EU-Gipfel zur Ukraine-Frage: Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Selenski macht sich zurecht Sorgen: Beenden die USA unter Trump die Hilfe an die Ukraine, steht die EU alleine da. Einen Plan B hat sie nicht.
F ür die EU und ihre Ukrainepolitik naht die Stunde der Wahrheit. In einem Monat übernimmt Donald Trump in Washington die Macht – da müssen sich die Europäer auf alles gefasst machen. Auch das Albtraumszenario – ein „Diktatfrieden“ für die Ukraine und ein Rückzug der USA aus Europa – ist nicht ausgeschlossen.
Doch der letzte EU-Gipfel „vor Trump“ hat offenbart, dass die EU nicht gut vorbereitet ist. Sie geht schwach und uneins in die Ära Trump 2.0. Ausgerechnet der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat dies ausgesprochen. Er klagte in Brüssel nicht nur über fehlende Waffen und schlecht ausgerüstete Kampfbrigaden.
Selenskyj hat auch den Finger in die transatlantische Wunde gelegt: Die Europäer wären nicht in der Lage, die Amerikaner zu ersetzen, falls Trump seine Drohung wahr machen und sich aus der Ukraine zurückziehen sollte. „Nur zusammen können die USA und Europa Putin tatsächlich stoppen und die Ukraine retten“, warnte er.
Das wissen Kanzler Olaf Scholz und die anderen Staats- und Regierungschefs natürlich auch. Die EU allein wird die Ukraine nicht verteidigen können. Selbst große Länder wie Deutschland, Frankreich oder Polen sind bei der Waffen- und Finanzhilfe an ihre Grenzen gekommen. Auch die politische Unterstützung bröckelt.
Parolen
Doch statt diese bittere Wahrheit endlich auszusprechen, taten die Staats- und Regierungschefs immer noch so, als ginge es auch ohne Trump. In der Gipfelerklärung kommt der nächste US-Präsident gar nicht vor. Umso mehr strotzt der Text vor Durchhalteparolen und Treueschwüren, wie wir sie seit Jahren aus Brüssel hören.
Woran liegt das? Nun, die neue Führung hat keinen Plan. Und die 27 EU-Staaten sind heillos zerstritten. Während Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Ukraine nach einem möglichen Waffenstillstand mit „Friedenstruppen“ sichern will, ist das für die meisten anderen Staats- und Regierungschefs ein No-Go.
Man dürfe nicht den dritten Schritt vor dem ersten machen, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz in Brüssel. Da hat er natürlich recht – doch wie der erste und der zweite Schritt aussehen sollen, konnte er nicht sagen. Scholz hat nämlich auch keinen Plan. Wie auch? Niemand weiß, was Trump im Schilde führt.
Umso wichtiger wäre es, sich mit dem unberechenbaren US-Republikaner zusammenzusetzen. Darauf läuft auch hinaus, was Selenskyj in Brüssel sagte. Er appellierte an die Europäer, auf Trump zuzugehen. Darauf hätten sie natürlich auch alleine kommen können. Peinlich genug, dass es diesen Ratschlag überhaupt braucht!
Statt eines Termins gab es bisher aber nur ein Telefonat. Was Scholz mit Trump besprochen hat, wollte er nicht verraten. Soll das nun bis zum 20. Januar so weitergehen? Müssen wir uns auf Geheimdiplomatie verlassen? Das kann es doch nicht sein! Die EU und die Ukraine müssen endlich selbst die Initiative ergreifen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Täter von Magdeburg
Schon lange polizeibekannt
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt