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Enthüllungen um FacebookZuckerberg widerspricht Kritik

Die Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen hat im US-Senat ausgesagt. Mark Zuckerberg wies daraufhin die Vorwürfe zurück.

Ramponiertes Image: Mark Zuckerberg, hier bei einer Anhörung 2019, verteidigt Facebook Foto: Erin Scott/reuters

Washington dpa | Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat den Vorwurf einer ehemaligen Mitarbeiterin zurückgewiesen, das Online-Netzwerk stelle Profite über das Wohl seiner Nutzer. „Das ist einfach nicht wahr“, schrieb Zuckerberg in einer am Dienstag veröffentlichten E-Mail an die Mitarbeiter. Als Beispiel nannte er eine Änderung, mit der Facebook vor einigen Jahren anfing, den Nutzern mehr Beiträge von Freunden und Familienmitgliedern statt viraler Videos zu zeigen. Es war das erste Mal, dass sich Zuckerberg ausführlich zu den Vorwürfen der Whistleblowerin und belastenden Enthüllungsberichten äußerte.

Der Facebook-Gründer verteidigte den Plan, eine Instagram-Version für Zehn- bis Zwölfjährige zu entwickeln. „Die Realität ist, dass junge Menschen Technologie nutzen“, schrieb er. Statt dies zu ignorieren, sollten Tech-Unternehmen Dienste entwickeln, die ihre Bedürfnisse erfüllen und zugleich für eine sichere Umgebung sorgen, argumentierte er.

Die ehemalige Facebook-Managerin Frances Haugen, die als Whistleblowerin auftritt, hatte wenige Stunden zuvor bei einer Anhörung im US-Senat ausgesagt. Dort rief sie die Politik unter anderem auf, das Online-Netzwerk zu mehr Transparenz zu zwingen. „Facebook formt unsere Wahrnehmung der Welt durch die Auswahl der Informationen, die wir sehen.“ Dabei wisse bisher aber nur der Internetkonzern selbst, wie er den Newsfeed der Nutzer personalisiere.

Stärker unter Druck

Die 37-Jährige war rund zwei Jahre für Facebook und zuvor bei Google sowie der Fotoplattform Pinterest tätig gewesen. Bei dem Online-Netzwerk arbeitete sie unter anderem an der Abwehr von Versuchen, die öffentliche Meinung vor Wahlen zu manipulieren. Haugen war eine zentrale Quelle für eine Artikel-Serie im „Wall Street Journal“, die in den vergangenen Wochen Facebook immer stärker unter Druck brachte. Für besondere Empörung sorgte in den USA der Vorwurf, Facebook habe aus internen Studien gewusst, dass Instagram der psychischen Gesundheit einiger Teenager schade – aber keine konsequenten Maßnahmen dagegen ergriffen.

Zuckerberg kritisierte, die Studienergebnisse seien aus dem Kontext gerissen worden. Dabei sei ein „falsches Narrativ konstruiert worden, dass es uns egal ist“.

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9 Kommentare

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  • Darf man eigentlich als "Linke" Wähler überhaupt ein Facebook oder WhatsApp-Konto haben, wo man doch den größten Kapitalist der Welt damit finanziert?



    Also ich fände es total inkonsequent.



    Davon abgesehen habe ich ohnehin kein FB-Konto und werde auch nie eines haben.

  • FB & Co. enteignen.

    • @Linksman:

      Klar doch, und das von Deutschland aus?

  • Zitate als "aus dem Kontext gerissen" zu schmähen ist ja eine gängige Taktik um Argumente zu diffamieren die man inhaltlich nicht widerlegen kann.



    Das lernt man in der ersten Stunde jeden Rhetorikseminars.

    Natürlich ist jedes Zitat aus dem Kontext gerissen.



    Aus dem Kontext einer Pressekonferenz, aus dem Kontext einer Fernsehsendung, aus dem Kontext eines Zeitungsartikels usw.

    Natürlich - darum ist es ja ein "Zitat aus ..." - idR mit Angabe der Quelle.

    Aber Tatsache ist: Es wurde gesagt.

    Und bei korrekter Zitation wurde es auch "genau so" gesagt.

    Aber der eigentliche Geburtsfehler ist, dass hier die Anbieter nach Gutdünken entscheiden können was da wer zu lesen bekommt - und was nicht.

    Ohne jedwede Verpflichtung zur journalistischen Arbeit (vulgo: Neutralität)

    Z.B. ist es im Gegensatz zu journalistischer Arbeit durchaus erlaubt einen "Bakschisch" zu entrichten damit man eine größere Reichweite erzielt.



    Und das ist nicht nur erlaubt: Letztlich ist es das grundlegende Geschäftsprinzip der Anbieter.

  • Es ist eine Binse, dass kontroverse Diskussionen eine höhere Aufmerksamkeit erzeugen als "Friede - Freude - Eierkuchen".

    Bis in die 1980er konnte man mit FFE sicher noch punkten (Traumschiff, Schwarzwaldklinik ...)

    Aber wer sich das TV der letzten Jahrzehnte vornimmt wird schnell erkennen dass diese Zeiten vorbei sind (Scripted-Reality-Shows, DSDS, Junglecamp ... um nur einige zu nennen)

    Und da ist es eine Selbstverständlichkeit, dass das in in den "Sozialen Medien" (welch Euphemismus!) genau damit auch die meißte Aufmerksamkeit erzeugt wird.

    Auf die Politik indes darf man nicht zählen.



    Sie wird hier in der üblichen Dackellähme verharren wie bei der Lebensmittelampel, den Steuerbetrügerreien und nicht zuletzt dem Klimawandel.

  • Ich lebe noch!



    Ich habe mich FB immer verweigert und das wird auch so bleiben, schon weil ich denen all meine Daten nicht so einfach vor die Füße werfen will.



    Und statt WhatsApp benutze ich nur Signal.



    Ich vermeide das Zuckerberg-Imperium aus Prinzip.

  • "Facebook formt unsere Wahrnehmung der Welt durch die Auswahl der Informationen, die wir sehen"

    Davor warnen ja schon viele, seit Jahren. Geschäftsmodell dieser Plattformen ist es ja, sich als Mittler ("Medium") zwischen uns und den Rest der Welt zu schieben [1]. Sei es in der Wahrnehmung der Welt (Suchmaschine), in unseren sozialen Kontakten (Facebook, Whatsapp), in unserer Darstellung in der Öffentlichkeit (Twitter), in unseren Marktplätzen (Amazon) [2].

    Hier noch eine Leseempfehlungen [3] für die, die sich nicht von "konsumierbarem" Skandal zu Skandal hangeln wollen. Ich meine, Rufe nach Zerschlagung nach dem Monopolgesetz greifen zu kurz. Eine viel stärkere soziale Kontrolle (und teilweise unabhängig von den primären "polizeilichen" Interessen der Nationalstaaten) dieser Phänomene wird nötig sein.

    [1] Google Glasses war tatsächlich ein sehr interessantes (gescheitertes, weil noch zu früh) Experiment, dass dieses "dazwischenschieben" buchstäblich "veranschaulicht". Die Erstreaktion zeigte, dass das Feld noch nicht reif war, inklusive der liebevollen Bezeichnung "glasshole" für deren Träger*innen.



    [2] Hier jeweils nur stellvertretend. Für IT fuzzis sei noch Github erwähnt.



    [3] www.humanetech.com/

  • Der Schaden, den facebook weltweit anrichtet, allein indem es die Zeit der Nutzer aktiv bindet, um Werbeeinnahmen zu generieren, übersteigen die Unternehmensgewinne um ein Vielfaches.

    Nur ist das nicht unbedingt ein Alleinstellungsmerkmal und per se nach gängiger Rechtsauffassung erstmal nicht sanktionierungsfähig.

    Der große Fehler (und meines Erachtens ein eindeutiger Bruch mit vorher gängiger Praxis) war das Erlauben der Übernahme von WhatsApp, wodurch die beiden reichweitenstärksten Kommunikationsmittel - zumindest der "westlichen Welt" - in eine Hand kamen und den meisten Leuten gefühlt keine Wahl blieb, als Teil dieses de facto von einer einzigen Person kontrollierten Netzwerks zu sein. Ein Wahnsinn und in meinen Augen der größte politische Fehler der Gegenwart.

  • ".. Zuckerberg kritisierte, die Studienergebnisse seien aus dem Kontext gerissen worden. Dabei sei ein „falsches Narrativ konstruiert worden, dass es uns egal ist“. .."



    Damit stellt er die Ergebnisse der Studie schonmal nicht in Frage, ob FB das ganze egal ist, ist wiederum egal solange nichts an den entsprechenden Praktiken geändert wird.

    Und wenn er schon sagt das FB entscheidet was die Nutzer zu sehen bekommen (..mehr Beiträge von Freunden und Familie..), dann ist FB auch dafür verantwortlich das es seinen Nutzern Hatespeech, Fakenews, Verschwörungstheorien etc. vorsetzt.