Einstufung als sichere Herkunftsstaaten: Nicht für alle Menschen sicher
Der Bundestag wird wohl Georgien und Moldau als „sichere Herkunftsstaaten“ einstufen. Für Romn*ja und Queers sind das schlechte Nachrichten.
Der Asylantrag von Menschen aus einem sogenannten sicheren Herkunftsstaat wird in der Regel als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. „Für Roma ist Moldau kein sicheres Herkunftsland“, kritisiert Daimagüler. Schon 2021 habe die von der Bundesregierung eingesetzte Expert*innenkommission Antiziganismus die Anerkennung der besonderen Schutzbedürftigkeit von Romn*ja gefordert. „Und wir praktizieren jetzt das Gegenteil“, sagt Daimagüler.
Auch die Grünen-Abgeordnete Filiz Polat hatte in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs im Oktober auf die Lage von Romn*ja in Moldau wie auch die unsichere Situation für queere Personen in Georgien aufmerksam gemacht. „Auch deswegen müssen wir eine sorgfältige Beratung in den Ausschüssen vornehmen“, hatte Polat gesagt.
Grüne kritisch, machen aber mit
„Wir sind im parlamentarischen Verfahren zwar angehört worden, die von uns vorgebrachten schwerwiegenden Bedenken zur Lage von LSBTIQ* in Georgien wurden jedoch nicht berücksichtigt“, kritisiert Sarah Ponti vom Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD).
In seiner Stellungnahme hatte der LSVD darauf verwiesen, dass laut Bundesverfassungsgericht nur solche Länder zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden dürften, die „landesweit und für alle Personen- und Bevölkerungsgruppen“ sicher seien. Das sei für LSBTIQ*-Personen in Georgien nicht der Fall.
Der Gesetzentwurf ist ein Element einer ganzen Reihe von Restriktionen, mit denen die Ampel in diesen Monaten auf die steigende Anzahl Asylsuchender reagiert. Die Grünen stehen dem Konzept sicherer Herkunftsstaaten traditionell kritisch gegenüber. Beim EU-Beitrittskandidaten Moldau und dem potenziellen Beitrittskandidaten Georgien haben sie sich aber kompromissbereit gezeigt. Die von der Union ebenfalls geforderte Einstufung der Maghreb-Staaten Tunesien, Algerien und Marokko lehnt die Partei hingegen strikt ab.
Schon jetzt kurze Verfahren
In der Praxis wird die Maßnahme wohl Einschnitte für betroffene Geflüchtete haben, an der Gesamtsituation aber wohl wenig ändern. Nur knapp vier Prozent der Erstanträge auf Asyl in diesem Jahr kommen aus Georgien und Moldau.
Die Bundesregierung erkläre, mit der Einstufung die Dauer der Asylverfahren verkürzen zu wollen, sagt die Linken-Abgeordnete Clara Bünger. Das sei „Unsinn“: Schon jetzt dauerten Asylverfahren beim Herkunftsland Moldau im Schnitt nur 2,1 Monate. „Beim seit vielen Jahren als sicher deklarierten Herkunftsland Senegal beträgt die Verfahrensdauer dagegen über ein Jahr“, so Bünger.
Verfahren könne man besser beschleunigen, indem man etwa das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) personell besser ausstatte. „Dass die Ampel es stattdessen vorzieht, Geflüchtete zu entrechten und zu stigmatisieren, zeigt, dass sie dem gesellschaftlichen Rechtsruck nicht nur nichts entgegensetzt, sondern ihn aktiv mit befördert“, kritisiert Bünger.
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