Hannover 96 schon wieder sieglos: Geduld und Zeit werden knapp

Diesmal gegen Hansa Rostock: Erneut gelingt den Fußball-Zweitligisten von Hannover 96 kein Sieg. Das hat nur zum Teil mit Unglück zu tun.

Hannover 96-Trainer Stefan Leitl

Mit seinem Team in diesem Jahr wenig erfolgreich: Hannover 96-Trainer Stefan Leitl Foto: Heiko Becker/dpa

HANNOVER taz | Der Trainer klingt immer noch erstaunlich optimistisch. Die Chemie zwischen Fans und Mannschaft, findet Stefan Leitl, sei immer noch gut. 31.600 Zuschauer hatte am gestrigen Sonntag das Heimspiel der Fußballer von Hannover 96 gegen Hansa Rostock angelockt. Was sie zu sehen bekamen, lässt sich einerseits als sehr unterhaltsam und andererseits als sehr zäh einstufen.

Nach einer starken Hinrunde waren Trainer und seine Spieler noch der Meinung, sie gehörten zu den besseren Teams der 2. Fußball-Bundesliga. Doch nach dem 1:1 gegen Rostock steckt Hannover weiterhin im Niemandsland der Tabelle fest. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft eine große Lücke. Und am Sonntag steht ausgerechnet das brisante Derby bei Eintracht Braunschweig an.

Manches von dem, was Hannover 96 seit ein paar Wochen widerfährt, lässt sich durchaus mit unglücklichen Umständen erklären. Auch im Heimspiel gegen Rostock gab es wieder umstrittene Schiedsrichterentscheidungen zu beklagen, die ein ersehntes Erfolgserlebnis verhinderten. Offensivspieler Maximilian Beier war von seinen Mitspielern zweimal für ein erzieltes Tor bejubelt worden – wurde aber wegen einer (tatsächlichen) Regelwidrigkeit und einer (umstrittenen) Abseitsposition jeweils nachträglich zurückgepfiffen.

Nicht anerkannte Treffer sind immer ärgerlich, doch natürlich nur ein Teilproblem dessen, was Hannover 96 grundlegend bremst. Bestes Beispiel: Der schnelle und trickreiche Beier ist ein talentierter Fußballer, aber eben auch erst 20 Jahre jung. Er unterliegt wie viele seiner entwicklungsfähigen Mitspieler Leistungsschwankungen. In Summe fehlt es Beier und Co. an der nötigen Stabilität, um dauerhaft für einen einstelligen Tabellenplatz infrage zu kommen.

Hohe Erwartungen an den Trainer

Gemessen am Zuschauerzuspruch gehört Hannover 96 zu den besten Teams der Liga. Dass an einem nasskalten Sonntag so viele Zuschauer ins Stadion kommen, zeigt deutlich, wie groß die Erwartungshaltung in Niedersachsens Landeshauptstadt ist. Zwischen 2003 und 2016 war Hannover 96 in der 1. Bundesliga eine anerkannte Größe und zwischenzeitlich sogar bis in die Europa League gestürmt.

Eine solch erfolgreiche Historie verpflichtet und kann durchaus dafür sorgen, dass sich ein ganz normales Trikot wie eine schwere Bleiweste anfühlt. „Die Jungs sind gefordert“, sagt der kommunikative Leitl, „sich für eine ordentliche Leistung zu belohnen.“ Genau das will im Moment allerdings überhaupt nicht klappen. Nach der Partie gegen Rostock schlichen die 96-Profis mit hängenden Köpfen in die Umkleidekabine.

Bei genauer Betrachtung jenes Teams, mit dem Hannover 96 gegen die abstiegsgefährdeten Rostocker nicht über ein Remis hinausgekommen ist, drängt sich eine fiese Frage auf: Warum sollte Hannover 96 eigentlich zwangsläufig eine deutlich bessere Rolle in der 2. Liga spielen können? Mit Ron-Robert Zieler hütet zwar ein früherer Nationalspieler das Tor der „Roten“. Mit dem Norweger Havard Nielsen und Cedric Teuchert leistet sich 96 zwei namhafte Stürmer.

Fast alle anderen Spieler im Kader sind eher zur Überbrückung während der groß angelegten Umstrukturierung verpflichtet worden. Leitl benötigt für seine Aufgabe, Hannover 96 neu aufzustellen, viel Geduld und Zeit. Letztere wird für ihn vor allem deshalb knapp, weil seine Mannschaft im Kalenderjahr 2023 noch kein einziges Spiel gewonnen hat. Selbst der glückliche Punktgewinn gegen Rostock ist da ein weiterer Verlust.

Die üblichen Reflexe im Fall von Misserfolg waren bei Hannover 96 in den vergangenen Jahren stets: Die von Martin Kind dominierte Führungsetage wurde ungeduldig und tauschte dann wahlweise den Sportdirektor oder Trainer aus. Diese Ämter bekleiden aktuell Marcus Mann und Stefan Leitl. Beiden bescheinigt Kind gute Arbeit. Beide kommen angesichts der fehlenden Siege immer mehr in Erklärungsnot.

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