Kampf gegen die Inflation: Leitzinserhöhung der EZB ist fatal
Die geplante Leitzinserhöhung der EZB birgt das Risiko einer wirtschaftlichen Rezession. Auch gegen die Inflation ist sie derzeit das falsche Mittel.
D ie EZB wird diese Woche beschließen, die Leitzinsen zu erhöhen. Das Anleihekaufprogramm wurde bereits heruntergefahren. Beide Entscheidungen sind zum jetzigen Zeitpunkt ein großer Fehler. Sie beruhen auf der Hoffnung, die Inflation wieder auf ein erträgliches Maß drücken zu können. Doch genau dieses Ziel wird verfehlt. Stattdessen droht eine wirtschaftliche Rezession bei weiterhin hoher Inflation.
ist Professor für Politische Ökonomie und Nachhaltigkeit an der Universität Witten/Herdecke. 2021 erschien bei Suhrkamp sein Buch „Zentralbankkapitalismus“.
Höhere Leitzinsen machen Kredite teurer. Also investieren Firmen weniger. Zudem muss der Staat mehr Geld für seine Schulden aufwenden. Es werden insgesamt weniger Jobs geschaffen und weniger Menschen angestellt. Auch das eigentliche Ziel wird verfehlt, weil eine moderate Leitzinserhöhung die Geldentwertung kaum beeinflusst, da es sich vor allem um eine importierte Inflation handelt: Die Preise steigen vor allem durch Lieferkettenprobleme und die hohen fossilen Energiekosten, aber auch aufgrund höherer Profitmargen einiger Firmen.
Diese Faktoren lassen sich nicht durch höhere Leitzinsen steuern. Nur wenn die Zinsen so stark angehoben würden, dass die Ökonomie schrumpft, lässt auch die Inflation nach. Leidtragende wären die unteren Einkommensgruppen. Gleichzeitig führte die angekündigte Zinswende dazu, dass die Risikoprämien für die Staatsanleihen der einzelnen Euroländer auseinanderdriften. Die Stabilität der Eurozone ist damit in Gefahr. So muss zum Beispiel Italien jetzt deutlich mehr Zinsen zahlen als Deutschland.
Die Eurozone schwächelt, Zinserhöhungen wären fatal
Leitzinserhöhungen können sinnvoll sein, um eine überhitzte Wirtschaft abzukühlen. Doch derzeit schwächelt die Eurozone. Zinserhöhungen wären daher fatal, denn sie würden die Krise vertiefen und zugleich staatliche Konjunktur- und Sozialprogramme verteuern.
Gut 50 Prozent der Inflation geht auf die fossilen Brennstoffe zurück. Wir sollten uns von ihnen unabhängig machen, indem wir Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltig umbauen. Die EZB sollte diese Politik durch den Ankauf von Staatsanleihen unterstützen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau