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Friedensbewegung und RusslandKein bisschen Frieden

Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine steckt die deutsche Friedensbewegung in einer Krise. Das liegt auch an Sahra Wagenknecht.

Zur letzten großen Friedens­demonstration kamen im Februar 2022 noch 500.000 Menschen nach Berlin Foto: Stefan Boness

Tag für Tag mordet die russische Soldateska in der Ukraine. Die Lage für die Menschen in dem geschundenen Land wird immer prekärer. Auch nach mehr als zweieinhalb Jahren ist ein Ende von Putins Krieg nicht absehbar.

Wenn einer Bundesregierung dazu nicht viel mehr einzufallen scheint, als die Parole auszugeben, Deutschland müsse „kriegstüchtig“ werden, dann wäre es eigentlich Zeit für eine starke Friedensbewegung. Aber die Zeiten sind kompliziert geworden. Der Krieg in der Ukraine hat auch die Friedensbewegung in Trümmer gelegt.

Für den 3. Oktober ruft die Ini­tiative „Nie wieder Krieg – Die Waffen nieder“ zu einer großen bundesweiten Friedensdemonstration in Berlin auf. Das Motto klingt verheißungsvoll: „Nein zu Krieg und Hochrüstung! Ja zu Frieden und internationaler Solidarität!“ Aber mit Sahra Wagenknecht als Hauptrednerin?

Ausgerechnet die tradi­tions­reichste deutsche Friedensorganisation verweigert der Demo ihre Unterstützung. Die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), deren Vorläuferin 1892 von der Pazifistin Bertha von Suttner gegründet wurde, übt scharfe Kritik an den Ver­an­stal­ter:in­nen. „Wir wollen keine Leute zu einer Demons­tration herbeischaffen, die wir ­inhaltlich nicht mitgestalten können und deren Aufruf geprägt ist vom Fehlen von für uns elementaren Inhalten und Forderungen“, sagt Michael Schulze von Glaßer, der politische Geschäftsführer der DFG-VK.

Die letzte große Friedensdemo fand am 27. Februar 2022 statt. Das Erschrecken über den russischen Überfall auf die Ukraine trieb bis zu 500.000 Menschen in Berlin auf die Straße. Es hatte ein breites Bündnis aufgerufen: von „klassischen“ Friedensorganisationen wie der DFG-VK oder Pax Christi über Gewerkschaften bis zu Naturschutzverbänden und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). „Wir fordern die russische Regierung auf, sofort alle Angriffe einzustellen, sich aus der Ukraine zurückzuziehen und deren territoriale Integrität wiederherzustellen“, hieß es in seinem Aufruf. Das war der gemeinsame Nenner.

Was im Demoaufruf fehlt

Dass es diesen gemeinsamen Nenner für die jetzt geplanten Demo nicht gibt, ist das Pro­blem. Im zentralen Aufruf wird nicht einmal mehr benannt, wer wen angegriffen hat. Das hätte ja schon in früheren Aufrufen gestanden, begründet das Reiner Braun, einer der Or­ga­ni­sa­tor:in­nen. „Wir müssen nicht jeden Satz in jeden Aufruf schrei­ben.“ Und warum fehlt die Forderung nach einem Rückzug der russischen Truppen? Sie seien für eine „Verhandlungslösung“, da habe man sich nicht festlegen wollen.

Eine eigentümliche Antwort. Bei früheren Kriegen war es gar keine Frage, was die Friedensbewegung fordert, etwa „Amis raus aus dem Irak!“. Was auch sonst? „Wir hatten damals eine ganz andere historische Situation, eine ganz andere Vorgeschichte zu diesem Krieg“, findet Braun. Das stimmt: Es ging um die USA, jetzt geht es um Russland.

