Handelsvertrag mit den USA: Bei TTIP droht Alleingang Brüssels
Die Europäische Kommission nimmt das Versprechen zurück, nationale Parlamente bei dem Freihandelsabkommen zu beteiligen.
taz | Die Europäische Kommission will möglicherweise nicht nur das Ceta-Abkommen mit Kanada, sondern auch das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA ohne Beteiligung der nationalen Parlamente verabschieden. Auf die Frage, ob TTIP ein gemischtes Abkommen werde, bei dem neben dem EU-Rat und dem EU-Parlament auch die nationalen Parlamente zustimmen müsse, sagte die zuständige EU-Kommissarin Cecilia Malmström in der vergangenen Woche: „Über TTIP ist es zu früh, das zu sagen. Es existiert noch nicht mal.“
Entschieden werden könne über das Abstimmungsverfahren erst, wenn der fertige Text vorliege, und zwar allein anhand juristischer Kriterien. „Das ist ausschließlich eine rechtliche Frage“, sagte Malmström. Damit setzt sich die Kommissarin von früheren Aussagen der EU-Kommission ab. Ihr Amtsvorgänger Karel de Gucht hatte im taz-Interview versichert, dass nationale Parlamente „sehr wahrscheinlich“ über TTIP abstimmen dürften. Ähnlich hatte sich auch Malmström selbst bei ihrer Vorstellung im EU-Parlament geäußert.
Unterstützung bekam Malmström vom CDU-Europaabgeordneten Daniel Caspary. Auch er sieht die Einstufung von TTIP als „technische Frage“ und die Forderung nach Beteiligung der nationalen Parlamente als Angriff auf das Europaparlament. „Handelspolitik ist eine europäische Kompetenz“, sagt Caspary.
Auf scharfe Kritik stoßen die Aussagen von Malmström hingegen beim grünen EU-Abgeordneten Sven Giegold. Die Mitsprache nationaler Parlamente bei Verträgen, die nationale Kompetenzen berühren, sei ein grundlegendes Prinzip der europäischen Rechtsgemeinschaft, argumentiert er.
„Offenbar bekommt Malmström durch die Kritik von Bürgern, aber auch von nationalen Parlamenten kalte Füße“, erklärte Giegold. Diese auszuschließen, sei aber gefährlich. „Ein Alleingang der EU-Kommission bei TTIP würde das Vertrauen der Bürger in Europa weiter beschädigen.“
Sven Giegold, Grüne
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