Flugzeug-Absturz bei Teheran: Iran gibt Abschuss zu
Iran gibt zu: Die am Mittwoch abgestürzte ukrainische Passagiermaschine ist abgeschossen worden – versehentlich. Menschen hätten versagt.
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Nach Angaben der Streitkräfte gab es an dem Unglückstag mehrere US-Drohungen, iranische Ziele anzugreifen. Daher habe im iranischen Militär „höchste Alarmbereitschaft“ geherrscht. Nachdem sich dann die ukrainische Maschine einer „strategisch wichtigen Militäranlage“ genähert habe, sei dies „versehentlich“ als eine Drohung eingestuft und die Maschine abgeschossen worden, hieß es in der Presseerklärung.
Kurz vor dem Absturz am Mittwoch hatte der Iran zwei von US-Soldaten genutzte Stützpunkte im Irak angegriffen. Kurze Zeit später war die ukrainische Maschine abgestürzt. Am Freitag hatten sich bereits mehrere EU-Staaten, die USA und Kanada davon überzeugt gezeigt, dass es sich um einen wohl versehentlichen Abschuss durch den Iran handeln müsse. Unter den Absturzopfern waren unter anderem 57 Kanadier.
In der iranischen Pressemitteilung hieß es weiter, die für den Abschuss verantwortliche Person werde vor ein Militärgericht gestellt, es werde wegen des „unbeabsichtigten Abschusses“ juristisch vorgegangen. Außerdem müssten die Details des Vorfalls öffentlich erläutert werden. Die Streitkräfte entschuldigten sich bei den Familien der Opfer und versprachen, dass solch ein „Fehler“ nicht mehr vorkommen werde.
Ruhani bedauert Abschuss
Auch Präsident Hassan Ruhani bedauerte den Abschuss und versprach eine gründliche Untersuchung. „Dieser unverzeihliche Vorfall muss juristisch konsequent verfolgt werden“, teilte der Präsident mit. Solch ein Vorfall dürfe nie wieder passieren und die Familien der Opfer müssten entschädigt werden.
Die iranische Luftfahrtbehörde hatte in den letzten Tagen mehrmals betont, die Maschine sei wegen eines technischen Defekts abgestürzt. Ein Abschuss sei technisch und wissenschaftlich absurd, erklärte der Leiter der iranischen Luftfahrtbehörde, Ali Abedsadeh. Die Untersuchungen würden bald erweisen, dass die Amerikaner mit solchen Gerüchten nur versuchten, das international angekratzte Image von Boeing nicht noch weiter zu beschädigen. Regierungssprecher Ali Rabiei hatte gesagt, die US-Regierung solle bei der technischen Aufklärung der Absturzursache mithelfen, statt Lügen zu verbreiten und „Psychospielchen“ zu betreiben.
Mehrere ausländische Expertenteams, auch eins von Boeing, wurden nach Teheran eingeladen, um zusammen mit iranischen und ukrainischen Experten die Blackboxen der Maschine zu untersuchen. Am Freitag hatten die Ermittlungen dann begonnen. Iranische und ukrainische Experten nahmen ihre Arbeit in einem Labor am Flughafen Mehrabad in der Hauptstadt Teheran auf. Seit dem Vorfall haben mehrere ausländische Fluggesellschaften, auch Lufthansa und die Austrian Airlines, ihre Flüge nach Teheran eingestellt.
EASA rät von Flügen über Iran ab
Die europäische Flugsicherheitsbehörde EASA hatte nach dem Absturz von Flügen über den Iran abgeraten. Zuvor hatte die EASA bereits empfohlen, Flüge über den Irak zu vermeiden.
Indes standen die Zeichen im Konflikt zwischen den USA und dem Iran nach den gezielten Militärschlägen vorerst auf Entspannung. Die Lage am Persischen Golf war eskaliert, nachdem die USA den iranischen Top-General Ghassem Soleimani Ende vergangener Woche in Bagdad gezielt getötet hatten. Nach dem Angriff des Irans auf die von den USA genutzten Militärbasen im Irak hatten US-Präsident Donald Trump und Irans Präsident Hassan Ruhani angekündigt, den Konflikt zunächst auf politischer Ebene führen zu wollen.
Um den Iran-Konflikt wird es auch bei einem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Samstag in Moskau gehen. Russland und Deutschland sind sich einig, möglichst das Atomabkommen mit dem Iran zu erhalten.
Der Iran wollte am Samstag eigentlich entscheiden, wie das Land das Abkommen künftig umsetzen will. Eine dafür anberaumte Pressekonferenz der iranischen Atomorganisation wurde allerdings kurzfristig abgesagt. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hält ein Scheitern für möglich. „Vielleicht können wir nicht verhindern, dass das Abkommen am Ende aufgelöst wird“, sagte Borrell am Freitag nach einem EU-Außenministertreffen in Brüssel. Er stellte jedoch klar, dass die EU den Deal retten wolle.
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