Aus nur zehn Personen besteht die Initiative, die die Demo am 3. Oktober offiziell veranstaltet. Der Kreis um Braun und den mittlerweile 77-jährigen Willi van Ooyen stammt aus der traditionellen Friedensbewegung. 1966 lief van Ooyen das erste Mal bei einem Ostermarsch mit; 1980 gehörte er zu den Ini­tia­tor:in­nen des Krefelder Appells gegen den sogenannten Nato-Doppelbeschluss. Später war er Fraktionschef der Linken im hessischen Landtag.

Vom Krefelder Appell, den einst mehr als vier Millionen Menschen unterzeichneten, und den großen Friedensdemos Anfang der 1980er Jahre schwärmt auch Reiner Braun bis heute. Von 2013 bis 2019 Co-Präsident des Internationalen Friedensbüros (IPB) in Genf, gilt der mittlerweile 71-Jährige als der Kopf der Gruppe, für die er auch auf der Abschlusskundgebung sprechen soll. Braun hat einen fragwürdigen Ruf. Kri­ti­ker:in­nen werfen ihm eine zwielichtige Politik von Bündnissen hinein ins verschwörungsideologische Milieu vor. So umwirbt er die Co­ro­nal­eug­ne­r:in­nen­sze­ne um Querdenken-Gründer Michael Ballweg, die sich als „neue Friedensbewegung“ sieht.

Das dürfte nicht der einzige Grund sein, warum in dem Demoaufruf die Forderung der DFG-VK nach „Schutz und Asyl für alle Menschen, die dem Krieg entfliehen wollen“, keine Berücksichtigung gefunden hat. Die Mehrzahl der Ver­an­stal­te­r:in­nen sympathisiert mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht oder ist Mitglied der neuen Partei, etwa die Berliner BSW-Landesgeschäftsführerin Wiebke Diehl, die Brandenburger Kreistagsabgeordnete Rita-Sybille Heinrich oder der Gewerkschaftssekretär Ralf Krämer. Bereits im Februar 2023 organisierte der Kern der Ini­tia­tive eine von Wagenknecht und Alice Schwarzer initiierte Friedensdemo in Berlin mit bis zu 29.000 Teilnehmer:innen. Zu einer Nachfolgedemo im November 2023 kamen etwa 10.000 Menschen – ebenfalls mit Wagenknecht als Hauptrednerin.

Nationalkonservativer Peter Gauweiler spricht

Diesmal bemühen sich die Ver­an­stal­te­r:in­nen, pluralistischer zu erscheinen. Die Friedensbewegung lebe „von ihrer Vielfalt und Pluralität“ und davon, „dass sie mit ganz unterschiedlichen Positionen leben kann“, sagt Braun. Kritik sei „ein Lebenselixier der Friedensbewe­gung“. Die Kritik der DFG-VK tut er bissig ab: „Man kann vielleicht auch mal die Frage stellen, wie weit abgehoben der Bundesvorstand der DFG-VK ist.“ Die große Mehrheit der Landes- und Ortsverbände unterstütze die Demo. „Keine Ahnung, woher Herr Braun die Zahlen hat“, kommentiert das Michael Schulze von Glaßer.

wochentaz

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Nicht geklappt hat jedenfalls, neben Wagenknecht auch prominente DFG-VKler:innen als Red­ne­r:in­nen zu gewinnen: Sowohl Bundessprecher Jürgen Grässlin als auch die Ex-EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann und der Publizist Andreas Zumach lehnten ab. Dass die Änderungswünsche der DFG-VK in den zentralen Demoaufruf nicht aufgenommen wurden, finde er ebenso falsch wie den Auftritt von Wagenknecht, sagt Zumach, der ehemalige UN-Korrespondent der taz. Auch der frühere EU-Kommissar Günter Verheugen sagte ab. Gewonnen werden konnte dafür der nationalkonservative CSU-Politiker Peter Gauweiler, ein Freund der Eheleute Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine.

Ein Coup ist den Ver­an­stal­ter:in­nen dafür mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Ralf Stegner gelungen. Dass er auf der Abschlusskundgebung sprechen werde, sei aber nicht als ein gemeinsamer Auftritt mit Wagenknecht zu verstehen, versichert Stegner der taz. „Ganz sicher“ werde er „nicht Arm in Arm mit ihr John-Lennon-Lieder singen“. Anders als Wagenknecht, die de facto die Kapitulation der Ukraine wolle, sei er sehr wohl dafür, dass sich das angegriffene Land verteidigen könne. Deswegen lehne er auch weder die humanitäre noch die militärische Unterstützung der Ukraine ab und teile die Kritik an dem zentralen Aufruf. „Für mich ist der sozialdemokratische Aufruf maßgeblich, den ich selbst mitformuliert habe, und der sieht anders aus“, sagt er.

Die SPD setzt eigene Akzente

Von dem Aufruf der Ver­an­stal­te­r:in­nen hebt sich der Aufruf der SPD-Mitglieder tatsächlich deutlich ab. Der Überfall Russlands auf die Ukraine sei „durch nichts zu rechtfertigen“, heißt es darin. Und: „Die Ukraine muss sich gegen diesen Überfall verteidigen, verteidigen können und dürfen!“ So gehe es „natürlich um einen Frieden, der die Souveränität der Ukraine wahrt und nicht Aggressoren wie Putin belohnt, Grenzen mit Gewalt verschieben zu wollen“. Zu den Un­ter­zeich­ne­r:in­nen gehören der frühere SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans, der Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer, die ehemalige NRW-Wissenschaftsministerin Anke Brunn sowie der Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse.

„Die SPD war immer Teil der Friedensbewegung, das muss auch so bleiben“, sagt Stegner. Entscheidend sei, dass die Ver­an­stal­te­r:in­nen unmissverständlich klargestellt hätten, dass Faschist:innen, Ras­sis­t:in­nen und An­ti­se­mi­t:in­nen nicht geduldet würden. Ansonsten sei die Friedensbewegung schon immer pluralistisch gewesen, das müsse man aushalten. „Wenn wir die Friedensbewegung den Populisten überlassen, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn bei den Wahlen – wie jetzt in Sachsen, Thüringen und Brandenburg – so viele Leute Populisten und Rechtsradikale wählen“, sagt Stegner, der seinen Auftritt mit SPD-Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich abgesprochen hat.

Auch die Linkspartei ruft zu der Demo auf. Für sie soll die Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch sprechen. „Leerstellen in einem Bündnisaufruf sollten kein Grund für eine generelle Verweigerung der Teilnahmen sein“, sagt Linke-Bundesgeschäftsführer Ates Gürpinar. „Wir mobilisieren mit einem eigenen Aufruf, in dem wir deutlich machen, dass russische Truppen in der Ukraine nichts zu suchen haben und unverzüglich abziehen müssen“, so Gürpinar zur taz. „Das werden wir auch auf der Demonstration deutlich machen.“ Mit den Or­ga­ni­sa­to­r:in­nen teile man jedoch „die Intention, gegen die enorme Aufrüstung und die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen zu protestieren, sowie die Forderung nach einem Frieden in der Ukraine und stärkeren diplomatischen Bemühungen“.

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29 Kommentare

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  • "Aber die Zeiten sind kompliziert geworden."

    Nö. Die UDSSR führte in Europa keinen völkerrechtswidrigen Vernichtungskrieg, Russland hingegen tut es. Die Friedensbewegung in den 80ern wollte also Krieg verhindern, die aktuelle will dem imperialistischen Massenmörder in Moskau zum Sieg verhelfen.



    Das ist also ganz einfach.

  • Warum weist hier niemand auf die Demo FÜR die Ukraine hin ?

    Ukrainische Aktivisten rufen zur Gegendemo zu den Unterwerfungspazifisten um BSW & Co auf:

    Am 3.10., 14.30 h, Siegessäule

    Der kleine Verein Ukrainischer Aktivisten Vitsche Berlin versucht sich gegen russische Narrative zu stemmen. Es wäre ein tolles Zeichen, wenn an dem Tag auch Leute in Solidarität mit der Ukraine demonstrieren.

    vitsche.org/de/eve...ser-todesurteil-2/

  • Wagenknecht,Ali,Van Aaken verurteilen den russischen Angriffskrieg, nennen Putin Verbrecher. Das darf man nicht verschweigen. Andererseits zeigen sie wie auch von Dohnanyi ( SPD-Urgestein) Verständnis bzw. für Putin wegen der angeblichen NATo -Umzingelung . Trotzdem werden sie als Putinversteher bzw.- Helfer bezeichnet. Die Leute sind nicht doof. Manche werden sich dadurch eher zum BSW gedrängt fühlen. Auch der IPPNW fordert Verhandlungen - und ignoriert die maßlosen Forderungen Putins schon als Vorbedingungen. Sie hoffen - wie auch Varwick -, dass Putin bei Erfüllung seiner Forderung der Ukraine entgegenkommt. Es geht primär darum, weitere Todesopfer zu vermeiden. Eine Illusion . Was aber, wenn nach einem Sieg Putins die Säuberungen anfangen? ? zB mit Auslöschung der Anhänger Selenskys, der Demokraten , des Militärs, mit Fluchtbewegungen ?



    ( auch Afghanistan wurde nach schönen Versprechungen der Taliban in Verhandlungen von Trump preisgegeben, die Taliban seien nicht mehr wie früher, mit den Bildern am Flugzeug hängender Menschen müssen wir jetzt leben.)

    • @Dr.med. Heinz de Moll:

      Nuja, ein moralisch wirklich relevanter Unterschied zwischen "Putin hat doch Recht. Lassen wir ihn gewinnen!" und "Putin ist ein Verbrecher. Lassen wir ihn gewinnen!" ist halt im Ergebnis schwer darzustellen...

      Denn ja, die Illusion eines Entgegenkommens ist SEHR offensichtlich - zumal wenn sie mit Wagenknechts zentraler Forderung gepaart ist, der Ukraine den Waffenhahn abzudrehen: WARUM sollte Putin, der seit 20 Monatn skrupellos seine Landsleute auf dem Boden einer vom Westen kräftig unterstützten Ukraine verheizt, plötzlich seine Kriegsziele zurückschrauben, wenn den Verteidigern absehbar das Material zur Gegenwehr ausginge?

      Das ist die Frage, die ich den selbsterklärten Friedenstauben immer wieder stelle, und auf die ich einfach keine Antwort kriege. Komisch auch.

  • Wes Brot ich ess, des Lied ich sing

  • Gottseidank hat Günter Verheugen gerade noch die Kurve gekriegt und seine Teilnahme an der ominösen Veranstaltung abgesagt.



    Peter Gauweiler (zur Erinnerung: das ist jener CSU-Politiker, der HIV-Infizierte einst in Lager abschieben wollte) soll es diesmal also richten und den Wagenknechten assistieren, pfui Teufel … da fehlen dann wohl nur noch Oskar Lafontaine und Thilo Sarrazin und das ganze politische Spektrum dieser neuen, putinhörigen Friedensbewegung wäre perfekt abgedeckt.



    Ich fürchte nur, dass am 3. Oktober leider immer noch Zehntausende sogenannter Friedensbewegter auf dieser unappetitlichen Schleimspur kriechen werden.



    Mein Respekt gilt allerdings der DFG-VK und den Teilen der „alten“ Friedensbewegung, die sich diesem Theater nicht angeschlossen haben.

    • @Abdurchdiemitte:

      Ich find den Ansatz von Stegner grundsätzlich besser: Hingehen und Sahra auf ihrer eigenen Bühne Ross und Reiter benennen.

      • @Normalo:

        Na, dann hoffen wir, dass er es auch tut … und die versammelten Wagenknechte nach Einer. voraussichtlich fulminanten Stegnerschen Rede in sich gehen und ihrer “Irrlehre” (vielmehr ihrer verkürzten, eng geführten Pazifismus-Rezeption) reuig abschwören werden.



        Was das zweitere betrifft bin ich allerdings noch skeptischer als bei ersterem. Weder wird Stegner eine fulminante Rede halten, noch wird irgendwer von denen von seinem “Friedenskurs” ablassen.



        Ich will ehrlich sein: vor etwa zweieinhalb Jahren wäre ich vermutlich auch noch bei denen mit gelatscht.

  • "Dabei gerät die Möglichkeit einer Doppelstrategie aus dem Blick: Verteidigung der Unabhängigkeit der Ukraine und zeitgleich den Dialog mit Russland über eine zukünftige Sicherheitsordnung suchen."

    Der Fehler ist, in einem DIAlog zu denken. Wir sind in der EU eine multialterale Gemeinschaft mit Bündnispflicht. Einige Mitglieder haben eine direkte Grenze mit Russland, waren bis 1991 Teil des russischen Imperiums und haben daraus gelernt.

    Im Übrigen läuft dieser Dialog seit 1991 und brachte der Welt zwei Tschetschenienkriege, woraufhin viele Nachbarn Russlands in die EU und die NATO drängten. Spätestens seit dem Georgienkrieg 2007 ist dieser Dialog gescheitert, läuft aber immer noch.

    • @metalhead86:

      Das ging natürlich @stoersender…

      Außerdem habe ich – wie das vielen anderen auch ständig passiert – die Ukraine als souveränen Staat vergessen.

      Nur weil wir auf EU-Ebene Frieden mit Russland haben heißt das ja noch lange nicht dass die Ukraine Frieden und Freiheit erhält.

  • Die Wurzeln der Friedensbewegung und der Grünen hängen sehr eng zusammen. Den Grünen kann man nur raten, sich daran zu erinnern.

  • Ich bin damit aufgewachsen, dass Wettrüsten falsch und die Friedensbewegung richtig und wichtig war. Den kalten Krieg habe ich nicht aktiv miterlebt. Aber wurde das Wettrüsten und alles was damit zu tun hat nicht mit ähnlichen Argumenten verteidigt? Wurde die Sowjetunion nicht ähnlich dargestellt wie Putins Russland heute? Und aus heutiger Sicht waren die USA und deren Verbündete nicht so eindeutig die Guten, es war nicht so schwarz-weiß.



    Was ist heute anders? Ich habe noch kein überzeugendes Argument gehört oder gelesen, das den Angriff auf die Ukraine rechtfertigen könnte. Ich denke, die Ukraine hat das Recht, sich zu verteidigen und eine Weltordnung basierend auf dem Recht des Stärkeren wäre fatal. Aber war das nicht auch die Sicht der Menschen im kalten Krieg?



    Und davon unabhängig: Was soll es bringen gegen Russland (oder den Iran, Hamas oder Hisbollah) zu protestieren? Das wird denen doch egal sein. Wir können ja nur gegen eine Unterstützung von mir und verbündeten Konfliktparteien protestieren. Alles andere ist doch sinnlos oder was soll es bewirken?

    • @Iguana:

      Was soll es bringen gegen Russland (oder den Iran, Hamas oder Hisbollah) zu protestieren?

      Leider wird im Moment teilweise für die von Ihnen genannten protestiert, bzw. deren Taten und Vorgehensweise versucht zu rechtfertigen.

    • @Iguana:

      Die Frage ist nicht, was heute anders ist, sondern was gleich ist:

      Frieden mit Russland gibt es nur dann, wenn Krieg sich für Russland nciht lohnt.

  • Wir leben seit 1989 wieder in einer globalen imperialistischen Welt, zu der imperialistische Kriege ganz objektiv dazugehören. Ob das imperialistische Russland, das imperialistische Europa oder die imerialistischen USA, alle haben imperiale strategische Interessen. Wenn dann die Außenministerien dieser Staaten die Diplomatie vergessen und zu Kriegsministerien mutieren, ist jeder Kampf um Frieden und Abrüstung - unabhängig vom Motiv - gefordert und sollte solidarisch zusammenstellen.

