Inhaftierte Antifa-Person: Linke besuchen Maja T.

Die antifaschistische Person sitzt seit Juni in Haft in Budapest. Dort kritisierten Martin Schirdewan und Martina Renner die Haftbedingungen.

Im Juli versammelten sich in Bremen etwa 200 Demonstranten, um gegen die Inhaftierung in Ungarn zu protestieren Foto: Golejewski/Adora Press

BUDAPEST taz | Zu wenig Essen, Zellendurchsuchungen, Kakerlaken: Maja T.’s Haftbedingungen in der Justizvollzugsanstalt in Budapest scheinen katastrophal. Seit Ende Juni ist die antifaschistische Person aus Thüringen in Untersuchungshaft in Budapest. Das heißt: in einer Einzelzelle mit konstanter Videoüberwachung. Am Mittwoch haben Martin Schirdewan, Vorsitzender der Partei Die Linke, und Martina Renner, innenpolitische Sprecherin der Linken-Gruppe im Bundestag, Maja T. in Budapest besucht.

Im Gespräch danach berichten sie, dass T. in einer acht Quadratmeter kleinen Zelle mit Bettwanzen und Kakerlaken eingesperrt lebt und tagelang mit niemandem sprechen kann. Regelmäßige Zellendurchsuchungen seien an der Tagesordnung, nach Kontakt mit Angehörigen auch mit Komplett­entkleidung. Maja T. bekomme nicht genug Essen, werde vom Personal angebrüllt und beleidigt, zum Beispiel als „Terrorist*in“.

Im Februar 2023 soll Maja T. mit weiteren An­ti­fa­schis­t*in­nen aus der Autonomen Linken ungarische Neonazis auf dem Gedenkmarsch zum „Tag der Ehre“ angegriffen haben. Dieser ist vergleichbar mit dem höchsten Feiertag für die extreme Rechte in Ungarn. Die Teilnehmenden gedenken jedes Jahr einem Ausbruchsversuch ungarischer, mit den Nazis verbündeter, Truppen aus einem Kessel der Roten Armee im Jahr 1945. Maja T. und weiteren An­ti­fa­schis­t*in­nen aus dem Ausland wird schwere Körperverletzung vorgeworfen. Sie sollen die Demonstrierenden mit Metallstangen, Gummihämmern und Pfefferspray angegriffen haben. Die ungarischen Behörden werfen T. vor, Mitglied einer kriminellen Vereinigung zu sein. Deren Ziel soll es gewesen sein, Rechtsextreme anzugreifen.

Im Dezember war Maja T. In Berlin festgenommen worden und ein halbes Jahr in Dresden in Haft. Im Juni hat das Berliner Kammergericht dem Gesuch der ungarischen Behörden, Maja T. nach Budapest auszuliefern, stattgegeben. Noch in der Nacht war T. vom sächsischen Landeskriminalamt nach Ungarn gefahren worden – beziehungsweise zunächst mit einem Helikopter nach Passau geflogen. Renner berichtet, dass Maja T. auf der Durchreise in Österreich ein Sack über den Kopf gezogen wurde. „Die Auslieferung muss abgelaufen sein wie ein Anti-Terroreinsatz“, sagt sie. „Mit schwer bewaffneten Polizist*innen, Blaulicht und gesperrten Straßen.“

Auch Amnesty International schaltet sich ein

T.’s Anwälte Sven Richwin und Maik Elster stellten damals zwar noch am Morgen einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht. Die Anweisung aus Karlsruhe, die Auslieferung zu verhindern, kam dreieinhalb Stunden später und damit 50 Minuten zu spät. Maja T. war bereits um 10 Uhr den ungarischen Behörden übergeben worden. Richwin sprach von einer „Nacht- und Nebelaktion.“

Kritik am Vorgehen der deutschen Behörden kam auch aus Solidaritätsbündnissen um Maja T. sowie der Politik. „Es gibt keine faktische oder juristische Grundlage dafür, das Verfahren nicht in Deutschland zu führen“, sagt Renner in Budapest. Sie kritisiert die Auslieferung als politische Entscheidung des LKA Sachsen und des sächsischen Innenministeriums, „um die vermeintliche Gefahr von linksradikalem Terrorismus hochzureden und von der realen Gefahr des Rechtsextremismus abzulenken.“

„Uns geht es jetzt darum, dass das Verfahren unter rechtsstaatlichen Bedingungen stattfinden kann“, sagt Schirdewan. „Wir fordern den Bundesjustizminister auf, tätig zu werden, um Maja nach Deutschland zurückzuholen.“

Menschenrechtsorganisationen wie Helsinki Comittee for Human Rights haben die Haftbedingungen in ungarischen Gefängnissen kritisiert. Amnesty International kritisierte auf der Plattform X das Vorgehen der deutschen Behörden als „unverständlich & rechtstaatlich bedenklich.“

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