piwik no script img

Geplante Reform der MietpreisbremseZahmer Entwurf gegen Vermietertricks

Ein Gesetzentwurf von Justizministerin Barley (SPD) soll den Anstieg der Mieten endlich wirkungsvoll begrenzen. Kritiker meinen: Da ginge noch mehr.

Neubauten, wie hier in Frankfurt am Main, sind bisher von der Mietpreisbremse ausgeschlossen Foto: dpa

BERLIN taz | Das Wohnungsthema sei „vielleicht die große soziale Frage der nächsten Jahre“, hat Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) kürzlich gesagt. Die Mieten in den Ballungsgebieten steigen unaufhörlich.

Dennoch spielte das Wohnungsthema auf Bundesebene nur eine untergeordnete Rolle. Eine wirksame Mietpreisbremse scheiterte in der letzten Legislaturperiode mehrfach am Veto der Union, eine Reduzierung der Modernisierungsumlage war mit CDU/CSU nicht zu machen. Aber auch die SPD war im Wahlkampf und in den Koalitionsverhandlungen noch unsicher, wie hoch sie das Wohnungsthema hängen sollte. Schließlich vereinbarte die Große Koalition Verbesserungen bei der Mietpreisbremse und der Möglichkeit, Modernisierung auf Mieter umzulegen.

Jetzt hat das Justizministerium von Katarina Barley (SPD) einen Gesetzentwurf erarbeitet, der die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag umsetzen soll. Der Entwurf liegt der taz vor. Dass er aus dem Hause Barley kommt, ist bemerkenswert, weil für das Thema Wohnen das Innenministerium von Horst Seehofer (CSU) zuständig ist. Wie schon von 2013 bis 2017, als der damalige Justizminister Heiko Maas (SPD) die Gesetzentwürfe zur Mietpreisbremse vorstellte, beansprucht die SPD, beim Wohnungsthema voranzugehen.

Die entscheidende Verbesserung in Barleys Gesetzentwurf gegenüber der jetzigen, fast wirkungslosen Mietpreisbremse ist die Auskunftspflicht des Vermieters über die vorherige Miete, wenn der neue Mieter mehr zahlen soll als ortsüblich zulässig. Schon bisher durften Vermieter nur dann mehr als die zulässige Miethöhe nehmen, wenn schon der Vormieter mehr gezahlt hatte. Allerdings mussten sie die Vormiete nur nennen, wenn die neuen Mieter darauf bestanden – was viele vermieden, um das Verhältnis zum Vermieter nicht von Anfang an zu gefährden.

Die zweite Verbesserung betrifft die Modernisierungsumlage. Vermieter, welche die Mieten in ihren Häusern wegen gesetzlicher Deckelungen auf normalem Weg nicht mehr steigern konnten, blieb bisher oft der Umweg über Modernisierungen, die sie komplett auf die Mieter umlegen durften. So wurden Balkone, Aufzüge und Einbauküchen angebracht, obwohl viele Mieter mit weniger Ausstattung glücklicher gewesen wären. Mitunter wurde mit einer Modernisierung auch nur gedroht, um die Mieter zum Auszug zu bewegen, und bei Neuvermietungen die Miete deutlich anheben zu können.

Gegen beides will Barley nun vorgehen. Vermieter sollen künftig nur noch acht statt wie bisher elf Prozent ihrer Modernisierungskosten auf die Miete umlegen können. Und zudem soll eine Kappungsgrenze von drei Euro pro Quadratmeter Wohnfläche gelten, die nur sechs Jahre bis nach Abschluss einer Modernisierung erhoben werden können. Außerdem können Vermieter bestraft werden, wenn sie Modernisierungen nur ankündigen, um ihre Mieter loszuwerden.

Dennoch fehlen in dem Barley-Entwurf viele Regelungen zum Mieterschutz, die weitergehende Gesetzentwürfe fordern. In dem Antrag „Für eine echte Mietpreisbremse“, den die Linkspartei am Mittwoch in den Bundestag einbringt, sind auch Neubauten in die Mietpreisbremse einbezogen, ebenso möblierte Wohnungen. Deren Anzahl ist zuletzt in die Höhe geschnellt, um die Mietpreisbremse zu umgehen. Zudem soll diese bundesweit gelten – bisher legt sie jede Kommune einzeln fest. „Es ist gut, dass etwas bei der Mietpreisbremse passiert, aber der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist bei Weitem nicht ausreichend“, kritisiert Caren Lay, wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion.

Merkels Bekenntnis verhinderte nicht, dass die Union alle wirksamen Vorschläge der SPD zerrupfte

Auch ein Bundesratsentwurf der rot-rot-grünen Berliner Landesregierung geht weiter als Barley und will die Modernisierungsumlage sogar auf sechs Prozent beschränken.

„Der Gesetzentwurf wird Mieter nicht vor Verdrängung schützen“, sagt Chris Kühn von den Grünen. „Das eigentliche Problem ist aber nicht Barley, sondern die Blockadehaltung der Union beim Mieterschutz. Deshalb ist der Gesetzentwurf jetzt so zaghaft ausgefallen.“ Nicht einmal ein Bekenntnis von Angela Merkel zur Mietpreisbremse vor der Bundestagswahl 2013 hatte verhindert, dass die Fachpolitiker der Union später alle wirksamen Vorschläge der SPD zerrupften. Jetzt, im Mai 2018, befürwortete Merkel das Auskunftsrecht über die Vormiete. Vermieterfreundliche Unionsabgeordnete dürften daher vor allem die Barley’sche Begrenzung der Modernisierungsumlage bekämpfen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • Rund 40% Preisanstieg der Baukosten allein durch Umweltauflagen für Neubau und Sanierung. Dazu kommt noch die reguläre Teuerung. Und die Nullzinspolitik der EZB tut ihr übriges.

     

    Wenn die Politik den Menschen helfen will, dann muss sie an die Löhne ran. Das heißt auch mehr Netto vom Brutto.

     

    Und die Umweltauflagen sind endlich auf ihre Wirksamkeit abzuklopfen. Anhand von realen Zahlen und nicht von Laborwerten!

    • @insLot:

      Es gibt auch etliche Menschen, die nicht mal ein Brutto oder sehr wenig Brutto haben.

  •  

     

     

    Ich finde es falsch, von der "großen sozialen Frage der nächsten Jahre" zu sprechen, als gäbe es ein gerade erst aufgekommenes Problem.

     

    Richtig ist, dass aufgrund des billigen Geldes aufgrund der Nullzinspolitik der EZB wird gerade viel in Immobilien investiert, was natürlich die Preise nach oben treibt. Das kann aber genauso schnell dazu führen dass die "Immobilienblase" platzt und die Preise - und damit eben auch die Mieten - wieder sinken.

     

    Insofern sehe ich hier kein gerade erst aufgekommenes Problem, sondern ein Problem, das es bereits die ganze Zeit gab: Soll in einem sozialen Staat der Mietwohnraum, auf den der Großteil der Bevölkerung angewiesen ist, tatsächlich dem freien Spiel der Märkte überlassen werden?

     

    Denn das führt nun einmal dazu, dass Mieten so hoch steigen können, dass Teile der Bevölkerung Schwierigkeiten haben, sie zu bezahlen.

     

    Und umgedreht kann es auch dazu führen, dass Mieten so weit sinken, dass Vermieter ihre Kosten nicht mehr decken können, was zur Folge hat, dass Mietwohnraum verfällt.

     

    Beides ist für die Teile der Bevölkerung, die auf Mietwohnraum angewiesen sind, nicht gut.

     

    Wer meint, dass Mietwohnraum dem freien Spiel der Märkte überlassen werden soll, muss auch mit solchen Extrementwicklungen konsequenter Weise leben.

     

    Oder aber man kommt zum Ergebnis, dass das Wohnen ein Menschenrecht ist und es Aufgabe des Staats ist, die dazu notwendige Infrastruktur bereit zu stellen. So wie der Staat etwa für den Bau von Straßen sorgt, wäre er dann auch verpflichtet, für den Bau von Wohnraum zu sorgen.

     

    Wenn der Staat aber wirklich verhindern soll, dass Mietwohnraum dem freien Spiel der Märkte überlassen ist, müsste man auch ganz grundsätzlich an die Frage, ob es überhaupt noch privates Immobilieneigentum geben darf.

     

    Wenn nicht, wäre Nebeneffekt auch, dass die räumliche soziale Spaltung verhindert werden könnte, wenn es nicht dem Spiel der Märkte überlassen wird, wo Luxuswohnungen und wo Sozialwohnungen gebaut werden.

     

     

     

  • "Die entscheidende Verbesserung in Barleys Gesetzentwurf gegenüber der jetzigen, fast wirkungslosen Mietpreisbremse ist die Auskunftspflicht des Vermieters über die vorherige Miete..."