  • Die "Friedensbewegung" heute verbreitet Unsicherheit. Das Sicherste gegen einen enthemmten Angreifer ist eine undurchdringliche Verteidigung. Davon ist die Ukraine weit entfernt, siehe "erfolgreicher Angriff" auf die Geriatrie in Sumy 26.09., gezielter "Angriff" auf das Kinderkrankenhaus in Kyjiw 08.07. etc. Die Ukraine muss sich verteidigen können" ist deswegen eine Phrase aus einer Regierungspartei, die seit Jahren die 30 IRIS T nicht liefert, die die Ukraine bräuchte um sich vor Massakern aus der Luft zu schützen. Der Zulauf zu den Kapitulationsbefürwortern kommt von dieser unverhohlenen Halbheit, der unübersehbaren Unwirksamkeit, also dem Gegenteil was eine Regierung soll. - Der Verweis auf Wagenknecht/Lafontaine im Text steht zwar im Kontrast zur Wichtigkeit des Themas, ist aber nicht abwegig , da die Karriere von beiden auf Verrat als wesentliches Handlungselement aufbaut. Beide empfehlen das für sie persönlich erfolgreiche Verhalten nun allgemein. Ihr Zulauf bestätigt die bekannte Erkenntnis, dass Verräter immer ihr Publikum finden.

  • Wie kann man von einer losen Bewegung eine Einigkeit erwarten, die es auch in Parteien und Vereinen kaum gibt? Die Friedensbewegung war schon immer zersplittert und teilte sich in Gruppen und Personen mit ganz unterschiedlichen Ansätzen und Vorstellungen. Das verbindende Element war die Hoffnung, dass Frieden möglich ist. Hinter einem 'Give peace a chance!' kann man sich versammeln, wenn es aber konkreter werden soll, werden Unterscheide sichtbar. Der Ukraine-Krieg ist nun ein Fall, bei dem viele Unterstützer der Ukraine zugleich eine harte Gangart gegenüber Moskau fordern und allen Vorschlägen für mehr Friedensbemühungen eine Absage erteilen. Dabei gerät die Möglichkeit einer Doppelstrategie aus dem Blick: Verteidigung der Unabhängigkeit der Ukraine und zeitgleich den Dialog mit Russland über eine zukünftige Sicherheitsordnung suchen. Eines sollte mindestens klar sein: Egal wie der Krieg ausgeht: Ukrainer und alle anderen werden auch in Zukunft mit- bzw. neben Russland leben müssen. Ein kalter Krieg wäre schon die zweitschlechteste Lösung, denn wir stehen vor Herausforderungen, die wir nur gemeinsam d.h. auch mit Russland bewältigen können.

    • @Stoersender:

      Aus was bitte soll eine künftige Friedensordnung basieren?

      Territoriale Integrität der Unterzeichnerstaaten? Konfliktlösung mit friedlichen Mitteln?

      Das waren die zentralen Elemente der seit 1970 aufgebauten bisherigen Friedensordnung. Wie glaubwürdig ist ein Putin, der so etwas wieder unterzeichnen würde?

  • 2022 war ich in Essen an der Ruhr unterwegs.



    Damals fand auf der Ruhrallee eine "Friedensaktion" statt.



    Dort wurden unter andrem Schilder hoch gehalten, auf denen behauptet wurde die deutschen Medien hätten zum Vietnamkrieg und den Verbrechen der USA geschwiegen, während Russland nun unnötig kritisiert wird.

    Es fühlt sich inzwischen so an, als würde die gesamte Friedensbewegung so ticken.

    Es ist schon seltsam. Als GWB mit offensichtlich fabrizierten Kriegsründen im Irak einmarschiert ist war ich dagegen auf der Straße. Heute darf ich mich als russophob, faschistisch, revanchistisch, bellizistisch etc. beschimpfen lassen wenn ich Russland gegenüber so kritisch bin wie vor etwas über 20 Jahren den USA.

