne) hat auch für eine Pipeline gearbeitet.



      - ganz aktuell: Katharina Reiche war in der Regierung, wechselte dann in den Lobbyismus und jetzt wieder zurück in die Regierung. Wow, da wundert’s mich nicht das RWE neue Gaskraftwerke bauen lässt



      - Verkehrsminister…

  • "Demokratiekrise" und „Parlament des Geldes"?

    Ist das nicht ein AfD-Narrativ, dass die Politiker der etablierten Parteien im Bundestag alle korrupt seien und wir nur eine Scheindemokratie hätten?

    Und die Mitglieder des eigenen Gegen-Parlamentes sind zufällig alles Gleichgesinnte?

    Nach dem Motto " Ich bin schon Demokrat, ich brauche keine Opposition."?

    Was soll daran dann divers sein?

    Die Begriffe " Letzte Generation " und " Klimaschützer" sind leider bereits verbrannt.

    Das hier macht nun wirklich nichts besser.

    • @rero:

      Der Begriff „Klimaschützer“ ist nicht verbrannt, die Leute haben nur den Finger in die Wunde gelegt und gezeigt wovon wir weg sollten.



      Da stehe ich nun erst recht, voll dahinter

    • @rero:

      Die AFD ist eine neoliberale Partei. Also die letzte Partei, die gegen ein „Parlament des Geldes“ wäre.

  • Das sind ja nun die wahren Demokraten: Weil ihnen die gewählten Parlamente nicht passen, ernennen sie einfach aus den Reihen ihrer Fans ein "Parlament der Menschen".



    Was ja auch die Frage aufwirft: Ist aus der Sicht der Letzte/Neuen Generation der Bundestag kein Parlament der Menschen? Und wenn nicht, was dann? Der Roboter? Der Reptiloiden?