Früher Klimaskepsis, jetzt Beförderung: Zweifelhafter Bahnbeauftragter
Volker Wissing will Gero Hocker zum Bahnbeauftragten berufen. Der fiel durch Zweifel am Klimawandel und anrüchige Lobbykontakte auf.
![Gero Hocker sitzt im Bundestag undspielt mit seinem Smartphone Gero Hocker sitzt im Bundestag undspielt mit seinem Smartphone](https://taz.de/picture/7227304/14/36369736-1.jpeg)
Als niedersächsischer Landtagsabgeordneter versuchte Hocker bei einer Rede im Parlament in Hannover noch 2013, seine Zweifel am Klimawandel etwa mit dieser Behauptung zu belegen: „Vor 1.000 Jahren war Grönland eisfrei – zu einer Zeit, als es keinen nennenswerten, von Menschen gemachten CO2-Ausstoß gegeben hat.“ Den Weltklimarat IPCC erklärte er für unglaubwürdig, weil dieser eine falsche Prognose zum Temperaturanstieg abgegeben habe. Klimaforscher Georg Hoffmann stellte daraufhin richtig, „Grönlands Eisschild stammt aus dem mittleren Miozän und hat so zirka 10 Millionen Jahre auf dem Buckel“. Der IPCC habe die von Hocker kritisierte Temperaturprognose nie abgegeben.
2020 flog auf, dass Hocker in Videos auf seiner Facebook-Seite Firmenlobbyisten interviewte, die dafür mehrere Tausend Euro zahlten. Darunter war auch ein Vertreter des russischen Düngemittelriesen Eurochem. Düngung ist neben der Tierhaltung eine wesentliche Quelle von Treibhausgasen in der Landwirtschaft. Nachdem die Süddeutsche Zeitung darüber berichtet hatte, räumte Hocker ein, dass die verantwortliche Agentur, die zwei Mitarbeitern seiner Abgeordnetenbüros gehörte, den Gesprächspartnern „Produktionskosten von jeweils rund 1.500 Euro“ in Rechnung gestellt habe. Der Politiker selbst erhielt nach eigenen Angaben kein Geld und ließ die Agentur inzwischen auflösen.
Ausweichende Antwort
Die taz fragte ihn am Donnerstag, ob er immer noch Zweifel am Klimawandel habe. Doch Hocker wich aus. „Die Bahn ist eine zentrale Stellschraube dafür, dass CO2-Emissionen im Verkehr reduziert werden. Dass dieses Potenzial seit Jahrzehnten scheinbar nicht erkannt worden ist, ist ein echtes Armutszeugnis der Vergangenheit“, antwortete er.
Das Bundesverkehrsministerium ließ Fragen der taz bis Redaktionsschluss unbeantwortet, was Hocker für die Tätigkeit als Schienenverkehrsbeauftragter qualifiziert und ob er trotz der genannten Vorfälle für den Posten geeignet ist.
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