Haushaltsentwurf: Afghanistan-Aufnahme wackelt
Menschenrechtsorganisationen warnen vor den Kürzungen im Haushaltsentwurf. Die Aufnahme gefährdeter Afghan*innen wird dadurch erschwert.
Bei der Präsentation des Haushalts stritt Bundesfinanzminister Lindner (FDP) auf Nachfrage der taz zwar ab, dass das Aufnahmeprogramm eingestellt werde. Die Zahlen im Haushaltsentwurf sind aber relativ eindeutig: Der Posten „Resettlement und Leistungen im Rahmen der humanitären Hilfe“ beläuft sich auf nur rund 9 Millionen Euro – kaum mehr als ein Zehntel des bisherigen Betrags von rund 70 Millionen.
Damit ließe sich das Bundesaufnahmeprogramm für Afghan*innen wohl nicht mehr finanzieren. Laut Lindner soll es aber noch weitere Besprechungen zwischen Bundesinnenministerium und dem Auswärtigen Amt geben, die für das Programm verantwortlich sind. Ohnehin stehen zunächst noch Verhandlungen im Bundestag an, bevor der Haushalt dort beschlossen wird.
Aufgelegt 2022 sieht das Aufnahmeprogramm die Evakuierung von Afghan*innen nach Deutschland vor, die sich für Menschenrechte und Demokratie engagiert werden und deshalb von den Taliban bedroht sind. Auch wer als Einzelfall besonderer Verfolgung ausgesetzt ist, etwa wegen sexueller Orientierung oder Geschlecht, kommt für die Aufnahme in Frage.
Auch wegen der intensiven Sicherheitsüberprüfung kamen bisher aber nur wenige hundert Personen über das Aufnahmeprogramm nach Deutschland. Über 32.000 gefährdete Afghan*innen wurden dagegen mit anderweitiger Unterstützung der Bundesregierung eingeflogen, etwa über ein sogenanntes Listenverfahren, das dem Aufnahmeprogramm vorangegangen waren.
Kritik an den Kürzungsplänen gab es am Mittwoch aus den Reihen der Ampelfraktionen nicht. Die fluchtpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Clara Bünger, sagte dagegen: „Die Koalition steht gegenüber den extrem bedrohten Menschen im Wort – hier finanzielle Gründe vorzuschieben, ist einfach nur schäbig.“
Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen, etwa Medico International, Pro Asyl oder Amnesty warnten am Mittwoch in einem offenen Brief zudem vor den Folgen der Kürzungen für die Betroffenen. Als besonders befremdlich kritisieren sie, „dass der Haushaltsentwurf vorsieht, den Haushalt des Innenministeriums um 400 Millionen Euro zu erhöhen, gleichzeitig aber essenzielle Mittel für humanitäre Aufnahmeprogramme zu streichen.“
Alema Alema, Afghanistan-Referentin bei Pro Asyl sagte der taz, die Bundesregierung dürfe „die gefährdeten Menschen in Afghanistan jetzt nicht ihrem Schicksal überlassen.“ Sie schätzt, dass sich derzeit noch etwa 30.000 Personen, die Kriterien für die Evakuierung nach Deutschland erfüllen, in Afghanistan und Nachbarländern aufhalten.
Korrektur 18.07.2025 um 13:55 Uhr. In einer früheren Version des Artikels hieß es fälschlich, das Aufnahmeprogramm richte sich auch an Ortskräfte der Bundeswehr. Das ist falsch, für diese gibt es ein separates Programm, das sogenannte Ortskräfteverfahren. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen. d. R.
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