Guaidó-Gastbeitrag in der New York Times: „Es gab heimliche Treffen“
Der selbsternannte Interimspräsident Guaidó will sich mit dem Militär getroffen haben. Das Europaparlament erkennt ihn als Übergangspräsidenten an.
„Wir haben all jenen Amnestie angeboten, die sich keiner Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht haben“, schrieb Guaidó, der Neuwahlen in Venezuela fordert. Der 35-jährige Parlamentschef hatte sich am 23. Januar als Übergangspräsident vereidigen lassen. Er argumentiert, dass die Wiederwahl Maduros im vergangenen Jahr nicht rechtmäßig gewesen und das Präsidentenamt deshalb vakant geworden sei.
Er wolle die „widerrechtliche Machtaneignung“ durch Maduro beenden, eine Übergangsregierung bilden und Präsidentenwahlen abhalten. Die von der Opposition kontrollierte, aber entmachtete Nationalversammlung hatte zuvor ein Amnestiegesetz gebilligt, das Militärs Straffreiheit zusichert, wenn sie sich an der Wiederherstellung der demokratischen Ordnung beteiligen.
Bislang halten die Generäle öffentlich noch zu Maduro, doch unter den einfachen Soldaten soll es Medienberichten zufolge brodeln. Die USA und zahlreiche lateinamerikanische Länder haben Guaidó bereits als legitimen Interimspräsidenten anerkannt. Auch das Europaparlament erkannte Guaidó als Übergangspräsidenten Venezuelas an. Die EU-Abgeordneten votierten am Donnerstag mit 439 Stimmen für eine entsprechende Entschließung, es gab 104 Gegenstimmen und 88 Enthaltungen. Die Abgeordneten forderten die EU-Staaten auf, ihrerseits Guaidó anzuerkennen und ebenfalls eine „geschlossene und einheitliche Position“ einzunehmen.
In der Entschließung wird Guaidó auf Grundlage von Artikel 233 der venezolanischen Verfassung als rechtmäßiger Übergangspräsident des südamerikanischen Krisenstaates anerkannt. Dies soll so lange gelten, bis neue „freie, transparente und glaubwürdige Präsidentschaftswahlen“ abgehalten werden.
Trotz Massenfestnahmen und Polizeigewalt waren am Mittwoch erneut Tausende Menschen in Venezuela gegen den Sozialisten Maduro auf die Straße gegangen.
„Wir bleiben auf der Straße“
Demonstrierende trugen Schilder mit Aufschriften wie „Streitkräfte, findet eure Würde wieder“, „Guaidó Präsident“ und „Maduro Usurpator“. Der selbst ernannte Übergangspräsident Guaidó sagte vor seinen Anhängern in Caracas: „Wir bleiben auf den Straßen“ und appelierte an die Streitkräfte: „Schießt nicht auf das Volk, das auch für eure Familie kämpft. Das ist ein Befehl, Soldat des Vaterlands. Es reicht!“.
Maduro hingegen warf einmal mehr den USA vor, ihn stürzen zu wollen. „Wir werden kein Vietnam in Lateinamerika zulassen“, sagte er. „Wenn es das Ziel der USA ist einzumarschieren, werden sie ein Vietnam haben, wie man es sich schlimmer nicht vorstellen kann.“
Die Proteste waren seit vergangener Woche teilweise von der Polizei niedergeschlagen worden, Hunderte Demonstranten wurden festgenommen. Guaidó blieb aber in Freiheit und trat immer wieder kurz öffentlich auf. Auch am Mittwoch, nachdem tags zuvor strafrechtliche Ermittlungen gegen ihn eingeleitet worden waren und der Oberste Gerichtshof ihm Auslandsreisen verboten hatte.
Mexiko und Urugay wollen vermitteln
Die Regierungen von Mexiko und Uruguay planen eine internationale Konferenz neutraler Länder in der Venezuela-Krise. Die Tagung soll am 7. Februar in der uruguayischen Hauptstadt Montevideo stattfinden. Mexiko und Urugay haben sich geweigert, die venezolanische Regierung von Präsident Nicolás Maduro nicht mehr anzuerkennen. Die USA, Kanada und viele andere lateinamerikanischen Ländern haben Oppositionschef Juan Guaidó als Präsident anerkannt.
In einer Mitteilung der Regierungen von Uruguay und Mexiko hieß es, „das Ziel der Konferenz wird es sein, die Grundlage für einen neuen Dialogmechanismus zu schaffen, der alle Kräfte in Venezuela mit einschließt, um dabei zu helfen, Frieden in dem Land wiederherzustellen“.
Eine Gruppe von US-Senatoren will europäische Länder dazu bringen, Guaidó als Interimspräsident von Venezuela anzuerkennen. Der neue Gesandte der venezolanischen Opposition in Washington, Carlos Vecchio, habe sie gebeten, „unsere europäischen Verbündeten aufzufordern, was wir getan haben und weiterhin tun werden“, sagte der republikanische Senator Jim Risch.
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