Israel und Ukrainekrieg: Israel besser verstehen
Verteidigungspolitik wird durch den Krieg wichtiger. Vielleicht hilft es uns, die israelischen Sicherheitsinteressen besser nachzuvollziehen.
I sraels konstante Sorgen um seine Sicherheit scheinen manchen übertrieben. Fast schon mit einer gewissen Überheblichkeit beobachten wir in Deutschland und Europa israelische Verteidigungspolitik und scheuen uns nicht, mit erhobenem Zeigefinger zuallererst auf die Einhaltung von Menschenrechten hinzuweisen.
Ein Grund hierfür ist die unterschiedliche Ausgangslage. Während Israel lange nur von Feinden umgeben war, fühlte sich Deutschland „von Freunden umzingelt“, wie Johannes Rau einmal formulierte. Über Jahrzehnte wurden europäische Werte und Ideale mehr und mehr zum alleinigen Aushängeschild deutscher Außenpolitik. Ein Luxus, den wir uns nicht mehr leisten können. Bereits 2014 schrieb Henry Kissinger mahnend, Europa befinde sich zwischen einer Vergangenheit, die es überwinden wolle, und einer Zukunft, die es noch nicht definiert hätte.
Der Krieg in der Ukraine erzwingt ein rasches Weiterdenken. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine macht deutlich, dass Diplomatie nur auf fruchtbaren Boden stößt, wenn alle Beteiligten tatsächlich Interesse an einem friedlichen Miteinander haben und bereit sind, sich an die Regeln der internationalen Gemeinschaft zu halten. Dafür braucht es eben auch eine starke militärische Komponente – zur Abschreckung und im schlimmsten Fall auch zur Verteidigung.
Solche Erfahrungen muss Israel seit der Staatsgründung immer wieder machen. Vielleicht gelingt es uns jetzt besser, die israelische Perspektive nachzuvollziehen. Der Krieg in der Ukraine wird den Kurs der Außen- und Sicherheitspolitik für die nächsten Jahrzehnte bestimmen. Israel ist Europas wichtigster Partner im Nahen Osten, dessen sicherheitspolitische Interessen wir ernst nehmen und unterstützen sollten.
Carsten Ovens ist Geschäftsführer des deutschen Zweigs des European Leadership Networks (ELNET). Er war von 2015 bis 2020 für die CDU Mitglied der Hamburger Bürgerschaft.
Gleichzeitig bietet sich Israel aufgrund seiner Erfahrungen einmal mehr als starker Partner für Europa an. Wir erleben nicht das Ende der Geschichte, gleichwohl aber ein neues Kapitel der europäischen Politik. Es geht darum, Frieden und Freiheit auch für kommende Generationen zu sichern.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott