Hungerstreik für Klimaschutz: Den Erpressungsvorwurf entkräften
Die Protestierenden in Berlin setzen diese Woche doch nicht auf die ultimative Eskalationsstufe und gehen noch nicht in den Durststreik.
Sie tun es, wie sie sagen, um Bundeskanzler Olaf Scholz die Möglichkeit einzuräumen, sich in dieser Woche mit ihnen in Verbindung zu setzen. Es gehe ihnen insbesondere darum, dem vom Kanzler an sie herangetragenen Vorwurf der Erpressung zu begegnen. Zu Recht wollen sie nicht, dass der totale Hungerstreik, den sie bereit sind einzugehen und der innerhalb weniger Tage zum Tode von einem oder beiden geführt hätte, nur als weitere erpressende Eskalationsstufe beschrieben wird.
Reflexartig wird dieses Erpressungsmoment auch in den Medien diskutiert. Juristisch aber ist, was die Hungerstreikenden tun, keine Erpressung, denn sie schaden dem Bundeskanzler nicht und drohen ihm auch keinen Schaden an. Wenn jemand zu Schaden kommt, dann sie selbst. Sie wollen einzig, dass Scholz die wissenschaftlich belegten Fakten offen ausspricht und den Deutschen die Wahrheit sagt: dass die Erderwärmung in die Klimakatastrophe führt, dass es kein Restbudget an CO2 mehr gibt, das noch verbraucht werden kann, sondern dass jetzt radikal umgesteuert werden muss.
In der Regierungserklärung von Donnerstag hat Scholz diesbezüglich die Chance nicht genutzt. Er berichtete nur, dass er in diesem Jahr bereits viermal in Überschwemmungsgebiete gefahren sei. Er nimmt das Wort „Klimawandel“ in den Mund, dem er aber ausschließlich mit Anpassungsmaßnahmen begegnen will und nicht mit einer radikalen Einschränkung des CO2-Ausstoßes.
Adrian Lack, der zuletzt wie Wolfgang Metzeler-Kick schon seit Tagen auch keine Säfte mehr trank, wird zusammen mit den beiden anderen Hungerstreikenden weiter hungern. Jetzt aber wieder mit Säften. Metzeler-Kick macht eine Pause und „geht ins Refeeding“, wie die Wiedergewöhnung des Körpers an Nahrung genannt wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt