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Höhere Kosten für StromEhrlichkeit aus der Steckdose

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Viele klagen über die steigenden Strompreise. Doch dass sie steigen, ist nur richtig – angesichts der Stromverknappung durch den Kohleausstieg.

Weil der Kohleausstieg die Strommengen verknappt, muss Strom teurer werden Foto: Michael Probst/ap

E s herrscht Nervosität an den Energiemärkten. Wer die Strompreise im Terminhandel der letzten Tage im Auge hatte, konnte beachtliche Sprünge erleben. Dass der Preis für einen Jahreskontrakt der Grundlast binnen zwei Stunden um mehr als 20 Euro je Megawattstunde schwankt – was zum Beispiel am letzten Donnerstag der Fall war –, ist unüblich. Solche Ausschläge sind mit fundamentalen Marktdaten kaum zu begründen, dafür bedarf es einer gehörigen Portion Verunsicherung.

Sieht man allerdings von den spekulativ bedingten Preissprüngen und zeitweiligen Übertreibungen ab, die jede Börse kennt, so muss man feststellen, dass die Strommärkte gerade eine ihrer vornehmsten Eigenschaften zeigen. Eine, die in der politischen Debatte rund um die Energiewende oft zu kurz kommt: die Ehrlichkeit. Während die Politik tolle Ziele in die Welt setzen und die Folgen verdrängen kann, suchen die Märkte den Realismus. Zwangsläufig.

Beispiel CO2: Wenn die Politik die zulässigen CO2-Budgets kappt, dann muss CO2 teurer werden. Das klassische Spiel von Angebot und Nachfrage eben – alles andere anzunehmen wäre naiv.

Dass die CO2-Preise dann auf die Strompreise durchschlagen, ist ökonomisch ebenso folgerichtig, solange noch fossile Kraftwerke die Versorgung absichern müssen. In welchem Maß der CO2-Preis schließlich auf den Preis von Energie aus Kohle und Erdgas durchschlägt, ergibt sich ohnehin per Naturgesetz. Das nennt sich Stöchiometrie. Diese beschreibt auf Basis der chemischen Zusammensetzung eines Stoffs dessen CO2-Emission bei Verbrennung.

Das Fazit also: Was die Strommärkte gerade zeigen, mag in Teilen überzeichnet sein. In der Grundtendenz aber spiegeln die Preise nur die Ziele der Politik wider, vor allem den Willen zum Kohleausstieg. Welche Konsequenzen – auch sozialpolitischer Art – man daraus zieht, muss die Gesellschaft diskutieren. Dazu müssten aber alle Akteure erst einmal anerkennen, dass die Strompreise angesichts der Klimaschutzziele weiter steigen werden. An dieser Erkenntnis jedoch hapert es noch.

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Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
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16 Kommentare

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  • 2G
    26152 (Profil gelöscht)

    "Hier handelt es sich um ein klassisches Oligopol, daher gelten die Marktgesetze nur sehr eingeschränkt. Hinzu kommt, dass der Strompreis hochgradig politisch beeinflusst wird."

    Ist das wahr?!



    Na, wer hätte das nur gedacht?! Sie vielleicht, oder sie, oder vielleicht sie?!



    Wieder ein Beispiel mehr dafür, wie Spekulantentum und sonstige "Interessengemeinschaften" den Markt sehen und damit ihre Spielchen treiben!



    Legt doch gleich noch auf die Grundnahrungsmittel zusätzlich Steuern und Gebühren, bevor es noch gesetzlich verboten werden könnte!

  • "Viele klagen über die steigenden Strompreise. Doch dass sie steigen, ist nur richtig – angesichts der Stromverknappung durch den Kohleausstieg."

    Na, dann lasst uns wieder in die Atomkraft einsteigen, so wie Frankreich es plant, und die Strompreise werden wieder fallen.

    • 2G
      26152 (Profil gelöscht)
      @Elena Levi:

      "Na, dann lasst uns wieder in die Atomkraft einsteigen, so wie Frankreich es plant, und die Strompreise werden wieder fallen."

      Die Strompreise würden dann wieder fallen?!



      Das glaube ich erst, wenn ich das auf meiner Rechung sehe.



      Das Einzige was bei denen fällt sind die letzten moralischen und ethischen Hemmungen bezüglich ihrer "Gewinnoptimierung"!



      Was "die" erst einmal in der Kralle haben, dass siehst du nie wieder!

  • Momentan hängen die Strompreise mehr davon ab, wie viele Panzer Putin in der Nähe der ukrainischen Grenze bewegt.

    • 8G
      86548 (Profil gelöscht)
      @meerwind7:

      So ist es. Und die Panzer fahren komischerweise immer im Winter.