     

    In Zeiten in denen 300 Interessenten zu einer Besichtigung kommen, nützen solche Auskünfte garnichts. Statt sich mit solchen Scheinlösungen aufzuhalten, muss der Staat eine Wohnungsbaugenossenschaft gründen und bauen, bauen, bauen...

     

    So lange am Wohnungsmarkt die Nachfrage Fantasiemieten ermöglicht, sind alle anderen Maßnahmen weitgehend wirkungslos.

  • Ein Problem menschlich höflichen Miteinanders ist, daß man einen Dummkopf keinesfalls so nennen darf. Kognitive Dissonanz (KD) und andere sich gebildet anhörende Ersatzbezeichnungen müssen dann dafür herhalten. Einen Investor mit ellenlangen Vorschriftenlisten von Bauausführung bis hin zu bürokratischen Gedöns zu nerven, ist eine Sache, aber dann von ihm auch noch zu erwarten, daß er das prima findet, eine andere. Ich wüßte keinen, der für die ärmeren Teile der Bevölkerung baut. Weil-man-da-nicht-verdienen-kann. Capito ? Zur Auskunftspflicht bzgl. der Vormiete. Sorry, wieder mal KD in Höchstform: Ob gerade derjenige die Wohnung bekommt, der sich nach der Vormiete erkundigt ? Man kann sich nur noch an die Birne fassen. Wer macht denn solche völlig lebensfremde Vorschriften ? Wer als Vermieter nicht modernisiert, läßt die armen Mieter in vergammelten Gebäuden, sagt die Kritik, wer hingegen modernisert, schikaniert die Mieter dann also und wer Modernisierung als Vermieter bezahlt haben will, ist ein eiskalter Ausbeuter. Da ist es doch kein Wunder, daß nicht gebaut wird. Eis mit Sahne haben wollen, aber nicht bezahlen. Verständlich und nachvollziehbar, aber ein Fall für´s Taka-Tuka-Land.

  • Das wird nicht wirklich das Problem lösen. Der Punkt ist doch, dass die Komunen, Länder und der Bund auf der Seite der Investoren sind. Wäre es nicht so, dann hätten alle diese Akteure den sozialen Wohnungsbau massiv gefördert und den Markt ausgeglichen. Noch Anfang der 1990er Jahre hatte der hamburger Bürgermeister Henning Vorscherau mit massivem Aufwand Wohnungen zu bezahlbaren Konditionen bauen lasse und der war in der SPD ganz rechts. Heute machen das die Ministerpräsidenten nicht mehr - Schulden, um Wohnungen für arme oder schwache mögliche Mieter zu bauen, steht nirgendwo an. In München und Frankfurt ist es seit 30 Jahren schon so. Und das sind die Vorbilder. Daran orientieren sich die Städte, weil extrem hohe Mieten arme und arbeitslose Menschen vertreiben bzw. gleich fernhalten. Und das ist politisch so erwünscht. Dieser Vorschlag hier ist m.M. Augenwischerei. Es soll gut aussehen, aber eigentlich gar nicht bewirken.

  • Lustig. Man könnte hieraus den Eindruck gewinnen, die bösen Vermieter erhielten die Aufzüge, Balkone, Küchen (die niemand wirklich haben will) geschenkt, nur damit sie ihre Mieter quälen können. Keinesfalls aber könnte sein, daß die Vermieter das komplett bezahlt haben müssen, bevor sie auch nur einen Cent wiedersehen - und die Investition erst nach heute 9, bald aber 13 Jahren amortisiert ist (wenn man null Zinsen annimmt). Lebensdauer einer Küche laut Alfa-Tabelle des Finanzministeriums, by the way, ist 13 Jahre.

    Es werden also nur noch größere gewerbliche Vermieter Küchen stellen, weil sie im Gegensatz zu den Privaten dafür weit unter Liste bezahlen - über eine Bonusregelung, damit der Rechnungsbetrag erstmal sauber ist.

    Toll.

    • @Wurstprofessor:

      Es geht hier nicht um Einbauküchen, die viele in D zumindest auch gar nicht haben möchten.

       

      Sanierung ja, aber Rückzahlung durch Mieterhöhung nur so lange, bis diese zu max. 100% erfolgt ist. Momentan lohnen sich sog. Luxus-Sanierungen, da die Miete dann dauerhaft so (erhöht) bleiben darf.

  • Der Entwurf der SPD erweist sich als wirkungslos? Ja, wer hätte denn das gedacht? Die versprachen doch schnelle Abhilfe! Ich komme aus dem Staunen kaum noch heraus.