    Abu Ghraib und Guantanamo wurden damals massiv kritsiert.

    Massenweise deportierte Kinder á la Lebensborn? Butscha? War da was?



    Die Antwort darauf lautet immer "legitime Sicherheitsinteressen" und "Ausgleich mit Russland suchen"



    Damit lässt sich immer alles vom Tisch wischen.

    Es fühlt sich an wie



    "Wir sind bereit für *unseren* Frieden mit Russland *andere* jeden Preis zahlen zu lassen, koste es was es soll. Das ist es *uns* wert."

    • @Waagschale:

      Ich bin wahrlich kein überzeugter Pazifist aber ihre konsequente Haltung kann ich respektieren. Anders als bei so vielen "Friedensaktivisten"...

      Musste gleich an Gregor Gysi und Co. denken, die immer "aber die USA/NATO/Westen" sagen. Konkret sah deren Ausgewogenheit dann so aus:

      2003 großangelegte Demos gegen den Irakkrieg organisieren ("Kein Blut für Öl") aber 2022 dann von berechtigten russischen Sicherheitsinteressen reden (Erdgas aus der Südukraine).

      Wie ich Verlogenheit hasse....

    • @Waagschale:

      "Abu Ghraib und Guantanamo wurden damals massiv kritsiert.

      Massenweise deportierte Kinder á la Lebensborn? Butscha? War da was?"

      Da haben Sie was falsch verstanden, der nette Herr Putin wurde zu Butscha, zur Deportierung von Kindern, zur systematischen Bombardierung von Krankenhäusern und anderen zivilen Einrichtungen von der NATO gezwungen. Achja, etwas OT, aber dasselbe hat der nette Herr Putin in Syrien auch gemacht. Aber das war - ganz sicher - ebenfalls irgendwie Schuld des Westens.

    • @Waagschale:

      Bravo!

  • "Das stimmt: Es ging um die USA, jetzt geht es um Russland." Damit ist alles über die Veranstalter und ihr Ansinnen gesagt.



    Zugespitzt könnte man sagen: Solange es gegen den "Ami" geht, ist alles erlaubt (Das ist Fr. Wagenknechts Ansatz). Russland und Putin gesteht man hingegen jeden Grund für Aggression und jede Verhandlungsoffenheit zu. BSW, Linke und AfD sagen das ganz offen, die Vertreter des Linksflügels in der SPD (Hr. Stegner, Hr. Mützenich und die anderen erwähnten) klammheimlich. Trotz ihres nuanciert abweichenden Aufrufs machen sie sich mit der "5. Kolonne" Putins durch die konzertierte Aktion gemein.



    Ich finde es sehr anständig, dass sich die DFG-VK (auch wenn ich viele ihrer Grundsatzforderungen für unrealistisch halte) diesem Treiben eindeutig verweigert und klar hinter ihrer früheren Aussage stehenbleibt: „Wir fordern die russische Regierung auf, sofort alle Angriffe einzustellen, sich aus der Ukraine zurückzuziehen und deren territoriale Integrität wiederherzustellen.“ Dies ist die GRUNDLAGE für Friedensverhandlungen, nicht deren Ergebnis.



    Die SPD hingegen zeigt in Teilen leider wieder ihre historische Unzuverlässigkeit gegenüber Partnern und Verbündeten.

    • @Vigoleis:

      Würde ich zustimmen. Mützenich und Stegner haben die wirksame Verteidigung der Ukraine von Anfang an behindert.Viele Menschen bezahl/ten mit Leben und Gesundheit. Warum Stegner/Mützenich so sind versteht man nicht. Es graut doch jedem Menschen diese unaufhörlichen Verbrechen mit ansehen zu müssen. Der Krieg ist jetzt verschleppt wie eine Krankheit, die von Anfang an unzureichend behandelt wurde. Dazu haben beide beigetragen. Innenpolitisch haben beide dazu beigetragen, dass die Hilfsunwilligkeit samt Wählerwanderungen salonfähig wurde.