  • 2G
    26152 (Profil gelöscht)

    "Der tagesaktuelle Börsenhandel von Strom verteuert die Verbraucherkosten ganz erheblich, zumal dieser Stromhandel nur mit unsinnigen Konstruktionen überhaupt umsetzbar ist. Ähnliches gilt für die Gasbörse."

    Eben!



    Durch Spekulanten und anderer fehlgeleiteter Pleitegeier werden Preise hochgetrieben, dass es für die "Verdiener" dieser Branche kein Morgen mehr gibt!



    Sollte das noch länger so weitergehen und die Preise weiterhin steigen und steigen, könnte es tatsächlich für viele Spekulanten keinen Morgen mehr geben! Einfach mal drüber nachdenken, bevor gleich wieder mit sonstwas gedroht und angestempelt wird, denn die Zeche zahlt der dumme Endverbraucher, der für diese Sorte von "Verdienstoptimierer" eh nur Schlachtvieh und Mensch letzter Klasse zu sein scheint!



    Wer die Einschläge noch merken sollte, bitte einen Schritt vor!



    Hier nur EIN Beispiel dafür, was für ein Schwachsinn da abgeht!



    youtu.be/EFDmDJvuc4k

  • das ist Unfug.

    "Während die Politik tolle Ziele in die Welt setzen und die Folgen verdrängen kann, suchen die Märkte den Realismus. Zwangsläufig."

    Der Stromhandel an der Börse sucht nicht den günstigsten Preis für die Verbraucher, sondern den maximalen Verdienst für die Händler (nicht mal der Erzeuger)



    Der tagesaktuelle Börsenhandel von Strom verteuert die Verbraucherkosten ganz erheblich, zumal dieser Stromhandel nur mit unsinnigen Konstruktionen überhaupt umsetzbar ist. Ähnliches gilt für die Gasbörse.



    Man muß sich schon etwas tiefergehend damit befassen, als einfach die neoliberale Marktgläubigkeit in grünem Gewand zu reproduzieren.

    • @nutzer:

      Es ist für mich überraschend das so ein Kommentar in die TAZ kommt. Es wird hier verkürzt dargestellt, dass die ökologische Stromerzeugung den Aufwand erhöhen. Die Energieerzeugungskosten wären eine tiefere Betrachtung wert, dann würden Sie schnell erkennen das Börsen , bei allen Schwächen ein sinnvolles Steuerungsinstrument für einen Markt sind. Die Zocker müssen wir von den Börsen fern halten, damit sie wieder funktionieren können. Die Schnäppchenjagd der Verbraucher sollten sie dabei als ein Teilproblem zu Kenntnis nehmen.

    • 8G
      86548 (Profil gelöscht)
      @nutzer:

      Kann in dem Artikel keinen Unfug erkennen. Eher eine solide Analyse, warum die Preise steigen.

    • @nutzer:

      Tja, wenn hier die Marktgesetze mal gelten würden.



      Hier handelt es sich um ein klassisches Oligopol, daher gelten die Marktgesetze nur sehr eingeschränkt. Hinzu kommt, dass der Strompreis hochgradig politisch beeinflusst wird.



      Und nicht zuletzt hat der reine Energiepreis in der Gesamtkalkulation nur einen geringen Anteil - die Transport- und Netzkosten sind weit höher.

    • @nutzer:

      Aber ist die Energiewende nicht ohnehin eine neoliberale, marktradikale Veranstaltung im grünen Gewand?



      Denn in der Tat gibt es keine gesellschaftliche Diskussion darüber, wie die Energiewende bewältigt werden kann, ohne viele Millionen Verlierer, die schon jetzt vorprogrammiert sind.

      • 8G
        86548 (Profil gelöscht)
        @Rolf B.:

        Wie bolzkopf feststellt, sind die staatseingriffe in den Energiemarkt massiv. Da kann man beim besten Willen nicht von neoliberal oder marktradikal sprechen. Es ist eher genau das Gegenteil.

        • @86548 (Profil gelöscht):

          Danke für den Hinweis. Ich korrigiere mich hier gerne. Es ist komplizierter, zumal die Preise auch Folge wüster Spekulationen sind. Hinzu kommt die politisch bewirkte Stromverknappung infolge der Stilllegung von Kraftwerken. Auch hier reagiert der Markt auf der Grundlage privatwirtschaftlich organisierter Energieversorgung.

          • @Rolf B.:

            Etwas zum Thema Gasbörse

            makroskop.eu/39-20...laube-bis-zuletzt/

            die Strombörse funktioniert ganz ähnlich.



            Das was da geschieht ist kein Markt im Sinne der theoretischen VWL, sondern ein hochgradig verschachteltes Konstrukt, das einen Markt vorgaukelt.



            Eine Preisfindung im Sinne von Angebot und Nachfrage für alle Marktteilnhemer findet dort nicht statt.

            • @nutzer:

              Danke für den Link.