Eklat im georgischen Fernsehen: Putin, was für ein __________!
Ein georgischer Moderator beschimpft im Fernsehen Russlands Präsidenten Wladimir Putin – und tritt damit eine Riesenempörung los.
Es war das ganze Programm, das der georgische Moderator Giorgi Gabunia in seiner Sendung „Postscript“ am Sonntag abspulte – in nur 1:13 Minuten und noch dazu auf Russisch. Tatort: der oppositionelle TV-Sender Rustavi 2, der nicht gerade für moskaufreundliche Berichterstattung bekannt ist.
Gabunia richtete eine Grußbotschaft an „unseren großen Freund, den russischen Präsidenten, Wladimir Putin“. Dann gab es kein Halten. Putin sei ein Haufen Scheiße und ein stinkender Besatzer. Er solle sich ficken – gemeinsam mit seinen Sklaven. Auch Putins Eltern wurden nicht verschont. Sie sollten in der Hölle schmoren und er werde auf ihr Grab pinkeln, sagte Gabunia.
Die Reaktionen auf den Schnellkurs in linguistischen, stets im Genitalbereich angesiedelten Obszönitäten (auf Russisch „mat“ genannt) ließen nicht lange auf sich warten. Erboste Demonstranten rotteten sich vor dem Gebäude des Senders zusammen und forderten, nicht nur Gabunia, sondern auch den Direktor von Rustavi 2, Nika Gwaramia, zu entlassen. Am Montagmorgen wurde der Betrieb des Senders für sechs Stunden unterbrochen. Jetzt hat Gabunia Zeit zum Nachdenken, er wurde für zwei Monate vom Dienst suspendiert.
Spätestens seit dem Krieg zwischen Georgien und Russland im August 2008 um Südossetien sind die bilateralen Beziehungen, gelinde gesagt, ausbaufähig. Die abtrünnige Region, deren Grenzen sich quasi wie von Geisterhand immer weiter nach Georgien hineinfressen, wird faktisch von Russland kontrolliert. Als sich ein russischer Abgeordneter im vergangenen Juni in Tiflis auf dem Sitzplatz des georgischen Parlamentspräsidenten breitmachte, entlud sich der Volkszorn in tagelangen Massenprotesten.
Doch allen auch noch so verständlichen Antipathien vieler GeorgierInnen gegenüber Russland zum Trotz: Gabunias Schimpftiraden sind an Niveaulosigkeit kaum zu überbieten, was, wenn man russisches Staatsfernsehen konsumiert, einiges heißen will.
Apropos Russland: Die Reaktionen in Moskau fielen originell aus. Nachdem Putin im Juni ein Verbot für Flüge von Russland nach Georgien verfügt hatte, will das russische Parlament den Import von georgischem Wein und Mineralwasser stoppen. Das gab es schon einmal: wegen mangelnder hygienischer Standards, wie es hieß. Wie bitte? Eben!
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Protestaktion gegen CDU-Chef Merz
Alle Tassen im Konrad-Adenauer-Haus?
Vertreibung von Palästinensern
Amerikaner in Gaza
USA in der Ukraine
Geheime Verhandlungen mit der Opposition
Schwarz-rote Sondierungen abgeschlossen
Union und SPD wollen gemeinsam regieren
Wahlbeteiligung bei Hamburg-Wahl
Wählen geht, wer Geld hat
CDU-Politiker boykottiert Radio Bremen
Zu links, zu grün, zu schlecht