  • Die DFG-VK hat grosse Verdienste in der Friedensbewegung, seit Jahrzehnten. Ist ihr jetzt der Grundkonsens, ein Ende des Krieges in der Ukraine zu fordern, zu wenig? Damals wie heute geht es auch gegen die Stationierung von neuen Mittelstreckenraketen. Von den Grünen erwarte ich keine Unterstützung (mehr), da sich drei ihrer Hauptvertreter (Habeck, Baerbock und Hofreiter) dramatisch klar für massive Waffenlieferungen in das Kriegsgebiet ausgesprochen haben. Von der DFG-VK hätte ich mehr erwartet. Vielleicht sollte man einmal klarstellen, dass ein Waffenstillstand keine Kapitulation der Ukraine ist. Es könnte wohl einen temporären Status Quo des Machteinflusses Russlands bedeuten, aber den hat sie real seit 10 Jahren (wenn nicht noch länger) und es gibt keinerlei Aussicht auf eine Änderung. Auch nicht mit noch mehr Krieg, Zerstörung und tausenden von Toten auf beiden Seiten, oder zehntausenden, oder hundertausenden? Wie abgestumpft muss man sein, um das Massensterben in der Ukraine nicht beenden zu wollen? Der schnellste Weg dazu dürfte ein sofortiger Waffenstillstand sein. Dann sollen die Kriegsparteien und die internat. Gemeinschaft über territoriale Machtansprüche verhandeln.

    • @bouleazero:

      OK und Ihr Vorschlag für die Beendigung des Krieges?

      Bitte nicht Wagenknecht nachplappern sondern wirkliche konstruktive Vorschläge.

      Krieg schlimm finden kann jeder, adequate Lösungen finden nicht.

    • @bouleazero:

      "Vielleicht sollte man einmal klarstellen, dass ein Waffenstillstand keine Kapitulation der Ukraine ist."

      Das mag ja so sein, wenn man denn einen Zeithorizont von unter sechs Monaten ansetzt.

      Aber Russland wird den Waffenstillstand nutzen, um die Verluste auszugleichen und dann erneut anzugreifen. Vielleicht noch nicht mal in der Ukraine sondern im Baltikum.

  • Die Vielschichtigkeit des Anliegens und die Vielstimmigkeit so vielseitig zu koordinieren, dass sich alle wiederfinden, ist, wie vielfach betont wurde, schwierig und vielleicht ist das auch inzwischen bei den Kritiker:innen angekommen.



    /



    nie-wieder-krieg.o...nahme-pax-christi/



    /



    Bei spiegel.de stand



    "SPD-Linker Ralf Stegner



    »Ich will die Friedensbewegung nicht den Populisten überlassen«



    Am 3. Oktober wird SPD-Urgestein Ralf Stegner bei einer Antikriegsdemo in Berlin auftreten. Eine Veranstaltung, bei der auch Sahra Wagenknecht spricht. Was will der Sozialdemokrat dort?"



    Das werden wir dann hören können, was er will. Vielleicht auch später im Netz zum Nachhören, wenn nicht Livestream.

  • Reaktionäre die es nicht schaffen von ihrem Weltbild zu lassen. Der Westen als Täter, der Rest der Welt reagiert nur oder ist Opfer. Würde sich Russland von der NATO bedroht fühlen würde es keine Truppen von der NATO Grenze abziehen. Die Ressourcen die der Krieg gegen die Ukraine verschlingt stehen in keinem Verhältnis zu der angeblichen Bedrohung die von einer NATO Mitgliedschaft der Ukraine ausgeht.



    Es ist wie Britannien bei Suez oder Frankreich in Algerien, das verzweifelte um sich schlagen einer Macht die mal was war, aber heute nicht mehr ist als Obervolta mit Atomwaffen, Schnee und mehr Korruption ist. Begreift man aber Russlands Krieg als imperialistisches Unterfangen kann man ihn in keiner Weise beschönigen oder dem Westen die Schuld zuschieben.