Kita- und Schulöffnungen im Lockdown: Ihr Kinderlein kommet

Der Lockdown wird wohl bis zum 28. März verlängert. Dennoch will der Berlin ab Montag die Kitas wieder voll öffnen. Schulen werden auch voller.

Wackelpartie: Gehen die Kitaöffnungen gut in der Pandemie? Foto: picture alliance/dpa | Dorothée Barth

BERLIN taz | Der Lockdown in Deutschland wird wohl bis zum 28. März verlängert – doch Berlin will die Kita-Türen trotzdem sperrangelweit öffnen. Schon ab kommenden Dienstag, der Montag ist in Berlin Frauen- und also Feiertag, sollen „alle Kinder wieder ein Betreuungsangebot erhalten“, sagte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Dienstag.

In den Grundschulen sollen außerdem die Klassen 4 bis6 zurück in den Wechselunterricht aus Homeschooling und Präsenzunterricht in Kleingruppen kommen. Bisher sind nur die Klassen 1 bis 3 tageweise in der Schule. Die Präsenzpflicht bleibe aber weiter ausgesetzt, „um insbesondere besorgten Eltern entgegenzukommen“, hieß es. In einem zweiten Schritt könnten ab dem 17. März die Klassen 10 bis 13 in den Oberschulen zurückkommen.

Insbesondere für die Kitas wäre die Rückkehr zum de facto Normalbetrieb ein großer Öffnungsschritt: Alle Kinder sollen ab dem 9. März wieder ein Betreuungsangebot von „mindestens 7 Stunden/Tag“ bekommen. Seit Weihnachten fahren die Kitas im Notbetrieb, nur Eltern aus systemrelevanten Berufen haben einen Anspruch. Viele Kitas haben die Öffnungszeiten reduziert.

Der Schritt erfolge nun „vor dem Hintergrund des stabilen, sehr geringen Infektionsgeschehens in den Berliner Kitas in den vergangenen Wochen“, sagte Scheeres. Allerdings waren seit Weihnachten eben auch deutlich weniger Kinder in den Kitas: Bei maximal 60 Prozent Auslastung war Schluss. Schnelltests und „umfangreiche Schutzmaßnahmen“ sollen die Öffnungen nun begleiten, so Scheeres.

Die Zahl der Coronaneuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche ist wieder gestiegen. Am Montag lag der Inzidenzwert bei 66,3 – etwas höher als am Tag davor. Berlins Coronawarnampel zeigt an dieser Stelle seit Langem auf Rot.

Der Coronagipfel Am Mittwoch beraten die Regierungschefs der Länder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), ob Lockerungen der Coronamaßnahmen möglich sind und ob der bis 7. März befristete Lockdown verlängert wird. (dpa)

Impfungen und Schnelltests laufen indes nur zäh an. Bis zum gestrigen Dienstag sollten die Kita-Träger laut Scheeres’ Sprecherin eigentlich ihr Personal melden, damit die Gesundheitsverwaltung „so schnell wie möglich“ Impfeinladungen versenden könne. Doch längst nicht alle Kitas sind schon so weit.

Freiwillige Schnelltests

„Wir sind noch dabei, die Schulungen für die Schnelltests für unsere Mitarbeiter zu organisieren“, sagt Maria Lingens, Kita-Referentin bei der Arbeiterwohlfahrt, die rund 60 Kitas in Berlin betreibt. Zwei Millionen Schnelltests wurden seit Mitte Februar an Schulen und Kitas geliefert. Auf freiwilliger Basis sollen sich die PädagogInnen nun von ihren geschulten KollegInnen zweimal pro Woche testen lassen können.

Ganz ausgemacht ist Berlins Fahrplan für diese Kita- und Schulöffnungen noch nicht: Wie immer gelten alle Entscheidungen zu weiteren Öffnungsschritten „vorbehaltlich der Beschlüsse“ mit der Kanzlerin und „der weiteren Entwicklung des Infektionsgeschehens“, hieß es am Dienstag.

Von der Gewerkschaft GEW kommt heftige Kritik: „Der Gesundheitsschutz der Kolleginnen und Kollegen bleibt mal wieder völlig außen vor“, sagt Landesvorsitzende Doreen Siebernik der taz. Der Eindruck aus den Kitas sei: Die Schnelltests liefen nur zäh an, auch Impftermine seien noch längst nicht in Sicht – und trotzdem öffne man. „Der Frust wird hochkochen.“

Kita-Träger und Elternverbände fordern stattdessen seit Längerem, lieber auf einen Wechselbetrieb in stabilen Kleingruppen umzuschwenken. „So könnte man allen Eltern ein Angebot machen, wenn auch ein reduziertes – und das würde alle Beteiligten entlasten“, sagt auch AWO-Referentin Lingens.

Unklar ist auch noch, wie schnell die angekündigten Selbsttests für SchülerInnen tatsächlich kommen, die ebenfalls weitere Öffnungsschritte flankieren sollen. Die Gesundheitsverwaltung hatte am Montag den 8. März als Datum genannt.

„Wir brauchen die Selbsttests für die Schülerinnen und Schüler dringend, wenn wir weiter öffnen wollen“, sagt Guido Landreh, Schulleiter an der Reinhold-Burger-Sekundarschule in Pankow. Bei den Schnelltests fürs Personal seien inzwischen alle Lehrkräfte geschult, am Donnerstag biete man die Tests zum ersten Mal an. An den Oberschulen sind derzeit die Abschlussklassen im freiwilligen Präsenzbetrieb. Ob sich tatsächlich viele KollegInnen testen lassen werden, wisse er nicht, sagt Landreh – „die Nachfrage war bisher überschaubar“.

Selbsttests für SchülerInnen?

Auch Arnd Niedermöller, Schulleiter am Lichtenberger Immanuel-Kant-Gymnasium und im Vorstand der Vereinigung der Oberstudiendirektoren Berlin, sagt: „Es ist schön, dass die Kollegien sich testen lassen können, aber das nimmt nicht das Bedrohungsgefühl.“ Was man für weitere Öffnungen brauche, seien flächendeckende Tests für die SchülerInnen.

Ob es zu der von Berlin avisierten Selbstteststrategie überhaupt kommt, ist indes fraglich. In der Beschlussvorlage für das Bund-Länder-Treffen ist von Selbsttests in Schulen und Kitas keine Rede, lediglich von Schnelltests „einschließlich einer Bescheinigung über das Testergebnis“. Zudem würden ab kommende Woche nicht nur ErzieherInnen ohne Impfschutz vor vollen Gruppen stehen. Für die Grundschullehrkräfte gibt es laut Scheeres’ Sprecher noch überhaupt keinen Zeitplan für Impftermine, man sei aber „in den Vorbereitungen“. Derzeit lädt Berlin nur LehrerInnen an Förderzentren zum Impfen – obwohl auch Grundschullehrkräfte laut Impfverordnung jetzt geimpft werden könnten.

Jenseits der Schulen strebt der rot-rot-grüne Senat keine weitreichenden Öffnungen an. Während Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) für das Gipfeltreffen am Mittwoch durchaus Perspektiven für Öffnungen sah, hieß es nach der Senatssitzung am Dienstag: „Wir werden vorsichtig bleiben müssen. All das, was wir nicht öffnen, bleibt im Lockdown.“

Ob Berlin wie schon Brandenburg Gärtnereigeschäfte öffnet, ließ man ebenfalls offen. Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) hatte am Montag im Landtag die unterschiedlichen Regelungen zwischen Berlin und Brandenburg bedauert. In Brandenburg etwa gibt es schon seit Wochen wieder Präsenzunterricht für die Abschluss­klassen.

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