Kabarettist über Friedrich Merz: „Er bietet Angriffsfläche“
CDU-Vorsitz-Kandidat Merz ist ein Traum für jeden Kabarettisten, findet Reiner Kröhnert. Man denke an die Blackrock-Geschichte oder den Satz zum Mittelstand.
taz: Herr Kröhnert, Sie haben schon vor fast 20 Jahren Friedrich Merz, als der Fraktionsvorsitzender von CDU/CSU war, in Ihren Shows ziemlich gut parodiert. Haben Sie ihn spontan wieder ins Programm genommen?
Reiner Kröhnert: Ja, aber erst mal nur für einen kurzen Auftritt. Abrakadabra, Steuer-Bierdeckel raus, ich bin wieder da: Ich bin die Alternative zur Alternative für Deutschland, ich bin das Menetekel zum Wir-schaffen-das-und-Gutmenschen-Mantra. Die große Nummer aber hebe ich mir auf, falls er gewinnt.
Für Sie als Parodist ist das Merz-Comeback ja ein Glücksfall. Sie können ihn problemlos hervorholen, weil Sie ihn von früher noch drauf haben.
Ja, vielleicht kommt Volker Rühe (ehemaliger Verteidigungsminister unter Helmut Kohl, Anm. d. Red.) auch noch zurück und taucht im Schattenkabinett von Merz auf. Er hat sich ja neulich für Merz stark gemacht.
Bei der Regionalkonferenz der drei CDU-KandidatInnen in Rheinland-Pfalz sagte Merz, dass er ganz in der Nähe seine Ausbildung zum Fahnenjunker bei der Bundeswehr absolviert hat. Das ist doch ein Traum für jeden Kabarettisten: Ein Wort wie Fahnenjunker hat man lange nicht mehr von einem Politiker gehört. Da steckt das alte Nationalkonservative drin.
Ja, Merz bietet mehrere Angriffsflächen. Die Blackrock-Geschichte oder der wunderbare Satz mit dem gehobenen Mittelstand. Das entspricht einer gewissen christlichen Logik, die er hat: Wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht, Matthäus 23. Oder seine Angeberstory früher bei seinem Streit mit Joschka Fischer wegen dessen linksradikaler Vergangenheit: dass er als Jugendlicher mal lange Haare trug und mit dem Motorrad durch die Gegend fuhr.
Welcher der drei CDU-KandidatInnen wäre am dankbarsten für Sie?
Merz, auf jeden Fall. Ich hatte eigentlich in den vergangenen Monaten an Jens Spahn gearbeitet, das Comeback von Merz kam für mich überraschend. Spahn bietet auch einiges, wie seine Hartz-IV-Äußerung („Hartz IV bedeutet nicht Armut“, Anm. d. Red.). AKK wäre für mich ein echtes Stück Arbeit.
Gleichzeitig machen auch rhetorisch unauffällige Politiker Karriere. Wie soll man denn Olaf Scholz oder Kevin Kühnert imitieren?
Die bleiben meistens auf einer bestimmten Karrierestufe stehen, die kann man dann vernachlässigen. Bei den schwer zu imitierenden Politikern ist es oft so, dass deren Karriere dann auch bald zu Ende ist, wie aktuell bei Andrea Nahles. Ansonsten, wo manche derzeit von Weimarer Verhältnissen reden, ist es hochinteressant, mit historischen Figuren zu arbeiten. In meinem aktuellen Programm lasse ich Hitler und Honecker gemeinsam auftreten. Die treffen sich in der Hölle und müssen sich bei mir miteinander auseinandersetzen.
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