Klima, Inflation und Trump: Umweltschutz und Wiener Würstchen
Der Discounter Penny erhöht seine Preise fürs Klima. Und die Inflation? Die lässt sich immer noch nicht an Eiskugelpreisen ablesen.
t az: Frau Herrmann, was war schlecht vergangene Woche?
Ulrike Herrmann: Donald Trump führt bei den Republikanern in allen Umfragen. Also werden wir wieder zittern müssen, ob dieser Produzent „alternativer Fakten“ nochmal US-Präsident wird.
Und was wird besser in dieser?
Der amerikanische Rechtsstaat ist noch intakt. Trump ist mehrfach angeklagt. Er selbst inszeniert sich zwar als Märtyrer, aber das hat er immer schon getan. Das bringt keine neuen Stimmen.
ist Autorin und Wirtschaftsredakteurin der taz. Letztes Jahr erschien ihr Buch „Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind – und wie wir in Zukunft leben werden“ im KiWi-Verlag. Sie ist die Urlaubsvertretung für Friedrich Küppersbusch.
Penny verlangt eine Woche lang Lebensmittelpreise, die die Umweltkosten miteinbeziehen. Würden Sie für Wiener Würstchen den doppelten Preis zahlen?
Nein, weil ich sowieso keine Wiener Würstchen esse und nie bei Penny bin. Die Aktion war aber interessant, weil sie alle Umfragen bestätigt hat: Vielen Menschen ist Umweltschutz sehr wichtig, aber er darf nichts kosten. So wird das nichts mit der Rettung des Klimas.
FDP-Finanzminister Christian Lindner will eine sogenannte Aktienrente. DGB-Chefin Yasmin Fahimi kritisiert das Vorhaben, zukünftige Renten durch Fonds abzusichern. Scheitert hier die Idee des Generationenvertrags?
Die Aktienrente ist eine ganz dumme Idee. Was Lindner wissen könnte, denn sie ist in der deutschen Geschichte bereits mehrfach gescheitert. Genau deswegen gibt es ja den Generationenvertrag: Er wurde 1957 unter CDU-Kanzler Adenauer eingeführt, weil die bis dahin gängigen Ansparmodelle zu einer extremen Altersarmut geführt hatten. Ist ja logisch: Es ist einfach ineffizient, Aktien zu erwerben oder Geld anderweitig zu investieren, um dann nur mit den Dividenden oder Zinsen die Renten zu zahlen. Da bleibt kaum etwas übrig für die Alten. Viel besser ist das Adenauer-Modell, wonach die Beschäftigten für die Rentner zahlen, ohne dass irgendwo Geld gebunkert wird.
Lebensmittel sind teuer geworden. Seit Generationen dient der Eiskugelindex der inoffiziellen Veranschaulichung von Inflation. Kann man wirklich an der Eiskugel ablesen, wie es wirtschaftlich um Deutschland steht?
Natürlich nicht. Die meisten Deutschen dürfte viel mehr interessieren, wie sich ihre Mieten entwickeln.
Das Unternehmen OpenAI wurde mit seinem Chatbot ChatGPT bekannt. Gründer Sam Altman führt jetzt die Digitalwährung Worldcoin ein. Bedeutet das die Weltherrschaft für OpenAI?
Nein. Worldcoin wird garantiert ein Flop. Auch andere Digitalwährungen sind schon gescheitert – zum Beispiel Libra (später Diem) von Facebook. Der Grund ist immer der gleiche: Die Erfinder verstehen gar nicht, wie Geld funktioniert. Sie denken, dass Geld vor allem ein Zahlungsmittel sei, mit dem man im Supermarkt einkaufen kann. Das ist ein Irrtum. Das Wichtigste am Geld ist, dass es in dem Moment aus dem Nichts entsteht, wenn ein Darlehen vergeben wird. Geld ohne Kredit gibt es gar nicht. Bei Krediten wiederum ist die Sicherheit entscheidend, dass sie auch zurückgezahlt werden. Deswegen gibt es Banken – und Zentralbanken. Diese ganze Finanzstruktur ist in Jahrhunderten gewachsen. Das kann man nicht einfach ersetzen, weil man Sam Altman oder Mark Zuckerberg heißt und dazu neigt, sich selbst zu überschätzen.
Die Inflationsrate im Euroraum sinkt auf 5,3 Prozent. Das ist der niedrigste Wert seit Anfang 2022. Geht es mit der Wirtschaft jetzt bergauf?
Es ist immer schön, wenn hohe Inflationsraten wieder sinken. Trotzdem wäre es falsch, vor allem auf die Geldentwertung zu starren. Entscheidend für die Zukunft ist, ob es gelingt, bis 2045 klimaneutral zu sein.
Das deutsche Fußballteam der Frauen ist wie das der Männer in der Vorrunde der WM ausgeschieden. Sollten die Öffentlich-Rechtlichen in Zukunft so viel Geld für die Übertragungsrechte ausgeben?
Vorweg: Ich habe keinerlei Ahnung von Sport. Trotzdem finde ich es richtig, wenn der Staat Fußball oder andere Sportarten indirekt subventioniert, indem er Übertragungsrechte kauft. Denn Sport ist nun einmal das kulturelle Ereignis, für das sich eine große Mehrheit leidenschaftlich interessiert. Der Staat darf nicht nur Kulturformen unterstützen, die von einer kleinen Minderheit goutiert werden – also Theater, Museen und Oper. Schon jetzt geht es sehr ungerecht zu: Pro Kopf erhält jeder Opernbesucher sehr viel mehr staatliches Geld als ein Fußballfan.
Fragen: Karin Stork und Eva Keller
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Selenskyj bringt Nato-Schutz für Teil der Ukraine ins Gespräch