Ghanas Trainer kritisiert Doppelmoral: Die Scheinheiligkeit des Westens

Otto Addo, Ex-HSV-Profi und Ghanas Nationaltrainer, findet Kritik an Katar richtig. Deutschland solle aber auch vor der eigenen Tür kehren.

Otto Addo bei einem Spiel von Borussia Dortmund gegen den VfB Stuttart

Kriegt öfter mal in schlechtem Deutsch seltsame Fragen gestellt: Otto Addo Foto: Tom Weller/dpa

HAMBURG taz | Der ehemalige Fußballprofi des Hamburger SV, Otto Addo, hat dem Westen und insbesondere Deutschland mit Blick auf die Fußball-WM in Katar Scheinheiligkeit vorgeworfen. „Ich finde es extrem wichtig, dass die Missstände in Katar angesprochen werden, insbesondere wenn Menschen sterben“, sagte der Fußballer der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Nichtsdestotrotz ist das eine sehr europäische Sichtweise, wenn man denkt, dass man selber viel besser ist als Katar“, ergänzte er.

Addo ist als Sohn eines ghanaischen Arztes in Hamburg-Hummelsbüttel aufgewachsen. Derzeit trainiert er die ghanaische Fußballnationalmannschaft, die sich vorgenommen hat, zumindest das Achtelfinale bei der Weltmeisterschaft zu erreichen. Als Fußballprofi hat er auch für Borussia Dortmund und Mainz 05 gespielt. Bei der Weltmeisterschaft 2006 ist er für Ghana als Nationalspieler aufgelaufen.

Für Deutschland anzutreten, kam für ihn dem Spiegel zufolge nie in Frage. Er fühle sich nicht als Deutscher, weil er hier „auch nicht als Deutscher angesehen“ werde, zitiert das Magazin den 1975 geborenen Fußballer. Ständig werde er „in schlechtem Deutsch angesprochen und bekommt seltsame Fragen gestellt“, schilderte er für eine Ausstellung in Hamburg einmal seinen Alltag.

Dazu kamen Erlebnisse wie im Juni 1997, als er mit Hannover 96 im Stadion von Energie Cottbus um den Zweitliga-Aufstieg kämpfte: Addo und sein Mannschaftskamerad Gerald Asamoah wurden vom Publikum mit Bananen beworfen und von gegnerischen Spielern rassistisch beleidigt.

Tod im Mittelmeer

Ein Großteil von Addos Familie wohnt in Ghana. Als Kind sei er fast jedes Jahr mit Mutter und Schwester dorthin gereist, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. „Wir waren dann in den Sommerferien meistens sechs Wochen da, sind auch in den Kindergarten und die Schule gegangen, haben Freunde gefunden, die Sprache kennengelernt.“

Für die WM in Katar wurde Addo von seinem Job als Talente-Trainer bei Borussia Dortmund freigestellt. In Ghana sei WM-Kritik „gar kein Thema“, sagte der Nationaltrainer der dpa, da „man ganz viele andere Probleme“ habe. Wenn Deutsche die Vergabe nach Katar kritisierten, sollten sie auch „vor der eigenen Haustür kehren“, schlug Addo vor. Vor der Küste der EU stürben jeden Tag Menschen, weil sie nicht aufgenommen würden.

„Sie flüchten aus wirtschaftlichen Gründen, die wir mitverursachen und in der Historie mitverursacht haben“, kritisierte Addo. Und während in Afrika jeden Tag Tausende Menschen verhungern, würden „hierzulande täglich tonnenweise Lebensmittel weggeschmissen“.

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