Streit um Abtreibungen bei den Grünen: Grüne Frauen contra Kretschmann
Fachpolitikerinnen stützen den Vorstoß von Baden-Württembergs Sozialstaatssekretärin. Kretschmann sieht keinen Bedarf.
Mielich hatte in der taz gesagt, angesichts der Engpässe in der Versorgungssicherheit prüfe Baden-Württemberg diese Möglichkeit. Keine Woche allerdings dauerte es, bis die grün-schwarze Landesregierung diesen Vorschlag kassierte. Am Montag hieß es in einer gemeinsamen Presseerklärung von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (ebenfalls Grüne) und Mielich: Zwar werde geklärt, welche Möglichkeiten das Land habe, ungewollt Schwangeren die nötige medizinische Versorgung zukommen zu lassen.
Es gehe jedoch ausdrücklich nicht darum, die „individuelle Bereitschaft zur Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs zum Einstellungskriterium an einer Universitätsklinik zu machen“. Der Katholik Kretschmann sagte: „Man kann Ärztinnen und Ärzte selbstverständlich nicht dazu verpflichten, Abtreibungen vorzunehmen – und das sollte auch kein Einstellungskriterium sein.“
Die Gesundheitspolitikerin Kirsten Kappert-Gonther und die frauenpolitische Sprecherin der Grünenfraktion im Bundestag, Ulle Schauws, sprechen sich nun jedoch für eine offene Prüfung aus. „Aus meiner Sicht ist es ein milder Eingriff, bei der Einstellung darauf zu achten, dass Menschen eingestellt werden, die bereit sind, Abbrüche zu machen“, sagte Kappert-Gonther.
Abbrüche raus, sagt Kappert-Gonther
Die Länder müssten sicherstellen, dass es genügend Ärztinnen gibt, die kenntnisreich diesen Abbruch vornehmen können. „Das heißt nicht, dass hundert Prozent der ÄrztInnen an einer Klinik dazu bereit sein müssen – aber so viele, dass die Versorgung gesichert ist. Und wenn es zu wenige gibt an einer Klinik, die es machen wollen, muss man eben Menschen einstellen, die dazu bereit sind und es können.“
Schauws sagte, der Vorstoß von Mielich sei „gut und verantwortlich: Es gibt einen staatlichen Auftrag, die Versorgungssicherheit für Frauen sicherzustellen. Es ist richtig, endlich die Debatte zu führen, wie dieser gewährleistet werden kann.“ Nun müssten alle Möglichkeiten dazu geprüft werden – auch die Frage, wie Kliniken sicherstellen, Schwangerschaftsabbrüche zu gewährleisten. Zwar könne eine Klinik „nicht nur Menschen einstellen müssen, die Abbrüche machen. Aber für die Frauen muss es Sicherheit geben, nicht abgewiesen zu werden.“
Kretschmann hatte außerdem den Entwurf des neuen Grundsatzprogramms der Grünen kritisiert, in dem das Ziel formuliert ist, den Paragrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Kappert-Gonther sagte, es sei grüne Position, dass Abbrüche im Strafgesetzbuch nichts zu suchen haben. „Wenn Winfried Kretschmann eine Änderung am Entwurf vorschlagen will, kann er wie jedes grüne Mitglied einen Antrag dazu formulieren“, sagte Schauws.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten