Facebooks Totalausfall: Big Tech ist längst zu groß
Facebook zerschlagen: Wenn es schon nicht gelingt, die problematischen Geschäftsmodelle abzustellen, dann muss man an die Größe ran.
S echs Stunden können erstaunlich lang sein. Facebook fällt aus, die zum Konzern gehörenden Dienste Whatsapp und Instagram gleich mit und schon kommt die Frage auf: Ist das Internet kaputt?
Es wäre jetzt leicht, hämisch zu sein. Gegenüber den Nutzer:innen, die immer noch an den Diensten des Facebook-Kosmos hängen, obwohl sich doch inzwischen rumgesprochen hat, dass es auch Alternativen gibt, die besser sind für den Schutz der eigenen Daten und nicht schlechter, was Bedienbarkeit und Komfort angeht. Und mal ehrlich: Für aufgeklärte, bewusst lebende Menschen sollte es möglich sein, den anderen Mitgliedern von Fußballverein oder Krabbelgruppe zu erklären, dass etwa Signal oder Threema einiges besser machen. Oder?
Das wäre alles richtig, aber trotzdem zu einfach. Denn die Online-Dienste sind mehr als Zeitvertreib. Politische Gruppen organisieren sich hier, Geschäfte werden abgewickelt, Familienkontakte über Kontinente hinweg gehalten. Und hätte es jetzt innerhalb dieser sechs Stunden beispielsweise ein schweres Erdbeben gegeben, wäre es schon nett gewesen, zeitnah von Angehörigen eine In-Sicherheit-Meldung zu bekommen, die Facebook im Katastrophenfall regional freischaltet.
Der Ausfall macht anschaulich, was eigentlich längst klar ist: Big Tech ist zu groß. Es ist nicht nur Facebook. Je größer die Unternehmen, desto größer die Auswirkungen von problematischen Geschäftsmodellen. Und je größer die Unternehmen, desto mehr Menschen sind betroffen bei Fehlern, Cyberangriffen oder auch nur, wenn einem entscheidenden Algorithmus veränderte Präferenzen einprogrammiert werden.
Doch Politik und Behörden haben in den vergangenen Jahren viel zu wenig unternommen, um zu verhindern, dass die großen Digital-Konzerne noch weiter wachsen. Jetzt kommt daher die richtig schwere Aufgabe: Wenn es schon nicht gelingt, die problematischen Geschäftsmodelle abzustellen – dann muss man an die Größe ran. Es ist daher richtig, wenn international mittlerweile über eine Zerschlagung oder Entflechtung nachgedacht wird.
Sogar in den USA ist diese Idee angekommen, wo US-Regierung und mehrere Bundesstaaten mit einer Klage eine Zerschlagung ins Spiel gebracht haben. Und die EU will mit zwei Gesetzesrahmen marktbeherrschende Konzerne regulieren, wobei der zuständige Digitalkommissar auch die Möglichkeit einer „Trennung“ einzelner Unternehmensteile nennt.
Trotzdem, liebe Gewohnheitstiere: Sich als Nutzer:in mit Verweis auf die politische Verantwortung auszuruhen, reicht nicht. Denn Alternativen gibt es eben nur, wenn sie auch nachgefragt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs