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EU wirbt für FleischkonsumErnährung mit Tier

Neue Kampagnen klären über angebliche Mythen in der Tierhaltung auf und öffnen Exportmärkte für Agrarprodukte. Das ärgert Tierschützer.

Die EU rettet jetzt also das leckere Fleisch – hier als Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat Foto: imago/Eibner

Berlin taz | EU-Agrarkommissar Phil Hogan will für mehr Fleischkonsum in Europa werben lassen. Für solche Kampagnen werde die Europäische Union 15 Millionen Euro bereitstellen, sagte der Ire laut Redemanuskript schon vergangene Woche auf einer Agrarmesse in Frankreich. „Das wird ohne Zweifel helfen, mit einigen Mythen [über die Tierhaltung] aufzuräumen, die in jüngster Zeit allgemein akzeptiert worden sind“, geht es weiter. Welche Mythen er meint, ließ Hogan offen. Sicher ist aber, dass die Kritik etwa an den Haltungsbedingungen und dem Treibhausgasausstoß immens ist.

Die neuen Kampagnen könnten Hogan zufolge aber zu „einer Rückkehr zum Genuss von qualitativ hochwertigem Rind-, Lamm-, Schweinefleisch und so weiter beitragen“. Dafür hält es der konservative Politiker für nötig, die Menschen für die „Nachhaltigkeit der einzigartigen, extensiven Tierhaltung in Europa“ zu sensibilisieren.

Außerdem will der EU-Kommissar die Tierhalter durch eine diplomatische Offensive zur Öffnung neuer Exportmärkte unterstützen. Er kündigte an, in die Türkei, nach Vietnam und nach Indonesien zu reisen. Mexiko, Kolumbien, China und Japan habe er bereits besucht.

Diese Maßnahmen sollen laut Hogan zum Beispiel den französischen Viehhaltern nutzen, die unter sinkenden Preisen für ihre Produkte leiden.

Im Zweifel zerstören EU-Agrarexporte lokale Märkte

Martin Hofstetter, Greenpeace

„Klimaschutz, Tierwohl, aber auch die menschliche Gesundheit haben bei Hogan, dem Mann mit dem Tunnelblick, keinen Platz“, kritisierte Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament. „Während einerseits die Landwirtschaft vor der Herausforderung steht, ihren Anteil an den Treibhausgasen zu senken, schlägt der Agrarkommissar den umgekehrten Weg vor und will den Absatz von Fleisch steigern.“

Butter, Rindfleisch, Käse und Quark, Schweine- und Geflügelfleisch sind Agrarwissenschaftlern zufolge die Lebensmittel, bei deren Erzeugung pro Kilogramm am meisten Treibhausgase ausgestoßen werden. Dennoch essen Männer derzeit pro Woche fast doppelt so viel wie die von Ernährungsexperten empfohlenen maximal 600 Gramm Fleisch. Mediziner plädieren seit Jahren aus gesundheitlichen Gründen dafür, weniger Fleisch zu essen.

Häusling kritisierte auch, dass Hogan an mehr Exportmöglichkeiten arbeitet. Davon profitiere oft die umweltschädliche Produktion von Massenware. Zudem würden EU-Agrarexporte „im Zweifel“ lokale Märkte zerstören. Das könne heimische Bauern verdrängen, so Greenpeace-Agrarexperte Martin Hofstetter.

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25 Kommentare

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  • Warum Exportförderung in Länder, die eine halbe Erdumkreisung entfernt sind. Die Menschen dort sind nicht blöde, und können das Fleisch, was sie essen wollen gut selber erzeugen, da braucht es keinen energieaufwendigen Transport.

  • "Dafür hält es der konservative Politiker für nötig, die Menschen für die „Nachhaltigkeit der einzigartigen, extensiven Tierhaltung in Europa“ zu sensibilisieren."

     

    Dass ich nicht lache "Nachhaltigkeit der einzigartigen, extensiven Tierhaltung in Europa". All unsere extensiv gehalten Schweine, Puten und Hühner... (vor allem aus Niedersachsen).

     

    Herr M. Stein reist sicher gerne mit ihm mit, um über die tolle Tierhaltung in Deutschland, vielleicht auch Europa, zu sprechen und sie anzupreisen. Auf die Vorzüge von Antibiotika und die Versicherung, dass diese auch entsprechend verabreicht werden, wird dann sicherlich auch hingewiesen werden.

     

    P.S.: Ich esse auch Fleisch, aber nicht jedes und nicht viel.

  • Wenn das Industrieprodukt "Fleisch" zu Recht in Verruf gerät, weil es großes Leid bei Tieren und Menschen verursacht, dann kann man dafür werben wie man will. Der mündige, mitdenkende Verbraucher wird solche Marketing-Maßnahme schnell durchschauen. Die anderen essen das Zeugs sowieso noch, weil es billig ist, und werden sicher kaum auf deutsche Produkte umsteigen.

     

    Nur - warum dafür Steuergeld vergeuden? Warum lässt man den Mann für 15 Millionen durch die Welt schippern? Dafür könnte man eine Menge Schulen und Straßen reparieren. Oder notleidende Landwirte unterstützen.

    • @Läufer:

      Darauf zu vertrauen das "mündige, mitdenkende Verbraucher" irgendwas durchschauen was Ihnen von Medien eingeredet wird, klingt in meinen Augen reichlich naiv...

      Warten Sie auch darauf das mündige, mitdenkende Bürger die AfD durchschauen und merken das das ein Haufen Faschisten sind?

       

      Diese Hoffnung ist in Deutschland leider vergebens fürchte ich.

  • Bis 2050 wird sich nach Prognosen von FAO und anderer Institutionen der Bedarf an tierischen Eiweiß (Fleisch, Geflügel, Milch, Eier) verdoppeln. Dieses Wachstum findet außerhalb von Europa und den USA statt. Es ist schon jetzt gigantisch, was Brasilien, Indien und einige Länder Asiens produzieren. Da können hier gern einige Tierschützer und NGOs herumkreischen. Das ist völlig bedeutungslos und Ausdruck einer völligen Selbstüberschätzung.

    • @Manfred Stein:

      Köstlich, Herr Stein:

      1. Prognosen... wer hätte vor 35 Jahren bei Einmarsch der Sovietarmee prognostiziert, dass einmal die Vereinigten Staaten dort einmal genauso einmarschieren?

      2. Die von Ihnen genannte Prognose berüchtigt wohl kaum neuere Erkenntnisse in der Medizin wie diese hier: https://jamanetwork.com/journals/jamainternalmedicine/article-abstract/2540540 -> Ergebnisse deuten darauf hin, dass pflanzliches Eiweiß gesünder für den Menschen ist als tierisches; d.h. der Anteil wird reduziert werden, Kampagnen wie beim Rauchen denke ich...

      3. Was genau ist nun bedeutungslos in Ihren Augen? Dass man sich hier ums Tierwohl sorgt? Na, Brasilien und Indien können uns dann beim Thema gesellschaftlicher Fortschritt, Gewalt, Vergew... auch ein beruhigender Begleiter sein.

    • 2G
      2097 (Profil gelöscht)
      @Manfred Stein:

      Brasilien, Indien und einige Länder Asiens haben jetzt schon enorme ökologische Probleme. Die steigende Massentierhaltung wird diese Probleme noch verstärken.

    • @Manfred Stein:

      Lieber Herr Stein,

      ich bewundere Ihre Art sich als der schlauer Fachmann besseren Wissens im Forum darzustellen um dann z.B. Tierschützer und NGOs ohne erklärende Argumente Selbstüberschätzung vorzuwerfen.

      Es liegt an dem Thema an sich.

      Sie essen wahrscheinlich zu gerne Fleisch- und Milchprodukte, daß Sie wie die meisten Omnivoren angenervt sind von den starken Argumenten der Tierschützer und NGO`s zum Thema Tierquälerei, Umwelt und Gesundheit.

      Meine Vermutung ist Sie können sich einen Teller ohne Schnitzel einfach nicht vorstellen. Fleisch- und Milchproduktverzichter sind für Sie bedeutungslose Herumkreischer.

      Mir ist ziemlich klar wer hier selbstüberschätzt ist !

      • @Traverso:

        was genau sind noch mal ihre argumente? ach ja, menschen könnten sich aussuchen, ob sie omnivore tiere sind. wenns nicht so traurig wäre, wäre es eher zum lachen.

      • @Traverso:

        Und wo bitte Sind IHRE Argumente? Herrn Stein Unterstellungen zu machen, wie gerne er Fleisch ist, fällt jedenfalls in meinem Buch nicht unter "Argumentation".

         

        Ein Argument ist hingegen, dass angesichts der Mengen Fleisch, die außerhalb Europas produziert und - zukünftig noch vermehrt - auch gegessen werden, europäische Veganismustendenzen nicht mal der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein sind. Dem haben Sie offenbar nichts entgegen zu setzen.

        • @Normalo:

          Falsch, was Sie da nennen ist kein Argument, sondern ein Nicht-Argument.

        • @Normalo:

          In sämtliche Expertenbereichen der Ernährungswissenschaft, Medizin, Umwelt und Naturschutz wird ziemlich klar und eindeutig auf ein unbedingtes Weniger des Fleisch - und Milchkonsums hingewiesen. Auch in konservativen Bereichen wie der Gesellschaft für Ernährung.

          Das Sie gleich auf Veganismus kommen ist typisch, aber nicht notwendig. Jeder Verzicht ist ein mehr. Stichworte wie Tierquälerei, Diabetes, Welthunger, Klimaschutz dürften Ihnen sehr wohl bekannt sein. Mit dem Zeigefinger auf andere Länder zu zeigen, wie Herr Stein es tut ist ein bekanntes Ablenkungsmanöver um von seiner eigenen Verantwortung abzulenken.

          China will übrigens den Fleischkonsum massiv einschränken. Weil Diabetesfälle epedemieähnlich proportional zum Fleischkonsum ansteigt. Die Forderung kommt dort kaum von Veganern.

          • @Traverso:

            Also "ziemlich klar und eindeutig" läßt meiner Meinung nach viel Spielraum für andere Ergebnisse.

            Oder sind sie überzeugt davon das Tierschützer und NGO's, ohne jede weltanschauliche Überzeugung und völlig neutral ihre Untersuchungen betreiben? (Trau nie einer Statistik die du nicht selbst gefälscht hast...)

            Also ein mehr an Toleranz und vorurteilsfreier Herangehensweise, von beiden Seiten, wäre angebracht.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @Manfred Stein:

      Sie haben völlig Recht.

       

      Richten wird es daher am Ende die Evolution, nicht der Mensch.

       

      Was Sie verkennen - auch wenn alle meine Nachbarn verhängnisvollen Blödsinn machen, bleibt mir, und bliebe auch Ihnen, die Freiheit ein ganz klein wenig weiser zu handeln.

  • Es empören sich bereits einige auf die gewünschte Art - ich aber sage euch: das ist kein Wiener Schnitzel auf dem Bild! Es ist nicht groß, es ist nich dünn und es ist allem Anschein nach nicht einmal Kälbern. Der Kartoffelsalat könnte richtig sein, aber für diese eingerollte Sardelle auf der Zitrone gehört der Koch abermals maulschelliert.

     

    So verarscht und die EUdSSR!!!eins!

    Oder die taz-Bildredaktion.

  • Wenn Hogan wirklich ehrlich über die Mythen der Tierhaltung aufklärt, wird das wohl nix mit höheren Preisen. Aber keine Sorge, liebe Erzeuger, das wird er bestimmt nicht tun.

  • die bauern leiden vor allem unter ihrer eigenen produktivität. dabei haben, wie überall, die großanbieter die nase vorn. manche nennen das agrarindustrie. die lösung der eu? mehr absatzmärkte schaffen. sowohl innerhalb als auch außerhalb der eu. natürlich ohne die binnennachfrage zu stärken. damit setzt die eu ihre merkantilistische wirtschaftspolitik fort. es geht gar nicht so sehr um fleisch oder nicht fleisch oder gar eine ideologie pro oder contra fleisch. die eu versucht wirtschaftliche probleme in einzelnen industriesparten zu lösen. die produktion ist zu hoch? also müssen neue absatzmärkte erschlossen werden? "wachstum" also. sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch ist das ein fataler fehler.

  • Ichmag Fleisch, aber bei der Art von Fleischproduktion, wie sie derzeit überwiegend üblich ist, vergeht mir der Appetit.

     

    Die Tierquälerei in der Massenaufzucht in kürzester Zeit geht einher mit für den Menschen schädlichen Medikamentendosen.

     

    Wir esssen Fleisch nur vom bekannten Biohof um die Ecke, wo Tiere korrekt behandelt und ernährt werden. Zudem unterschreiten wir die 600 Gramm / Woche. Auswärts essen wir fleischfrei, weil man davon ausgehen kann, daß Restaurants aus Kostengründen minderwertige Massenware anbieten müssen.

     

    Solange Kunden nur nach Preis einkaufen, wie die Mehrheit der Deutschen, wird sich nicht viel ändern.

    • @rugero:

      Sehe und mache ich genauso.

  • 7G
    74450 (Profil gelöscht)

    Dazu noch mehr Zigaretten und mehr Schnaps! Danke EU, so macht uns das Leben Spaß!

    • @74450 (Profil gelöscht):

      Jawoll! Und ganz viel Autofahren. Und Strom verbrauchen. Die Auto- und Energieindustrien wollen ja auch leben.

      • @Läufer:

        Und das Fliegen bitte nicht vergessen! Die Probleme, die TUI und all die anderen "extensiven" Fluglinienanbieter haben, müssten ja wirklich nicht sein, wenn wir alle mehr fliegen würden.

  • So ist das halt, wenn man Hulk Hogan zum Agrarkommissar macht.

  • Von jemandem, der sich als staatlich bestellten Hausierer der Fleischindustrie betrachtet, von dem kann man nichts anderes erwarten. Es muss endlich ein Umdenken stattfinden. Die Interessen von Tieren und Umwelt sollten schwerer wiegen als die monetären Wunschvorstellungen einiger Investoren.

  • "Neue Kampagnen klären über Mythen in der Tierhaltung auf"

     

    Nein, das tun sie nicht - der Untertitel gibt den Text falsch wieder.